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    Warum? Warum, warum, warum, warum?! Warum stoppte der Fluss dieser dämlichen Tränen nicht? Warum tauchten immer mehr von ihnen auf? Hastig, fast schon der Verzweiflung nahe wischte die junge Dame sich mehrmals mit dem Mantelarm durch das Gesicht – Doch kaum waren die ersten bitteren Wassertropfen verschwunden, meldete sich gleich die nächste Flut zu Worte. Wütend biss Raven die weißen Zahnreihen aufeinander, immer fester und fester. Wütend war sie in der Tat, wütend auf ihr jämmerliches Selbst, welches es nicht einmal schaffte, sich wieder aufzuraffen und ein anständiges Gespräch mit einer unbekannten Person zu führen. Was sollte sie tun? Wie sollte sie reagieren, um jene Situation noch zu retten? Ein letztes Mal versuchte der Rotschopf den Tränen einen Strich durch die Rechnung zu ziehen, ein letzter Versuch sich ein liebliches Lächeln auf die Lippen zu zaubern – Elendiges Scheitern. Schweren Mutes begann das Fräulein die herausbrechenden Emotionen zu dulden und grub die benetzten Handschuhe in den wärmenden Futterstoff des geliebten Mantels. Am liebsten wäre sie hier an Ort und Stelle wohl zu Boden gegangen und ihrem Bett aufgewacht, wissentlich, dass sämtliche Ereignisse, die ihr lediglich Kummer und Verwirrung brachten, ein einziger, unlustiger Albtraum waren. Aber dem war nicht so, dem würde auch niemals so werden. Das wusste sie.


    Irritiert zuckte die Elfe zusammen, als der fein gekleidete Mann eine Entschuldigung äußerte, auf dass sie sich zaghaft umdrehte, über die Schulter einen Blick auf den merklich hilflosen Mann warf. Verdutztes Blinzeln erfolgte, als müsste sie erst noch verstehen, was der Herr da von sich gegeben hatte. E-Eine Entschuldigung..? Ravens gerötete Augen weiteten sich, ehe sie ihm mit einem wilden Kopfschütteln, sowie eines verneinenden Geräusches entgegen kam. Um Verzeihung beten? Wofür? »Ihr...«, eröffnete das Halbwesen schließlich einen Satz, ihre Stimme unglaublich leise, als würde sie jeden Moment schwinden und fortan fernbleiben. Etwas überfordert verstummte sie jedoch, räumte eine Nachdenkzeit von mehreren Sekunden, wenn nicht Minuten ein. »... Ihr habt nichts falsch gemacht«, fügte sie nuschelnd an. Kurz darauf wandte sie ihr Augenmerk von dem Blauhaarigen ab, schweifte erneut über die farbige Blütenpracht, welche nach wie vor in der frischen Brise friedlich vor sich her wippte. Ein recht kurzweiliger Aufenthalt auf dieser weiten Erde, huh? Das war wohl der Preis, den sie für ihr herrliches Strahlen zollen mussten? Skeptisch kniff die Schmiedin die himmelblauen Äuglein zusammen, versuchte den Antworten des Fremden den ein oder anderen Gedanken zu schenken. Eigentlich... Ja, eigentlich ergaben seine Worte sogar Sinn – Glück weilt nicht ewig, irgendwann muss es verblühen, um Raum für weiteres Glück zu schaffen. Schließlich lehnte die Dame sich ein wenig zurück, der Tränenfluss fing an, zu verrinnen. Fröhlich oder glücklich war sie mitnichten, viel mehr zupfte der chaotische Sturm aus Misere und Wut noch immer an den Marionettenfäden. Vielleicht aber entwickelte sich eine gewisse Zufriedenheit, die ebenjenes Durcheinander vorerst zu mildern wusste. Erneut tupfte sie mit dem ohnehin schon feuchten Ärmelsaum über ihr Gesicht, hoffend die Überbleibsel des salzigen Wassers allesamt entfernen zu können. Nicht weiter zaudernd entschlüsselte sie anschließend die verschlossenen Lippen, ließ ein sanftes »Verzeiht« entweichen, woraufhin noch ein verlegenes »Ich... danke Euch eher« folgte.


  • Was mochte das Wesen vor ihm nur derart bedrücken, dass es an einem Tag wie diesen kein Lächeln zustandebrachte? Vieles konnte hier ein Grund sein, Anlässe die der junge Mann nicht einmal erahnen konnte, wie auch? Es stand ihm jedoch auch nicht zu sich dreist in ihren Kummer einzumischen, ihn zu hinterfragen, wer wäre er denn? Und so hielt Vishnal die Distanz zu dem in diesem Moment so derart zerbrechlichen Mädchen, auch wenn ihr Anblick ihn innerlich entzwei riss oder mehr noch die Handlungsunfähigkeit, zu derer er sich groteskerweise verpflichtet fühlte. "Es gibt nichts wofür Ihr mir danken müsstet, Miss.", erwiderte er leise besorgt, "Im Gegenteil hoffe ich Euch keine Unannehmlichkeiten bereitet zu haben. Sollte es etwas geben, dass ich für Euch tun kann, so sagt es mir bitte." Vishnal ließ die Worte so im Raum stehen, wartete ab, die Zeit würde er sich nehmen. Die Einkäufe für seine Meister ließen sich danach immerhin ebenso gut erledigen.


  • Sie bediente sich einer raschen Handbewegung, als sie die lodernd roten Haare, welche dank Wind und Wasser hartnäckig in ihrem Gesicht klebten, beiseite schob und sich ebenso schnell wieder aufrichtete. Ihr Augenmerk wandte sich von vielartigen Blüten ab, glitt zunächst zu Boden, ehe er der weiten Ferne hinter dem Farbenmeer, hinter dem Bauernhäuschen Beachtung schenkte. Unmerklich legte sie das Haupt schief, wie auch zuvor schossen vielerlei Gedanken durch ihr doch so kleines Köpfchen. Wie würde sie Micah das nächste Mal begegnen? Was sollte sie ihm sagen? Schuldete sie ihm eine Entschuldigung für das instinktive Handeln auf dem Fest? Dafür, dass sie Cecilia... verjagt hatte? Zaudernd nagte sie auf ihrer Unterlippe herum. Nein. Vielleicht war ihre Reaktion nicht gänzlich angemessen gewesen, vielleicht hätte sie sich eher freuen sollen, dass der vermisste, der ersehnte, der geliebte Freund zurückgekehrt war... Aber in den ihrigen eisblauen Augen besaß all dies eine legitime Rechtfertigung. Verletzt, hintergegangen, zurückgelassen - Das waren ihre Gefühle, die unbändigen Emotionen, welche sich in Form von Wut und Trauer zu Worte meldeten. Und dennoch... Dennoch... Raven warf ihrem derzeitigen Gegenüber einen sanften Blick zu. Weiterhin als jämmerliches, miserables Häufchen Elend leben? War es das wert? Am liebsten hätte die Schmiedin sich wohl rückwärts auf den Boden geworfen, wäre über ebenjenen gerollt und hätte sich angestrengt durch die langen Strähnen gerauft - Wäre sie eben nicht in aller Öffentlichkeit gewesen.
    Stattdessen horchte das Halbwesen auf, als der Blauhaarige sich zu regen begann. »Ah«, ein wenig verdutzt blinzelte sie den Herren an, ehe ein verneinendes Kopfschütteln erfolgte, »Da wäre sehr wohl etwas« Wahrscheinlich hatte der feingekleidete Mann selbst aktiv nicht viel davon mitbekommen, doch seine Worte boten der Elfe in der Tat eine beruhigende Wirkung. Ähnlich den unschuldig tänzelnden Blüten. »Ihr habt es erträglicher gemacht.« Und das war keine Lüge. Sah man genauer in das hübsche Gesicht, dessen Augen nach wie vor eine dezente Rötung vorzeigten, so konnte man wahrhaftig den Anflug eines freudigen Schmunzelns erkennen. Dass einer simplen Konversation über Pflanzen eine derartig beruhigende Wirkung inne wohnte... Oder lag es etwa an der Persönlichkeit selbst, die da vor ihr stand? Sich einer knappen Geste behelfend lehnte das Fräulein das kurz darauf folgende "Entschädigungs"angebot des Unbekannten ab. Der Herr hatte bereits genug getan, obgleich er ursprünglich nichts mit dem Vorfall am Hut hatte - Welch' ein Anlass hätte noch mehr Hilfe gerechtfertigt? Auf diese Art und Weise wirkte es lediglich wie ein Mitleidsangebot, welches Raven - in ihren Augen zumindest - nicht nötig hatte. Andererseits... Wenn man einmal genauer darüber nachdachte... Eine Sache, die er tun könnte, gab es doch. »Euer Name?«, kurz und prägnant, eventuell ein bisschen auffordernd, aber dennoch in respektvollem Tone wisperte die Blauäugige, blickte verlegen zur Seite. Nicht häufig kam es vor, dass sie als erstes nach dem Namen ihrer Gesprächspartner fragte - Sie brauchte keinen Titel oder Bezeichnung, auch keinen Blickkontakt, um mit anderen Lebewesen ein Gespräch zu führen, und wenn jemand sich vorstellte, dann tat er dies eben. In diesem Fall allerdings interessierte sie sich tatsächlich für den Namen desjenigen, der ihre Sorgen vorerst gemildert hatte. Mithilfe des rechten Daumens deutete sie dabei auf sich selbst und fügte nun etwas lauter den eigenen Namen an: »Ich... bin Raven«

  • Tatsächlich hatte Vishnal keine Antwort erwartet, nicht von diesem ruhigen Geschöpf, welches bisher nur wenige Töne von sich gegeben hatte. Dennoch konnte und wollte er nun nach diesem melancholischen Gespräch nicht einfach verabschieden und gehen, denn in der Ruhe lag die Kraft und so stand der Butler ruhig am Wegesrand, den Blick erneut auf das Meer von bunten Blüten gerichtet. Umso mehr erfreute es den jungen Mann als nach einer Weile tatsächlich Laute erklangen, die unweigerlich von dem rothaarigen Wesen an seiner Seite stammen mussten. "Es erfreut mich zu hören doch eine willkommene Präsenz zu sein.", bekundete der Butler mit einem warmherzigen Lächeln. "Mein Name ist Vishnal. Freut mich sehr... Raven." Er verneigte sich kurz. Ein ungewöhnlicher und zugleich ungewöhnlich passender Name für die Persönlichkeit vor ihm. Der Butler warf kurz einen prüfenden Blick in den Himmel. Der Tag lag weiterhin ruhig und angenehm da, doch die Tage wurden unlängst kürzer und er musste rechtzeitig zurück in die Villa. "Ich fürchte viel Zeit werde ich nicht mehr erübrigen können. Wie gedenkt Ihr den weiteren Nachmittag zu verbringen, Miss?" Fragend suchte er den Blick seiner neuen Bekanntschaft, welche er nur ungern alleine am Wegesrand zurücklassen wollte, wenngleich sie sich hier inmitten des Blütenmeeres gewiss wohl fühlen würde.

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    #21 - {Lest & Kyle}
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    Dröhnen. Lautes, unaufhörliches Dröhnen. Benommen öffnete Lest seine purpurnen Augen, schaute sich verschlafen um. Sein Kopf brummte, so laut wie summende Bienen. Es schmerzte, es pochte, als würde jemand pausenlos mit dem Hammer drauf einschlagen. »Ahh..« Er versuchte sich aufzurichten, was ziemlich unbeholfen wirkte, wenn man sich einmal ansah, wie und wo er gelegen hatte - Das Haupt lag auf kaltem Holzboden, der Körper allgemein ziemlich verdreht, das eine Beine befand sich zur Hälfte auf einem ungemachten Bett. Blinzeln. Der Blonde riss die Augen auf und seinen Rumpf in die Höhe, wodurch ihm tatsächlich etwas schwummrig wurde. Jene Wände, jener Boden, jenes Bett... Unbekannt. Wo war er? Noch wichtiger: Wie kam er hierher? Hatte man den großartigen Entdecker etwa entführt? Jeglicher Versuch sich zu erinnern scheiterte kläglich, ein klaffendes Loch machte sich breit, wann immer er an die vergangene Nacht dachte. Begleitet von einem dezenten Schwindelgefühl suchte der junge Herr nach Kyle und wurde recht schnell fündig. Bei eben diesem Anblick konnte der Möchtegern sich jedoch kein Lachen verkneifen. »Ha, du hast da was in den Haaren kleben!«, stellte der Junge belustigt fest, ehe er mehr zufällig als gewollt einen Blick in einen nahen Spiegel warf. Bessere Frage - Wie sah er denn aus? Hatte sein mysteriöser Entführer ihn etwa in einem Schminktopf übernachten lassen? Unter anderem war ein wenig eleganter Lippenstiftstrich oder dergleichen quer über sein Gesicht gezogen worden. Ob es Korallenblau No.3 war..? Lest schüttelte den Kopf - ein Fehler bei den für ihn nicht nachvollziehbaren Schmerzen. Es gab wichtigere Dinge. Zum Beispiel... Wieso saß da ein BH auf seiner Schulter? Vorsichtig, in der Hoffnung, dass weder Kyle noch - auf welche Weise auch immer - eine Dame wie Frey das Schauspiel beäugte, warf er das Kleidungsstück in eine beliebige Ecke.


    War es Überforderung? Eine verdutzende Überraschung? Tatsache ist, dass Raven so manche Fußlänge zurückwich, als ihr Gegenüber ihr mit einer galanten Verneigung den eigenen Namen offenbarte. Zögerlich, ein Hauch von perplexer Eile spielte unweigerlich mit, erwiderte das junge Fräulein die höfliche Geste des Gesprächspartners. Es war ein reines Ding der Gewohnheit. Und in jenem Falle war die Rothaarige es gänzlich ungewohnt mit ebenjener respektvollen, doch durchaus simplen Verbeugung in die Identität des jeweils anderen eingeweiht zu werden. In ihrer achso klitzekleinen Welt, in ihrer persönlichen Sichtweise genügte es lediglich, sich gegenseitig die Namen bekanntzugeben und anschließend mit dem Gespräch fortzufahren - Keine elaborierte Geste, keine schicke Phrase. Wie ironisch, dass man sich an derart kleinen Details aufhängen konnte, nicht wahr? »Sehr erfreut«, fügte das Phönixmädchen ein wenig hastig, ein wenig stammelnd, ein wenig unsicher an die Bewegung an, richtete sich wieder auf. Vishnal... Ein reizender Name, wie sie fand, wenngleich er in den ersten Augenblicken doch ein wenig kurios zu sein schien. Dann jedoch äußerte der Blauhaarige eine weitere Frage, welche Raven bei bestem Willen nicht zu beantworten wusste. Was sie im Anschluss tun würde? »Das...« war eine gute Frage. Sie... Die Halbelfe blinzelte. Sie hatte vom ersten Moment an keinen präzisen Plan, wusste ja noch nichtmal mehr, was genau sie zu der heimischen Farm geführt hatte. In der Hoffnung, das eine Tätigkeit ihr in den Sinn treten würde, betrachtete die junge Frau den feinen Herren, folgte unmerklich seinen Blicken, die sich gen Himmel richteten. Noch immer schienen die Wolken fern zu bleiben, als wünschten sie sich, den Tag zu meiden. Herrlich war er, entsandte die erhabene Sonne doch fleißig ihre wärmenden Strahlen. Nach wie vor handelte es sich um eine paradiesische Idylle, die gerne auch stets gegenwärtig sein könnte. Gewiss doch aber schien die eigensinnige Welt etwas anderes geplant zu haben, zuckte mit grausamen Klauen an den vorhandenen Gegebenheiten.
    Es geschah plötzlich. Es existierte kein Vorbote, welcher die kommenden Ereignisse glorreich anmerkte. Wie wenn ein höheres Geschöpf auf einmal das strahlende Licht der Sonne durch das Betätigen eines Hebels ausgeschaltet hätte, nahm das Himmelszelt ein nächtlichen Schwarzton an. Die friedliche, Sicht spendende Scheibe wurde binnen eines einzigen Wimpernschlages mit dem bedrohlichen Vollmond ersetzt. Nicht nur trat die tiefste Nacht ein, nein, auch nahmen die einstig streichelnden Brisen rapide an Geschwindigkeit zu. Ein grimmiges Donnergrölen. Ein mächtiger Blitzschlag. Was war geschehen? Raven zuckte zusammen, als sich eines der grellen Lichter unweit von ihnen in den Boden rammte. Instinktiv eilte die Schmiedin zu ihrem Gesprächspartner, packte ebenjenen im Gang am erstbesten Handgelenk und riss ihn mit sich zu Grunde. Blitze suchten sich schließlich die höchsten Ziele zuerst, oder? Ihre Pläne für die nähere Zukunft wurden entsprechend schnell in Stein gemeißelt. »Wir müssen einen sicheren Unterschlupf finden«, stellte sie schroff, ziemlich nüchtern fest. Wäre es nicht plötzlich stockdunkel geworden, so hätte sie sich vielleicht umgesehen und nach Deckung gesucht.


  • Im Gegensatz zu seinen anderen Gefährten des Jenseits, kündigte diese körperlose Gestalt sich nicht an. Als die Umgebung von einem Blitz erhellt wurde, erschien der junge Mann, wurde für die Augen Ravens und Vishnals sichtbar, sobald die Dunkelheit zurückkehrte und sie nicht mehr geblendet wurden. Weitere Blitze zuckten, noch zumindest keiner in unmittelbarer Nähe, sodass vor allem der bedrohliche Vollmond den zur Nacht gewordenen Tag erhellte.
    Auf der Seite liegend und den Kopf auf eine Hand gestützt, schwebte Max einige Zentimeter über dem Boden, eine Position, die sicherlich entspannt wirken würde, würde sein Gesicht nicht wie eine kühle Maske wirken, emotionslos. Halb transparent, milchig-farblos war seine Gestalt, seine Stimme kam von weit her, hallte nach und nur einige Wörter überstanden den Weg von dort zu den Ohren der beiden Lebenden. „Lacus-Grotte“, sagte er mit ernster Stimme, ohne dass sich seine Lippen bewegten. Obwohl sein Blick leer war, steigerte er seine Intensität, wandte sich Vishnal direkt zu. „Rette.“ Es klang wie ein Befehl, es war wohl sogar einer. Es war nun also klar, was der junge Mann nach Max‘ Meinung zu tun hatte – direkt in genanntes Monsterareal zu gehen.

  • [img=https://lh4.googleusercontent.com/TNUc2VxKtK3RRRp9e6BVypspSx2LUn7BcibHjDc40pJ6NoUnbRNoAFMsBC1Q8BAU-wOO_7GFiwPIpfsVlpQ8I5Y6iSUbnD_mBMYAYKnvcmJMf_PZq4iM7mkOpNo,right] Es viel dem jungen Mann schwer die wenigen Reaktionen seines Gesprächspartners richtig zu deuten, denn Raven, so wie die junge Dame sich vorstellte, schien teilweise völlig fehl am Platze oder aber ganz andere Sitten zu pflegen, als wie sie ihm vertraut gewesen wären. Das machte jedoch nichts, genoss Vishnal dennoch die Anwesenheit der Rothaarigen und musste trotzdem widerwillig den Abschied herbeiführen, wenn er heute noch in die Villa zurückkehren wollte. Wenige Minuten waren ihm jedoch noch vergönnt und er war auch interessiert daran, was dieses stille Mädchen denn noch an diesem zauberhaften Nachmittag vorhaben möge, doch wie sich herausstellen sollte, hatte das Schicksal ganz andere Pläne für die beiden bereit. Oh, war das anmaßend? Denn nicht nur für sie, nein, die Geschehnisse die nun folgten, würden vermutlich das ganze Städtlein betreffen, wenngleich der junge Butler nicht mal ahnen konnte warum, nichtmal einen Gedanken zu hinterfragen konnte er bilden. Wenn ein Tag so schön dalag - wer hätte da auch Böses vermutet?
    Raven reagierte schneller als er. Tatsächlich bemerkte Vishnal den Wandel ihres Ausdruckes eher, als das er die Umstände um ihn herum vernahm, vernehmen wollte. Wertvolle Augenblicke verstrichen, kurze Momente und schon war der Tag, den sie eben noch genießen durften, verschwunden, hatte einer plötzlichen Dunkelheit Platz gemacht und ein Sturm kehrte ein mit einer Wucht, bei der es schwer war die Contenance zu bewahren. Der Umschwung griff so rapide in die Zeit, dass Vishnal nichts tun konnte außer dazustehen und versuchen zu verstehen, was hier eigentlich vor sich ging. Das dies ganz und gar unmöglich war, begriff er in diesem Moment nicht, zu verwirrt war er von den Ereignissen, die nun in der Luft lagen. Und wieder war es Raven, die richtig Reaktion zeigte, ihm am Handgelenk packte und zu Boden warf, um sich nur irgendwie Deckung zu verschaffen. Die Blumen weinten angesichts der Tragödie, die ihr bezauberndes Bild zerstörte. Das war nicht normal. Die Normalität war hiervon weit entfernt und dennoch mussten sie überlegt, strukturiert vorgehen. Ein Unterschlupf? Natürlich, das war erstmal das Wichtigste. Ausharren, bis der Spuk vorbei war. Doch Vishnal ahnte nicht, dass der Spuk gerade erst begann. "Das Farmhaus?" Er musste die Stimme erheben, damit die Worte Raven überhaupt erreichen konnten. Es schien ihm im Moment zumindest das Sinnigste, ein naheliegender Unterschlupf, der ihnen sicherlich gewährt werden würde. Vishnal wandte den Kopf in diese Richtung als ein Blitz erneut die zu früh hereingebrochene Nacht erhellte.
    Was er sah war nicht real. Der junge Butler lebte in einer Zeit in der Magie und Alchemie seine Höhepunkte feierten und vieles war möglich unter dem Einsatz dieser Mittel. Gleichzeitig ließen sich auch hier schnell gewisse Grenzen ziehen und der Anblick eines Toten ließ sich sicherlich ohne Zweifel in die Kategorie des Unmöglichen fassen, ja, war es nicht viel wahrscheinlicher hier selbst an seinem eigenen Verstand, seinem Sehvermögen zu zweifeln? Wer weiß, vielleicht hatte sich seine liebreizende Kollegin erneut einen Schabernack mit ihm erlaubt? Ein heimlicher Trunk der zu später Stunde wirkte, ja, zuzutrauen wäre es Chlorica sicherlich und würde dsa nicht auch diesen mysteriösen Wetterumschwung erklären? Das dies so nicht stimmte, wusste Vishnal in seinem Herzen, doch der Sturm und die hereingebrochene Nacht waren eine Sache, einen Menschen, der seit Jahren unter der Erde liegen sollte, jedoch eine ganz andere.
    Vishnal hatte Max de Saint Croquilles nicht gekannt. Er lebte in Alverna und verstarb bei der Flucht nach Trampoli, so ließ es sich erzählen und tatsächlich leistete der Butler den überlebenden Damen des Adelshauses bei der Beerdigung Gesellschaft und Trost. Auch Portraits zu seinem Andenken hingen in der Villa und so war ihm das Gesicht des Wesens vor ihm durchaus vertraut, ihm Glauben zu schenken wagte er trotzdem nicht. In welcher Situation befand er sich überhaupt?! Durchnässt waren seine Klamotten längst, die aufhellenden Blitze schmerzten in den Augen, der Donner tobte in den Ohren, am Boden und im Dreck lag er und Raven neben ihm, so vermutete er zumindest, denn davon überzeugen konnte er sich im Moment jedenfalls nicht. Und so wie es war, konnte er seine neue Bekanntschaft auch nicht fragen, ob sie den Geist - überhaupt an ein solches Phänomen zu denken! - vor sich ebenfalls sah oder ob er selbst einfach soeben seinen Verstand verloren hatte.
    Schließlich fing der Adelssohn an zu sprechen, kühl war sein Gesichtsausdruck, hallend seine Stimme, als käme sie nicht von dem farblosen Abbild von ihnen, sondern von viel weiter her. War es Einbildung? War es ein fauler Zauber? Oder handelte es sich hierbei doch um schwarze Magie? Vishnal jedoch wusste auf die Worte nichts zu erwidern, sein Herz drohte ihm zu zerspringen, vor Aufregung, vor Entsetzen, vor Angst, vielleicht ja. Lacus-Grotte. Rette. Ein Ort, ein Befehl. Selbstverständlich wusste der junge Mann um das Areal bescheid und umso mehr steigerte sich sein Entsetzen. Ein naher Unterschlupf war dies sicherlich nicht, nein, tatsächlich lag die Grotte am anderen Ende von Trampoli, ein Ort an dem es von Gefahren und Monstern nur so wimmeln konnte. Was sollte er dort? Warum schickte sie ein Toter dorthin? Was zur verdammten Hölle ging hier nur vor sich?! Vishnal schluckte. Rette. Ein zweites Wort ohne das sich die Lippen des Verstorbenen auch nur öffneten. Rette. Wen? Wer? Was mochte sich dahinter verbergen? War eine der Adelstöchter etwa in Gefahr? Oder handelte es sich hierbei um etwas völlig anderes? Vishnal wusste es nicht, konnte es nicht wissen, ja nichtmal erahnen. Keine Ahnung hatte der junge Mann, lag hier nur am Boden, im Dreck, im Sturm, verzweifelt, frustriert, verwirrt. Sein Kopf drehte sich erneut in Richtung der Halbelfe, Worte sprach er nicht, würden sie im Donnergefecht sowieso nur überhört werden. Stumm blieb er also, fragend jedoch war sein Ausdruck und so still wie sich die junge Frau heute verhalten hatte, glaubte, nein, hoffte er, dass sie ihn auch ohne Worte verstand. Was würde sie tun? Was sie davon hielt, war irrelevant, denn eine vernünftige Erklärung gab es im Moment nicht und würde es vielleicht auch nie geben. Doch was würde sie tun? Weiter nach einem Unterschlupf suchen? Hierfür wäre das Farmhaus wohl wirklich angemessen. Vishnal jedoch konnte nicht ausharren, der junge Mann war ein Butler bis aufs Blute, es war seine Pflicht zu dienen und Befehle zu befolgen und so stand es außer Frage, dass er gehen musste, auch wenn er nicht wollte. Nun, Aufforderungen eines Toten entgegen zu kommen, schien wohl wirklich törticht, doch wenn tatsächlich die solide Möglichkeit bestand, dass jemand in Gefahr schwebte - hatte er dann wirklich eine Wahl? Es stand ihm nicht zu, an sich selbst zu denken, er hatte kein Recht und auch sein Leben gehörte nicht ihm. Raven hingegen befand sich sicherlich in einer komplett anderen Situation und auch wenn es das Klügste war sich zu versecken, so würde er sie nicht davon abhalten, sollte sie ebenfalls aufbrechen wollen.


  • Sie kniff die Augen zusammen, wollte etwas in dem schweren Schleier der Nacht erkennen. Der Mond, Herr der weiten Düsternis, spendete lediglich ein ein spärliches Licht, gerade dazu genügend etwas mehr als die unscharfen Konturen jedweder Dinge zu erspähen. Oh, was war mit der Idylle, dem harmonischen Paradies geschehen, dass die göttliche Sonne sich dazu entschloss, ihm zu entfleuchen? Als wären sie in tiefster Rage, tobten die zuvor noch zahmen Winde, trennten in ihrer Raserei die blättrigen Äste von den mächtigen Stämmen, rissen farbenfrohe Blüten von ihren schmalen Stängeln und wirbelten den sandigen Boden auf. Ein greller Blitz zuckte auf, brachte den bedrohlichen Donner sogleich mit. Wie schnell war es geschehen? Wann hatte jener wundervolle Tag ihnen den Rücken gekehrt? Raven erschauderte. Es wirkte wie ein schlechter Scherz, ein lästiges Spielchen, das ihre Sinne, die Augen, die Ohren da mit ihr spielten. Ganz und gar unnormal kam es dem typischen Weltuntergang doch irgendwie gleich. Ihr Blick musterte die Umgebung, suchte, gab sich Mühe in ebenjenem Chaos zurechtzufinden. Ein Geräusch drang zu ihren gespitzten Lauschern hervor. Eine Stimme. Männlich, bekannt. Vishnal. Das Farmhaus? Die Elfe plante, sich umzudrehen, wollte dem feinen Herren eine Antwort schenken, doch...
    Abermals schlug ein Gesandter des erzürnten Himmels in den Grund und gerade als das Gebrüll desselben zu ertönen begann, strahlte ein seichter Glanz die unmittelbar nahe Umgebung an. Raven bemerkte zunächst den entsetzten Ausdruck ihres Gegenübers, erst danach das kuriose Leuchten neben ihnen. Ein weißliches Licht, dem ein seltsamer, nahezu künstlicher Schein inne wohnte - Es fiel der Rothaarigen äußerst schwer, jenem Phänomen eine würdige Beschreibung zu schenken, war es keineswegs etwas, das ihr in irgendeiner Form irdisch erschien. Irdisch. Ja, von dieser Welt war es tatsächlich nicht. Nicht mehr. Etwas verdutzt rieb das Fräulein sich die eisblauen Augen, schüttelte das Köpfchen, um sicher zu gehen, dass all jene Geschehnisse in der Tat kein Mumpitz waren. Und dennoch. Dennoch meinte sie, eine erblasste Gestalt inmitten des nicht weltlichen Schimmers erkennen zu können. Arme, Beine, Gesicht - Ein Mensch. Sie schluckte, warf dem Herren neben sich aus dem Augenwinkel einen prüfenden Blick zu. Auch er schien eine Reaktion bereitzuhalten. War es also keine Sinnestäuschung? Nein. Es wirkte viel zu real, um eine bloße Illusion zu sein. Viel zu mysteriös, um einem einfachen Zauber entsprungen zu sein. Zögerlich streckte sie einen Arm aus, wollte das geisterhafte Erscheinungsbild berühren, wenngleich sie es im tiefsten Herzen nicht einmal mit einer Fingerkuppe ertasten wollte. Doch es geschah nichts, als sie es tat. Keine Reaktion, kein Zurückweichen, kein Auflösen. Da war nichts, nichts materielles. Und doch... Doch erfassten ihre bläulichen Seelenfenster eine Silhouette.


    Schreck war es, der ihrer Kehle ein schrilles Ächzen entlockte. Schreck, welcher sich von den plötzlichen Tönen, Worten, welche aus allen möglichen Himmelsrichtungen nahten und dennoch nicht deutlich zu verstehen waren, nährte. Lacus-Grotte. ... Lacus-Grotte? Raven blinzelte. Jener Name war ihr durchaus bekannt, ebenso die Tatsache, dass es sich dabei um eine der gefährlicheren Gegenden nahe Trampoli handelte. Man erzählte sich, nein, viel mehr stand es fest, dass eine Vielzahl von Monstern diese Grotte ihre Heimat tauften. Warum also nannte man ihnen einen derartigen Ort? Und um einiges wichtigerer: Worin lag der Quell der Botschaft? War es die von Geheimnissen umwobene, umrankte, ja zutiefst gespenstische Erscheinung? Lacus-Grotte. Was würde sie da erwarten? Wie wenn jemand auf einen Knopf gedrückt oder einen Schalter umgelegt hätte, spann die Nachricht sich weiter auf. Rette. Raven hingegen schwieg nur, dachte in der mickrigen Ruhe, die sie inmitten des heillosen Durcheinanders finden konnte, so gut es ging nach. Ihre Aufgabe lag sternenklar dar. Fraglich war jedoch, ob sie sich ihrer annehmen würde, ob sie sich ihr widmen sollte. Ein scherzhafter Zauber konnte es mitnichten sein. Gab es also tatsächlich jemanden, den es zu retten galt?
    Die Würfel waren geworfen. Abermals wandte sie sich an Vishnal, versuchte ihm mittels einer Geste ihren Entschluss mitzuteilen. Es mundete ihr keineswegs, unter diesen Umständen das halbe Dorf durchqueren zu müssen und dabei eventuell in wie immer unnötige Kämpfereien mit Monstern verwickelt zu werden - Doch lediglich die leiseste und vagste Vermutung, dass jemand hilflos in Gefahr schweben könnte, ließ die Alarmglocken des Phönixmädchens ausschlagen. Etwas, wer oder was auch immer es war, legte die Macht über ein Menschenleben zu richten in die Hände jener zwei Lebewesen, welche noch vor wenigen Augenblicken eine simple Konversation geführt hatten. Vorsichtig tippte sie die Schulter ihres Gesprächspartners an, deutete hoffend, ihre Gesten würden die richtige Nachricht übermitteln, mithilfe des Zeigefingers in die Richtung der nahen Gebirge - Der Pfad, welcher sich an ihnen entlang schlängelte, würde sie sicherlich zum erfragten Ort führen. Wissend, dass sämtliche Töne, die sie von sich geben würde, sogleich vom ungezügelten Winde verweht werden würden, wisperte sie ein knappes »Bereit?«, den Blick nie von dem Blauhaarigen abgewandt. Erneut tastete sie den aufgewühlten Erdboden ab, griff so schnell wie möglich nach der Hand des jungen Mannes. Mit der anderen stützte die Halbelfe sich ab, auf den richtigen Moment wartend, um sich aufzurichten und mit dem feinen Herren im Anhang loszustürmen. Jedenfalls, so dachte Raven sich, wäre dies wohl die klügste Entscheidung gewesen, wenn man nicht schon vor Beginn der Rettungsmission von einem "beflügelten" Ast erschlagen werden und selbst Subjekt der Rettung enden wollte. Leider - oder eher wie erwartet - dauerte es ein wenig, einen Augenblick, eine Öffnung, zu erspähen, in welchem die zornigen Böen sich kurzzeitig erbarmten und nichts durch die Gegend warfen. Geduld aber war eine Tugend, zahlte sich aus, auf dass die Schmiedin sich binnen weniger Wimpernschläge aufrichtete und dabei den Butler an ihrer Hand ebenfalls hochriss. Wenn sie auch nur entfernt vorhatten, in ganzen Stücken das angegebene Monsterareal zu erreichen, so galt das Gesetz der Eile.


    ► Die Lacus-Grotte



  • Ein nerviges Pochen in seinem Kopf raubte Kyle den Schlaf. Er war bereits seit einigen Minuten wach, regte sich allerdings kaum und wagte es nicht einmal, die Augen auch nur Millimeter weit zu öffnen. War es helllichter Tag oder finsterste Nacht? War er überhaupt zu Hause? War dies seine Matratze? War er alleine? Und wie nur war er in einen solchen Zustand gekommen?
    Er erinnerte sich vage an das Fest, Azel und das sonderbare Mädchen, das prompt für ihn zur Sonn geworden war. Sie war faszinierend gewesen, ein Geschöpf, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte.
    Auch erinnerte er sich an den tiefblauen Nachthimmel, an dessen Firmament tausende Sterne funkelten. Der blaue Nachtimmel… Biancas Gesicht, zunächst beinahe lieblich wirkend, sanft, dann zornig. Der Grund dafür? Lest.
    Und anschließend? Sie hatten etwas getrunken, ja, doch mehr als ein wenig schwindelig war ihm gewiss nicht gewesen. Und kaum hatten sie die Taverne verlassen, verschwammen auch seine Erinnerungen an die folgende Nacht. Logisch betrachtet müssten sowohl Lest als auch Kyle selbst nun in seinem Zimmer des Farmhauses sein. Nun stellte sich allerdings die Frage, ob sie in ihrem Zustand ebenfalls derartig logisch gedacht und gehandelt hatten.
    Aus irgendeinem Grund hatte Kyle ein wirklich ungutes, ja, beinahe Übelkeit erregendes Gefühl. Er vermutete allerdings, dass diese Übelkeit – sowie der dröhnende Kopfschmerz – eher die Strafe des Alkohols waren.


    Vorsichtig, langsam, Millimeter für Millimeter zwang Kyle sich dazu, seine Augen zu öffnen, nur, um sogleich von Lests überaus belustigtem – war dies etwa Schadenfreude? – Ausruf überrascht zu werden. Erneut durchzog gleißender Schmerz seinen Kopf und ließ ihn ein leises Stöhnen ausstoßen. »Haare?«, nuschelte er dann, tastete mit den Händen nach dem rotbraunen Schopf, und musste feststellen, dass sein neugewonnener Freund wohl recht hatte. Seine Haare fühlten sich seltsam an, fest und klebrig, noch dazu ertastete er… Krümel? Große Krümel. Glücklicherweise konnte er das gesamte Ausmaß der letzten Nacht nicht betrachten, vielleicht sollte er sich zuvor einfach waschen gehen.
    Nun, da seine Augen geöffnet waren, konnte er sich auch nach der Quelle dieser belustigten Stimme umsehen, etwas, was kein Ding der Unmöglichkeit sein sollte, wäre da nicht die Tatsache, dass er sich kaum bewegen konnte, ohne Kopfschmerz oder Übelkeit zu verspüren. Er brauchte einige Sekunden, um seinen Saufkumpanen zu erblicken, jedoch mindestens eine weitere Minute, um den Anblick zu realisieren, der sich ihm dort bot. Unter anderem die quer durch den Raum fliegende Unterwäsche einer Dame –er hoffte inständig, dass sie nicht noch einmal auf Bianca getroffen waren. Wobei sie dann wohl sicherlich nicht mehr leben würden. Allerdings warfen Lest und die schwebende Unterwäsche erneut die Frage auf, was genau sie in der letzten Nacht veranstaltet hatten. Was besonders Lest veranstaltet hatte. Sein farbenfrohes Gesicht musste perfekt zu Kyles verklebten Haaren passen.
    Trotz des Schmerzes kroch ein Grinsen auf die Lippen des jungen Mannes. »Du hast da etwas im Gesicht«, gab er in einem ähnlichen Tonfall zurück, blickte dann allerdings noch einmal vielsagend in die Richtung des weggeworfenen Kleidungsstückes, hob sogar die Brauen ein wenig an. Nur einen Kommentar verkniff er sich, wenn auch nur, um sich nicht hier und jetzt in sein Bett zu übergeben.
    Vorsichtig erhob Kyle sich nun und stieß das Fenster auf, die Sonne schien hell und ließ ihn ein entnervtes Murren ausstoßen. Doch noch schlimmer war der Gestank, der durch die einströmende frische Luft beinahe unerträglich wurde. »Vielleicht sollten wir uns waschen gehen«, seufzte er schließlich und widerstand mit Mühe dem Drang, sich durch das sonst so weiche Haar zu fahren. Noch dazu brauchte er dringend etwas Wasser, um diesen seltsamen Geschmack von der Zunge zu bekommen. Er war sich sicher, dass sowohl Lest als auch er selbst momentan die Vögel am Himmel in Ohnmacht fallen lassen könnten, einfach indem sie unter ihnen hinweg gingen.


    Gerade wollte Kyle sich wieder vom Fenster entfernen, da passierte es. All das Gift der vergangenen Nacht landete – glücklicherweise – draußen vor dem Fenster. Er wollte gar nicht genauer betrachten, was er sich da hatte durch den Kopf gehen lassen, wirklich nicht, doch immerhin ging es ihm nun ein wenig besser.
    Allerdings wäre es mit wachen und ein bisschen Wasser nun sicherlich nicht mehr getan. Sie beide brauchten wirklich dringend ein Bad, ansonsten würden sie sich wohl niemals wieder halbwegs lebendig fühlen. »Uh«, machte er also und spürte die tiefen Ringe unter seiner Haut in diesem Moment sogar noch mehr als zuvor, »lass uns ein Bad nehmen. Besser für alle.«


  • Es schüttete wie aus Eimern. Vereinzelte Strähnen ihrer blauen Haare klebten an der nassen Haut Biancas Gesichts. Ihr Blick sah verzweifelt aus und die Schönheit suchte nach etwas oder besser gesagt nach jemandem. Kyle. Sie hatte das Auftauchen der eigentlich toten Cammy als eine Art Hilfeschrei gedeutet. Vielleicht war Kyle in Gefahr und die Tote wollte, dass Bianca im zu Hilfe eilte. Ein verquerer Gedanke, wie wahr, aber einen anderen Reim konnte sich das wohlhabende Mädchen nicht machen. Welchen Grund sollte Cammy sonst gehabt haben? Gewiss war sie nicht zurückgekehrt um gerade Bianca vor einer zukünftigen Gefahr zu warnen. Wie absurd. Dieses ganze Geschehen war absurd. Plötzlich machte sich die Blauhaarige keine Gedanken mehr darum warum Cammy plötzlich wieder hier war und ob sie ein Geist war oder doch noch lebte. Im Moment war es für die Tochter des berühmten Gourmets wesentlich wichtiger herauszufinden, was dieses Mädchen ihr hatte mitteilen wollen. So oft Bianca gedanklich die gesamte Konversation wiederholte, kam sie dabei nicht auf einen grünen Zweig. Ihre einzige Verbindung zu Cammy war immer schon Kyle gewesen und auch genau diesen besagten Jemand hatte die Erscheinung erwähnt. Irgendetwas stimmte nicht und genau dies musste Bianca herausfinden. Eigentlich würde es ihr genügen Kyle wohlbehalten zu sehen und ihn in Sicherheit zu wissen. Diese Sorge um den Bauernjungen. Seltsam. Sie hatte doch eigentlich nichts mehr für diesen Menschen übrig. Er war schließlich einfach abgehauen ohne auch nur ein Wort des Abschieds an sie zu wenden, was ihr natürlich völlig egal gewesen war aber... dann tauchte er einfach wieder hier in Trampoli auf und Bianca wurde mit all den Erinnerungen konfrontiert, die sie mit Kyle verband.
    Die Schönheit hob ihren Kopf und erblickte schließlich wo ihre Beine sie hingetragen hatten: Die Farm. Hier war derjenige Zuhause, wegen dem sie bei diesem Unwetter quer durch die Stadt lief und das auch noch ohne einen einzigen Gedanken an ihre teuren Kleider zu verschwenden oder zumindest nur wenige. Die Schritte des Mädchens, welche sich gerade aus Erschöpfung verlangsamt hatten, wurden nun wieder schneller und der Abstand zwischen ihr und dem Farmerhaus wurde immer geringer. Schließlich stand sie knapp davor und atmete ein paar Mal durch, während hinter ihr das Unwetter tobte. Bianca ballte ihre Hände zu Fäusten und hämmerte gegen die hölzerne Tür des Gebäudes. Unentwegt klopfte die Blauhaarige dagegen ohne auch nur eine etwaige Antwort abzuwarten. Irgendwann wurden die Schläge immer schwächer, da die Fäuste Biancas zu schmerzen begannen. Vorsichtig lehnte Bianca ihre Stirn gegen die Tür und wartete eine Weile auf die Antwort, welche natürlich ausblieb. "Wo bist du, du Idiot...?" Ihre Worte waren leise, kaum hörbar und gingen im Lärm des Unwetters unter, wurden vom Sturm davongetragen.


  • Mist schlug die Augenauf und blickte in die Dunkelheit. War es noch Nacht? Seltsam, sie köntte schwören, dass es längst hell sein musste. Leicht verwirrt stand sie auf und ging zum Fenster, um den Vorhang zur Seite zu ziehen. Draußen war es ebenfalls abgedunkelt, jedoch nicht so stark, wie im Haus. Nur vereinzelt fanden Lichtschimmer ihren Weg auf den Boden. Große, dickte, dunkle Wolken bedeckten den Himmel und es regnete, nicht zu fest, doch auch nicht zu leicht. Mist fuhr sich mit der Hand durch ihr weißblondes Haar und drehte sich um in Richtung Kleiderschrank. Es wäre vielleicht angebracht, sich etwas anzuziehen; gesagt getan. Doch das mit dem Himmel irritierte und verwunderte sie noch immer. Soetwas war ihr noch nie zurvor untergekommen und das sollte schon etwas heißen! Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ging Mist Frühstücken. Die ganze Zeit über übberlegte sie, was der Auslöserf für dieses "Naturphänomen" sein könnte, jedoch kam sie auf keinnen grünen Zweig. So gut kannte sich Mist auch nicht mit dem Wetter aus; sie wusste nur, dass das nicht wirklich normal war. Es war fast so, als sei die Nacht zum Tag geworden und dass alles wegen ein paar Wolken. "Also wirklich, Mist. Mach dich nicht lächerlich."  Sprach sie zu sich selbst und beschloss, sich einfach eine Beschäftigung zu suchen. Aber wo? Hier auf der Farm war nicht gerade viel los, deswegen gab es auch kaum etwas zu erledigen. Schon garnichts auf was die Weißblonde im Moment Lust verspürte. Wieso ging sie nicht einfach woandershin? Nur wo? Mist überlegte, jedoch fiel ihr nichts Sinnvolles ein. Irgendetwas fände sie schon. Mit diesem Gedanken verließ sie das Farmhaus und lief mit schnellen Schritten vom Grundtück. Sie wollte nicht unbedingt komplett durchnässt werden.


    ~> geht

  • Rathaus >> Farm


    Rosalind war der Weg quälend langsam vor gekommen den sie zurück gelegt hatte. Ein Gutes hatte die Sache ja: In dem Tempo konnte die Blauhaarige nichts übersehen. Die Saint Coquille fuhr gerade an der Farm vorbei, als sie einen vertrauten blauen Haarschopf erblickte. Dieses Kleid und die Schleife.. Kein Zweifel, das war sie! "Bianca!" Rief sie ihrer Cousine von Weitem zu und setzte in Richtung des Hauses. Bereits die halbe Strecke kam Rose wie eine Weltreise vor und ihre Arme hatten nun wirklich keine Kraft mehr. Zu allem Überfluss war der Sturm inzwischen wieder so heftig, dass er alles um sich herum auf wirbelte. "Geht es dir gut?" Es war nicht zu bestreiten, das Bianca eine verwöhnte Zicke war, jedoch hatte ihre Cousine auch gute Seiten. Auch wenn diese nicht oft an den Tag traten. "Was machst du hier?" Rief Rose und hoffte, dass ihre Worte nicht vom Sturm verschluckt wurden. Vollkommen kraftlos versuchte sich Rosalind mitsamt des Rollstuhls zu Bianca zu schieben. "Bist du verletzt? Oder sind dir noch keine Monster begegnet?" Kurz vor ihrer Cousine hielt Rosalind an und ließ sich kraftlos in den Rollstuhl sinken. Wie konnte es ihr nur so schwer fallen sich mit der Hilfe fort zu bewegen? Das zeigte mal wieder, wie schwach sie doch eigentlich war. Das musste sie unbedingt ändern!


  • Die Minuten verstrichen und jegliche Antwort blieb aus. Die Tür blieb verschlossen. Bianca hatte keinerlei Gefühl mehr für die Zeit, welche inzwischen vergangen sein musste. Es war zwecklos. Irgendwann musste auch sie das einsehen und so wandte sie sich zum gehen. Ihre Füße wollten sie allerdings nicht forttragen und so stand sie blauhaarige Schönheit im strömenden Regen und wartete auf...ja auf was? Auf ein Wunder? Beinahe hätte das Mädchen selbst gelacht. Was für ein Schwachsinn. Wie dumm war sie gewesen. Hatte sie tatsächlich geglaubt ihn hier zu finden? Nein, aber es wäre durchaus schön gewesen. Es hätte Erleichterung gebracht. Gerade als Bianca sich auf den Weg nach Hause machen wollte, vernahm sie eine Stimme, welche ihren Namen rief. Es war eine helle, weibliche Stimme. Sie war schwach und ging beinahe im strömenden Regen unter. Dennoch war sie unverkennbar. Rosalind. Ihre Cousine. Lange hatten sie sich nicht mehr gesehen und das obwohl sie das selbe Zuhause teilten. Groß genug war die Villa um sich aus dem Weg gehen zu können auch wenn Bianca dies nicht bewusst gemacht hatte. Warum auch? Sie hatte keinen Grund ihr Cousinchen zu meiden. Sie waren nicht die besten Freundinnen und vertraten zahlreiche unterschiedliche Meinungen aber dennoch war sie ihr Fleisch und Blut. Zaghaft wandte sich Bianca der Stimme zu und wollte ihr Antworten. Die Worte blieben ihr im Halse stecken. Ihre blauen Augen weiteten sich und doch konnte die wohlhabende Schönheit ihren Augen nicht trauen. Rosalind saß in einem Rollstuhl und mühte sich ab um gegen den Sturm an zu kommen. Bianca war wie angewurzelt. Zahlreiche Fragen wirbelten in ihrem Kopf umher aber sie war nicht in der Lage eine einzige auszusprechen. Immer mehr plagte sich Rosalind ab um zu ihr zu gelangen und mit großer Mühe schien das Mädchen es doch zu schaffen. Nach wie vor hatte Bianca kein Wort über die Lippen gebracht und starrte verdutzt auf das Gefährt, in welches sich ihre Cousine erschöpft zurückfallen lies. "Ich...ich suche jemanden..." Bianca blieb lediglich kurz angebunden und versuchte sich einen Reim auf Rosalinds Situation zu machen. "Was ist mit dir passiert? Warum sitzt du in einem...Rollstuhl?" Bianca hatte sich vor ihre Cousine hingehockt um mit ihr auf einer Augenhöhe zu sein. Fragend und betroffen sah Bianca Rosalind an und ignorierte ihre durch den Regen zerstörte Frisur sowie ihre durchnässten Klamotten. Der besorgte Blick machte aber im nächsten Augenblick einem irritierten Blick Platz. Was redete Rosalind da? Bianca verstand kein Wort. Hatte ihre Cousine auch einen Schlag auf den Kopf bekommen? Warum sollten sich hier in der Stadt Monster aufhalten? Dafür waren schließlich die Monsterareale außerhalb der Stadt da. Das Mädchen mit den blauen Locken schüttelte den Kopf und belächelte die Aussage der Anderen. "Du bist ja ganz durch den Wind, Rosalind..." Bianca erhob sich wieder und stellte sich hinter den Rollstuhl um ihre Cousine die Heimfahrt zu erleichtern. Währenddessen schluckte sie ihre eigenen Sorgen hinunter. Sie fühlte sich im Moment so hilflos Kyle gegenüber, dass sie sich erst einmal auf ihre Cousine konzentrierte. "...du weißt doch, dass ich mich nicht in den Monsterarealen aufhalte. Meine kostbaren Kleider könnten kaputt gehen." Bianca hatte zwar Mühe den Rollstuhl über den unebenen Boden zu schieben aber mit etwas Anstrengung würden sie schon bald daheim sein. "Ich bringe dich nach Hause und dann kannst du deine Gedanken ein wenig ordnen..."


  • Rosalind sah Bianca den Schock an, den sie beim Erblicken ihrer Cousine bekam. "Darf ich fragen, wen?" Rose wollte nicht unbedingt über ihre missliche Lage sprechen, jedoch wäre eie Erklärung mehr als angebracht. "Ich hatte eine unangenehme Begegnung mit einer Riesenschildkröte." Erklärte sie ihr Unglücksereignis. Sie fragte sich noch immer, aus welchem Grund sie in das Monsterareal gegangen war. Bei der Tat selbst erschien ihr das noch klar, doch nun hielt Rosalind es lediglich für bescheuert. Die Adelige war überrascht, als Bianca sich daran machte, sie zu schieben. Scheinbar hielt sie ihre Cousine für unzurechnungsfähig. Durch den Wind war sie, ja, aber doch noch klar genug im Kopf, um zu wissen, das ganz Trampoli in Gefahr war. "Du .. Du verstehst das nicht!" Platze es ihr plötzlich heraus. Bianca durfte das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Es war wichtig, dass sie Bescheid wusste. Zumindest eine von ihren beiden Cousinen. Innerlich betete Rose, dass es Sophia ebenfalls gut ging und dass sie nicht alleine war. "Als ich wegen meinem Beim zu Klinik gebracht wurde.." fing sie an und erinnerte sich an ihre Begegnung mit Kiel. "..da habe ich es gesehen. Ein Minotaur hat die Klinik zu Kleinholz verarbeitet! Und sicher war das nicht der einzige Angriff." Rosalind hoffte sehnlichst, dass die Krieger Trampolis in der Lage waren, Schlimmeres zu verhindern. "Ich habe dich gesucht, Bianca, weil ich mir Sorgen um dich gemacht habe.. Um Sophia auch." Versuchte die Saint Coquille zu erklären, weshalb sie mit dem Rollstuhl quer durch den Sturm gefahren war. "Ich weiß nicht, ob Zuhause ein sicherer Ort ist." Rosalind hatte sich zu Bianca gedreht, so gut es ging, und sah ihr während sie sprach in die Augen. Je mehr sie erzählte, desto mehr merkte sie, dass mit ihrer Cousine doch irgendwas nicht in Ordnung war. "Sag mal.. Ist wirklich alles in Ordnung bei dir?" War ihrer Cousine etwas schlimmes Widerfahren oder war es noch immer die Schockreaktion auf Rosalinds Rollstuhl?


    (Sorry für die Wartezeit)


  • Biancas Verbindung zu ihrer Cousine kam ihr nicht entsprechend gestärkt vor um sich ihr anzuvertrauen. Früher hatte sie Alicia und auch Felicity gehabt auch wenn sie nicht immer einer Meinung gewesen waren. Die Drei waren einmal beste Freundinnen gewesen und nun war nicht viel davon übrig geblieben. Alicia und die Adelstochter hatten sich schon ewig nicht mehr gesehen und zwischen Felicity und ihr hatte sich ebenfalls ein unüberwindbarer Abgrund aufgetan. Für einen Moment schwelgte das Mädchen mit den blauen Haaren in Erinnerungen und fühlte sich gedanklich in die Vergangenheit zurückversetzt. Nicht lange hielt das damit verbundene Glücksgefühl an, denn bereits im nächsten Augenblick schien das vorherrschende Wetter sich in den Kopf gesetzt zu haben, sich von seiner schlimmsten Seite zu zeigen. Der Wind peitschte den wohlhabenden Mädchen ins Gesicht. Bianca kniff ihre Augen zusammen um nicht den Schmutz, welcher durch die Gegend gewirbelt wurde ab zu bekommen. Der Regen schien ebenfalls an Intensität zuzunehmen und Bianca wünschte sich zum wiederholten Male, die Villa heute gar nicht erst verlassen zu haben. Ein Seufzen entwich dem versnobten Mädchen. Zu schade das sie nicht die Fähigkeit besaß die Zeit zurück zu drehen. Ihre sündhaft teuren Klamotten hätten sich über ein derartiges Phänomen bestimmt ebenfalls gefreut. Beklommen sah Bianca an sich herab. Ihre Schuhe waren voller Matsch. Ihre Beine waren voller Matsch. Einfach alles war voller Matsch. Die Blauhaarige verzog angewidert das Gesicht. Kopfschüttelnd erhob sie allerdings wieder ihren Kopf und blickte stumm gegen den Hinterkopf ihrer verletzten Cousine. Mehrmals fragte sie sich wo eigentlich die abertausenden Angestellten sich herumtrieben wenn man sie einmal brauchte. Entsetzlich das sie immer noch bei der angesehensten Familie der Stadt arbeiten durften obwohl sie nicht einmal ordnungsgemäß ihre Aufgaben erfüllten. Kopfschüttelnd schob sie ihre Cousine ein Stückchen voran während sie ihr antwortete. "Nur einen Bekannten..." Es war ungewohnt Kyle als eine Bekanntschaft zu bezeichnen wenn man bedachte wie viel die Beiden verband. Es versetzte ihr sogar einen klitzekleinen Stich in ihrem Herzen. Um sich selbst davon abzulenken sprach Bianca weiter. "Ich hatte so ein...Gefühl als würde mit ihm etwas nicht stimmen..." Vor ihrem inneren Auge sah sie wieder die Gestalt Cammys in der Strandhütte. Noch immer hatte die Tochter des berühmten Gourmets keinerlei Erklärung für diese Erscheinung. Insofern es dafür überhaupt eine Erklärung geben konnte. "Eine Schildkröte? Aber die sind doch total langsam. Wie konntest du dich von denen schnappen lassen?" Ein spöttisches Lachen entfuhr Bianca aber es klang seltsam gekünstelt, da die verwöhnte Göre genau wusste, dass es zur Zeit nichts zu lachen gab. Irgendetwas stimmte hier nicht. Die Erscheinung Cammys. Dieses grauenhafte Wetter. Irgendetwas braute sich zusammen aber Bianca war noch nicht dahinter gekommen. Der plötzliche Aufschrei ihrer Cousine durchfuhr das Mädchen wie ein Blitz und sie hielt abrupt an. Rosalind war normalerweise eine ruhige Persönlichkeit. Umso seltsamer kam es ihr vor, dass sie so aus der Bahn geworfen schien. Mit weit aufgerissen Augen starrte Bianca sie an und wartete ab was sie ihr zu sagen hatte. Normalerweise war sie es nicht gewohnt, dass man auf diese Weise mit ihr sprach. Die Blauhaarige lauschte den Worten der Anderen und konnte es kaum glauben. Für einen Moment war jegliche Farbe aus ihrem Gesicht entwichen und sie war unfähig sich vom Fleck zu rühren. Ein Monsterangriff? Schon wieder? Wie konnte es sein, dass sie nirgendwo sicher waren? der wie vielte war das schon? Immer wieder hatten Menschen ihr Leben lassen müssen. Warum hatte dies niemals ein Ende? "Wo..sollten wir sonst sicher sein, Rosalind? Wir sind nirgends sicher!!!!" Ungewohnt laut schrie sie die letzten Worte heraus und war den Tränen nahe. Sie fühlte sich an Tabathas Tod erinnert, welchen sie nach wie vor nicht verkraftet hatte, welcher immer noch an ihr nagte und drohte sie aufzufressen. "Gar nichts ist in Ordnung. Schon lange nicht mehr...", murmelte Bianca in sich hinein. Auf Grund des Windes und des lärmenden Gewitters konnte Rosalind sie wahrscheinlich nicht mehr verstehen. Tausende Gedanken überfluteten Biancas Kopf. Sie überlegte sich Versteckmöglichkeiten und studierte ihre Umgebung. Das Farmerhaus bot zu wenig Schutz. Es fiel ja bereits bei dem Sturm beinahe in sich zusammen...


  • Rosalind hörte Bianca aufmerksam zu. Es war lange her, dass sie miteinander gesprochen hatten. Und Rosalind würde sich mehr freuen, wenn ihr erstes Gespräch nach Langem unter anderen Umständen zustande gekommen wäre. "Es war ziemlich Dunkel. Und so langsam sind sie auch nicht. Ehrlich gesagt war ich froh, noch ein Stückchen zur Seite springen zu können." Erklärte die Blauhaarige leicht beschämt. Auf Biancas heftige Reaktion auf die Monster war Rose allerdings nicht vorbereitet. Doch sie konnte sie nachvollziehen. Menschen die ihr wichtig waren, wie Tabatha, waren bei den vergangenen Angriffen ums Leben gekommen. Auch ihre Cousine hatte viel verloren, genauso wie sie selbst. "Bianca, beruhige dich bitte." Versuchte es Rosalind im ruhigen Ton. Panik war das letze, was sie nun gebrauchen könnten. Doch Rose bezweifelte, dass ihre Cousine sich so einfach beruhigen würde. Wie denn auch? Selbst konnte sie doch so gut nachvollziehen, was in ihr vorging. Angst. Angst machte einen Menschen zu einer wandelnden Marionette. Und Rosalind wusste, dass Worte nichts helfen würden. Wenn sie doch nur laufen könnte! Nunja, vielleicht könnte sie einen Versuch wagen. Es war eine ganz dumme Idee, jedoch hielt dies die Grünäugige nicht davon ab, es trotzdem zu wagen. Rosalind klammerte sich mit den Händen an den Rollstuhl und rückte sich hoch. Es war unendlich anstrengend. Mit ihrem gesunden Bein trat sie zuerst auf und schob sich weiter nach oben. Langsam konnte sie sich zur Seite drehen, das fixierte Bein in der Luft. Rosalind atmete schwer und klammerte sich am Rollstuhl fest, neben dem sich sich langsam positionierte. "Beruhige dich, wir sind nicht alleine." Flüsterte sie ihrer Cousine gut zu und löste sich langsam vom Rollstuhl, um Bianca in den Arm zu nehmen. Rose wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde, doch es erschien ihr in diesem Moment einfach richtig. Doch als sie Bianca an den Schultern zu fassen bekam, knickte ihr das verletzte Bein trotz Fixierung weg und Rosalind fand sich sofort auf dem Boden wieder. Noch nicht einmal die Zeit sich mit den Händen ab zu stützen hatte sie gehabt. Verdammt. Nun war sie nur noch hilfloser als zuvor.


  • Gut möglich das Rosalind die Wahrheit sprach. Die Erfahrungen der verwöhnten Göre mit Monstern hielten sich schier in Grenzen. Glücklicherweise. Eine Saint - Coquille war keineswegs zum Kämpfen gemacht. Eine Saint - Coquille lies für sich kämpfen. Bianca jedoch war sich stehts bewusst, dass sie sich auf die Angestellten und Bediensteten nicht verlassen konnte und hatte eines Tages beschlossen sich selbst magische Fähigkeiten anzueignen. Natürlich ging die Magie dem wohlhabenden Mädchen spielend von der Hand. Es war ein Leichtes für sie mit dem Element Wasser zu spielen. Ihrem Temperament nach zu urteilen wäre vielleicht das Element Feuer wesentlich passender gewesen aber irgendwie hatte die Blauhaarige sich damals für Wasser entschieden und wenn sich Bianca etwas in den Kopf gesetzt hatte, musste es auch so geschehen. Wie konnte es auch anders sein. Obwohl sich die Tochter des weltberühmten Gourmets äußerst selten mit Monstern kämpfte, war sie nicht ungeübt im Ausführen ihrer erlernten Kräfte. Nicht selten nutzte die verzogene Miss ihre magischen Kräfte um Vergeltung an rotzfrechen Bälgern, welche nicht in der Lage waren ihr den nötigen Respekt entgegenzubringen, auszuüben.
    Gut möglich das Biancas Reaktion übertrieben war. Sie hatte wie auch Rosalind sehr viele Familienmitglieder und auch... Freunde verloren. Das Bild ihrer Zofe tauchte vorm inneren Auge des Mädchens auf und sie bemühte sich den imaginären Kloß, welcher ihr Augenblicklich die Luft zum Atmen nahm, hinunterzuschlucken. Die Blauhaarige mit den Korkenzieherlocken schüttelte den Kopf. Nein. Ihre Reaktion war nicht übertrieben. Ihre Reaktion war angemessen. In Extremsituationen reagierte man nun einmal extrem. Wenn sie Situation nicht derartig extrem wäre, hätte man in dem Moment mit aller Wahrscheinlichkeit völlig anders reagiert. "Wie kannst du so ruhig bleiben? Ist dir klar, dass wir eigentlich ausgeliefert sind?" Bianca spielte auf Trampolis geografische Lage an. Sie waren von Monsterarealen umzingelt. Natürlich gab es da noch die Mauer, welche sie vor etwaigen Angriffen hätte schützen sollen aber wenn ihre Cousine ganz deutlich gesehen hatte, dass die Monster sich bereits innerhalb der Mauer aufhielten, waren sie vollkommen ausgeliefert. Der vermeintliche Schutz, welchen die Mauer bieten hätte sollen, würde zu ihrem Grab werden. Beklommen starrte Bianca zu Boden. Der Sturm bließ durch ihre Haare. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum und vergrub ihre Hände im Stoff ihres Kleides. Sie wollte nicht sterben. Sie durfte nicht sterben. So viele Dinge waren noch ungesagt und ungetan.
    Unbemerkt hatte sich Rosalind währenddessen mit viel Mühe und Kraft von ihrem Rollstuhl erhoben um Bianca etwas Trost zu spenden, doch gerade als ihre Cousine sie bei den Schultern berühren konnte, knickten die Beine der Verletzten weg und Rosalind stürzte äußerst unglücklich. Bianca verfolgte das Schauspiel mit weit aufgerissenen Augen und gerade in dem Moment, als diese ihre Verwandschaft tadeln wollte, sich wieder hinzusetzen war der Unfall schon geschehen. Vergebens versuchte die blauhaarige Schönheit Rosalind aufzufangen, da war sie ihr schon entglitten und lag im Dreck. "Rosalind...!" Ihr Haar, ihr einst schneeweißes Kleid, ihr Gesicht - alles war mit Schmutz bedeckt und ohne genauer über die Sachlage nachzudenken, war Bianca einen kleinen Schritt zurückgewichen. Kurzzeitig hatte sie vergessen in welcher Situation sie sic befanden und das Bianca ohnehin selbst mit ihrem sündhaft teuren Klamotten mitten im Schlamm stand. Auch wenn es ihr förmlich das Herz brach, zuzusehen wie der wertvolle Stoff hinüber ging, hockte sie sich schließlich hin um Rosalind hochzuhelfen. Auch wenn Bianca vielleicht nicht die Stärkste war, hatte sie es sich trotzdem leichter vorgestellt die Andere wieder zurück in den Rollstuhl zu befördern. "Waaaah...mach dich dich nicht so schwer!" Wo versteckte ihre Cousine eigentlich all diese Pfunde, welche Bianca nun zu spüren bekam? Gerade als die Blauhaarige dachte, sie hätte es geschafft, rutschte sie im Schlamm aus und landete rückwärts mit ihrer Cousine auf sich mit einem lauten Platsch mitten im Dreck. Bianca war hin und her gerissen ob sie weinen, toben oder lachen sollte und schlussendlich wurde es irgendwie eine Mischung aus allem.


  • Meinte Bianca das ernst? Natürlich mussten sie ruhig bleiben, denn Panik würde sie nur unvorsichtig werden lassen. "Wir müssen tief durchatmen und uns einen sicheren Ort suchen. Vielleicht das Rathaus? Dort wurden auch alle Patienten der Klinik hin geschickt." Erklärte Rosalind ihrer Cousine und erinnerte such dabei an all die Verletzen. Als die Saint Coquille zu Boden fiel, bemerkte sie kaum, wie Bianca kurz zurück wich. Ein schmerzhaftes Stöhnen drang aus Rosalinds Kehle, als Bianca dann doch versuchte, ihr auf zu helfen. "Entschuldige. Ich versuche es." Es war leichter gesagt, als getan, den Rose fühlte sich so schwer wie ein Stein. Zusätzlich mit dem ganzen Matsch, der beide Cousinen bedeckte, wurde das Ganze noch schwieriger. Doch schlussendlich schafften sie es beide, die Blauhaarige zurück auf den Rollstuhl zu hieven. "Das war wohl doch eine dumme Idee." Bemerkte Rosalind leicht beschämt.


  • Kopfschüttelnd vernahm die versnobte Miss die Worte ihrer Cousine. Ihre Hände hatte sie dabei vor der Brust verschränkt und blickte stur in die entgegengesetzte Richtung. Es war wirklich unglaublich. Rosalind wollte sich einfach in einem instabilem Häuschen verkriechen und dort auf ihren Tod warten? Sie selbst war keine große Kämpferin das wusste sie aber es hatte bestimmt noch weniger Sinn in einem Häuschen auf den sicheren und grausamen Tod zu warten. Ein Schnauben entfuhr der Blauhaarigen und sie richtete ihren Blick wieder auf ihre Cousine. Sie blickte auf die zierliche Gestalt im Rollstuhl, welche den Monstern sowieso ausgeliefert war sobald sie gänzlich über diese Stadt hereinbrechen. Selbstverständlich würde sie nicht kämpfen können aber die konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass das Rathaus ihr Schutz spenden würde. Biancas Augen suchten die grünen Augen ihrer Verwandten. In ihnen spiegelte sich Hoffnung wieder und irgendwie brachte es Bianca nicht übers Herz diese Hoffnung mit ihren harten aber bestimmt wahren Worten zu zerschlagen. Das Mädchen mit den Korkenzieherlocken sog die Luft ein und atmete schwer wieder aus. Sie versuchte ihre Worte so sanft wie nur irgendwie möglich zu formulieren aber es war allgemein bekannt, dass dies gewiss nicht Biancas Stärke war. "Glaubst du wirklich, dass man im Rathaus sicher ist wenn eine Horde von Monstern die Stadt unsicher macht?" Sollte Rosalind diese Frage mit einem 'Ja' beantworten, war sie noch naiver als Bianca sie eingeschätzt hatte. Als das andere Mädchen schließlich damit argumentierte, dass auch alle anderen Patienten dahin gebracht wurden, rollte die verzogene Miss mit den Augen. Makabere Gedanken manifestierten sich im Köpfchen der Blauhaarigen bei der alle Patienten das Rathaus als ihren letzte Ruhestätte bezogen hatten. "Wer glaubst du sollte all die Patienten in Sicherheit bringen, wenn der Ernstfall eintritt? Etwa die zwei Ärzte, welche dort arbeiten? Die müssen auch ihre eigene Haut retten...." Eine unheimliche Gesprächspause war zwischen den Beiden eingekehrt. Man konnte lediglich das Donnergrollen im Hintergrund hören. Eine Weile hatte Bianca ihre Augenbrauen zusammengezogen und grimmig auf ihre Cousine gestarrt. Im nächsten Augenblick jedoch lockerte sich ihr finsterer Blick wieder und sie machte einen besorgten Gesichtsausdruck, war aber nicht bereit ihrem eigen Fleisch und Blut mitzuteilen, dass sie nicht wollte, dass Rosalind ihr Leben aufs Spiel setzte.
    Irgendwie schafften es die Beiden nach dem Sturz ihrer Cousine doch noch sie wieder zurück in den Rollstuhl zu schaffen auch wenn es sich nicht gerade als leichtes Unterfangen herausstellte. Außer Atem schnaufte Bianca erst einmal kräftig durch und blickte entsetzt und angeekelt an sich selbst herunter. Überall war Schmutz und Dreck. Von Kopf bis Fuß war sie außerdem vom Regen durchnässt und der Sturm ließ sie erschaudern. Wenn sie noch länger hier stehen bleiben würden, würden sie sich ohnehin den Tod holen und das ganz ohne dabei Unterstützung durch irgendwelche Monster zu haben.
    "Solche Aktionen solltest du wohl unterlassen..." Wortlos stellte sich Bianca wieder hinter den Rollstuhl und begann ihre Cousine aus dem festgefahrenen Schlamm zu schieben. Es war nicht leichter aber irgendwann hatten sie das Schlimmste geschafft. Glücklicherweise war es unmöglich für Bianca dabei ins Schwitzen zu kommen, da es sie ohnehin fröstelte. Sie steuerte den Rollstuhl in Richtung Villa. "Wir sollten einfach Vater fragen. Vielleicht kann er uns hier wegschaffen bevor der schlimmste Fall eintritt..." Bianca machte eine kurze Pause bevor sie weiter sprach. "Wenn du ins Rathaus möchtest, kann ich dich auch dorthin bringen aber erwarte nicht, dass ich auch dort bleibe..."


  • Rosalind senkte den Blick. "Nein.." Das musste sie zugeben. "Aber wenn die Bewohner erstmal evakuiert sind, dann wird uns bestimmt irgendetwas mit geteilt, ein Plan oder wie es weiter geht." Es musste schließlich einen Grund haben, alle Bewohner der Stadt an ein und denselben Ort zu verfrachten. Biancas Worte waren einleuchtend, aber was sollten sie denn anderes tun? Auch ihr Onkel würde ihnen schlecht da raus helfen können, er war auch nur ein Mann. "Nicht nur. Es gibt starke Kämpfer in Trampoli, die bereits das Monster bei der Klinik zu Fall gebracht haben. Und wenn ich hier nicht fest säße.." Sie beendete den Satz nicht, denn es hatte keinen Zweck, sie saß nun mal fest und das war nicht zu umgehen. Das ihre Cousine einfach abhauen wollte war für Rosalind unbegreiflich. "Bianca.. Und was ist mit der Person, die du gesucht hast? Willst du sie zurück lassen? Glaubst du nicht, dass wir als reichste Familie der Stadt Verantwortung tragen?" Rosalind konnte es sich nicht vorstellen, alle Bewohner der Stadt sterben zu lassen, nur um sich selbst in Sicherheit zu bringen. Das konnte sie nicht, da darußen waren Menschen, die Hilfe benötigten und irgendetwas musste getan werden. Und wenn Rose nicht selbst kämpfen konnte, so war es doch zumindest die Pflicht ihrer Familie hier zu verweilen und die Bewohner Trampolis zu unterstützen! "Hör zu, ich will dich zu nichts zwingen, aber willst du wirklich, dass wieder so viele Bekannte und Unbekannte ihr Leben lassen müssen? Ich nicht und ich denke mal du auch nicht. Wir können nicht einfach abhauen." Rosalind bemerkte kaum, wie Bianca den Rollstuhl mühsam vorwärts schob.

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