[Max] & Julia | Konditorei

Sie überraschte ihn erneut und vermutlich konnte er diesmal die Verwunderung nicht ganz aus seinem Gesicht verbannen. Eine Frau, die nicht nur ihre Zeche selbst, sondern auch noch ihn als Mann einladen wollte? Eine Bürgerliche, die sich nicht am Reichtum des Adels ranmachen wollte, sondern für jemanden bezahlte, der so viel vermögender war? Max blinzelte irritiert. Sein Stolz hätte verletzt sein sollen, aber stattdessen war er ganz positiv angetan von ihrer bestimmten Art. Julia begegnete ihm auf Augenhöhe und mit einer offenen Herzlichkeit, die er nicht kannte. 'Das könnte alles nur gespielt sein.', warnte ihn sein Erfahrungsschatz, 'Sie erschleicht sich dein Vertrauen und nimmt dich dann aus.' Nein. Mit Heuchlern und Schmarotzern kannte er sich aus, ein Blick in Julias Augen genügte um all seine Zweifel niederzulegen. Niemand konnte eine derart bezaubernde, einvernehmende Art einfach so aufsetzen. Oh, das ist gar nicht gut. Max schob die Sorge beiseite, die es bedeuten mochte, dieser Frau so zugetan zu sein.
"Nun, dann werde ich Euren Wunsch selbstverständlich respektieren und bedanke mich schon jetzt für die äußerst großzügige Einladung.", erwiderte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Manchmal musste man einfach einsehen, wann man einen Kampf verloren hatte und seinen Dank für entsprechende Gunst kundtun. Max hörte interessiert zu, während die Dame ihm gegenüber mit solch einer Begeisterung über das Badehaus sprach. Ein seltsames Gefühl kam in ihm hoch, während er ihr lauschte. War es... Wehmut? Das konnte nicht richtig sein. An was sollte es ihm schon fehlen, dass er sich nach etwas sehnte?
Max nickte langsam, als könne er ihre Worte nachvollziehen. Was er nicht tat. Eines stand jedoch fest: "Eure Leidenschaft für Eure Tätigkeit im Badehaus ist wahrlich bewundernswert. Man merkt, wie viel Euch das bedeutet." Das stimmte. Selten hörte er Leute mit solch einem inneren Feuer über etwas sprechen. Sie liebte das was sie tat wirklich über alles. "Ich kann nicht sagen, dass es etwas gibt, was in mir ein solches Engagement auslösen würde.", gestand er ein und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch zusammen. So ganz hatte er es immer noch nicht verstanden. Das ein heißes Bad heilsam sein konnte, dem stimmte er zu. Aber sich darum kümmern? Es vorzubereiten? Max hatte ja noch nie sein eigenes Bad eingelassen, es waren immer Diener gewesen. Um was genau ging es Julia also? War es das helfen, den Besuchern etwas gutes tun, wie sie sagte? Was für ein seltsamer Gedanke. Wobei, ein wenig konnte er das verstehen. Wenn er seiner lieben Schwester oder seinen Cousinen ein Geschenk erbrachte, erfüllte ihn dies auch mit Freude. Das musste es wohl sein. Das man diese aber auch durch Arbeit erreichen konnte, fand er faszinierend.
"Ja, vielleicht sollte ich das...", meinte er gedankenverloren. Ein Besuch im Badehaus? Obwohl er es doch viel bequemer bei sich zu Hause haben konnte? Allerdings könnte er dann wahrlich sehen, welches Werk Julia vollbrachte, könnte weitere Facetten dieser Frau kennenlernen. Eine aufgeregte Nervosität machte sich in ihm breit. Oh, das war gar nicht gut.
Ein Glück kam in diesem Moment der Kellner an ihren Tisch, als hätte er nur auf einen Hinweis von ihnen gewartet. Julia bestellte und Max entschied sich, der Empfehlung des Hauses zu folgen, damit er sich nicht mit einer Entscheidung quälen musste. Außerdem konnte man darauf ja dann auch das beste Urteil fällen.
Nachdem der Kellner gegangen war und ihre Bestellung verarbeitete, wandte Max sich wieder ganz seiner Begleitung zu. "Erlaubt mir eine Frage Fräulein Julia und ich hoffe Ihr verzeiht mein brüskes Verhalten,", begann er, denn es gab da etwas, was ihn beschäftigte, "Ihr habt in unserer kurzen Zeit zusammen schon vermehrt die Sorge zum Ausdruck gebracht, Ihr könntet mich langweilen oder Euch für Euer eigenes Verhalten entschuldigt. Seid vergewissert, dass es hierfür keinen Anlass gibt. Ich empfinde Eure Gesellschaft als große Bereicherung und genieße euer Wesen ganz und gar." Zu sehr. Sie war so herrlich unverstellt, so verdammt offen, bestimmt auf der einen, verlegen auf der anderen Seite, mit tadellosen Gepflogenheiten und doch forsch, wie es ihm nur selten unterkam. Kurzgesagt: Sie war hinreißend. "Sollten jene Bemerkungen jedoch ein Versuch gewesen sein, mein Interesse an Euch zu schmälern und mich abzuwerben, so muss ich sagen, dass Euch dies nicht geglückt ist. Auf Verlangen kann ich aber gern einen Rat geben, Menschen höflich abzuweisen, so wie ich es mit Euch, Fräulein Julia, getan hätte, wäre dies mein Ansinnen gewesen." Dem letzten Zusatz fügte er ein Lächeln hinzu, ein kleiner Scherz um nicht zu sehr in negativen Annahmen zu hängen. Es bereitete ihn durchaus Bedauern zu sehen, wie sie sich selbst unbemerkt runtermachte und ihr Licht ein wenig unter den Scheffel stellte. Das hatte sie gar nicht nötig. Wie aufs Stichwort kam nun auch der Kellner zurück und brachte jeweils Dessert und Getränke, die in aller Verführung auf ihren Tisch abgestellt wurden. Na da war er ja jetzt mal gespannt.