Lukas & Rosalind
Immerhin hatte er die junge Damen mit seinen Geschwafel nicht gleich verjagt - aber sichtlich verunsichert, wie mir scheint. Und da hatte das kleine Teufelchen auf seiner Schulter nicht ganz unrecht. Die edle Dame antwortete höflich - bild' dir nichts drauf ein, so wurde die erzogen! Bevor er antwortete, schaute er ihr etwas zu lange in die Augen. Sie hatte aber auch wunderschöne grüne Augen, wie ein Teich in einem Wald, in den man langsam versinken wollte. "J-ja, sie findet jede Woche um die gleiche Zeit statt ... also, wenn sie nicht gerade ausfällt, weil wieder mal keiner ... äh ich meine wegen zu weniger Besucher." Lukas kratzte sich verlegen an der Nase. "Nicht, dass nicht genügend Menschen glauben, Gott ist überall, aber die meisten Bewohner Trampolis sind viel beschäftigt und beten zu Hause ..." - hoffst du. Lukas wandte endlich den Blick ab und drehte sich zum Altar. Er musste noch alle Kerzen anzünden. "Ich freue mich aber immer sehr, wenn jemand sich die Mühe macht und zur Kapelle kommt ... das ... danke!" Ein guter Moment ihr den Spendentopf unter die Nase zu halten, oder? Gewissenhaft zündete Lukas die Kerzen eine nach der anderen an. "Oh", er drehte sich etwas verlegen zu der jungen Damen um. "Äh ... verzeiht! Ihr wolltet sicher in Ruhe beten ... ich äh ... ich muss noch die Gesangsbücher austeilen und den Altar vorbereiten, ich äh ... ich werde ganz leise sein, Ihr werdet mich gar nicht bemerken!" Sagte er und in diesen Moment stolperte er gegen die Kiste mit den Gesangsbüchern.

Die Kapelle
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[Rosalind] - bei Lukas
Die Adelstochter beobachtete die Bank vor sich etwas zu genau als sie versuchte, ihre eigene Verwirrtheit zu überspielen. Der Messdiener schien jedoch ebenfalls ein wenig aus der Fassung zu sein. "Das kann ich mir vorstellen. Die Zeit vergeht so schnell, dass man manchmal vergisst, inne zu halten und den Geist zu öffnen." Erwiderte sie und richtete die grünen Augen wieder auf den Messdiener. Sein Dank schmeichelte Rosalind, obwohl sie doch eigentlich gar nicht besonderes gemacht hat. "Oh... Dafür nicht... Um ehrlich zu sein, ich hatte gehofft hier vielleicht etwas Klarheit zu finden." Erklärte die Adelstochter ehrlich. Sie beobachtete den jungen Mann dabei, wie er die Kerzen entzündete. Das warme Licht gab der Kapelle gleich eine noch viel feierliche Atmosphäre. Die Blauhaarige lächelte ein wenig. Sie schätze, dass der Messdiener versuchte, ihre Erfahrung hier friedlich zu machen, auch wenn er offensichtlich nervös war. "Macht euch keine Sor-" Rosalind kam gar nicht dazu, ihren Satz zu beenden, als der Messdiener gegen die Kiste mit den Gesangsbüchern stolperte. Erschrocken erhob sich die Adelstochter von der Bank so schnell sie es mit ihrem Bein konnte und eilte zu dem jungen Mann, um ihm zu helfen. "Geht es euch gut? Habt ihr euch verletzt?" Fragte sie mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Rose schien offensichtlich nicht die einzige zu sein, welche oft vom Pech heimgesucht wurde.
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Lukas & Rosalind
Ihre Worte waren wie Musik in seinen Ohren. Eine spirituelle Frau, eine die seine Werte teilte, was will man(n) mehr? Ihr nächster Satz erregte sofort seine Aufmerksamkeit. "Klarheit?" Er neigte sich nach vorne. "Möchtet Ihr vielleicht darüber reden? Die Kirche war schon immer ein sicherer Ort der Erkenntnis und der Klarheit." Lukas schenkte ihr ein freudiges Lächeln. "Also, vielleicht könnte ich Euch dabei behilflich sein, wenn Ihr möchtet ... aber fühlt euch nicht gezwungen!"
Als Lukas über die Kiste stolperte, fiel er hart auf die Knie. Gerade so konnte er noch einen Laut unterdrücken. Die edle Dame war aufgesprungen und stand jetzt mit besorgter Miene vor ihm. "Ähm ... sicher!" Langsam richtete er sich auf und klopfte den Staub von seiner Kleidung. "Ihr braucht Euch nicht zu sorgen ... Verzeihung! Ich bin manchmal etwas unaufmerksam. Ich habe nur wieder vergessen, dass ich diese Kiste dahingestellt habe ..." so wie die hundert Male zuvor. Lukas hob die Kiste auf eine Bank. "Ich muss die Bücher noch austeilen ...", murmelte er mehr zu sich selbst. "Die Kerze sind an und ... oh der Spendentopf." Da ist der ja endlich! Den musste er noch aufstellen. -
[Rosalind] - bei Lukas
Das Angebot des Messdieners ließ die junge Frau nachdenklich dreinblicken. An sich war nichts dabei, frei in einem Gotteshaus über sein Leben zu sprechen. Aber tat man dies nicht normalerweise bei der Beichte gegenüber einem Priester? Und wie ein Priester sah der junge Mann nun wirklich nicht aus, auch wenn Rosalind es nicht besser wüsste. "Ich denke nicht. Zumindest nicht heute." Antwortete sie schlussendlich. Egal wie sehr die Gedanken noch immer durch ihren Kopf strömten - und das obwohl Rosalind ja so lange fort gewesen war, um sich von all dem Geschehenen zu erholen - so war sie doch noch immer niemand, der einfach so ihre tiefsten Gedanken mit einem Fremden teilte, auch wenn dieser ein Diener Gottes war. Das war ihr... zu intim. Aber vielleicht könnte sie den Besuch in der Kapelle ja dennoch nutzen, um sich über einiges klar zu werden. Auch, wenn dies nicht mit einer Beichte verbunden sein sollte. Die Blauhaarige sah noch immer besorgt aus als der Messdiener die Kiste, gegen welche er soeben gestolpert war, auf eine Bank stellte. Er schien gestresst, auch wenn er augenscheinlich versuchte, sie nicht damit zu belästigen. "Vielleicht... könnte ich Euch helfen?" Fragte sie mit sanfter Stimme. Ihr Bein fühlte sich schon wieder besser an, nachdem sie ein wenig gesessen hatte. Und außerdem hatte Rose ja vor gehabt, in Zukunft auch mal etwas mit anzupacken. Und beim Vorbereiten der Messe zu helfen war vielleicht gar kein schlechter Anfang. Bedacht darauf, ihm nicht in die Quere zu kommen, nahm Rosalind eines der Messebücher in die Hand. Gedankenverloren blätterte sie kurz hindurch und ließ dabei ihre grünen Augen über die Liedtexte schweifen, welche dort niedergeschrieben waren, auch wenn sie zu schnell blätterte, um wirklich etwas zu lesen. "Ich könnte die Bücher verteilen, während Ihr den Spendentopf holt?" Bot die Adelstochter schließlich mit einem freundlichen Lächeln an.
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Lukas & Rosalind
Lukas versuchte sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Zu gerne hätte er gewusst, was eine so edle Dame, die auf die Gesellschaft so wirkte, als ob sie keine Probleme hätte, für Probleme hatte. War er neugierig? Oder schadenfroh? Nein. Es war doch sein Beruf seinen Mitmenschen eine Stütze zu sein, er wollte anderen helfen und ihnen zu hören. Das war ein großer Teil seines Glaubens. "I-in Ordnung", lächelte er verlegen. "Wenn Ihr Eure Meinung ändern solltet, könnt' Ihr immer hier her zurückkehren. Die Kapelle ist immer für euch offen!" Ist das unangenehm! So einem Freak möchte man sicherlich keine Geheimnisse anvertrauen!
Als die Edeldame fragte, ob sie ihn helfen könne, riss Lukas erschrocken die Augen auf. "N-nicht doch ..." Aber da hatte sie sich schon eines der Messebücher genommen. "... I-ihr müsst Eure Finger nicht für mich schmutzig machen ... " Wer weiß schon wie schmutzig ihre Finger schon waren, stille Wasser sind tief? Er kniff die Augen fest zusammen. Diese Stimme in seinen Kopf machte ihn noch wahnsinnig, beinah' hätte er sie wieder zurecht gestutzt, aber die junge Dame konnte sie ja nicht hören. Er sollte also auch lieber so tun, als ob er sie nicht hören könnte. Ansonsten würde sie ihn noch für komplett verrückt halten. Bisher hatte er sicherlich keinen guten Eindruck auf ihr hinterlassen - das sollte er nicht noch weiter verschlimmern.
Die junge Dame schlug vor, sich um die Bücher zu kümmern. Es rührte ihn ein wenig, dass sie ihm so gerne helfen wollte, auch wenn es ihn widerstrebte, wollte er es ihr nicht verehren. "Gut", sagte er schließlich. "Jede Reihe fünf Stück. Schlagt sie bitte auf Seite 12 auf, das ist unser heutiges Eröffnungslied." Mal sehen, ob sich für heute der Aufwand lohnt. Oder ob wieder niemand kam ... "Ich werde dann kurz den Spendentopf holen ..." Unsicher schaute er zu der jungen Damen. Ihm war bis jetzt nicht aufgefallen, dass sie humpelte, dann hätte er ihr diese Aufgabe nämlich nicht überlassen. Trotzdem war er sich nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung war. Er zögerte noch einige Sekunden, dann ging er in die hinteren Gemächer der Kapelle, um den Spendentopf zu holen. -
[Rosalind] & Lukas
Die Blauhaarige schenkte ihm ein nachdenkliches Lächeln. Die Kapelle sei immer für sie offen? "Vielleicht komme ich nochmals darauf zurück." Erwiderte sie ruhig. Sie war sich selbst nicht sicher, ob sie das wollte. Einerseits tat es vielleicht gut, sich einmal alles von der Seele zu reden. Schließlich hatte sich ihre Zeit außerhalb Trampolis hauptsächlich auf ihre physische Regeneration konzentriert. Aber die Adelstochter war sich auch unsicher, ihre intimsten Gedanken mit jemand fremden zu teilen. Insbesondere, da die Probleme des Adelsgeschlechts sicher so weit entfernt von den Problemen der normalen Bürger waren. Rosalind seufzte bevor sie sich den Messebüchern widmete. "Damit mache ich mir wohl kaum die Finger schmutzig. Es sind doch nur Bücher." Antwortete sie dem Messdiener mit einem beruhigenden Lächeln. "Ich bin mir nicht zu fein, ein wenig zu helfen." Fügte sie hinzu. Es sollte ein wenig Humor sein, nur leider war Rose nicht unbedingt begabt darin und so klang sie etwas ernster als beabsichtigt. Als der junge Mann ihr dann jedoch erklärte, wie die Bücher zu verteilen waren, lächelte sie ihn wieder an. "Jede Reihe fünf Stück. Und Seite 12. Verstanden." Rosalind nickte, nachdem sie die Anweisungen wiederholt hatte. Sie wartete, bis der Messdiener aus ihrem Sichtfeld verschwunden war, ehe sie begann, ein paar der Bücher aus der Kiste zu nehmen. Die ersten zwei Reihen waren kein großes Problem. Sofern sie ausgeruht war, konnte die Blauhaarige normal laufen, auch wenn ihr Bein sich immer etwas steif anfühlte. Und die ersten beiden Reihen waren so nah an der Bücherkiste, dass es nicht viel zu laufen gab. Rose verteilte fünf Bücher je Reihe und schlug sie auf der Seite 12 auf. Die weiteren Reihen folgten, doch als sie ungefähr bei der Hälfte war, merkte die Adelstochter, wie anstrengend das Ganze dann doch war. Innerlich verfluchte sie sich. Wozu hatte sie diese Rehabilitation eigentlich gemacht, wenn sie dann doch kaum etwas auf die Reihe bekam? Das war vielleicht nicht ganz fair zu ihr selbst, schließlich war sie erst heute wieder nach Trampoli gekommen und hatte auch sogleich einen Spaziergang durch die halbe Stadt gemacht. Natürlich würden ein paar Minuten Pause danach nicht ausreichen. Mit einem frustrierten Seufzen setzte sich die Adelstochter auf die Bank neben sich, um eine kurze Pause zu machen und betrachtete das Buch, welches sie direkt an den Anfang der Reihe gelegt hatte. Ihre grünen Augen wanderten über den Text des Eröffnungslieds. Sie kannte es nicht, kannte die Melodie nicht. Aber dennoch begann die, ohne es wirklich zu merken, experimentierend vor sich hinzusummen.
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Lukas & Rosalind
Vielleicht kam sie nochmal darauf zurück. Vielleicht. Ein Lächeln bildete sich auf das Gesicht des Geistlichen. Ein Lächeln des puren Glückes. Herr Gott! Er kannte sie erst seit fünf Minuten, aber Lukas war sich zu hundert Prozent sicher, dass sie die Frau seiner Träume war. Gott persönlich hatte sie geschickt! Nein, der Teufel! Er hatte doch ein Gelübte abgelegt! Aber die tief grünen Augen dieser Frau, ließen ihn an seiner endgültgen Entscheidung zweifeln. Oder war es das kleine Teufelchen auf seiner Schulter, dass ihn verbotene und dreckige Dinge zuflüsterte, die er alle mit dieser wunderschönen Frau anstellen könnte, wenn er seinen Glauben einfach über Bord werfen würde. Was er - um Himmelswillen - niemals tun würde! Egal, wie schön sie war. Egal, wie verlockend die Worte des Teufels waren. Sein Glaube war stark. Stärker als seine Gelüste, oder? Die Worte der jungen Frau holten ihn ins Hier und Jetzt zurück. Bücher könnten ihre Finger nicht schmutzig machen. Da hatte sie recht. Es waren nur Bücher. Er entfernte sich ein paar Meter, blieb aber hinter einer Säule stehen. Sie konnte ihn nicht sehen, aber er konnte sie beobachten, wie sie zur Kiste mit den Büchern ging. Wie sie darin blätterte und sie auf die besagte Seite aufschlug. Er versuchte sich die kleine Falte, die sich auf ihrer Stirn bildete, einzuprägen. Er war geblendet von ihrer Schönheit. Ihr langes, blaues Haar Schluck Wellen wie die stürmische See, als sie die Bücher in den Sitzreihen verteilte. Er konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden, es freute ihn, als sie zu summen begann. Wie die Stimme eines Engels Er schloss die Augen, das Himmelstor vor Augen und die edle Dame mit Engelsflügeln an der Pforte, als ... als plötzlich Gordon hinter ihm stand. "Lukas?"
Hatte er ihn etwa beobachtet? Hatte er ihn erwischt? Oh Gott! Er unterhielt sich einige Minuten mit den Geistlichen und als er zurück zu der adligen Dame zurück ging, war seine Miene finster. Er schleppte sich zu einer der Bänke und ließ sich dort nieder wie ein nasser Sack. "Es tut mir leid ... Es tut mir leid euch mitteilen müssen, aber heute findet leider kein Gottesdienst statt ... mal wieder." Er nahm das Gesangsbuch vor ihm und drückte es fest an seine Brust. "Gordon fühlt sich krank und ... abgesehen von Ihnen ist niemand hier ... und ... es tut mir leid ... Die Bücher müssen wir wohl wieder einsammeln." -
[Rosalind] & Lukas
Die Adelsdame summte leise vor sich hin, während ihre grünen Augen über die Seite des Gesangsbuches wanderten, um den Text in ihrem Kopf zu wiederholen. Es war ein feierliches Lied, das konnte sie schnell schlussfolgern auch ohne die tatsächliche Melodie zu kennen. Rose bemerkte zunächst nicht, dass der Geistliche wieder zu ihr zurückkehrte. Und als sie es tat, erröteten ihre Wangen sanft als ihr auffiel, dass er ihr sinnloses Summen gehört haben musste. Der finstere Blick des zuvor so freundlichen Mannes ließ die Blauhaarige zunächst Böses ahnen. hatte sie ihn verärgert mit ihrem Summen? War es gegen die Ordnung der Kirche? Hatte sie das Lied verunstaltet? Den Glauben wollte man sich nun wirklich nicht zum Feind machen. Aber als der junge Mann sich unweit von ihr auf eine Bank fallen ließ und ihr mitteilte, dass auch heute kein Gottesdienst stattfand, verstand sie plötzlich. Mitfühlend sah sie den Messdiener an als er die Gründe erklärte. "Ich verstehe." Sprach Rose und versuchte dabei sanft zu klingen. "Entschuldigt Euch nicht. Nicht bei mir, wirklich." Fügte sie an. "Heißt es nicht, Gott sei stets präsent? Ob nun eine Messe stattfindet oder nicht?" Fragte sie im Versuch, ihn aufzumuntern. Auch wenn es wohl etwas schräg war, dass ausgerechnet sie, die so wenig mit Religion am Hut hatte, einem Diener des Herrn etwas über Gott erzählte. Rosalind räusperte sich daher und stand langsam auf und begann langsam, die Bücher, welche ihr am nächsten lagen, wieder einzusammeln. Ein Glück hatte sie noch gar nicht alle verteilt. Aber auch so war das ja gar kein schlechtes Training für ihr Bein. "Lasst mich Euch helfen." Sprach die Adelstochter ruhig ehe sie weiter durch die Reihen schritt. Nach einer kleinen Weile der Stille ergriff Rosalind dann jedoch wieder das Wort. "Wenn ich fragen darf... Was hat euch eigentlich hierher geführt?" Fragte sie ruhig. "Nicht physisch, meine ich, sondern... geistig?" Erläuterte die Adelige etwas weiter. Sie fragte sich ehrlich, wie es einen jungen Kerl wie ihn in den Dienst der Kirche verschlagen hatte.
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Lukas & Rosalind
Lukas hob den Kopf. Gott sei stets präsent. Sie war so verständnisvoll und sanft, sie hatte genau die richtigen Worte gefunden, um Lukas' finstere Miene in ein Lächeln zu verwandeln. Daran merkte man, dass sie eine Dame des höheren Standes war. Sie war bewandert über die Macht der Worte. Sie kann die Wahrnehmung eines jeden prägen und sogar die Überzeugungen. Sie kann unser Verhalten ändern oder auch steuern, und sofern die Worte von einer schönen Frau stammen, schaltest du das Hirn ab und machst eh alles, was sie wollen. Einen Moment musste Lukas über die Sticheleien des Teufels auf seiner Schulter nachdenken. Normalerweise würde er diese einfach abtun, versuchen, ihn zu ignorieren. Doch die Antwort auf die Frage der edlen Damen, was ihn eigentlich zur Religion geführt hatte, war vielleicht genau das. Der sichergestellte Abstand zu schönen Frauen, den sie waren sein Untergang. Aber das konnte er so der schönen Dame ja nicht sagen. Das war auch nicht ganz richtig. Schöne Frauen hatten ihn nicht zur Religion geführt, aber es war - auf jeden Fall - ein Grund, religös zu bleiben.
Er beobachtete sie, wie sie die Bücher wieder einsammelte. Eigentlich hatte er ihr helfen wollen, aber verharrte auf der harten Holzbank, als wäre er mit ihr verschmolzen. "Nun ja", antwortete der Geistliche sanft. Er hatte ein freundliches Lächeln auf den Lippen, er erzählte gerne seine Geschichte, auch wenn es eigentlich keine erfreuliche war. "Es wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt. Beziehungsweise hatte man mich als Säugling vor einem Kloster abgelegt. Ich kenne meine Eltern nicht. Ich kenne nur Gott. Die Mönche im Kloster haben mich aufgezogen. Das ist mein Leben, ich kenne nichts anderes." Er lächelte und strich sich die Kutte glatt. "Als ich volljährig war, begann ich zu reisen. Auf meiner Pilgerfahrt landete ich schließlich in Alvarna und nach der Tragödie ...", er musste schlucken, dieses Thema war für viele ein sehr emotionales, "landete ich hier in Trampoli. Mittlerweile steht mir nicht mehr der Sinn nach reisen ..." Die Kurzversion seiner Geschichte, die längere war vielmehr geprägt von neurotischen Störungen, Spielsucht, Glaubenskrisen, Selbstzweifeln und auch sein Ableben und seine Wiederauferstehung und die Anwesenheit des kleinen Teufelchens auf seiner Schulter ließ er lieber erstmal aus. -
[Rosalind] & Lukas
Während sie langsam die Gesangsbücher wieder einsammelte, lauschte Rosalind den Worten des Gottesdieners. Es war ihm in die Wiege gelegt worden? Alleine die Vorstellung, einen Säugling auszusetzen, ob nun vor einem Kloster oder sonst irgendwo, widerstrebte der Adelsdame. Wie konnte man nur sein eigenes Kind weggeben? Sicher gab es verschiedene Beweggründe, welche in der individuellen Situation nachvollziehbar sein könnten, aber Rose konnte es trotz allem nicht verstehen. Es mochte daran liegen, dass die als reiche Adelige stets die Mittel haben würde, ein eigenes Kind zu versorgen, auch wenn ihre Familie vielleicht nicht glücklich darüber wäre. Über die Möglichkeit einer Enterbung dachte sie dabei gar nicht nach. Nein, stattdessen hörte sie dem Messdiener weiter zu. Er war also auf reisen gewesen? Nun beneidete sie ihn doch etwas. Sicher hatte er sehr viel von der Welt gesehen und eine Menge verschiedener Menschen getroffen. Ein Lächeln formte sich auf ihren Lippen, während sie eine weitere Reihe an Büchern abräumte. Doch als er schließlich von der Tragödie in Alvarna sprach, da fiel ihr Gesicht wieder in einen nachdenklichen Ausdruck. "Die Tragödie in Alvarna... Sie hat viele Leben verändert." Ihre Stimme klang fast ein wenig wehmütig. Rosalind dachte an ihre eigene Familie. Sie hatte ihren Bruder Max damals verloren, so früh und ohne Vorwarnung. Lange hatte die Blauhaarige getrauert, hatte versucht damit zurecht zu kommen. Und dann war Astor wieder aufgetaucht und hatte einige der Verstorbenen wieder zum Leben geweckt. So auch Max. Gerade, als Rosalind angefangen hatte, mit seinem Tod klarzukommen, war er wieder zu ihr zurückgekehrt. Und diese Tatsache war einerseits ein Geschenk aber auch unglaublich belastend. Insbesondere, da alles danach so unfassbar komisch gewesen war. Wie ging man auch damit um? Rosalind sah den Messdiener lange an. Sie hatte aufgehört, die Bücher einzusammeln. Es war ohnehin nur noch eine Reihe übrig. "Ihr habt viel erlebt, so wie es scheint." Sagte sie mit einer ruhigen Stimme, die die Emotionen in ihrem Inneren verdeckte. Zumindest teilweise. "Und Euer Glauben hat euch stets begleitet? Oder gab es Momente, in denen Ihr gezweifelt habt?" Wagte die Adelstochter zu fragen. Es war eine sehr persönliche Frage und es war irgendwo etwas doppelmoralisch, ihm solche Fragen zu stellen, wenn sie selbst bislang so oberflächlich geblieben war und keine tiefergehenden Fragen beantwortet hatte. Aber irgendwas an seiner Geschichte zog sie an, ließ sie verstehen wollen. Vielleicht würde das ihr selbst auch helfen, ihre Gedanken zu ordnen?
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Lukas & Rosalind
Als er von seinen Reisen erzählte, hatte er die edle Dame das erste Mal so richtig lächeln sehen. Auch zuvor schon hatte ein Lächeln ihre Lippen geschmück, aber sicherlich nur der Höflichkeit und des Anstands wegen. Dieses Lächeln allerdings erreichte ihre Augen, es hatte etwas ehrliches, etwas sehnsüchtiges. In diesen Moment stellte er sich vor, wie er ihr mehr von seinen Reisen erzählte. Wie schön es wäre, ihr von seinen Erlebnissen und Begegnungen zu berichten. Und wie sie ihn gespannt zu hören würde. Aber das würde in diesen Moment den Rahmen sprengen. Stichwort: die Tragödie von Alvarna war sowieso ein Stimmungskiller. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich und ihre Mundwinkel hingen wieder herunter. "Wohl wahr", sinnierte er, "Aber nach Regen kommt Sonnenschein, nach schweren Zeiten, Prüfungen, Tragödien oder Schwierigkeiten, die wie starker Regen wirken, wird die Freude Gottes und sein Licht wieder sichtbar," er lächelte und seine Augen begannen zu strahlen, "wie die Sonne." Er ließ es offen, ob er damit Astors gescheitertes Experiment meinte. Konnte das wirklich Gottes Wille gewesen sein?
Die edle Dame hielt plötzlich inne. Die Gesangsbücher verweilten noch etwas in den hinteren Reihen. Lukas sagte nichts dazu, es war ihn ohnehin unangenehm die edle Dame für sich arbeiten zu lassen. Er schaute ihr direkt in die Augen. Es war, als versuche er direkt durch sie hindurch zu schauen. Direkt in ihre Seele. Alter Perversling. Ihre Frage schockierte ihn nicht. Er hörte sie auch nicht das erste Mal. Ständig kamen Leute in die Kapelle, die gerade eine Glaubens- und/oder Identitätskrise durchmachten. Gehörte auch die edle Dame zu einen dieser Leute? Immerhin sagte die Frage mehr über den Fragensteller aus. Lukas wurde sein ganzes Leben lang auf diese eine Frage vorbereitet. Die Mönche im Kloster und auch Gordon hatte es ihn immer und immer wieder gelehrt. Er hatte die Antwort einstudiert. "Glaube ist nicht die Abwesenheit von Zweifeln, sondern die Gegenwart des Glaubens mitten im Zweifel. Gott istnah, ganz nah. Er will nicht nur um uns sein, sondern in uns. Er will uns mit seinem Licht durchdringen und alles in uns hell machen. Wenn das an uns geschieht, genesen wir, empfangen wir den Geist von Gott, der uns in alle Wahrheit leitet." Lukas lächelte, auch wenn es seine Augen nicht erreichte. "Das Leben stellt uns immer wieder vor schwierigen Prüfungen ..."
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