Cylie & Chris | im Kloster
Eigentlich war die junge Studentin schon froh, dass sich das Thema rund um ihr Liebesleben erledigt hatte. Chris war ganz sicher nicht der passende Gesprächspartner dafür und er gab auch ganz offen zu verstehen, dass er eigentlich auch gar keine Lust hatte darüber zu sprechen. Seine bissigen Kommentare konnte er sich ja auch sparen. Dass Kommunikation wichtig war, wusste sie schließlich selber aber es war eben nicht immer so einfach, wie er sagte. Manchmal traute man sich nicht und ein andermal war es einfach nicht der passende Moment. Bestimmt würde sie eine Lösung für ihre Situation finden, wenn sie Nick wieder begegnete. Aber was, wenn es dann wieder merkwürdig wurde? Wenn sie beide nicht den ersten Schritt machen konnten und würden sie überhaupt über die letzte gemeinsame Nacht sprechen? Über die Küsse, die sie sich geschenkt hatten? Erinnerte sich ihr bester Freund überhaupt daran?! Auf die Wangen der Medizinerin legte sich ein rosa Schimmer bei dem Gedanken an jene Nacht und sie spürte sogar ein kleines Kribbeln in ihrem Bauch, war gerade froh dass ihr Bruder hinter ihr lief weil er sich am Ende wahrscheinlich nur wieder über sie lustig gemacht hätte. Wobei es angesichts der Tatsache, dass sie sich in einem alten Kloster befanden, das wohl auch mit einer Art Fluch belegt sein soll? Oder war hier nicht irgendwas mit einem Mord erzählt? Irgendwie war die gruselige Geschichte der alten Oma ein bisschen in den Hintergrund gerückt und Cylie hatte die Hälfte schon vergessen aber vielleicht war das auch besser so. Das alles war sowieso im nächsten Augenblick schon vergessen als sich dieses Monster auf ihre Schulter setzte. Konnte sich das Mistvieh nicht einen anderen Platz aussuchen? Natürlich nicht! Ganz galant war die Studentin auf dem alten Teppich gelandet, den dabei auch etwas beiseite geschoben und vielleicht war es ja doch ganz gut, dass sie auf den Boden gefallen war, denn sonst hätten sie diesen geheimen Weg wahrscheinlich nie gefunden. Etwas Neugier funkelte in ihren grünen Augen, gepaart mit ein bisschen Furcht, denn wer wusste schon, was sie da so finden würden.. Während Cylie sich noch ein bisschen Schmutz von ihren Klamotten klopfte, machte sich Chris schon drauf und dran diese Luke am Boden zu öffnen und schaffte es nach ein paar Versuchen tatsächlich. „Wow, seit wann bist du denn so stark, Bruderherz?“, scherzte das Mädchen, streckte ihm die Zunge heraus und guckte vorsichtig in das Loch, auf die modrige Treppe die nach unten in die Dunkelheit führte. War das nur ein geheimer Raum oder ein ganzer Tunnel? Ein Tunnelsystem? Das wäre ja der Wahnsinn! Vielleicht waren die Zwillinge ja ein bisschen verrückt, denn wer würde da schon freiwillig hinein hüpfen, aber anscheinend hatte beide die Abenteuerlust gepackt, auch, wenn sie durchaus ein wenig Angst hatte. Aber dafür hatte sie ja ihren Zwilling, den sie zur Not einfach vorschubste während sie wegrannte. So machte das ein großer Bruder doch, schön sein liebstes Schwesterlein beschützen. „Jetzt.. geh und quatsch nicht so viel, man!“, meckerte die Jüngere der beiden und stieß den anderen schon beinahe in das Loch, doch er war doch schon einige Schritte weiter als sie gedacht hatte. Schnell kletterte das Mädchen hinterher, überlegte ob sie die Luke schließen sollte aber ließ sie doch offen, falls es da unten überhaupt keinen anderen Weg gab. Auch Cylie schnappte sich ihr Handy, prüfte sogar kurz ob sie hier Empfang hatte und wollte eigentlich nur schauen, ob Nick ihr geschrieben hatte, aber da weder das eine noch das andere positiv war, schaltete sie die Taschenlampe ein und folgte ihrem Bruder in den unterirdischen Raum von dem sogar sowas wie ein Tunnel aus ging, der wohl weiter unter der Erde irgendwo hin führte. „Hier verstecken sie wohl die ganzen Leichen.“, murmelte die angehende Ärztin und ging etwas an Chris vorbei, leuchtete in die dunklen Ecken dieses Raumes, in dem nicht mehr stand als ein altes Fass und ein modriges Regal mit einer leeren Dose. Wow, irgendwie hatte sie mehr erwartet. Ein Geräusch aus der Ferne, wahrscheinlich kam es aus diesem merkwürdigen Tunnel, zog die Aufmerksamkeit der Geschwister auf sich und Cylie blinzelte zu ihrem Bruder. „Geh vor.“