Cedric fühlte sich überrumpelt. In Kyle's Gegenwart war das zwar eigentlich nichts Neues, ihn jedoch so enthusiastisch nach seinem Studium fragen zu hören, war aber dann doch nochmal ein anderes Level. Die Reaktion bekam er selten - eigentlich nie. Musikwissenschaften war jetzt nicht gerade sexy. Perplex und absolut planlos, wie er mit so etwas umzugehen hatte, wurde er vielleicht ein klein wenig rot. Can't help it. Ced wich Kyle's Blick aus, als er antwortete: "Primär Geige und Klavier." Verdammt, waren seine Begeisterung (naja, so begeistert wie er in der jetzigen Lebenssituation eben sein konnte) für den Flügel etwa so offensichtlich gewesen? Der Rotton auf seinen Wangen wurde tiefer, was bei seiner blassen Haut nur noch offensichtlicher war. "Und noch ein paar andere Sachen rudimentär.", fügte er nuschelnd hinzu. "Und es ist definitiv theoretischer als andere Musikstudiengänge. Und jüngere Musik wird tatsächlich kaum beachtet" Ein wenig stimmten die Klischee's tatsächlich. Cedric atmete einmal tief durch. "Erinner mich daran, mich später bei deinem Schlagzeug zu entschuldigen." Aber sorry, wenn man einen fetten Flügel im Wohnzimmer stehen hatte, zog das schon viel Aufmerksamkeit auf sich, okay? Cedric runzelte die Stirn. "Warte, du wunderst dich darüber, dass du mich nie auf dem Campus gesehen hast, während du selbst kaum da warst und dich nicht auskennst?" Besser nicht genau hinterfragen. Das schien bei Kyle nicht selten eine gute Devise zu sein.
Cedric schrak aus seinen Überlegungen, als ein Klirren ertönte und seine Augen wichen vom Kyle zum Tisch zum Teller (der tatsächlich aufgegessen war mittlerweile, können wir eine Runde stolz auf Cedric sein, auch wenn ich in der Zwischenzeit total vergessen habe, was es überhaupt zum Frühstück gab?) zum Schlüssel auf dem Tisch neben dem Teller. "Was ist das.", fragte er tonlos, obwohl erstmal eindeutig war, was das war, nur nicht, was es bedeutete. Als Kyle die Aktion dann erklärte, wurden seine Gefühle... kompliziert. Overwhelming. Konträr. Ein wenig Übung. Ein kleiner Reminder. War das alles, was es brauchte? Um wieder normal zu werden - was auch immer das bedeuten mochte? Mein Gott, wie sehr er sich danach sehnte. Und wie gut es tat, Zuspruch zu bekommen, akzeptiert zu werden. Jemanden einen Freund nennen zu können, der weder die Scheiße mitbekommen hatte, in die er geraten war, noch, die er verzapft hatte. Vielleicht einen Zufluchtsort zu bekommen. Ja, da war Sehnsucht. Dankbarkeit. Und trotzdem dieses fast übermächtige Gefühl, welches ihn unter sich begrub. Du darfst das nicht. Du verdienst das nicht. Du wirst versagen. Es ist nicht real. Es ist gelogen. Und es nahm sie mit sich, jene Emotionen, die er eben noch verspürt hatte, bis nichts übrig blieb, als diese elendige Taubheit, die ihm längst ein so vertrauter, unliebsamer Begleiter geworden war.
Cedric versuchte den Kloß im Hals herunter zu schlucken, er schaute immer noch zum Schlüssel und mied Kyle's Blick. Das war gut, so gut. Nur eine Möglichkeit, eine offene Hand. Das, was er brauchte. Für einen Moment war der Schmerz in seinem Gesicht zu sehen, als sich der Kampf in seinem Inneren ausfocht - und verlor. "Ich kann nicht.", krächzte er schließlich, "Wir kennen uns kaum. Du hast mir eh schon so viel geholfen." So viele Ausflüchte. In seinem Kopf nur ein Wort: Feigling, Feigling, Feigling.