Yumi & Alex in seinem Zimmer
Die Witzeleien von zuvor erschienen ihm plötzlich weit weg. Die gierigen, aufgeladenen Blicke, die sie ausgetauscht hatten, waren verebbt. Selbst seine Anspielung ihr jetzt noch mit den Klamotten zu helfen schien weit zurück zu liegen, dabei hatte er sie erst vor wenigen Minuten geäußert und sie hatten darüber gelacht. Das Lachen war verstummt. Auch ihre Anspielung, dass er mittlerweile zu einem wahren Gentleman geworden war, spielte keine Rolle mehr. Sie hatte damit auch auf das Frühstück angespielt, das wusste er. Er hatte sich ertappt gefühlt. Er hatte ihr erklären wollen, dass er sich nunmal dem Anspruch der Frauen anpassen musste, hatte aber doch nur mit den Schultern gezuckt. Selbst die Tiefe ihrer blauen Augen, in denen er vor wenigen Sekunden noch versunken war, verschwamm vor ihm. Das war alles unwichtig geworden. Unwichtig geworden in dem Augenblick, in dem ihm die letzten Worte über die Lippen kamen. Die Silben mit der er es ruiniert hatte. Die Atmosphäre hatte sich schon zuvor verändert, aber nun schien sie zu kippen. Es war der Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hatte. Sie hatte es provoziert und er auch. Es war unvermeidlich gewesen und doch entwickelte es sich anders, als der Silberhaarige gedacht hätte. Er hatte mit einem Wutausbruch gerechnet, mit Anschuldigungen und Erklärungen, was für ein Arsch er doch war. Doch stattdessen sah sie ihn nicht an, verkrampfte sich und suchte Halt in seiner Bettdecke. Das Lächeln auf seinen Lippen war verschwunden, war einem schwer zu entschlüsselndem Gesichtsausdruck gewichen. War es Mitleid das er ihr gegenüber bei ihrem Anblick empfand, oder war es Wut? Er konnte es nicht richtig einordnen. Wahrscheinlich vermischten sich diese Gefühle schon wieder. Ihre Stimme ertönte, sie sagte seinen Namen. Den Namen den er aus ihrem Mund gerne mit lustvollen Lauten hörte, aber nicht mit dieser Schwere. Nicht mit diesen Gefühlen. Das war neu. Sie sagte ihn sonst hasserfüllt, wütend, verächtlich oder eben unter Stöhnen, aber nicht aus Trauer und Angst. Und diese Gefühle schlichen sich gerade in ihre Stimme. Oder war es Reue? Er konnte es nicht richtig sagen. Hatte er diese Tonlage je gehört? Diese Ernsthaftigkeit je bei ihr erlebt? Falls ja, war es lange her. Sie war ihm jedenfalls nicht mehr in Erinnerung geblieben. Ihre Worte machten ihn stutzig und gleichzeitig wütend. 'Ach wirklich?', hätte er am liebsten gesagt, aber er presste die Lippen aufeinander, schwieg und sah auf einen Punkt auf seinem Bett irgendwo zwischen ihnen. Sie hatte ihn versetzt. Für Darren. Aber wieso sollte sie sagen, dass das etwas Dummes war? Sie war ihm nichts schuldig. Sie waren sich beide nichts schuldig. Hatte sie sich in Darren verliebt und der vergangene Abend war das Dumme? Er schluckte. Was war der Grund, der sie unglücklich machte? Was konnte so schlimm sein, dass es sie so aus der Fassung brachte? Ohne weiter darüber nachzudenken, ob es richtig oder falsch war, war er näher an sie herangerutscht, hatte einen Arm um sie gelegt und sie an sich gezogen. Hielt sie für einen Moment einfach nur fest, war nicht dieser gefühlslose Klotz, den er sonst vor jedem zeigte. War nicht der Mensch, der nur in 0 und 1 dachte und sich beherrschte, sich zurückhielt. Einmal tat er einfach das was er gerade tun wollte, auch wenn sein Stolz und sein Kopf ihm sagten, dass er es bereuen würde. Dass sie etwas getan hatte, das ihm viel mehr schaden würde als ihr. Etwas, das sich nicht wieder gut machen ließ. Aber er schob diesen Gedanken, dieses Miese Gefühl in seinem Innern zur Seite und hielt sie einfach fest. Doch er konnte sich nicht ewig vor der Wahrheit verstecken. Konnte nicht ewig so tun, als ob ihn das nichts anging. "Was war denn?", fragt er und hoffte auf die Banalitäten, die sein Kopf sich zusammen gesponnen hatte und nicht auf die wirklich schlimmen Dinge, die sich dort abspielten. Und die zum Großteil mit Darren zusammenhingen, der offensichtlich die Nase vorn hatte.