Königstraße 10: Haus von Matthias & Alessa

  • [Im Badezimmer] Hina & Alessa



    Das warme Wasser benetzte ihre Haut und das Blondchen schloss die Augen als sie sich schließlich völlig unter das Wasser stellte. Schon bald war sie umhüllt von der Wärme, strich durch ihr mittlerweile wieder länger gewordenes Haar und versuchte für einen Moment oder zwei ihre Gedanken einfach auszuschalten auch wenn es schwerer war als gedacht - vielleicht sogar unmöglich denn das was vor wenigen Stunden passiert war, war momentan das Einzige woran Alessa denken konnte. selbst mit geschlossenen Augen sah sie Hina vor sich. Ihre beste Freundin. Der Mensch mit dem sie alles teilte und die Sorge das sie all das kaputt gemacht haben könnte war schon seit dem Kuss in der Umkleide allgegenwärtig. Aber es war nicht dabei geblieben. Sie hatte es noch verschlimmert. Hatte sie es ausgenutzt, dass Hina so viel getrunken hatte? Ein Seufzen verließ die mit Wasser benetzten Lippen des Blondchens. War sie letztendlich nicht besser als all die widerlichen Kerle da draußen, die es ausnutzten wenn das Mädchen betrunken war um sie zu Dingen zu zwingen, die sie letztendlich gar nicht wollte? Der Gedanke schmerzte und mit einem Mal wurde ihr furchtbar übel - ihr Magen verkrampfte sich. Es gab so vieles das unausgesprochen zwischen ihnen war und sie war schon wieder geflüchtet. Wie am Abend. Sie war einfach so furchtbar feige - erkannte sich selbst gar nicht wieder. Dort draußen lag das Mädchen, das stehts ihr Halt war - seit wie vielen Jahren nun schon? Als alle sie allein gelassen hatten war Hina hier gewesen und jetzt hatte sie niemanden mehr, richtig? Niemand mit dem sie ihre Sorgen teilen konnte. Fast schon in Trance gab sie etwas Haarshampoo in ihre Hand und verteilte es gleichmäßig. Der süße Duft verteilte sich im Raum. Würde Hina überhaupt noch hier sein wenn sie das Badezimmer verließ? Oder würde sie einfach weg sein und wenn sie weg war - wie würde sie jemals den Abgrund zwischen ihnen überwinden können - würden sie jemals wieder Freundinnen sein können? Die Angst sie zu verlieren war unendlich groß. Das Prasseln des Wassers auf den Fließen schaffte es nicht ihre Gedanken stumm zu schalten. Wenn es um jemand Anderen ginge hätte sie einfach mit Hina gesprochen weil es gefühlt immer schon so war. Sie teilte ihre Sorgen mit diesem Mädchen - hörte auf ihren Rat. Während das Shampoo einwirkte seifte Alessa ihren Körper ein und hing weiter ihren Gedanken nach - stellte sich Fragen auf die sie keine Antwort hatte. Sie bemerkte nicht, dass sie nicht mehr alleine im Badezimmer war und spülte sich schließlich den Schaum aus den Haaren und vom Körper immer noch unschlüssig wie sie Hina nach dieser Nacht begegnen sollte. Was der richtige Weg war um damit umzugehen. Wie sie das Gefühl ihrer Lippen auf den ihren vergessen sollte falls es letztendlich doch nur ein Versuch war - falls ihre Freundin sich einfach ausprobieren wollte. Wie sollte sie ihr Herz davon abhalten in ihrer Gegenwart schneller zu schlagen und vor allem wie sollte sie es ertragen sie mit jemand Anderem zu sehen? Nachdem Alessa schließlich auch noch den Conditioner ausgespült hatte verließ sie die Dusche, deren Türe mittlerweile angelaufen war weil die Schülerin nicht gerade mit heißem Wasser gespart hatte. Die kühlere Luft strömte ihr entgegen als sie die Tür der Dusche öffnete und es fröstelte das Mädchen leicht. Ihr Blick fiel sofort auf Hina, die sich gerade das Gesicht wusch. Alessa hielt automatisch den Atem an, lies den Blick ihrer roten Augen über ihre Freundin gleiten, die sich an ihrem Kleiderschrank bedient hatte - wie sie es immer taten. Der zarte Körper des Mädchens verschwand beinahe im Stoff des Kleidungsstück. Hina trug so oft ihre Klamotten und umgekehrt war es nicht anders aber irgendwie machte es Alessa ein kleines bisschen glücklich sie jetzt darin zu sehen als wäre es eine Art Zeichen dafür das sie nicht alles zerstört hatte obwohl es wahrscheinlich ein vorschnelles Urteil war. Ein naiver Gedanke. "H-hey..." kam es Alessa schließlich über die Lippen - gerade im selben Moment als sie gedacht hatte sie wär unfähig überhaupt ein Wort über die Lippen zu bringen. Das Blondchen hüllte sich in ein großes Badetuch und rieb ihre Haare ein wenig trocken bevor sie diese mittels einem kleineren Handtuch zu einem Turban band und die Tür zum Badezimmer etwas öffnete, da hier wirklich unmenschliche Temperaturen herrschten was nicht zuletzt am Anblick ihrer Freundin lag. "...ich hab gehört das es eine Halloweenfeier in einem kleinen Kuhkaff außerhalb von Riverport gibt..." plauderte Alessa schließlich aus dem Nähkästchen als wäre nie etwas gewesen und sie hasste sich selbst dafür weil sie es eigentlich ansprechen wollte aber keine Ahnung hatte wie sie das anstellen sollte. Sie verfluchte sich trat aber trotzdem an ihre Freundin heran und legte zögerlich ihre Hand an ihren Rücken. "Hast du die Kopfschmerztablette gefunden...?" Wieder die falsche Frage aber zumindest schon einmal die richtige Richtung. Besorgt wanderte Alessas Blick über das mit Wasser benetzte Gesicht ihrer Freundin.

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    Hina & Alessa | im Badezimmer


    Hina spürte das kalte Wasser an ihrer noch so warmen Haut. Die Oberstufenschülerin wusste nicht ob es einfach daran lag, dass es in diesem Zimmer unfassbar warm war, immerhin hatte ihre Freundin nicht gerade am heißen Wasser gespart weshalb sich dichter Wasserdampf verteilt hatte oder ob es allein der Anblick eben jenes Mädchens war. Vielleicht aber auch einfach eine Mischung aus beidem. Ein rosa Schimmer legte sich auf ihre Wangen als ihr ihre gemeinsamen Stunden am gestrigen Abend wieder ins Gedächtnis huschten. Hina spürte ein Kribbeln in ihrem Bauch, konnte es aber irgendwie nicht deuten. War es vor Aufregung, Erregung oder Scham? Aus Angst davor was jetzt passieren würde? Was passieren könnte. Hatte sie Alessa vielleicht im Alkoholrausch zu etwas getrieben was sie gar nicht gewollt hatte? Und ihre Freundin hatte einfach nicht Nein sagen können weil man sich irgendwie nie einen Wunsch abschlagen konnte? Ein leises Seufzen verließ ihre feuchten Lippen. Verdammt.. was hatte sie nur angestellt? Was hatte sie getan? Irgendwie fehlten ihr manche Fetzen von der vergangenen Nacht. Hatte sie wirklich so viel getrunken? Eigentlich kümmerte sie das ja nicht wirklich viel. Das passierte immer wieder mal, dass sie so manche Erinnerungen an gewisse Abende verlor und manchmal war sie darüber auch mehr als glücklich. Aber diesesmal war alles so anders und Hina hoffte einfach dass sie nichts falsch gemacht hatte. Es wäre ja am einfachsten einfach zu fragen aber.. war es denn so einfach? Ein bisschen erschrak die junge Frau als plötzlich die Stimme der Anderen ertönte. Sie hatte nicht einmal mitbekommen, dass Alessa aus der Dusche gekommen war und die Tür wieder ein bisschen weiter geöffnet hatte. „Ein Party in einem Kuhkaff?“, wiederholte das Mädchen, klang dabei sehr kritisch und konnte es kaum glauben, dass Alessa so etwas überhaupt vorschlug. Die Schülerin nahm eins der flauschigen Handtücher und rieb sich das Gesicht ein bisschen trocken bevor sie zu einem der Pflegeprodukte griff, die um das Waschbecken herum fein säuberlich aufgestellt waren. „Willst du dir jetzt einen Bauern angeln?“ Hina grinste breit und schaute auf das Spiegelbild ihrer besten Freundin, die sich ihr langsam näherte. Sofort spürte sie eine Gänsehaut an ihrem Körper, als sie die Hand der Anderen an ihrem Rücken spürte. Ihr Herz setzte für diese Sekunde aus und auch ihren Atem hielt sie an. Verkrampfte ihren Körper sogar etwas. Das Blondchen konnte zunächst keine Antwort geben, war gebannt vom Anblick ihrer Freundin im riesengroßen Spiegel vor sich. Eine nasse Haarsträhne klebte an ihrer Stirn, hatte sich nicht in den Turban einwickeln lassen und ihre zarten Wangen waren rot von der hohen Temperatur in diesem Raum. „Jaa..“ Die Blonde bückte sich nochmals über das Waschbecken, wusch sich den Pflegeschaum vom Gesicht und trocknete sich schließlich komplett ab. Begutachtete ihre reine Haut im Spiegel und merkte, dass auch die Röte in ihrem Gesicht gar nicht verschwinden wollte. „Tatsächlich geht es sogar.“, sagte sie und drehte sich herum, lehnte sich an das Waschbecken und grinste ihre Beste an. „Was mir jetzt am besten helfen würde, wäre ein ausgewogenes Frühstück! Schluss jetzt mit Essen und dem nachgehen, was man eigentlich will!“ In erster Linie meinte sie natürlich das kalorienreiche Essen und ihren Cheatday gestern aber eigentlich konnte man ihre Worte auch auf andere Dinge beziehen oder? Schluss machen das zu machen, was man eigentlich wollte. Schluss machen mit dem Begehren ihrer besten Freundin? Weil es das war, was sie wollte? Schon so lange, nur hatte sie es nie zugelassen weil es ihr so unwirklich vor kam, auch irgendwie falsch? Das junge Fräulein griff nach ihrer Zahnbürste, die sie hier schon längst hatte und gab etwas Zahnpasta drauf. „Aber einsame Jungs geben sich manchmal ziemlich viel Mühe, wenn sie mal bei jemanden ran dürfen. Also könnte es doch ganz witzig werden.“, überlegte sie und kicherte. „Außerdem ist eine Party keine Party ohne uns. Wir brauchen dann aber sexy Kostüme!“ Hina zwinkerte ihrer Freundin zu, dann putzte sie sich die weißen Zähnchen.

  • [Im Badezimmer] Hina & Alessa 


    Ihre Freundin erschrak als Alessa sie ansprach. Offensichtlich hatte sie nicht mitbekommen, dass sie aus der Dusche gestiegen war immerhin war sie damit beschäftigt ihr wunderschönes Gesicht mit Wasser zu benetzen. Ihre Blicke trafen sich durch den Spiegel nachdem das Mädchen im rosafarbenen Pullover ihr Gesicht abgetrocknet hatte. Sie schien irritiert. Als Alessa sich ihre eigenen Worte noch einmal durch den Kopf gehen lies, wunderte sich die Schülerin auch gar nicht mehr über den Blick ihrer Freundin. Die beiden Mädchen waren doch viel mehr Stadtkinder und hatten in einem Kuhkaff wohl nichts zu suchen. Ein Schmunzeln erschien auf den ungeschminkten Lippen der Schülerin doch ihre Freundin, die gerade fein säuberlich ihr Gesicht einschäumte tat ihre Vermutung zu dieser Unternehmung noch vor Alessas Rechtfertigung Kund. Ein Kichern drang aus der Kehle der Blonden. Allein die Vorstellung war so dermaßen unrealistisch, dass sie nicht anders konnte als zu lachen aber in Wirklichkeit war ihr doch gar nicht danach. Das war eigentlich der Moment in dem sie unbeholfen miteinander umgehen sollten - das Gespräch suchen sollten wegen dem was gestern zwischen ihnen vorgefallen war. Einen Bauern angeln? Es käme ihr nicht nur aus einem Grund nicht in den Sinn aber Alessa hatte für einen Moment vergessen, dass ihre beste Freundin nicht Gedanken lesen konnten - nach all den Jahren erriet sie diese zwar gerne einmal aber sie ahnte nicht was ihr gerade jetzt in diesem Moment durch den Kopf ging. Fast schon verunsichert wanderte der Blick ihrer roten Augen über den zierlichen Körper ihrer Freundin, der in ihren Pullover eingehüllt war. So viele Fragen lagen Alessa auf der Zunge aber keine einzige wollte auch ausgesprochen werden. Hatte Hina am Ende so viel getrunken, dass sie sich gar nicht mehr daran erinnerte was zwischen ihnen passiert war? Alessa presste ihre Lippen aufeinander und sah schließlich in die grauen Augen ihrer Freundin, die sie wieder durch den Spiegel ansah. Sie zog ihre Hand sofort zurück als sie bemerkte, dass Hina sich verkrampfte als sie sachte ihren Rücken berührte und senkte dabei den Blick. Es war zu spät. Sie hatte alles kaputt gemacht. Sie konnten nun nicht mehr so unbeschwert miteinander umgehen wie vor all dem. Ihre Freundschaft war nicht mehr so wie vorher und Alessa spürte einen Druck in ihrer Brust. Die Angst Hina zu verlieren war größer denn je. Sie bückte sich ein wenig um sich den Pflegeschaum wieder aus dem Gesicht zu waschen. Vielleicht war es gut so. Ein Fehler, den sie einfach vergessen würde - ihrer Freundschaft zu Liebe. Weil diese Freundschaft ihr einfach alles bedeutete. Irgendwann würde das Kribbeln in ihrem Bauch bestimmt nachlassen und sie würde einfach die Anwesenheit ihrer besten Freundin genießen - ihr alles erzählen - wie früher. Ein Seufzen kam über die rosafarbenen Lippen des Mädchens und sie hing das Handtuch über die Tür zu Dusche damit es trocknen konnte. Das immer noch nasse Haar des Mädchens kitzelte an ihren entblößten Schultern und bereits im nächsten Moment verteilte Alessa noch ein wenig Pflege in ihrem Haar bevor sie diese mit einer Bürste verteilte. Ihr Blick wanderte immer wieder zu Hina. Es war egal ob sie sich daran erinnerte - Hauptsache sie blieb weiterhin bei ihr denn sie wollte dieses Mädchen in ihrem Leben nicht missen - egal wie sehr es ihr weh tun würde sie mit Anderen zu sehen. Sie konnte das ertragen. Hauptsache Hina war glücklich und sie konnte weiterhin ihre Zeit mit ihr verbringen. Die Schülerin erwiderte das Lächeln ihrer Freundin als sich ihre Blicke trafen. Alessa hielt in ihrer Bewegung inne als Hinas nächte Worte an ihr Ohr drangen. Es fühlte sich an als hätte sie auch unbewusst den Atem gehalten aber sie bemühte sich gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Ihre Freundin redete nur von dem Essen, richtig? Und trotzdem dachte Alessa unbewusst an ihre gemeinsame Nacht. Die Stellen ihres Körper, an der Hina sie berührt hatte kribbelten ein kleines bisschen. "Ja - der Cheatday ist endgültig vorbei und ich habe gestern bestimmt zehn Kilo zugenommen!" Alessa seufzte theatralisch und strich über ihren Bauch, der unter dem flauschigen Badetuch versteckt war. Sie wandte sich ein wenig von ihrer Freundin ab aus Sorge ihre Gesichtszüge könnten verraten, dass sie doch eigentlich viel lieber andere Worte ausgesprochen hätte. "Angeblich bekommt man wenn man verkleidet kommt Essen und Trinken umsonst..." Natürlich brauchte es nichts um die beiden Freundinnen zu motivieren in ein sexy Kostüm zu schlüpfen und damit der Blickfang der Party zu werden. Alessa verließ schließlich das Badezimmer und öffnete im nächsten Moment ihren Kleiderschrank um sich passende Unterwäsche zu suchen. "Mein Dad hat glaube ich einige Kostüme in seinem Atelier..." Alessa hatte ihre Stimme ein kleines bisschen erhoben damit Hina sie dennoch hören konnte bevor sie das Badetuch zu Boden fallen lies und schließlich in ihre Unterwäsche schlüpfte und sich ihren flauschigen Bademantel überzog. Am Boden entdeckte sie immer noch das Kleid, welches sie am Vortag getragen hatte - unweit davon entfernt lag das hübsche Kleid ihrer Freundin. Einen Moment zu lange begutachtete sie die Klamotten - dachte an die gemeinsame Zeit in der sie mehr als nur Freundinnen waren bevor sie sich nach dem Badetuch bückte um ebenfalls ins Badezimmer zurück zu kehren und es dort ebenfalls zum Trocknen aufhängte. "...wenn du willst können wir dort nach etwas Passendem suchen..." Ihre roten Augen fixierten ihre Freundin und sie schenkte dem hübschen Mädchen ein Lächeln.

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    Hina & Alessa | im Atelier von Matthias


    „Sicher..“ Hina hob ihre perfekt gezupften Augenbrauen als ihre beste Freundin darüber jammerte, dass sie bestimmt einige Kilo zugenommen hatte am gestrigen Tag. Dass sie folgend über ihren absolut flachen Bauch strich, entlockte dem Mädchen ein Schmunzeln und sie schüttelte den Kopf. „Du bist perfekt, okay? Du hast eh so einen abnormalen Stoffwechsel, das ist total unfair! Bei dir setzt nie irgendwas an und ich, ich muss das Stückchen Schokolade nur anschauen und hab zwei Rettungsringe aus Fett mehr!“, meckerte die Schülerin und warf ihre Arme in die Luft, bemerkte dass Alessa sich etwas von ihr abgewandt hatte und war kurz davor ihre Hand auszustrecken. Sie auf ihre Schulter zu legen damit sie sich wieder ansehen mussten. Damit ihre Freundin ihr nicht aus kam aber was dann? Was wollte Hina eigentlich, wollte sie darüber sprechen, wollte sie es einfach ruhen lassen? Was war besser? Man sagte immer, Kommunikation war der Schlüsse, war das Beste überhaupt aber war dem wirklich so, war Schweigen manchmal nicht einfach besser oder zerstörte es am Ende mehr? Hina konnte es sich aber auch gar nicht vorstellen. Nie über diesen.. perfekten Moment zu sprechen. Denn das war er. Ihre gemeinsame Nacht war so verdammt gut gewesen. Es hatte alles gepasst. Irgendwie aber irgendwie stimmte etwas auch nicht. Vielleicht war dieser Abend in ihrem Kopf auch nur so perfekt weil sie betrunken gewesen war. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht mehr an die Folgen gedacht. Hatte nicht an heute gedacht. Nicht an jetzt. Hatte wahrscheinlich auch gar nicht daran denken wollen weil ihr Bedürfnis nach ihrer Freundin mehr wog als irgendwelche blöden Gedanken, die eigentlich gar nicht so blöd waren. Das Mädchen horchte auf, war kurz etwas abwesend gewesen und überlegte während ihre Beste das Badezimmer verließ. Hina alleine ließ. Alleine mit ihren Gedanken, die mehr für Kopfschmerzen sorgte als der Überfluss an Alkohol am gestrigen Abend. Aber gratis Getränke hörte sich wirklich verlockend an und sicher ließ sich auch aus einer langweiligen Bauernparty etwas Gutes gestalten. Ein Grinsen umspielte ihre Lippen. „Ich hoffe wir reden hier von Alkohol.“, erwiderte die Oberstufenschülerin und auch ihre Stimme war etwas lauter, putzte ihre Zähne zu ende und cremte schließlich noch ihr hübsches Gesicht ein. Eine gute Make-Up-Grundlage musste schließlich sein. Als ihre Beste schließlich das Atelier ihres Papas erwähnte, hoben sich die Mundwinkel des Mädchens. Wie sie dieses atemberaubende Zimmer liebte. Überall hingen wunderschöne Kleider. So weit das Auge reichte und Hina liebte jedes einzelne davon. Es waren Einzelstücke und man konnte wirklich neidisch auf Alessa sein, dass sie Zugang zu solcher Mode hatte. Als das besagte Mädchen wieder ins Badezimmer kam, erwiderte Hina den Blick ihrer roten Augen. Diese Augen.. wirkten so anders seit diesem Vorfall. „Ich bin wirklich gespannt..“, sagte das Blondchen mit einem breiten Grinsen auf ihren Lippen, war bereits voller Vorfreude als ihr Blick etwas nach unten huschte und die Spitze eines BHs entdeckte. Alessa hatte den flauschigen Bademantel nicht ganz so eng geschnürt und so war der Stoff etwas zur Seite gerutscht. Entblößte ihre Brust mehr als sie vielleicht gewollt hatte. Hina biss sich auf die Unterlippe, spürte ein Kribbeln in ihrem Bauch und huschte auch gleich an ihrer Freundin vorbei. Es war so dumm, so unfassbar dumm. Warum wehrte sie sich, warum sprach sie es nicht einfach an?! Aber was war schon so einfach. „Hast du dir schon überlegt als was du gehen möchtest?“, rief sie ihrer Besten auf dem Weg zu und ihre grauen Augen wurden um einiges größer als sie die Tür in die heiligen Hallen des Hauses öffnete und sofort von strahlend schöner Mode empfangen wurde. Ein Traum..

  • [Papas Atelier] Hina & Alessa ---> gehen



    Während Alessa fast schon unsicher an sich herab blickte und sich ziemlich sicher war, dass da einiges an Speckröllchen mehr waren im Vergleich zum Vortag oder zum Tag davor beruhigten sie die Worte ihrer besten Freundin wieder ein bisschen. Ihre Wangen waren sogar von einem leichten Rosaschimmer geziert als diese sie als perfekt bezeichnete. Die roten Augen des Mädchens wurden ein kleines bisschen größer und sie spürte wie ihr Herz ein oder zwei Takte schneller schlug als die Worte ihrer Freundin an ihr Ohr drangen. Es war nicht das erste Mal, dass sie solche zu ihr sagte - das sie einander bewunderten und mit Komplimenten überhäuften und trotzdem machte es etwas mit dem Blondchen. Alessa biss sich auf die Unterlippe, war froh, dass sie sich ein kleines bisschen von ihrer Freundin abgewandt hatte damit diese ihre geröteten Wangen nicht sehn konnte. Sie legte eine Hand an ihr Gesicht und atmete ein paar Mal ganz bewusst durch um sich wieder ein kleines bisschen zu beruhigen - ihr Herz wieder unter Kontrolle zu bringen auch wenn das fast nicht möglich war. So drehte sie sich noch einmal kurz um und sah in das Gesicht ihrer Freundin bevor sie übertrieben mit den Augen rollte. "Du spinnst doch..." Mit diesen Worten verlies Alessa das Badezimmer um sich in ihrem Zimmer in ihren flauschigen Bademantel zu hüllen. Wahrscheinlich sollte sie froh sein, dass es nicht verkrampft zwischen ihnen war. Wahrscheinlich sollte sie froh sein, dass Hina überhaupt noch hier war und nicht einfach geflüchtet war. Sie war noch hier und das war das Einzige was zählte. Der wichtigste Mensch in ihrem Leben war noch da und hasste sie nicht dafür, dass sie gestern vielleicht einen Schritt zu weit gegangen war und die Grenzen ihrer Freundschaft überschritten war. Alessa seufzte lautlos. Hina hatte sich einfach ausprobiert. Das war doch völlig in Ordnung und anscheinend war es eine einmalige Sache - das war natürlich auch in Ordnung. Sie musste es nur noch ihrem Herzen irgendwie klar machen, dass in ihrer Gegenwart jetzt irgendwie schneller schlug. Aber auch das würde sich irgendwann wieder einkriegen - ganz bestimmt. Sie konnten das schaffen - richtig? Wenn nicht sie Beide dann niemand. Sie grinste leicht als Hina schließlich nachharkte ob sie auch wirklich von Alkohol sprach und anschließend betrat Alessa schließlich wieder das Badezimmer und lehnte sich an den Türrahmen. "Ich fahre doch nicht für eine Diät Limo in dieses Kuhkaff..." Ihre Mundwinkel hoben sich und sie begegnete dem Blick ihrer Freundin als sie sich zu ihr umdrehte. Sie schien von der Idee sich im Atelier umzusehen nicht gerade wenig begeistert. Das Atelier. Alessa liebte diesen Ort. Dort fühlte sie sich weniger alleine - dorthin zog sie sich zurück wenn die Größe des Hauses sie beinahe erdrückte. All die Kleider - jedes einzelne entworfen und angefertigt von ihrem Papa. "Das darfst du sein..." Die Schülerin grinste breit und funkelte ihre beste Freundin erwartungsvoll an ehe sie ihr schließlich zu besagtem Ort folgte. Es hatte sich etwas verändert, nicht wahr? Sie taten zwar so als stünde nichts zwischen ihnen aber da herrschte eine gewisse Distanz, die momentan unüberwindlich war und es war nicht die Rede von den paar Metern die sie trennten sondern vielmehr von einer emotionalen Distanz.

    Im Atelier angekommen wurden die Mädchen beinahe wieder von den imposanten Kleidern erschlagen, die dort an zahlreichen Kleiderstangen hingen und einfach nur wundervoll aussahen. Unzählige Büsten mit beeindruckenden Kreationen waren in Raum verteilt. Dieser Ort hatte eine ganz bestimmte Energie. Er war überwältigend und Alessa konnte nicht anders als zu lächeln wenn sie durch den Raum schritt. "Ich glaube die Kostüme sind ganz hinten in einer Ecke..." flüsterte sie in Hinas Richtung deren Augen immer wieder aufs Neue zu funkeln begannen wenn sie das Atelier betraten. Alessa ging schon einmal voran, lies ihre Hand beiläufig über die Kleider streichen, an denen sie vorbei lief, spürte die verschiedensten Stoffe unter ihren Fingerkuppen und entdeckte schon im nächsten Moment das wonach sie suchten. Ihr Papa hatte für die unterschiedlichsten Leute Halloween und Faschingskostüme genäht weshalb eine interessante Auswahl sich den beiden Mädchen offenbarte. Alessa nahm Ein Engelkostüm vom Harken und hielt es an ihren Körper. "Hmmm was haltest du davon?" Sie drehte sich zu Hina und offenbarte ihr ihren Vorschlag. In einer Hand hielt sie das Engelkostüm und in einer anderen ein mindestens genauso knappes Teufelskostüm. Schnell hatten sich die beiden Mädchen entschieden - waren in ihre Kostüme geschnappt und machten sich auf dem Weg zur Halloweenfeier.

  • [Kommt an] - geht in die Schule

    Sie hatte es nicht weit von der Bushaltestelle bis zu ihrem Zuhause. Mittlerweile fühlte sich das Blondchen auch wieder relativ nüchtern, da ihr letzter Drink wohl schon einige Stunden her war. Vielleicht hatte sie auch jegliches Zeitgefühl verloren. Das war natürlich auch im Bereich des Möglichen. Wie in Trance griff das Mädchen in ihre Tasche und holte den Schlüssel hervor um folgend das Haus zu betreten. Sie schloss hinter sich ab. Stille. Es war niemand zu Hause. Wie immer. Das Blondchen schloss kurz die Augen und holte ihr Handy hervor. Sie öffnete den Chat mit ihrer besten Freundin und lies ihren Blick folgend über die letzten Nachrichten gleiten. Hina hatte ihr nicht zurückgeschrieben. Alessa fuhr sich durch ihr Haar und ein Seufzen verließ ihre Lippen ehe sie die Treppe nach oben rannte. Ihr stiegen schon wieder die Tränen in die Augen während ihre Hand ihr Telefon umklammert hielt. Sie legte es erst im Bad aus der Hand als sie sich abschminkte und folgend aus ihrem Kostüm schlüpfte. Mit letzter Kraft schleppte sie sich in ihr Zimmer aber allein beim Anblick ihres Bettes fühlte sie sich an das was zuletzt hier passiert war erinnert. An den Fehler den sie gemacht hatte. Sie hatte diese Freundschaft zerstört, nicht wahr? Sie hatte alles kaputt gemacht. Hina hatte all das gar nicht gewollt sondern war einfach nur betrunken gewesen. Alessa sackte am rosa Plüschteppich vor ihrem Bett zusammen und spürte wie die Tränen über ihr Gesicht flossen. Sie fühlte sich so schrecklich einsam. Sie hatte den Menschen vertrieben, der ihr am Meisten bedeutet hatte. Nun war absolut niemand mehr da. Ihr Vater war in einem anderen Land. Ihre Mutter war sowieso längst über alle Berge. Ihre beiden Brüder hatte sie auch seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gesehen. Und nun hatte sie durch ihre eigene Dummheit auch noch ihre beste Freundin verloren, die seit jeher an ihrer Seite war. Still wünschte sich Alessa immer wieder sie könnte es rückgängig machen, wartete auf eine Nachricht von ihr während sie immer wieder auf ihr Handy blickte. Aber sie blieb aus. Nun gab es nur noch diese speichelleckenden Mädchen, die einfach nur hinter ihr her liefen damit sie ebenfalls ein Stück ihrer Beliebtheit abhaben konnten. Das Blondchen schob ihr Handy beiseite und rollte sich in Embryonalstellung zusammen. Irgendwann war sie am Teppich eingeschlafen, hatte instinktiv ihre Tagesdecke über sich gezogen, die vom Bett hing. Sonderlich bequem war es nicht aber die Müdigkeit war schließlich auch über sie hereingebrochen. Irgendwann am frühen Morgen war die Schülerin aufgewacht. Sie fühlte sich wie erschlagen und holte sich ein Glas Wasser, da sie das Gefühl hatte zu vertrocknen. Alessa torkelte schließlich wieder auf ihr Bett zu und lies sich hinein fallen. Ein Murren verließ die Lippen des Mädchens als sie sich den Nacken mit einer Hand massierte. Am Boden zu schlafen war wirklich eine hervorragende Idee. Die Schülerin warf einen Blick auf ihr Handy und entdeckte eine Nachricht von Ben. Im Halbschlaf antwortete sie ihm ehe sie das Handy wieder beiseite legte und ihre Decke über sich zog. Sie hatte das Gefühl, dass das Kissen noch nach ihr roch und unweigerlich sog die den Duft ein, ehe sie weiterschlief.


    Als der Wecker klingelte hatte das Blondchen das Gefühl zu sterben. Hatte sie überhaupt eine Sekunde geschlafen? Es kam ihr so vor als wäre das nicht der Fall. Es dauerte etwas bis dem Mädchen auffiel, dass es nicht ihr Wecker war, der da klingelte sondern vielmehr rief sie gerade Jemand an. Sie tastete nach ihrem Handy und führte es an ihr Ohr ohne vorher zu gucken wer überhaupt so früh am Morgen störte. Es war eines der Mädchen aus ihrer Klasse. Alessa erinnerte sich gerade nicht an ihren Namen aber das war auch egal. Viel wichtiger war was sie ihr zu sagen hatte, denn anscheinend hatte die Schülerin verschlafen. Vor Schreck sog das Blondchen die Luft ein und legte ohne dem Mädchen eine Antwort zu geben auf. "Scheiße..." fluchte Alessa und hatte nicht einmal mehr die Gelegenheit ihre Nachrichten zu checken. Sie eilte ins Badezimmer und lies es sich nicht nehmen sich trotzdem hübsch zu machen. Jetzt war sie ohnehin schon zu spät. Da machte es doch keinen Unterschied ob sie jetzt noch eine halbe Stunde länger brauchte und wie gewohnt topgestylt in der Schule aufschlug, Es wunderte das Blondchen etwas das Hina sie nicht angerufen hatte. Normalerweise holte sie sie immer von Zuhause ab damit sie gemeinsam zur Schule gehen konnten. Und normalerweise gab ihre Freundin ihr auch immer vorher Bescheid wenn sie schwänzen wollte. Meistens taten sie das nämlich gemeinsam. Sonst hatte man ja nichts davon. Vielleicht hatte sich aber auch alles geändert seit jenem Vorfall. Vielleicht gingen sie von nun an getrennte Wege - waren keine besten Freundinnen mehr. Während sich Alessa die Wimpern tuschte bemerkte, sie wie ihr unweigerlich die Tränen in die Augen stiegen, welche sie tapfer wegblinzelte bevor sie sich schließlich fertig machte und auf dem Weg zum Bus eilte. Unterwegs trug das Mädchen noch Parfum auf, weil das einfach dazu gehörte. Glücklicherweise musste die Schülerin nicht allzu lange warten bis der nächste Bus kam. Dennoch blieb dem Blondchen genug Zeit um die Nachrichten zu beantworten, die auf ihrem Sperrbildschirm aufblinkten.

  • [Kommt an] Alessa



    Alessa kickte die Haustür hinter sich zu, welche mit einem dumpfen Knall ins Türschloss fiel. Ein tiefes Seufzen entwich ihren nicht mehr ganz so optimal geschminkten Lippen. Mit letzter Kraft schleppte sich das Mädchen die Treppe nach oben in ihr Zimmer und ließ sich ins Bett sinken. Mit letzter Energie, die sie gerade noch so aufbringen konnte hatte sie sich ihre Schuhe von den Füßen gestreift. Einen Moment schloss sie die Augen und war froh darum das es hier so still wie immer war. Das sie nicht mehr funktionieren musste weil sie sich in der Öffentlichkeit befand. Das sie nicht mehr das taffe Mädchen sein musste, dass sie zwar doch irgendwie war aber halt auch nicht immer. Sie legte sich den Arm auf die Stirn. Dieser Tag war endlos gewesen. Lang und mühsam und zerrend. Früher war die erste Person, die sie in so einer Situation zu Rate gezogen hatte Hina gewesen. Heute… war da niemand. Und das nur weil sie diese eine Grenze überschritten hatten. Sie fühlte sich leer und einsam. Sie spürte wie die Tränen in ihren Augen brannten. Ein Fehler. Ein schrecklicher Fehler. War es das? War dies das treffende Wort für sie? Das Wort, welches sie am allerbesten beschrieb? In jeglicher Hinsicht. Für Darren und auch für Hina. War es das was in den Köpfen der Beiden vor sich ging aber niemand wagte ihr ins Gesicht zu sagen. Das Blondchen hatte den bitteren Beigeschmack, den dieses Wörtchen mit sich gebracht hatte hinuntergeschluckt weil sie diesen beiden Schnepfen den Erfolg nicht gönnen wollte aber das hatte gesessen. Noch immer spürte sie den Druck auf ihrer Brust, der ihr förmlich den Atem raubte - sie daran hinderte gezielt ein und wieder aus zu atmen. Ein Schluchzen kam über die Lippen der Schülerin und es hatte den Anschein als wäre es fürchterlich laut aber in Wirklichkeit fühlte es sich nur so an weil das gesamte Haus leer war - keine Menschenseele weit und breit. Alessa drehte sich auf die Seite - zog ihre Beine an sich und schlang ihre Arme drumherum. Zusammengekauert lag sie eine ganze Weile so da. Unsicher ob diese Stille noch beruhigend und befreiend war oder in Wirklichkeit erdrückend. Ihre Gedanken kreisten. Endlos. Wollten nicht still sein und sagten ihr immer wieder das sie für niemanden wertvoll war. Das sie für alle letztendlich nur ein Fehler war. Angefangen für ihre Eltern. Wo war das selbstbewusste Mädchen nun? Sie war jämmerlich. Ein Häufchen Elend. Tränen kullerten über ihre Wangen und irgendwann fand sie doch in den Schlaf. Ein unruhiger Schlaf. Früher hätte es sie gestört das sie vorher nicht duschen gewesen war. Es hätte sie gestört das sie sich nicht abgeschminkt hatte weil ihr ihr Aussehen doch so wichtig war und ihre Haut es ihr gewiss übel nehmen würde aber sie hatte einfach nicht mehr die Kraft gehabt.



  • vom 17.09.2022


    [Cedric] vor der Haustüre


    Er hatte gelogen. Nichts Neues mehr, allerdings doch die erste Lüge in seinem 'neuen' Leben. Er hatte Kyle zugesichert, dass er okay war, dass es einen Ort gab, an den er hinkonnte, dass er sich keine Sorgen brauchen mache. Zugegeben - das hatte nicht funktioniert. Auch richtig stark von dir, ne neue Freundschaft direkt mit Lügen zu beginnen. Nein, so war es nicht! Er wollte nur nicht... dass sich jemand unnötig Sorgen machte. Ah, das alte Muster, huh? Wobei sie in seinem Fall vielleicht nicht so unnötig waren. Er seufzte. Kyle hatte ihm das Versprechen abgenommen sich zu melden. Okay. Das konnte er. Sobald er es schaffte ins Wohnheim zurückzukehren, wo noch immer sein Handy lag - samt allen anderen Habseligkeiten. Er trug gerade nicht mal seine eigenen Klamotten, die lagen noch immer in Kyles Bad. War ihm recht so. Auch wenn es ungewohnt war, in fremden Sachen außer Haus zu gehen - immerhin hatte Kyle ihm noch eine Jacke hinterhergeschmissen. Denn heute war es deutlich kühler als noch tags zuvor. Gestern hatte ihn die Sonne verhöhnt und heute holten ihn die Wolken ein. Aprilwetter durch und durch. Stimmt, April. Er hatte Geburtstag gehabt, nicht? Vor ein paar Tagen? Wie hatte er selbst das vergessen können? Und alle anderen mit mir? Naja egal. Das Leben ging weiter, so überraschend das auch sein mochte. Nur wie das war noch die Frage. Und akuter eben das wohin. Cedric steckte die Hände tiefer in die Jackentaschen, während er so durch die leeren Straßen der Kleinstadt ging. Er begegnete nur wenigen Leuten, nach den ersten schönen Tagen, verkrochen sich die meisten bei dem kühlen Wind lieber wieder in ihre Häuser. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Sein Kopf war wie leergefegt. Es wirkte fast, als versuchte sein Gehirn krampfhaft an nichts zu denken, um so all die losen Fäden, die ihn noch zusammen hielten, weiterhin zusammen zu halten.

    Und dann stand er plötzlich vor einem Haus, dass ihm doch irgendwie vertraut war, selbst wenn es Monate - wenn nicht gar Jahre - her gewesen sein mochte, als er zuletzt hier gewesen war. Ein Haus in einer ruhigen Wohngegend am äußeren Rand der Stadt. Das Haus von seinem Dad und seiner kleinen Schwester.

    Cedric atmete einmal tief durch, legte dann den Kopf zurück. Ein Zufluchtsort, vielleicht? Was sollte er sagen, warum er da war? Es war komisch ohne Ankündigung aus heiterem Himmel aufzutauchen, nicht? Wie ehrlich konnte er sein? Wie ehrlich wollte er sein? Oder musste? Ah, das war keine gute Idee. Er war die letzten Jahre auch kaum für Alessa da gewesen, hatte sie verloren wie so viele andere auch. Scham keimte in ihm auf, bis seine Wangen brannten. Was soll's. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Und wenn es die Ausweglosigkeit war, die ihn hergeleitet hatte, war es eben so. Cedric überquerte die wenigen Meter von Straße bis zur Haustüre, hob den Finger und zögerte doch. Er war scheiße nervös, gleichzeitig spürte er wie die Enge in der Brust ihn zu ersticken drohte. Ruhig. Das ist nur eine verdammte Türklingel. Cedric konnte nicht einschätzen ob lediglich Augenblicke oder doch Stunden vergingen, ehe er sich überwand die Klingel zu betätigen.

    Nichts passierte.

    Er wartete. Übermäßig lange. Dann versuchte er es nochmal. Nervös war er immer noch, aber die Enge war nun leichter auszuhalten, vielleicht weil sich die Ahnung zu bestätigen abzeichnete: Es war niemand zu Hause.

    Cedric versuchte sich an einem (mehr schlecht als rechten) tiefen Atemzug, drehte der Tür den Rücken zu und - setzte sich auf die kleine Treppe vor dem Haus. Niemand zu Hause. Im Grunde hatte er auch keine Ahnung wann Matze oder Alessa wieder kommen würden. Oder ob sie überhaupt noch hier wohnten - okay nein, das ging zu weit. Zumindest einen Umzug hätte er doch mitbekommen. Es gab keinen Ort an dem er sonst hin konnte - außer zurück zu Kyle vielleicht - aber das war für ihn gerade keine Option. Und ganz ehrlich gesprochen fehlte es ihm auch an Kraft sich wieder aufzuraffen und weiter zu gehen. Warten. Mit warten konnte er sich erstmal abfinden. Mit Nichtstun kannte er sich mittlerweile ja aus, meist aus fehlender Motivation, keiner Energie - Nichtstun weil er aktiv wartete war im Gegenzug dazu ja fast erfrischend. Ob das gut gehen würde?

  • [An der Tür] Cedric & Alessa


    Der Tag dauerte schon wieder viel zu lange. Hina hatte sich nicht gemeldet und sie war den ganzen Tag nur zu Hause in ihrem Bett gelegen und hatte sich in Selbstmitleid gesuhlt. Sonst konnte sie sich zumindest mit ihrer besten Freundin seit Kindestagen unterhalten - über die Ungerechtigkeit der Lehrer ablästern oder über die grottenhässliche Outfit ihrer Mitschülerin. Ein Seufzen kam über die geschminkten Lippen der Schülerin. Sie hatten zwar vereinbart, dass sie sich meldete wenn sie ihr Handy wiedergefunden hatte aber irgendwie herrschte Funkstille seit dem. Gott war das kompliziert. Es war noch nie so gewesen, dass sie sich nicht bei ihr melden hatte können oder das Gefühl hatte ihr nicht alles sagen zu können. Generell war ein Tag ohne ihre bessere Hälfte an ihrer Seite fast schon zum Scheitern verurteilt. Abertausend Mal hatte sie eine Nachricht geschrieben und diese dann wieder gelöscht nur um sich dann auf Social Media Seiten zu verlieren damit sie sich nicht mit den eigentlichen Problemen die sie belasteten auseinandersetzen musste. Alessa vergab hier und da ein paar Likes doch irgendwann knurrte ihr der Magen und sie bestellte sich eine fettige Pizza damit sie nicht das Haus verlassen musste. Nicht das sie wie ein Wrack aussah aber sie hatte auch keine große Lust sich sonderlich zurecht zu machen. Selbstverständlich würde sie nicht einmal dem Pizzaboten ungeschminkt die Tür öffnen aber dafür reichte ein bisschen Wimperntusche und Lipgloss auch alle mal. Als das Blondchen auf ihrem Handy verfolgte wie weit der Lieferdienst schon mit ihrem Essen war, machte sie sich auf dem Weg ins Badezimmer und trug das dezente Make-up auf, frisierte sich die Haare und besprühte sich mit Parfum. Sie schlang einen süßen rosafarbenen Morgenmantel um ihren Körper und wanderte langsam nach unten ins Erdgeschoss, wo sie sich in der Küche ein Glas Wasser holte. Es würde das fettige Essen nicht ausgleichen aber zumindest würden die Kopfschmerzen so vielleicht ein wenig nachlassen. Sie hatte gestern nicht wenig getrunken. Unweigerlich dachte sie an die Begegnung mit Darren und seinem Mädchen und dessen Kampfzwerg. Uff. Es wurde definitiv Zeit das es in ihrem Leben wieder ein paar positive Erlebnisse gab. Das zog einen echt runter. Es klingelte an der Tür aber ein Blick auf ihr Handy verriet ihr das es sich noch nicht um den Pizzaboten handelte. Sie ignorierte es gekonnt. Hatte keine Lust auf andere Menschen und Hina konnte es schon einmal nicht sein. Vielleicht irgendwelche Vertreter. Wahrscheinlich sogar. Es dauerte noch einige Minuten bis sie schließlich bemerkte, dass der Pizzabote offensichtlich laut App schon vor der Tür stehen sollte aber irgendwie klingelte er nicht. Alessa zog die Augenbrauen zusammen und machte sich auf dem Weg in Richtung Tür. Eindeutig. Er musste hier sein aber wo war ihre Pizza??? Schwungvoll öffnete sie die Tür und ihr Blick viel auf den Pizzaboten, der ein wenig irritiert im Vorgarten stand und gleich daraufhin fiel ihr Blick auf eine Gestalt, die auf der Treppe vor der Tür saß. Sie musterte ihren Bruder den sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte. Cedric. Sie zog die Augenbrauen zusammen - spürte wie ihr Herz vor Freude ein wenig schneller klopfte weil sie ihn unendlich vermisst hatte. So sehr das es fast weh tat aber es hatte sich in dieser Familie erstaunlicherweise eingebürgert, dass man sich nicht beim Anderen meldete - das jeder sein Leben lebte. Der Blick ihrer roten Augen wanderte über sein gesenktes Haupt - sein gesamtes Antlitz eigentlich. Er hob den Kopf als sie die Tür öffnete. Ihre Blicke trafen sich. Er sah irgendwie... fertig aus - abgekämpft. Sie riss ihren Blick von ihm los und fixierte den Pizzaboten. "Danke." kam es knapp über die Lippen des Mädchens und sie nahm den Karton entgegen. Als die Geschwister wieder unter sich waren, der Pizzabote sich auf Fahrrad geschwungen hatte um seiner Tätigkeit weiter nachzugehen sah sie ihren Bruder erneut an, der immer noch regungslos auf der Treppe saß. Nachdem sie sich eine Zeit lang wortlos angesehen hatten erhob er sich schließlich. Kein Wort kam ihm über die Lippen. Aber auch sie hatte ihre Zunge verschluckt. Wie lang war es her? Monate? Jahre? Es fühlte sich wie ein halbes Leben an. War es irgendwie auch. In ihrem Leben war so viel passiert und es hatte sich niemand dafür interessiert. Ach falsch. Simon war ihr einmal in einem Club begegnet - nur um Hina letztendlich anzugraben. Beinahe wäre ihr ein herablassender Laut entglitten aber sie schluckte ihn hinunter. Schließlich drehte sich die Schülerin um - wandte sich ab und ging zurück ins Haus. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt - spürte den Druck auf ihrer Brust - presste die Lippen aufeinander. Einatmen - ausatmen - einatmen- ausatmen. Großartig. Fast. Alessa blickte über ihre Schulter und sah in die traurigen Hundeaugen des Älteren. "Kommst du...?"

  • [Cedric] & Alessa


    Quietsch. Das nicht zu verkennende Geräusch eines bremsenden Fahrrads, ließ Cedric aufsehen. Er sah auf. Nein, es handelte sich nicht um seine Schwester, die gerade mit dem Fahrrad angeradelt kam (irgendwie hätte ihn das gewundert), sondern um einen Pizzaboten. Also war doch jemand zu Hause? Jepp. Da ging auch schon die Tür hinter ihm auf. Der Augenblick war gekommen. Cedric drehte sich im Sitzen nach hinten um und blickte zu seiner kleinen Schwester hoch. Wobei sie so klein nicht mehr war. Wann ist das nur passiert? Sein schlechtes Gewissen vergrößerte sich nur noch. Vor ihm stand fast schon eine Frau. Aber Kopf in den Sand stecken war gerade nicht drin. Ihre Blicke trafen sich. Er konnte nicht sehen, was sich in ihnen spiegeln mochte. Ablehnung? Wut? Oder doch Freude? Sein Herz klopfte schneller, zum einen weil er sich wirklich, wirklich freute seine Schwester zu sehen, zum anderen weil er genauso viel Angst davor hatte, sie möge ihn zum Teufel jagen. Wozu sie jedes Recht hatte. Ced stand auf, als sie sich wieder in Bewegung setzte, unschlüssig wie er Alessa begrüßten sollte. Wie viel Nähe war da noch zwischen ihnen? Und warum musste es mit einem Mal so kompliziert sein? Die Worte lagen ihm schwer auf der Zunge. Ihr Name oder einfach nur ein Hallo, für den Anfang. Doch der Kloß in seinem Hals war zu dick als dass auch nur irgend ein Laut seine Kehle verließ.

    Der Pizzabote verschaffte ihm Zeit. Reiß dich zusammen. Verflucht, am liebsten hätte er sie in die Arme geschlossen, sie an sich gedrückt, zugegeben, dass er sie vermisst hatte. Aber er tat nichts davon. Es war Unsinn - und nebenbei vermutlich mehr als einmal Grenzüberschreitend. Stattdessen also schloss er lediglich die Augen, versuchte krampfhaft die Ruhe zu bewahren. Es würde sich regeln. Keine Panik. Seine Gedanken schossen schon wieder in eine fiktive Zukunft. Wenn Alessa ihn nun ablehnte, ihm die Tür verwehrte, wo sollte dann hin? Und wie sollte er das dann wieder gerade biegen? Wo sollte er mit dem gerade biegen seiner Beziehungen überhaupt anfangen? Die zu seiner Schwester war ja nicht die Einzige, die er gekappt hatte. Er hatte sie alle gekappt. Nur um jetzt mit nichts dazustehen. Ich bin allein. Er hatte das gar nicht anders verdient. Wieso sollte sie auch ihre Zeit mit ihm verschwenden, nur weil sie Geschwister waren? Das war lächerlich. Insbesondere wenn man ihre verquere Familiengeschichte ansah. Familie. Was war das schon?

    Hör auf.

    Alessa nahm die Pizza entgegen und der Lieferkurier schwang sich wieder auf sein Fahrrad. Cedric stand schließlich auf, war ihr zugewandt, bereit etwas zu sagen, irgendwas, bevor sie ihm die Tür vor der Nase zu knallte. Seine Schwester sah ihn abwartend an. Da war eine Zurückhaltung in ihrem Verhalten, die ihm neu war, die er ihr jedoch kaum verdenken konnte. 'Kommst du...?' Sein Magen machte eine Kehrtwende. Ein klitzekleiner Stein fiel ihm vom Herzen. Er bekam eine Chance. Er hatte es vermutlich nicht verdient, aber er bekam eine Chance. Die Anspannung hielt ihn dennoch weiterhin fest im Griff. Es stand einfach so vieles zwischen ihnen. Doch für's Erste nickte Cedric nur und folgte Alessa ins Haus hinein. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss, der Geruch von Pizza lag in der Luft. Zögerlich blieb er hinter seiner Schwester, presste die Lippen aufeinander. "Tut mir leid, dass ich mit einem Mal vor deiner Haustür auftauche.", kam es schließlich - endlich - aus ihm hervor. Dann, Pause. Nichts. Wie sollte das bloß noch werden? Wo zum Teufel sollte er anfangen? Seine Hände wurden schwitzig. "Wie... geht's dir?" Oh Gott, wie banal einfach. Konnte er nicht einmal mehr ein Gespräch mit seiner Schwester führen? Er kam sich vor wie der letzte Heuchler - der er ja am Ende auch war. Immerhin hatte ihn nicht die Zuneigung zu Alessa her geführt, sondern die reine, eigene Verzweiflung. Vielleicht bin ich auch einfach nur ein selbstsüchtiger Mistkerl. Wie nah war dieser Gedankengang nur an der Wahrheit dran?

  • [Irgendwo zwischen Tür und Angel] Cedric & Alessa



    Wortlos folgte er ihr in das Haus. Mehr als ein Nicken hatte ihr Bruder nicht für sie übrig. Bedauerlich eigentlich aber wenn man bedachte wie lange ihr letztes Treffen her war auch nicht wirklich verwunderlich. Diese übertrieben kitschigen Wiedersehen gab es wahrscheinlich nur in Filmen. In der Realität lief alles ganz anders. Es war nicht das erste Mal, dass Alessa diese Erfahrung machen musste. Natürlich war ihre Kindheit klischeehaft rosa gestaltet worden aber nicht zuletzt hatte sie sehr schnell erwachsen werden müssen. Zwangsläufig wenn man im Grunde auf sich gestellt war - die eigene Mutter einen verlassen hatte und der Vater glaubte im Ausland arbeiten zu müssen. Was blieb einem dann letztendlich über? Die Tür fiel ins Schloss. Eine Stille legte sich zwischen die beiden Anwesenden. Irgendwie erdrückend. Noch immer hatte das Blondchen ihm den Rücken zugedreht - spürte seinen Blick jedoch auf sich. Letztendlich war es Cedric, der das Schweigen schließlich brach - eine Entschuldigung an sie richtete. Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe um sie daran zu hindern zu beben - um sich daran zu hindern zu schreien. Das war nicht sein Ernst, richtig? Das konnte einfach nicht sein verdammter Ernst sein. Ihre Finger krallten sich am Pizzakarton fest so das er es nicht sehen konnte - den Schmerz - die Wut. Er war nicht für all das verantwortlich. Für ihre Einsamkeit in all den Jahren. Es war nicht fair es an ihm auszulassen aber verdammt noch einmal er hatte auch seinen Beitrag geleistet. Erneut meldete Cedric sich zu Wort und als das letzte Wort gefallen war runzelte das Blondchen die Stirn. Was. Langsam drehte sie sich zu ihrem Bruder um - sah in sein vertrautes und zugleich fremdes Gesicht. Forschend tanzte ihr Blick darüber als versuchte die zu verstehen warum er sich in Banalitäten verstrickte nach all der Zeit die seit ihrem letzten Wiedersehen vergangen war. Sie schüttelte den Kopf, stieß seinen ungläubigen Laut aus, bevor sie weiter in Richtung Küche ging. "Was kommt als Nächstes?" fragte Alessa schließlich und ihre Mundwinkel zuckten amüsiert nach oben - versteckten den Schmerz, den diese banale Unterhaltung auslöste. "Fragst du mich wie es in der Schule läuft? Wie meine Noten sind? Ob ich auch wohl Freunde gefunden habe?" Ein leises Lachen drang aus ihrer Kehle ehe sie den Kopf schüttelte und sich mit einer Handbewegung die Haare aus dem Gesicht strich. Sie trat an ihn heran - funkelte ihn durch ihre roten Augen an und runzelte die Stirn. "Eine Entschuldigung, dass du hier bist? Wirklich?" Der harte Gesichtsausdruck wich einen Moment. Die Falten auf ihrer Stirn verschwanden als sie die Stimme senkte. "Ich will eine Entschuldung, dass es so lange gedauert hat..." Ein leises Murmeln, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte nachdem sie den Pizzakarton auf die Theke legte. Sie hatte ihren Blick abgewandt - wollte ihn gar nicht ansehen und doch wollte sie auch nichts lieber als von ihrem großen Bruder in die Arme geschlossen zu werden - gehalten werden um die vergangenen Momente zumindest in irgendeiner Form nachzuholen. Aber Alessa war zu stolz den ersten Schritt zu tun. Sie war zu stolz zuzugeben wie sehr sie ihn vermisst hatte obwohl oder gerade weil er ihr Spießerbruder war. Es gab so viel das er verpasst hatte. Es gab so viel was sie ihm gerne erzählt hätte aber er war nicht da gewesen. Genau genommen war niemand da gewesen um diese Momente mit ihr zu teilen. Niemand außer ihrer Freundin Hina. Zögerlich sah das Blondchen wieder auf - sah ihn durch ihre dichten Wimpern an. Herausfordernd. Beleidigt. Verletzt. Hoffnungsvoll.

  • [Cedric] & Alessa


    Ob es bessere Worte gegeben hätte, als jene die er gewählt hatte? Vielleicht. Vermutlich. Cedric spürte, wie sich die Kluft zwischen ihnen gerade nur noch zu erweitern schien. Ein Fehler - wieder einmal. Obwohl anzunehmen war, egal welche Sätze sich in seinem Mund bilden würden, sie konnten das Vergangene nicht ungeschehen machen. Taten sagten so viel mehr als Worte. Und nichts tun, sich nicht melden, sie nicht besuchen - das war nichts was er so eben beheben, wieder gutmachen konnte. Vielleicht nie. Und er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte, wenn Letzteres tatsächlich eintreten sollte - wenn Alessa ihm keine Chance mehr gab.

    Als Alessa sich zu ihm umdrehte, suchte er ihren Blick, als könnte er darauf hoffen darin Antworten zu finden. Was natürlich nicht so einfach war. Stattdessen erreichte ihn die geballte Kraft ihrer Gefühle: Wut, Leid, Enttäuschung - woraufhin er zusammen zuckte und bei ihrem Ausbruch immer kleiner wurde. Der Spott in ihrer Stimme konnte den Schmerz nicht übertünchen. Ihr Lachen klang leer und hohl, zornig, wo es einst voller Freude geklungen hatte. Cedric konnte ihrem Blick nicht standhalten, konnte es nicht. Er wand sich unter ihren Worten, hatte sich unbemerkt an der Haustür angelehnt, denn ohne sie würde er sicher komplett einknicken. Sie war so wütend und sie hatte jedes Recht dazu. Auf was willst du dich noch verlassen, wenn du von allen verlassen wurdest? Sie hatte sich diese beschissene Familie nicht ausgesucht. Er hatte besser sein wollen. Wirklich. Aber wer würde ihm das noch glauben? Und welche Rolle spielte das noch? Was machte er hier überhaupt? Was hast du denn erwartet? Das sie dich mit offenen Armen begrüßen würde? Er wusste es nicht. Vielleicht. Die Wahrheit war, er hatte gar nicht wirklich darüber nachgedacht. Zum einen, weil er nicht darüber nachdenken konnte. Ganz im egozentrischen Sinne, war er stets so mit sich selbst beschäftigt, dass schlichtweg keine Kapazitäten mehr da waren, sich in andere hineinzuversetzen. Als wäre seine Empathie völlig kaputt gegangen. Warum nur war das so? Zudem hatte er nicht erwartet, dass sie sauer sein würde, weil er ganz einfach nicht damit gerechnet hatte, dass sie ihn ernsthaft vermissen würde. Das sie ihr eigenes, geregeltes Leben hatte und ganz zufrieden damit war - so zufrieden wie man eben sein konnte. Hatte sie sich mal bei ihm gemeldet? Auch dem war er sich nicht sicher. Selbst wenn, dann hatte er es bestimmt als reine Höflichkeit abgetan. Denn wie konnte er ehrliche Bekundungen als solche anerkennen, wenn er selbst fest daran glaubte, diese Zusprüche nicht verdient zu haben?

    Und so stand er nun hier mit ihr im Eingangsflur und da war sicher noch vieles, sehr vieles auf dem Herzen. Ihrer beiden. Cedric blickte zu Boden, die Handflächen hinter ihm an die Tür gedrückt - als wolle er sich einen schnellen Fluchtweg sichern. Ewig der Feigling. "Tut mir leid, dass ich so aus dem Nichts auftauche.", wisperte er, "Und nicht schon viel früher gekommen bin."

  • [Irgendwo zwischen Tür und Angel] Cedric & Alessa


    War es unfair von ihr ihn deshalb so fertigzumachen? Vielleicht. Vielleicht hatte Cedric gute Gründe gehabt fernzubleiben. Ja vielleicht gab es eine gute Erklärung dafür, dass er sich seit einer halben Ewigkeit nicht blicken gelassen hatte. Aber Alessa wollte nicht darüber nachdenken - sie wollte keine Erklärung. Sie wollte eigentlich nicht einmal eine Entschuldigung. Es würde nichts ändern und dennoch konnte das Blondchen nicht anders als sich zu freuen, dass er zumindest jetzt hier war - nur wenige Meter entfernt und doch schien diese Entfernung nahezu unüberwindbar weil keiner von ihnen den ersten Schritt wagte. Cedric wandte sich unter ihren barschen Worten, die darauf abzielten ihm ein schlechtes Gewissen zu machen - die so gewählt waren, dass er sich schlecht fühlte. Die ihn verletzen sollten. Es war nicht schwer die richtigen Worte zu finden. Cedric war immer der weichere Part der Zwillinge. Ihn konnte man leichter zurechtbiegen. Das hatte die kleine Prinzessin schon als Kind zu ihrem Vorteil genutzt und nun tat sie es eben auf eine andere Art und Weise - war ja fast schon zu leicht. Er wich ihrem Blick aus. Dem Blick in dem soviel Gefühle lagen. Er sah einfach zu Boden - ertrug es wahrscheinlich nicht mit der Wahrheit konfrontiert zu werden. Er war immer schon ein Angsthase - wich Konfrontationen gerne aus im Gegensatz zu Simon, der fast schon darauf zu lief. Sie hätten unterschiedlicher nicht sein können und doch hatten die Beiden etwas gemein. Sie zogen sich zurück oder zogen ohne sie weiter - wie man es auch auslegte das Ergebnis war das Gleiche. Sie blieb zurück. Allein. In diesem viel zu großen Haus. Alessa schüttelte den Kopf - gab ihm noch einen Moment um ihren Blick zu erwidern aber er sah sie nicht an - blickte zu Boden während eine weitere Entschuldigung über die Lippen des jungen Mannes kam. Dieses Mal vielleicht die richtige, wenn es nach den Forderungen der Schülerin ging. Und doch machten seine Worte nichts mit ihr. Sie heilten nicht die Wunden, die die Abwesenheit ihrer Brüder zurückgelassen hatten. Wie oft hatte sie im Wohnheim vorbeigeschaut um sie zu besuchen? Sehr oft. Nie hatte sie Jemanden angetroffen. Kein einziges Mal. Nunja um ehrlich zu sein war sie nicht nuuuur wegen ihrer Brüder dort. Es war auch immer ein netter Ort um nach attraktiven Studenten und Studentinnen Ausschau zu halten. Früher. Als sie an so etwas noch interessiert gewesen war. An dem alles noch ein wenig einfacher war als seit diesem besonderen Aufeinandertreffen mit ihrer besten Freundin. Alessa ballte ihre Hände zu Fäusten. Sie spürte einen Kloß in ihrem Hals - einen Druck auf ihrer Brust. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die sie schnell wegblinzelte weil sie nicht diejenige sein wollte die Schwäche zeigte. Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht vor Jemanden, der sich einen Scheiß um sie kümmerte denn so war es doch, oder? Wenn man Jemanden etwas bedeutet dann lässt man ihm an seinem Leben teilhaben - war für den Anderen da. Ihre Augen brannten aber sie schaffte es die Tränen zurückzuhalten und doch zitterte ihre Stimme als sie schließlich das Wort ergriff. "Ich... hätte euch gebraucht..." Das tat sie noch immer. Weniger als damals aber dennoch war das Bedürfnis Jemanden an seiner Seite zu haben noch da. Eine Familie. Zumindest das was davon übrig war. Immer noch sah sie ihn an - wandte sich nicht ab - durchbohrte ihn regelrecht mit dem Blick ihrer roten Augen auch wenn er sie nicht ansah - wenn er es bevorzugte auszuweichen. Ohnehin hatte Alessa das Gefühl als würde Cedric in der nächsten Sekunde die Türklinke ergreifen und wieder das Weite suchen - nicht zurückkehren weil sie nicht wie erwartet reagiert hatte. Hatte er wirklich geglaubt er würde hier auftauchen und sie würde ihn in die Arme schließen als wäre seit ihrem letzten Treffen kein Tag vergangen? War er wirklich so naiv oder war sie einfach nur unfair ihm gegenüber? Ihre Gesichtszüge waren sanfter geworden. Die anfängliche Wut war verflogen doch was blieb dann noch...?

  • [Cedric] & Alessa


    Erneut legte sich die Stille über die Geschwister. Sie war von der Sorte, wie sie nur schwer zu ertragen war. Cedric hatte nicht den Mut aufzusehen, sah so nicht die Tränen in ihren Augen. Wusste es trotzdem. Schmerz, den er verursacht hatte. Immer und immer und immer wieder kam es auf genau das zurück. Es wäre so viel einfacher, wenn er einfach nicht da wäre. Er schrie. Im Kopf. Ein tosender Sturm seiner Gedanken, über die er einfach keine Kontrolle hatte. Dagegen kam er mit ein bisschen positiv denken schlichtweg nicht an - es wurde einfach verschluckt, negiert in einem dunklen Schlund der sich tief in ihm festgesetzt hatte. Sie hasst dich. Du bist wertlos. Die Leute wünschten, sich nicht mit dir abgeben zu müssen. Sieh was du angerichtet hast. Warum bürdest du dich ihr auf, hm? Niemanden liegt was an dir. Du hättest ihnen und dir da echt 'nen Gefallen tun können. Was kannst du eigentlich? Du-

    Es war so laut.

    Sei still, sei still, sei still, sei still, sei still.

    Cedric hob den Kopf, blickte nach oben zur Decke, blinzelte. Die Hände hinter seinem Rücken waren verkrampft, zitterten, was er zwanghaft versuchte zu unterbinden. Atme. Aber Gott, war es schwer Luft in seine verdammten Lungen zu befördern, wenn sich die Brust so derart zugeschnürt anfühlte. Es war nicht so das er hyperventilierte, sein Körper wusste wie man atmete, er war nur so blockiert, dass es flach und oberflächlich blieb und war das nicht absurd?

    Und als Alessa das Wort ergriff, wäre es diesmal fast er gewesen, der einen ungläubigen Laut von sich gegeben hätte. Als ob. Niemand brauchte ihn wirklich. Wieso log sie ihn an? Was sollte das? Er verstand nicht. Das machte keinen Sinn. Die Aussage nicht. Aber eine Lüge genauso wenig. Wie? Eine klägliche, hoffnungslose Seite in ihm hätte ihm beinahe ein 'Wirklich?' auf die Zunge gelegt - wollte sich vergewissern - doch hielt sich zurück. Cedric sah mittlerweile wieder zu seiner Schwester. Unter der Erschöpfung lag Irritation, Skepsis, Hoffnung vielleicht. Er empfand einen starken Drang ihre Worte einfach abzulehnen, sie nicht zu glauben, denn wie könnte er? Denn wenn er es tat, wog es so nicht noch viel schwerer, sie im Stich gelassen zu haben? Ah, es tat weh. Tat sie meistens, die Wahrheit.

    "Das wusste ich nicht.", erwiderte er leise. Nahm es für den Moment einfach nur an - die Trauer, die diese Wahrheit verursachte. Die Tatsache, dass Alessa alleine gewesen war, wenn sie ihre Bruder gebraucht hätte, wirklich gebraucht hätte, so unverständlich ihm das auch erscheinen mochte. Es war nicht nur das schlechte Gewissen, das in ihm arbeitete, nein vielmehr eine tiefe Melancholie darüber, nicht bei ihr gewesen zu sein, nicht an ihrer Seite. Verpasste Augenblicke. Gespräche, die hätten sein können, die nie waren. Es war schmerzhaft, aber es war gut nicht? Zumindest einen Teil mal einzusehen? Keine Entschuldigung könnte das so einfach wieder gut machen.

    Cedric stieß sich leicht, fast unmerklich von der Haustüre ab. Die eine Hand griff nach dem Ellenbogen der anderen Seite. Er zögerte, ehe er schließlich fragte: "Darf ich bleiben?" Sein Herz schlug schnell, sein Magen verkrampfte sich vor Nervosität, denn da lag immer noch die unterschwellige Angst sie möge ihn im nächsten Moment einfach wieder vor die Tür setzen, weil er zu viel verschissen hatte. Und das hatte er ja wirklich. Zu bleiben, bedeutete sich dem auszusetzen. Es wäre leichter, selbst einfach wieder zu gehen, oder? Aber er ahnte, ein verbliebener gesunder Teil von ihm ahnte, dass er sie dann komplett verlieren würde, wenn er es nicht schon hatte - und das er bleiben wollte, um ihretwillen, ganz gleich was sie ihm noch an den Kopf werfen würde. Schaffte er das? Konnte er das? Er musste. Wollte. Wollte, dass Alessa wieder zu seinem Leben gehörte und er konnte nur hoffen, dass es ihr auch so erging.

  • [Irgendwo zwischen Tür und Angel] Cedric & Alessa

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    Sie bemerkte nicht was ihre Worte anrichteten. Sie war blind vor Wut. Ließ nicht zu, dass Irgendetwas diesen Zorn - diese Enttäuschung - überlagerte. Mitleid vielleicht. Unter anderen Umständen wäre es Alessa wahrscheinlich aufgefallen. Sein Zittern. Seine Panik. Sein kläglicher Versuch eine normale und regelmäßige Atmung zustande zu bringen. Aber all die Gefühle, die dieser verspätete Besuch in ihr aufwirbelte ließen nicht zu, dass sie aufmerksam genug war und seinen Schmerz spürte - seine Schuld. Sie konnte gerade nicht der Mensch sein, den er brauchte. Sie konnte ihren Schmerz gerade nicht hinunterschlucken um für ihn da zu sein. Es war ihr nicht möglich denn allein sein Anblick hatte irgendetwas in ihr losgetreten. Etwas, dass sie schon so lange hinter einem Lächeln versteckte. Die Einsamkeit, die sie in sich verschlossen hatte und hinter hübschen Selfies versteckte - hinter zahlreichen Partys bei denen sie immer lautstark betonte wie toll es doch wäre ein ganzes Haus für sich zu haben - niemanden der auf einen aufpasste - keine über fürsorglichen Eltern, die einem einen Strich durch die Rechnung machten wenn man sich mit dem gutaussehendsten Kerl oder dem hübschesten Mädchen in seinem Zimmer verschwand oder mehr als nur einen über den Durst trank. Sie sah ihn an aber während sie ihren Gedanken nachhing sah sie eigentlich durch ihn hindurch. Sie blinzelte einmal und erst als auch er sie durch seine blauen Augen musterte sah sie ihn wirklich an. Stille. Ihre Worte hangen zwischen den Geschwistern. Wie lange standen sie einfach da und sagten nichts - blickten einander einfach nur an - fast schon unbeholfen - fast wie zwei Fremde. Vielleicht lag es aber genau an jener Verbindung, dass es ihnen so schwer fiel miteinander umzugehen - die richtigen Worte zu finden um über den fehlenden Kontakt hinwegzukommen. Vielleicht wäre es einfacher gewesen einem Fremden gegenüber zu stehen. Seine Stimme war leise als er schließlich antworte. Aber es war nicht nötig sie weiter zu erheben. Sie waren alleine. Wahrscheinlich hätte man sogar eine Stecknadel fallen hören können wenn man es darauf anlegte. Alessas Körper verkrampfte sich. War es überhaupt möglich die richtigen Worte zu finden - gab es die? Gab es Worte, die ihren Groll verblassen lassen würden - ihren Schmerz? Zumindest war das Gesagte nicht das was sie hören wollte. "Wie auch? Du warst ja nicht da! Niemand war das!" blaffte sie ihn an. Ihre Augenbrauen hatten sich zusammengezogen und sie funkelte ihn durch ihre rubinfarbenen Augen an. Sie füllten sich schließlich mit Tränen. Tränen der Wut. Sie war so unfassbar wütend auf ihn. Auf Simon. Auf ihren Papa. Auf ihre Mama. War es wirklich so schwer sie zu lieben das man sie einfach sich selbst überließ? War es das? Eine Frage, die immer wieder in ihrem Kopf aufgetaucht war. Eine Frage, die sie immer wieder beiseite schob weil sie eben wusste, dass man sich eine Familie nicht aussuchen konnte - das genau deshalb Freunde zur Familie wurden. Freunde wie Hina. Freunde mit denen man durch dick und dünn gehen konnte. Freunde denen man alles anvertrauen konnte. Fast. Ihre Schneidezähne vergruben sich in ihrer Unterlippe ehe sie sich abwandte - die Tränen wegblinzelte. Er trat einen Schritt näher - überwandte den Abstand zwischen ihnen ein kleines bisschen so das sie nicht mehr ganz wie Fremde wirkten und dennoch verharrte jeder für sich noch immer in seiner Komfortzone. Als sie ihn wieder ansah bemerkte das Blondchen die Nervosität in seiner Gestik. Sie folgte seiner Handbewegung, merkte wie er mit sich kämpfte - vielleicht zum ersten Mal - weil sie es zum ersten Mal ein wenig zuließ. Ihr Herz setzte einen Moment aus als die folgenden Worte ihres Bruders an ihr Ohr drangen. Ihre Augenbrauen huschten vor Überraschung ein wenig nach oben während ihr Blick über sein Gesicht wanderte als könnte sie so feststellen was hinter diesen Worten - dieser Absicht - lag. "Du... willst bleiben?" harkte Alessa schließlich nach. Für einen Besuch? Übers Wochenende? Er hatte doch einen Platz im Wohnheim, oder? War Cedric von der Uni geworfen worden? So viele Fragen und doch sprach sie keine aus weil es doch so viele ungesagte Dinge gab die wichtiger schienen. Ein Teil von ihr freute sich. Ein anderer warnte sie davor sich nicht zu früh zu freuen. Es wäre nicht das erste Mal, dass jemand aus ihrer Vergangenheit wieder Kontakt zu ihr suchte nur um letztendlich wieder zu gehen. Unweigerlich dachte die Schülerin an ihre Mama. Deshalb zuckte sie mit den Schultern, versuchte gleichgültig zu wirken und doch verriet ihr Herz, dass vor Freude ein kleines bisschen schneller klopfte, sie. "Es ist auch dein Zuhause."

  • [Cedric] & Alessa


    'Du warst ja nicht da!'

    Ihre Wut prallte mit aller Heftigkeit gegen seine Schwermut.

    'Niemand war das!'

    Er musste da durch. Aushalten. Annehmen. Verstehen. Auf dass es vielleicht irgendwann in seinen verdammten Schädel reinging, dass es tatsächlich Leute gab, denen er nicht egal war. Die ihn - sofern Alessa's Worte wirklich der Wahrheit entsprachen - gar brauchten. Es war absurd.

    Ichkanndasnichtichkanndasnichtkanndasnichtkanndasnichtkanndasni-

    Du musst. Da. Durch.

    Cedric versuchte, sich auf seine Atmung zu konzentrieren. Eins. Nach dem anderen.

    'Ich hätte euch gebraucht.' Gebraucht.

    Es machte keinen Sinn. Wieso hätte sie ihn brauchen sollen? Wer war er schon?

    Ich bin ihr vermaledeiter großer Bruder.

    Ah, scheiße. Als Familie waren sie wirklich ausgesprochen unfähig, nicht wahr? Er hätte es besser machen müssen. Er hätte so vieles besser machen müssen.

    Sie war die Jüngste, die Kleine, sie hätte nicht dasselbe durchmachen sollen, es auf keinen Fall dürfen, wie ihre größeren Brüder. Reichte schon wenn sie verkorkst waren.

    Wie sollte er ihr nur sagen, dass es nicht seine Absicht gewesen war? Machte das überhaupt einen Unterschied?

    Denn auch für ihn war niemand da gewesen. Die zähflüssigen Tage, die sich in reiner Sinnlosigkeit aneinander schmiegten. Die guten, an denen er zumindest mal das Bett verlassen hatte, die schlechten an denen er es nicht tat. Er hatte sich so von allen, die ihm mal was bedeutet hatten distanziert, sodass es niemanden kümmerte, gar auffiel, was mit ihm los war. Daher konnte er niemanden einen Vorwurf machen, außer sich selbst. Aber Alessa - sie hatte es versucht. Die Hand ausgestreckt. So viel mehr getan als er selbst und war doch ignoriert worden. Sein Herz zog sich bei dem Gedanken zusammen. Er konnte sich in etwa ausmalen, wie es ihr erging und dieses Gefühl war absolut beschissen. Wie konnte er ihr nur erklären, dass es ihm schlichtweg an Kraft gefehlt hatte, dass er sie nicht hatte hören können? Wie auch sonst niemanden? Er verstand sich ja selbst nicht. Was fehlte ihm denn schon?

    'Ced? Du kriegst das hin. Du hast jetzt schon mehr hingekriegt, als du von dir gedacht hättest.'

    Nun, er hatte eine neue Chance bekommen, nicht? Also wollte er bleiben. Den Versuch wagen, wieder zusammen zu kitten, was auseinander gebrochen war. Cedric sah wie seine Schwester die Tränen wegblinzelte, ihn überrascht ansah.

    Sie weint wegen dir. Denkst du immer noch, das war eine gute Idee herzukommen?

    Hätte ich sie besser in Ruhe gelassen.

    Stillschweigend musterte sie ihn, als wägte sie ab, wie vertrauensselig diese Äußerung von ihm war. Er hatte ihr Vertrauen immerhin schon einmal gebrochen.

    "Nur wenn du das möchtest." Er konnte die Unsicherheit nicht aus seiner Stimme verbannen. Wollte sie? War es nur falsches Pflichtbewusstsein? Er hatte keine Ahnung. Ced hatte das Gefühl gerade auf Messers Schneide zu balancieren. Alessa zuckte zur Antwort darauf nur mit den Schultern, wollte sich nichts anmerken lassen. Nicht besonders einladend, aber auch keine Ablehnung. So gerne würde er sie einfach einmal in die Arme ziehen, diesen Abstand verringern, seiner Schwester wieder näher sein. Aber er fühlte sich unbeholfen in seinem Körper und die Sorge Grenzen zu überschreiten hemmte ihn zusätzlich. Würde sich das je wieder normal anfühlen? Oder musste er-

    Es ist auch dein Zuhause.

    Er blinzelte, geriet ins Stocken. Was in seiner Anspannung vermutlich gar nicht weiter auffiel. Sein... Zuhause? Das war keine kleine Sache. Im Gegenteil. Er hatte sich eigentlich nie so richtig irgendwo zu Hause gefühlt. Und im Moment fühlte er sich so verloren, dass diese Aussage fast wie ein Anker wirkte. Eine Einladung. Vielleicht auch ein Schritt, den seine Schwester gerade bereit war auf ihn zuzugehen.

    "Meinst du das ernst?", fragte er vorsichtig. Er blickte gequält drein. "Denn ehrlich gesagt würde ich ein Zuhause sehr zu schätzen wissen." Ein Zuhause, das war mehr als nur ein reiner Zufluchtsort. Konnte es das werden, für sie beide? Verlangte er ihr nicht gerade viel zu viel ab? Cedric verstummte, presste die Lippen kurz zusammen. Ehrlichkeit? Vielleicht musste er da auch einen Schritt auf sie zugehen. Sein Blick glitt durch den Raum, ehe er den Kopf wieder zu ihr drehte, vage in ihre Richtung blickte. "Ich weiß nämlich gerade nicht wohin mit mir." So sah es nämlich aus. Er wollte das mit Alessa gerade biegen, ja, aber der Grund seines Kommens lag in erster Linie darin begründet, dass das hier den einzigen Ort darstellte, der ihm in seiner Situation jetzt eingefallen war. Erbärmlich. Wo sollte man auch anfangen, wenn vor einem ein einziger Scherbenhaufen lag? Wenn man sein Leben bereits weggeworfen hatte?

  • [Irgendwo zwischen Tür und Angel] Cedric & Alessa

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    Es war unfair von ihr jede Aussage ja vielleicht sogar jedes Wort von ihm auf die Goldwaage zu legen. Abzuwägen ob er seine Worte ernst meinte oder ob er sie nur wählte um das Blondchen zu beruhigen. Vielleicht glaubte er ja, dass dieser Weg der Weg des geringsten Widerstandes war. Er schmierte ihr Honig ums Maul und dann wenn sie auch nur für einen Moment glaubte es könnte einmal anders kommen - Jemand könnte bei ihr bleiben und nicht die erstbeste Ausrede finden um abzuhauen - dann würde er wieder verschwinden. Er würde sein Gewissen beruhigen indem er sich einredete, dass er ja da gewesen war - für einen Tag - vielleicht sogar für ein Wochenende oder zwei. Ja es war unfair ihn schon vorab zu misstrauen - ihn mit ihrem Papa und ihrer Mama zu vergleichen. Aber sie kam nicht dagegen an, dass sich ihre Gedanken in diese Richtung verabschiedeten. Ganz schön verbittert für ihr Alter. Lag wohl in der Familie. Wenigstens etwas das sie als Einheit verband. Beinahe hätte Alessa über ihre eigenen Gedanken gelacht aber stattdessen schüttelte sie nur den Kopf. Was sie möchte? Oh Gott es würden ihr so unendlich viele Dinge einfallen. Dinge, die sich nicht mit den Kreditkarten ihres Papas kaufen konnte. Dinge, die man gar nicht kaufen konnte. "Es wäre einmal etwas Neues..." kam es überraschend gleichgültig über die geschminkten Lippen des Mädchens und ihr Blick traf den seinen. Flüchtig. Fast schon kalt. Aber wer konnte es ihr wirklich verübeln? Vielleicht wurde man einfach so wenn man keine Familie hatte, die hinter einem stand - wenn man den einzigen Menschen, den man als Freundin bezeichnete vertrieb weil man unfähig war Freundschaft und Liebe zu trennen. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und warf einen flüchtigen Blick in den Spiegel an der Garderobe. Nicht wirklich um ihr Spiegelbild anzusehen - vielleicht eher aus Gewohnheit - vielleicht um ihn nicht weiter ansehen zu müssen weil sie genau wusste, dass sie irgendwann nachgab - sich doch freute ihn zu sehen. Warum spielte sie überhaupt die Unnahbare? War sie es Leid verletzt zu werden? Durchaus. Wer wollte das schon gerne aber im Grunde bestrafte sie sich doch auch selbst wenn sie sich fernhielt obwohl sie ihm doch in Wirklichkeit nahe sein wollte Er hinterfragte ihre Aussage- Vorsichtig tastete sich ihr Bruder vor. Sein Blick gequält. Fast wie ein geschlagenes obdachloses Hündchen. Wie konnte man ihm böse sein wenn er einen durch diese Augen ansah? Es war einfach nicht möglich. Alessa seufzte. "Papa hat das Haus nicht für uns allein gekauft..." kam es schließlich über ihre Lippen. Das es einen Unterschied zwischen einem Wohnort und einem Zuhause gab brauchte man der Schülerin nicht erklären. Zuhause fühlte sie sich hier nur weil es die einzige Möglichkeit war sich ihrem Papa überhaupt nahe zu fühlen und weil sie schon so viele Erinnerungen mit Hina hier gesammelt hatte. "Wurdest du aus dem Wohnheim geworfen?" harkte Alessa schließlich nach, ehe sie sich auf dem Weg in die Küche machte um folgend den Pizzakarton zu öffnen und sich ein Stück ihrer fettigen Pizza zu gönnen. Sie biss herzhaft hinein bevor sie fortfuhr. "Ich hatte immer eher darauf gewettet, dass das Simon passiert..." fügte sie schließlich hinzu während sie ein weiteres Glas aus dem Schrank hervor holt und es auf der Arbeitsfläche abstellte. Die Kühlschranktüre quietschte leise als sie sie öffnete und drinnen klirrten zwei Mineralwasserflaschen aneinander wovon sie eine herausholte und etwas davon in das Glas kippte, welches für ihren Bruder gedacht war. Es genügte ein Schubser und der Kühlschrank war wieder geschlossen. Immer noch gab sie sich distanziert - wahrte Abstand - schützte sich. Sie wich seinem Blick aus, wusste das sie es sonst nicht schaffte diese Maske aufrecht zu erhalten. Weil sie den Abstand sonst überwunden und ihre Arme um ihn geschlungen hätte. Der Wunsch dies zu tun war da. Er war groß aber wie konnte sie sicher sein, dass er nicht einfach wieder ging? Konnte man das jemals? Alessa reichte ihrem Bruder das Glas und nahm selbst einen kräftigen Schluck von dem ihren. In Wirklichkeit erforderte diese Situation doch eindeutig nach mehr als nur Wasser aber was würde Cedric von ihr denken? Und warum war es ihr überhaupt wichtig was Jemand von ihr dachte, der so lange Zeit nicht einmal Teil ihres Lebens war...?

  • [Cedric] & Alessa


    Es war schwierig mit dieser Art von Ablehnung umzugehen. Die Distanz, der kühle Blick, eine Vorsicht die in Misstrauen überging. Cedric konnte es ihr nicht verdenken. Als jemand, der selbst jeder scheinbar guten Wendung keinen Glauben schenken konnte und die Dinge stets mit einem Übermaß an Skepsis und Vorsicht betrachtete, konnte er seine Schwester da nur allzu gut verstehen. Damit teilten sie also wohl doch die ein oder andere Eigenschaft.

    Das bedeutete jedoch nicht, dass es nicht verdammt weh tat.

    So kalt, so unnahbar. Als würde es sie überhaupt nicht interessieren, ob er da war oder nicht. Als ob sein Auftauchen jetzt nur unnötigen ihren Tagesplan durcheinanderbrachte. Als ob sie nicht längst ohne ihn weiter gemacht hätte - wieso auch nicht? Er war ja nicht dagewesen. Das hatte sie selbst gesagt.

    Und all das war viel zu nah an der Wahrheit dran. Weil es wahr ist. Reines Pflichtbewusstsein, und damit tut sie schon mehr, als ich je getan habe.

    Alessa behielt ihre Einladung jedoch bei und warf ihn - und er hatte das bis zuletzt geglaubt - nicht wieder heraus. Nicht, dass das nicht noch kommen konnte. Wie war das nochmal mit dem Vertrauen fassen?

    Sie wandte sich schließlich ab und er folgte ihr in die Küche. Ein Teil von ihm war einfach nur erleichtert, dass er bleiben konnte und doch bewegte er sich umsichtig, als könnte ein falscher Schritt alles zunichte machen. So war es bisher oft genug gewesen, nicht? Eine falsche Entscheidung führte zu der Nächsten, bis sie sich in einer Abwärtsspirale aneinander reihten, die ihn immer tiefer zog. Nicht mehr. Nein, nicht mehr. Damit sollte es mit gestern ein Ende haben, immerhin stand er jetzt hier. Ja, als ob eine einzige weitere Nacht alles ändern würde. Bullshit. Er hatte sich nicht mal bewusst für oder gegen irgendwas entschieden - aber er lebte halt noch und solange das bestand hatte, ging es einfach... weiter.

    Cedric nahm das Glas von seiner Schwester entgegen und nuschelte ein leises "Danke.". Dann kam sie auch schon, die unausweichliche Frage, über die er im Grunde gar nicht so genau nachdenken wollte.

    "Ich weiß nicht, was mit Simon ist.", erwiderte er wahrheitsgemäß, obwohl das sicher nicht das war, worauf sie abgezielt hatte. 'Kümmer dich doch einfach um deinen eigenen Scheiß, Ced!' "Er ist nicht so gut auf mich zu sprechen.", fügte er hinzu. Eine sanfte Umschreibung, wenn man bedachte, wie ihr letztes Treffen ausgesehen hatte. Schock. Anschuldigungen. Schreie. Und da hatte er noch nicht mal im Ansatz geahnt, was noch alles dahinter steckte. Ced schloss für einen Moment die Augen. Wenn er es recht bedachte, war er auch nicht so gut auf seinen Bruder zu sprechen. Im Gegenteil. Noch etwas, dass er aus der Welt räumen musste, obwohl er sich bei dieser Angelegenheit nicht sicher war, wie das überhaupt möglich sein sollte. Er wusste, er sollte wütend sein, stattdessen fühlte er sich schlicht überwältigt. Vielleicht bekam er das mit der Wut ja noch hin, wenn er aufhörte seine Emotionen zu unterdrücken. Einfach.

    "Und ich wurde nicht aus dem Wohnheim geworfen.", widerlegte er und nahm einen großen Schluck Wasser, um Zeit zu schinden. Wie sollte er das nur erklären? Er konnte mit Fug und Recht behaupten, dass er im Wohnheim wohnte, er hatte jedes Recht dazu, er konnte zurück. Nur, dass er es eben nicht konnte. Es gab keinen rationalen Grund. Cedric drehte das Glas in seiner Hand. "Ich-," Ja, was? Fühlte sich alleine, obwohl zig andere Leute anwesend waren? Bekam alleine beim Gedanken an eine Rückkehr Schweißausbrüche? Hatte panische Angst, dass es genau dort weitergehen würde, wo er aufgehört hatte, bevor er auf das verdammte Dach gestiegen war? Wieder in einem ewigen Kreislauf voller Nichts, den er nicht unterbrechen konnte?

    Er konnte es nicht. Es ging nicht. Noch nicht, jedenfalls. Nicht so bald. Keine Ahnung.

    Er stellte das Glas mit einem leichten Klirr auf der Arbeitsfläche ab, der Inhalt schwappte seicht hin und her. Sein Körper mochte Alessa zugedreht sein, sein Blick hing jedoch auf dem Wasser, welches immer kleinere Kreise zog. Er hielt daran fest, an dem Glas, als könnte es ihm irgendeine Form von Stabilität geben.

    "Mir geht's nicht so gut.", sagte er schließlich. Nüchtern. Eine einfache Aussage. Sein Magen verkrampfte sich trotzdem. Eine vage Erklärung und doch eine, die ihm all seine Überwindung kostete. Weniger für Alessa, doch umso mehr für sich selbst, ein Eingeständnis. Mir geht's nicht gut. Es war so unspezifisch und doch gab es keine Worte, die seine Situation, seinen Zustand, besser hätten beschreiben können. Er konnte seine Gedanken darlegen und seine Symptome beschreiben und dennoch gab es keine Erklärung für das warum. Warum er sich so fühlte, warum er so leicht in Panik geriet, warum er sich so häufig nicht aufraffen konnte. Dass ihn selbst Kleinigkeiten aus der Bahn warfen und die Erschöpfung ihn lähmte, wo auch immer sie herkam. Das war nicht normal, konnte es unmöglich sein, trotzdem war es völlig unverständlich, war es das nicht? Er zuckte - äußerst zeitverzögert - mit den Schultern, wie um seine Aussage zu mindern. Mir geht's nicht so gut, aber so schlimm ist es auch nicht. Nur ein Wehwehchen. Gib mir zwei Tage und dann passt das schon wieder. Das und nichts anderes wollte seine Geste bezwecken, weil er schon wieder in die üblichen Muster zurückfiel: Nur ja keine Last für Andere sein zu wollen, es solle sich bloß niemand um ihn sorgen, sie am liebsten von seiner jämmerlichen Präsenz befreien. Alles nicht so schlimm. Andere hatten es viel schlechter. Er musste sich nur einfach mal zusammen reißen. Ced, glaub mir wenn ich dir sage: du hast noch einen langen Weg vor dir.

  • [Irgendwo zwischen Tür und Angel] Cedric & Alessa

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    Er folgte ihr mit einer Vorsicht, die sie fast ein wenig wütend machte. Wie ein scheues Tier, dass im nächsten Moment wieder bereit war zu fliehen wenn es ihm nicht gefiel was er hier antraf - wen er hier antraf. Sie war nicht mehr das entzückende kleine Schwesterherz, welches er in Erinnerung hatte. Das war selbst ihm mittlerweile bewusst, richtig? Deshalb verhielt er sich so wie er es eben tat. Sie warf ihm einen Blick über die Schulter zu und ihre Augen wurden zu Schlitzen. Verhielt sich so Jemand der wirklich bleiben wollte? Vielleicht tat sie ihm Unrecht. Vielleicht interpretierte sie zu viel hinein aber Alessa hatte schlichtweg auf die harte Tour gelernt, dass Menschen aus ihrem Leben immer wieder verschwanden. Insbesondere wenn es sich um die eigene Familie handelte. Sie reichte ihm wortlos das Glas, welches er dankend annahm. Der Name ihres gemeinsamen Bruders kam über ihre Lippen. Eher beiläufig. Nicht weil sie sich wirklich an dieser Stelle nach ihm erkundigen wollte. Sie bemerkte das leichte Zucken beim Klang seines Namens und unweigerlich zog das Blondchen die Augenbrauen fragend zusammen. Er wich ihrem Blick aus. Nicht das erste Mal seit er wieder hier aufgekreuzt war. "Auf wen ist Simon schon gut zu sprechen..." Der Zwilling glaubte sowieso immer Gott und die Welt hätte sich gegen ihn verschworen. Sie biss sich auf die Unterlippe. Knabberte leicht daran. Er war nie ungut zu ihr gewesen aber dennoch hatte sie seit ihrer letzten Begegnung das Gefühl er suchte nur den Kontakt weil es ihn eigentlich um andere Dinge ging. Hina zum Beispiel. Die dachte an die Schwärmerei ihrer Freundin, die immer schon ein Auge auf Simon geworfen hatte. Natürlich. Er war die Art von Kerl, auf den die Mädchen abfuhren. Zwischen den Zwillingen kriselte es also auch. Dieser Familie war nicht mehr zu helfen, oder? Konnte man das überhaupt noch so schimpfen? Letztendlich teilten sie doch nur noch den gemeinsamen Nachnamen. Vielmehr verband sie nicht. Jeder hatte sein Leben und seinen Kram um den er sich kümmern musste. Sehnsüchtig dachte Alessa an eine schönere Zeit zurück. Eine Zeit in der sie gemeinsam Singstar gespielt hatten. Eine Zeit in der es so etwas wie 'gemeinsam' gab. Beinahe hätte sie gelächelt als sie an diese Zeit dachte. Doch das Lächeln erreichte nicht ihre Lippen und stattdessen führte sie das Glas an sie um einen Schluck davon zu machen. Vielleicht um ihren Mund zu beschäftigen. Um nichts zu sagen was sie vielleicht bereuen könnte. Er fuhr fort. Offensichtlich war er nicht aus dem Wohnheim geworfen worden und war jetzt hier weil die andere Option schlichtweg die Brücke wäre unter der er sein Quartier aufschlagen musste. gerade wollte ein sarkastischer Kommentar ihre Lippen verlassen als sie bemerkte, dass da noch mehr von seiner Seite kam. Er rang nach den richtigen Worten. Der Blick ihrer roten Augen tanzte über sein Gesicht - las seine Mimik und wurde doch nicht schlau daraus. Mit einem Klirren stellte er das Glas ab. Sie zuckte bei dem Geräusch zusammen. Erwartete fast das er die Beherrschung verlor - sie vielleicht sogar anbrüllte - fragte was diese distanzierte Art sollte aber natürlich passierte nichts dergleichen. Es war schließlich Cedric. Ob er überhaupt jemals gebrüllt hatte? Ihr Blick senkte sich auf sein Glas. Sein Griff war fest um das Gefäß gelegt als klammerte er sich daran fest - als benötigte er den Halt. Ihre Augen weiteten sich als er schließlich die Worte herausbrachte nach denen er offenbar so gerungen hatte. Er sah sie nicht an. Nach einer Weile folgte ein Schulterzucken seinerseits als wolle er jenen Worten, die gerade seine Lippen verlassen hatten das Gewicht nehmen. "Cedric..." hörte sie sich sagen. Ihr Blick war immer noch eisern auf ihn gerichtet, doch er wich ihr aus. Er war niemand, der einfach wegen einer Kleinigkeit so aus der Bahn geworfen wurde. Er war niemand, der mit ' es geht mir nicht so gut' meinte, dass er einen schlechten Tag hatte. Da steckte doch mehr dahinter. Sie griff nach seiner Hand und endlich sah er sie an. Ihre Blicke begegneten sich. Vielleicht das erste Mal an diesem Tag versuchte niemand dem Anderen auszuweichen. Sorge spiegelte sich in ihren Augen. "...was ist los?" Ihre Stimme war sanft und als sie den Schmerz in seinem Blick erkannte zog sie besorgt die Augenbrauen zusammen. Wortlos überwandte sie den Abstand zu ihm - schlang ihre Arme um seinen breiten Rücken und zog den Größeren in eine Umarmung. Wortlos drückte sie sich an ihn, legte ihren Kopf an seiner Brust ab. Ihre Lippe bebte und sie spürte Tränen, die in ihren Augen brannten. War er... krank? Was bedeuteten seine Worte? Sie wagte es nicht zu fragen. Hatte Angst vor der Antwort. Aber was wenn er sonst gar nicht damit herausrücken würde? Warum war sie so ein Biest gewesen? "Ich habe dich vermisst..." murmelte sie gegen seine Brust. Ihre Worte gingen fast unter. Vielleicht hatte er sie gar nicht gehört aber es fühlte sich gut an sie ausgesprochen zu haben.

  • [Cedric] & Alessa | Küche


    Mir geht's nicht so gut. Cedric presste die Lippen aufeinander. Warum hatte er das gesagt? Es war schwierig, die Wahrheit zuzugeben vor allem vor sich selbst. Nein, nein, es war schon okay. Er bekam das schon wieder hin. Kein Grund andere in seinen Kummer mit hineinzuziehen. Erst recht nicht jemanden, den er seit längerer Zeit so ausgeschlossen hatte. Was so ziemlich alle Personen einschloss, die Cedric überhaupt kannte. Wollte sie es überhaupt wissen? Hatte sie nicht genug eigene Probleme? Er versuchte sich auszumalen, wie sich Alessa fühlen mochte. Eine Mammutaufgabe, wenn man bedachte, dass er sich seiner eigenen Emotionen kaum gewahr war. Ein Bruder, der sich nie meldete, tauchte ohne Vorwarnung an der Türschwelle auf? Bat um Obdach, konnte sich nicht erklären und war drauf und dran einen Haufen Ballast bei ihr abzuladen? Ah, er hätte nicht herkommen dürfen. Das war wirklich nicht fair. Der Egoismus wurde doch langsam zu einem steten Begleiter. Cedric suchte nach Worten um seine Aussage abzuwiegeln, das Thema auf leichtere Dinge zu lenken - welche auch immer das sein mochten - sich so zurückzuziehen. Er würde das schon mit sich ausmachen. Irgendwie. Doch bevor er ansetzen konnte, hörte er seinen Namen. Unwillkürlich horchte er auf. Es war das erste mal das sie seinen Namen benutzt hatte, seitdem er hier aufgekreuzt war. Alessa griff nach seiner Hand. Warm. Warm. Cedric drehte sich zu ihr um, irritiert, zweifelnd, blickte in die roten Augen, die so viel erwachsener geworden waren. Augen, die endlich etwas von ihrer Distanziertheit zu verlieren schienen. Eine Sorge, die nun durch die Oberfläche schimmerte. Eine Sorge, die sie sich nicht zu machen brauchte, doch nicht um seinetwegen. Er hatte es provoziert oder? Aber er hatte es nicht verdient. Nicht, wo er sie so alleine gelassen hatte.

    "Alessa...", setzte er an, ein Frosch, der ihm im Hals steckte, ließ seine Stimme heißer klingen. Was los war? Nichts war los, nichts, nichts, nichts. Nichts, was der Rede wert gewesen wäre. Er war nicht krank, er fühlte sich nur nicht... so gut. Erschöpft. Melancholisch. Allem überdrüssig.

    Leer.

    Er bekam keine Gelegenheit sich wieder, sich weiter zurückzuziehen, denn plötzlich - und er hatte keine Ahnung wie und warum - hatte seine Schwester ihn in die Arme gezogen. In erster Reaktion spannte sich sein Körper an, so unvertraut war die Berührung, die Nähe. Wie etwas, dass er einst gekannt, aber mit der voran streichenden Zeit vollkommen vergessen hatte. Als stünde er unter Strom, sein Herzschlug schnell. Er war nervös. Als hätte sein physisches Selbst vergessen, wie es war, wenn jemand auf diese Art Zuneigung zeigte. Reiß dich zusammen, Ced. Es war alles okay. Das war gut, gut. Langsam ließ er los. Die Anspannung fiel zu großen Teilen von ihm ab, während er die Umarmung erwiderte, die Arme vorsichtig um seine kleine Schwester legte und sie - schließlich, endlich - fest an sich zog. Ihr Atem, ihr Herzschlag, sie war da, hier, bei ihm, hielt ihn. Er ließ es zu, hatte sich in seinem tiefsten Inneren so sehr danach gesehnt, auch wenn er nach außen hin alles abgeblockt hatte. Es war, als sei ein Damm gebrochen worden und das war es wohl auch, auf eine gewisse Weise. Cedric vergrub seinen Kopf an Alessas Schulter, wollte sie einfach nur halten - und vor allem gehalten werden. Jemand, der da war. Jemand, der auf ihn zuging. Jemand, der ihm vertraut war - einst, zumindest und irgendwo musste dieses Vertrauen zwischen ihnen noch vergraben sein, konnte wieder gefunden werden. Hoffentlich.

    Er hörte sie etwas sagen, konnte kaum die Worte ausmachen. Egal. Als Antwort darauf zog er Alessa noch ein Stückchen enger. Es gab so viel, dass er sagen sollte. So viel was er sie fragen, was er erklären wollte. Aber er wusste nicht wo er anfangen sollte, wusste nicht wie. Was ist los? Ja... was? Der Kloß in seinem Hals schwoll an. "Ich weiß es nicht.", brachte er mühevoll hervor, was so ziemlich die unbrauchbarste Antwort überhaupt war und doch so dermaßen treffend.

    Ein Schluchzen durchbeutelte ihn und erst da bemerkte Ced, wie sehr seine Aussage doch der Wahrheit entsprach.

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