Waldweg 1: Villa von Sanjay, Amir, Nadi & Orivia


  • Eigentlich hatte Amir gehofft, der Fremde würde dieses Bild wieder einpacken, sich herum drehen und für immer das Weite suchen, aber dem war leider nicht so. Und um ehrlich zu sein hatte er es auch gar nicht anders erwartet. Dafür dass das alles lediglich eine erfundene Geschichte sein sollte, legte der Typ sich aber ganz schön ins Zeug.. vielleicht sollte der Erbe doch langsam mal beginnen, daran zu glauben? Vorallem als ihm ein anderes Beweisstück unter die Nase gehalten wurde. Etwas, was man nicht so leicht fälschen konnte. Ein Brief mit der Handschrift seines Vaters. Diese erkannte sie sofort und je mehr Worte er auf diesem zerfledderten Pergament laß, desto bewusster wurde er sich der momentanen Situation. Es gab keinen Zweifel an dieser Story, nicht mehr. Obwohl sein Halbbruder den Blicken Amirs auswich, starrte dieser fassungslos zu ihm. All die Jahre wurde ihm versichert, er wäre ein Einzelkind. Ihm wurde die heile Welt vorgespielt, was seine Eltern betraff. Liebe, Vertrauen, Ehrlichkeit. Zum Teufel damit. „Unser Vater war wohl ein verdammtes Arschloch.“


  • Amir sagte lange nichts und Nadi wartete unruhig auf irgendeine Reaktion. Dabei fühlte er sich dermaßen unwohl, dass er am liebsten gegangen wäre. Er fühlte sich wie der Bittsteller, als den ihn Amir die ganze Zeit hinstellen wollte. Aber Nadi war Dieb und kein Bettler. Er fand diese aufdringlichen Schnorrer wirklich abstoßend. Klauen war mit Sicherheit kein ehrenwerter Beruf, aber wenigstens spielte er den Leuten keine Spielchen vor. Unser Vater war wohl ein verdammtes Arschloch. Bei der trockenen Feststellung Amirs fuhr sein Blick zu ihm zurück und seine Augen weiteten sich ein kleines bisschen, dann nickte er. "Sieht wohl so aus..." murmelte er leise und verzog den Mund zu einem halben freudlosem Grinsen. "Ich will mich auch gar nicht bei dir einnisten. Ich bin nicht hier um dir die Haare vom Kopf zu fressen. Also... fühle dich bitte zu nichts verpflichtet. Es lag mir nur am Herzen dich kennen zu lernen" erklärte er dann ruhig. Alter das klingt total weichgespült. Krieg dich wieder ein. Wenn er doch so ein riesiges Haus hat, dann kann er dich auch aufnehmen. Geld hat er doch sowieso genug! "Also meiner Mutter lag es am Herzen, dass ich meinen Bruder kennen lerne" verbesserte er dann zerstreut.

    "Come on, little lady, give us a smile"
    No, I ain't got nothin' to smile about
    I got no one to smile for, I waited a while for
    A moment to say I don't owe you a goddamn thing

    Nightmare - Halsey


  • Irgendwie kam der Erbe nicht so ganz klar mit der Situation. Gut okay, da stand plötzlich sein Halbbruder vor ihm. Das sollte jetzt doch irgendwie bewiesen sein.. und weiter? Was musste er jetzt tun? Musste er den jungen Mann bei sich aufnehmen und ihn durchfüttern? Auch wenn dieser sofort meinte, dies war nicht seine Absicht gewesen als er sich auf den Weg gemacht hatte, Amir kennen zu lernen, fühlte er sich doch etwas verpflichtet dazu. Ihn wenigstens herein zu bitten und.. wo schlief der Kerl eigentlich? „Komm rein.“, meinte er schließlich, drehte sich herum und führte seinen Bruder in die Villa. „Wo wohnst du?“ Der Inder warf kurz einen Blick über seine Schulter, während er Nadi durch die Eingangshalle hindurch hinauf ins Wohnzimmer führte, damit sie sich dort erst einmal setzen konnten. „Hast du dir eine Wohnung gemietet oder ein Hotelzimmer genommen?“ Oder vielleicht lebe er auch auf der Straße, seinem Verhalten von vorhin passend.. haha, aber das wäre nicht gerade toll. Oben angekommen, bat er den Kerl sich zu setzen und ließ sich schließlich auch auf die Couch fallen. Tief seufzend lehnte sich der Geschäftsmann nach hinten. „Möchtest.. möchtest du irgendwas trinken oder so..?“


  • Die beiden standen irgendwie ziemlich verloren in der nächtlichen Kälte herum und keiner von ihnen wusste wohl so genau, wie er mit der ganzen Sache umzugehen hatte. Amir fand zuerst die Sprache wieder und bat ihn nach drinnen. Erst wollte er widersprechen, aber wofür war er denn hier? Er musste ja nicht bleiben. Die Hütte wollte er sich schon gerne einmal anschauen, also folgte er seinem Halbbruder zögerlich in dessen Heim. Fuck. So viele Sachen, die sich wirklich gut verticken ließen. Während er seine Schuhe auszog- alte Gewohnheit Schuhe im Haus waren die einzige Sache, bei der seiner Mutter ausflippen konnte- und neben der Tür abstellte, sah er sich schon abschätzend um. Und deine Ehre verlangt von dir all die Schätze stehen zu lassen. Etwas missmutiger tappte er Amir die Treppen hinterher. Hier sah es um Welten besser aus als bei ihm zuhause. "Ich äh... mein Name ist übrigens Nadi. Ich glaube das habe ich noch gar nicht gesagt... oder?" wich er der Frage nach seinem Heim aus, als sie in dem Raum ankamen, der sich Wohnzimmer schimpfen lassen musste. Für Nadi war alleine dieser schon eine Art Palast. Ächzend ließ er sich auf das Sofa fallen. Als Amir dann fragte, ob er sich eine Wohnung gemietet hatte oder ein Zimmer in einem Hotel hatte, konnte er sich das Lachen nicht verkneifen. "Machst du Witze? Ich dachte, dass ich klar gemacht habe, dass meine Familie kein Geld hat. Das einzige Zimmer, welches ich mir leisten könnte, wäre eine Zelle im Knast mein Bruder" frotzelte er schmunzelnd. "Ich wohne da, wo ich wohnen will und das ist auch gut. So hab ich wenigstens keine Nachbarn, die mich so komisch belauern und womöglich auch noch Eier ausleihen wollen. Außerdem macht man mit Diebereien auch keine großen Vermögenssprünge, aber ich komme durch." Er zuckte gleichgültig mit den Schultern, ließ den Blick wieder durch den Raum gleiten und sah erst wieder zurück, als Amir ihm etwas zu trinken anbot. "Ich denke Wasser wäre jetzt echt nett" antwortete er dann. Der Alkohol forderte seinen Tribut und so langsam setzten die Kopfschmerzen ein.

    "Come on, little lady, give us a smile"
    No, I ain't got nothin' to smile about
    I got no one to smile for, I waited a while for
    A moment to say I don't owe you a goddamn thing

    Nightmare - Halsey


  • „Selbst wenn? Vielleicht bist du eines dieser Wunderkinder, die zwar aus einem Armenviertel stammen aber sich mittlerweile derart hochgearbeitet haben, dass man es gar nicht vermuten würde.. du weißt schon.. vom Tellerwäscher zum Millionär.“, murmelte der junge Erbe mit gesenktem Kopf. Seine Worte waren bescheuert und das wusste er aber etwas anderes fiel ihm darauf einfach nicht ein. Er konnte sich nicht vorstellen, wie sein Halbbruder lebte. Oder wo. Auf der Straße, unter einer Brücke.. das war doch kein Leben. Kein Schönes jedenfalls. Keines dass sich der Inder selbst vorstellen konnte. „Diebereien? Willst du mir etwa erzählen, dass du deinen geringen Lebensunterhalt wenn man es denn so nennen kann damit verdienst?“ Dieses mal hatte er beim Sprechen in Nadis Richtung gesehen. Amir schüttelte den Kopf. Das war etwas, was der Kerl nicht verstand und auch nie verstehen würde. Ein stiller Augenblick verstrich, ehe der Geschäftsmann auf seinen Wunsch einging. „Sanjay?“, rief der Weißhaarige laut. Sein Butler würde ihn hören, wenn er sich noch in seinem Schlafzimmer aufhielt. „Bringst du unserem Gast bitte ein Glas Wasser?“


  • Sanjay hatte sich auf den Weg gemacht um für sich und seinen Herren einen edlen Tropfen aus dem Keller zu holen. Allerdings genügte ihre Zeit nicht mehr, um diesen auch zu trinken, denn der Störenfried meldete sich erneut zu Wort. Erneut diskutierte er mit dem Prinzen, der Butler bekam nicht sonderlich viel von der Konversation mit, denn er hatte sich wieder auf den Weg hinab in die Küche gemacht um den kostbaren Wein wieder zu verschließen, zumindest solange, bis der Fremde endlich das Weite gesucht hatte. Dennoch bekam er mit, wie sich Amir zu jenem auf die Terrasse begeben hatte, was ihn für einen Augenblick stutzen ließ und ihn etwas neugierig machte, was genau dort gerade vor sich ging. Sein stand ließ es trotz dessen nicht zu, dass er sich seiner Neugierde hingab und so verharrte er so lange in der Küche, bis sich der Hausherr zu Wort meldete. Gewiss würde er ihm später erzählen, was dort vor sich ging. Und wenn nicht, dann war es eben so. Kaum hatte er die Stimme des Prinzen vernommen, machte er sich auch schon daran seinen Worten folge zu leisten und brachte ein Glas Wasser zu ihrem 'Gast' ins Wohnzimmer, wo er es jenem stillschweigend überreichte und sich tonlos an die Tür stellte, um eventuellen weiteren Anweisungen folge zu leisten, wie es sich eben für einen Butler gehörte.


  • Bei der doch recht naiven Annahme Amirs musste Nadi belustigt den Kopf schütteln. "Ich fühle mich geehrt, aber ich denke, dass sowas doch zu selten vorkommt, als das es mir passieren könnte. Ich bin schließlich kein Slumdog Millionair, aber vielleicht bin ich ja irgendwann mal Aladin, auch wenn der Araber ist..." gab er lachend zurück und lehnte sich, zumindest äußerlich entspannt, in das Polster. Es war nicht zu übersehen, dass Amir mit der Situation ziemlich überfordert war und womöglich auch nicht gerade begeistert von ihm. Er war schließlich Abschaum. "Tut mir leid, wenn ich nicht deinem Anspruch genüge, aber nicht jeder hat das Glück so aufzuwachsen wie du. Ich habe kein besonderes Talent, ich war auf keiner guten Schule, mein Leben bestand daraus, meinem Vater Geld für seinen Alkohol zu beschaffen und meiner Mutter die Miete. Mich unsichtbar zu machen ist das Einzige was ich kann und zur zeit mache ich mich in irgendeiner Lagerhalle unsichtbar" erklärte er achselzuckend und trommelte sich, mit seinen Fingerspitzen, auf seinem überschlagenen Knie herum. Und unterhalte mich dabei mit Ratten. Als der Andere nach Sanjay rief, damit er ihm Wasser brachte, starrte er ihn etwas entgeistert an. "Du schickst einen Mann los?" fragte er perplex und nahm das Glas an welches ihm gereicht wurde. "Seit wann machen Männer die Arbeit von Frauen?"

    "Come on, little lady, give us a smile"
    No, I ain't got nothin' to smile about
    I got no one to smile for, I waited a while for
    A moment to say I don't owe you a goddamn thing

    Nightmare - Halsey


  • „Das ist für mich kein Grund, sich so einer niederen Arbeit hinzugeben. Nein, eigentlich ist das keine Arbeit. Das ist.. das ist einfach.. einfach idiotisch.“ Amir schüttelte den Kopf. Sollte er jetzt Angst um seine Wertgegenstände haben? Vielleicht könnte er in den nächsten Tagen seine teuren Vasen und Gemälde beim Schwarzmarkt kaufen, wenn er sich in solchen Kreisen aufhalten würde. Dennoch, auch wenn sein Halbbruder sich damit über Wasser hielt, war da doch ein Funke Mitleid in ihm. Es war für ihn so unwirklich. Sein Leben im Gegensatz zu Nadis Leben. „Wieso nicht?“, erwiderte der Geschäftsmann mit gehobenen Augenbrauen, sah für einen Moment zu seinem Butler und anschließend wieder zu seinem Bruder. „Sanjay arbeitet schon Jahre lang für mich. Was ist daran so verwerflich? Es gibt nicht nur die hübschen Dienstmädchen im schwarz-weißen Outfit.“ Amir lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme. Nach einem stillen Augenblick seufzte der junge Kerl leise. „Willst du heute Abend im Gästezimmer übernachten? Und deinen Restalkohol ausschlafen?“


  • "Es zwingt dich ja auch keiner dazu. Du hattest auch niemals einen Grund dafür oder? Irgendwie musste ich dafür sorgen, dass meine Mutter Geld hatte, damit wir irgendwie überleben konnten. Leider bleibt einem als indisches armes Kind nichts anderes übrig, als sich entweder zu prostituieren, oder als Dieb zu arbeiten. In manchen Banden wirst du sogar zu beidem gezwungen!" Bei diesen Worten war der Mann aufgestanden und hatte die Stimme wütend erhoben. Die Verständnislosigkeit seines Halbbruders brachte ihn auf die Palme und sein Blick, als er sich etwas unsicher und vermutlich unbewusst, umsah, machte das nicht besser. Als hätte er keine Ehre im Leib. "Ich bin kein wertloses Stück Scheiße, nur weil ich in meinem Leben nicht so viel Glück hatte wie du und mich mit Dingen über Wasser halten musste, die dir zu wider sind. Aber ich werde hier ganz bestimmt nichts mitgehen lassen. Wofür hälst du mich?" fauchte er ungehalten, lief an eines der Fenster um davor herum zu tigern. Bei den Worten Amirs blieb er verwundert stehen. "Es gibt Dienstmädchen in schwarz-weißen-Outfits? Davon rede ich nicht. Ich kenne einfach keine Männer die so eine Arbeit verrichten. Kochen und sowas" gab er prompt ruhiger zurück. Er hatte schließlich keine Ahnung, wie es in einem wohlhabenderen Haus zuging. Er kannte nur Frauen die arbeiteten... eben Frauenarbeiten erledigten. Als Antwort auf das Angebot des Anderen hatte er zuerst nur einen misstrauischen Blick übrig. "Willst du mir Gelegenheit geben etwas einzustecken? Damit du mir direkt morgen früh die Polizei auf den Hals hetzen kannst?" Fragte er dann schmunzelnd, bei seiner nächsten Frage nickte er zu dem Butler rüber. "Sicher, dass es deiner Hausdame in den Kram passt?"

    "Come on, little lady, give us a smile"
    No, I ain't got nothin' to smile about
    I got no one to smile for, I waited a while for
    A moment to say I don't owe you a goddamn thing

    Nightmare - Halsey


  • „Ich verstehe es, okay? Ich bin der böse Bruder und du der Gute.“, erwiderte Amir auf die Erzählung seines Halbbruders. „Ich kann nichts für den Verlauf deiner Kindheit und dass zufälligerweise ich das gute Los gezogen habe und relativ.. normal aufgewachsen bin.“ Auch der Geschäftsmann richtete sich auf und sah zu Nadi, der wie ein Tiger im Gefängnis vor dem Fenster auf und ab lief. „Natürlich gebe ich dir Gelegenheit dazu, es gibt doch nichts Schöneres als einen Besuch der Polizei am frühen Morgen. Dann kann ich sie auch gleich zum Frühstück einladen.“ Der Erbe verdrehte die Augen. „Ich glaube, meine Angestellten haben sich nach mir zu richten. Und wenn es mir recht ist, so sollte es ihnen genau so recht sein.“, sagte er auf Nadis gespieltes Bedenken hin. „Sanjay? Würdest du das Gästezimmer bitte vorbereiten? Nadi wird vorübergehend bei uns bleiben.“ Das war er seinem Halbbruder irgendwie schuldig.


  • Nadis durchaus schockierte Aussage überraschte den Butler hingegen keineswegs. Wenn er die Fetzen, die er von ihrem Gespräch mitbekommen hatte, dann war es wirklich kein Wunder, wie er dachte. Etwas verwundert war er allerdings tatsächlich darüber, dass Amir dem Fremden das Gästezimmer anbot, nachdem er kurz davor war das Haus zu demolieren. Was aber wohl daran lag, dass er von der Geschwister-Sache bisher nichts mitbekommen hatte, weshalb der Sinneswandel seines Herren umso merkwürdiger erschien. Aber früher oder später würde der junge Prinz in gewiss über alles aufklären, schließlich war Sanjay noch immer seine einzige Vertrauensperson in seinem Umfeld, was ihn jedes Mal aufs neue etwas Stolz machte. So ganz konnte die 'Hausdame', wie er von Nadi so unheimlich liebevoll bezeichnet wurde, dem Gespräch der beiden nicht Folgen, weshalb er sich schließlich keinerlei Gedanken mehr darum machte und einfach wartete, bis er eine weitere Anweisung bekommen würde. Was auch gar nicht allzu lange dauerte, denn scheinbar hatte Amir tatsächlich vor den Vandalen über Nacht bei ihnen einzuquartieren. Aber es war schließlich nicht seine Entscheidung, weshalb er nur nickte und sich rückwärts durch die Tür entfernte. „Sehr gerne.“, entgegnete er noch, ehe er vorsichtig den Weg in den ersten Stock antrat und sich daran machte, das Zimmer herzurichten.


  • "Du bist nicht böse, du bist einfach nur verwöhnt" gab Nadi ungewohnt versöhnlich zurück. "Und normal kann man das hier auch nicht mehr nennen" gluckste er erschöpft und fuhr sich mit den Händen über die Augen. "Das klingt nach einem guten Plan, man muss sich immer mit der Polizei gutstellen. Dann vergessen die auch mal ein paar blöde Dinge" scherzte er und machte dabei eine alberne Oberlehrerhandbewegung. "Klingt spannend. Einfach nur Befehle ausführen macht vieles einfacher..." murmelte er kaum hörbar und sah zu, wie der Butler verschwand. Er wollte erst direkt hinterher, aber er war ja nicht aufgefordert worden dies zu tun, also blieb er unschlüssig stehen. "Ich denke mal, dass ich dir danken sollte. Oder so... wahrscheinlich werde ich selbst in dem Gästezimmer besser schlafen können, als jemals zuvor" sagte er recht leise und knetete dabei seine Hände. Er war es nicht gewohnt in so einer Situation zu sein.

    "Come on, little lady, give us a smile"
    No, I ain't got nothin' to smile about
    I got no one to smile for, I waited a while for
    A moment to say I don't owe you a goddamn thing

    Nightmare - Halsey


  • „Verwöhnt..“, wiederholte der Geschäftsmann für sich und schüttelte kaum merkbar den Kopf. Für Außenstehende mag es vielleicht so aussehen aber der Schein trog. Es steckte oftmals sehr viel mehr hinter einer schönen Villa und Butlern. Das kam ja nicht von irgendwo her. Dafür musste man Arbeiten und genau diese Arbeit war es, die Amir auf den Keks ging. Aber sich über Arbeit aufzuregen war jetzt der falsche Augenblick. Der Inder deutete seinem Halbbruder an ihm zu folgen. „Falls du etwas brauchen solltest, frage einfach Sanjay oder einen der anderen Angestellten die im Haus rumlaufen. In der Küche kannst du dich auch bedienen, aber lass dich nicht von Sanjay erwischen. Die Küche ist sein Heiligtum.“, erklärte er und schmunzelte kurz. Im ersten Stock blieb er vorm Gästezimmer stehen, das sein Butler bereits herrichtete. „Dann.. gute Nacht? Wir sehen uns morgen früh oder.. so.“ Amir blieb einen Moment unschlüssig stehen. Sollte er noch etwas sagen? Ihn.. umarmen? Nein, übertreiben wir mal nicht. „Sanjay, komm anschließend bitte auf mein Zimmer.“, rief er seinem besten Freund durch die offene Tür zu, drehte sich herum und machte sih auf in sein Schlafzimmer.


  • Der junge Butler hatte inzwischen einen frischen Bettbezug aufgezogen, alle außer einem der Fenster geschlossen - es sollte schließlich nicht allzu kühl werden - und ein paar frische Blumen aus dem Garten in einer Vase auf dem Nachttisch platziert. Darauf, etwas Holz neben den Kamin zu legen, hatte er bewusst verzichtet. Solange er den Fremden nicht einschätzen konnte war es seiner Meinung nach zu gefährlich, ihn bei einer möglichen Brandstiftung zu unterstützen. Kaum hatte er mit einem letzten prüfenden Blick das Zimmer begutachtet, da hörte er wie die beiden Herren auch schon gemeinsam die Treppe hinauf schritten. Stumm wartete er, bis der Neuankömmling an ihm vorbei ins Gästezimmer getreten war und Amir die zwei verlassen hatte. „Wenn sie noch fragen oder einen Wunsch haben, mein Zimmer ist am anderen Ende des Flures. Ich wünsche ihnen noch eine angenehme Nachtruhe.“, sprach er, verbeugte sich kurz und machte sich dann auf den Weg zum Gemach seines Vorgesetzten, an dessen Tür er vorsichtig anklopfte, einen Augenblick auf die Bitte des Hausherren wartete und schließlich eintrat.


  • In seinem Reich angekommen entledigte sich der Prinz von seiner Kleidung und schmiss diese unachtsam über die Lehne seines Sofas. Wieso musste Nadi gerade heute auftauchen? Wieso musste er überhaupt auftauchen? Wieso musste er in seine Welt eindringen und sie derart auf den Kopf stellen, hatte Amir jetzt eine Pflicht sich dem anzunehmen? War es seine Pflicht seinem Bruder Obdach zu geben und ihm Essen darzureichen? Der Erbe schlüpfte in seine weiche langeSchlafhose und ließ sich oberkörperfrei auf sein Bett fallen ehe es an der Tür klopfte und sein bester Freund eintrat. "Sanjay.. sag mir, ist es richtig so?" Der Inder blieb liegen und wartete. "Oder hätte ich ihn fort schicken sollen? Aber ist es nicht irgendwo meine Pflicht mich um ihn zu kümmern nachdem sein Leben komplett im Gegenteil verlief wie das meine. Aber bin ich daran Schuld? Was kann ich dafür?! Warum war mein Vater so ein Arschloch?!" Amir krallte sich an dem Stoff seiner Tagesdecke fest. "Ich will mich nicht mit solchen Themen beschäftigen. Solche familiären Situationen sind etwas Fremdes für mich.." Immerhin waren seine Eltern schon lange tot und Geschwister hatte er nicht. Zumindest dachte er das bis vor wenigen Stunden..


  • Wie Sanjay bereits erwartet hatte, bat der junge Prinz um seine Meinung. Noch immer wusste er nicht genau was passiert war, allerdings konnte er aus den Worten Amir's schlussfolgern, weshalb er den Fremden ein Bett und ein Dach über dem Kopf angeboten hatte. Eine schwierige Frage, die er seinem Butler da gerade stellte. „Ich glaube nicht, dass es bei so etwas ein richtig oder falsch gibt. Aber gewiss ist er euch dankbar dafür, dass er die Nacht nicht unter einer Brücke verbringen muss, auch wenn das keinesfalls selbstverständlich war, dass ihr ihm dies angeboten habt. Es war weder eure Pflicht noch eure Schuld, da könnt ihr euch gewiss sein.“ Was leider nichts daran änderte, dass es wirklich eine heikle Situation war, in der sich der Herr des Hauses gerade befand. Nachdenklich ließ sich der Inder auf der Bettkante nieder. „Die Frage wird euch wohl niemand mehr beantworten können...“ Es war schrecklich so etwas heraus finden zu müssen, ohne mit der Person darüber reden zu können, welche dafür verantwortlich war. Auch wenn Amir seinen Vater als Arschloch bezeichnete, gewiss gab es Gründe für sein Verhalten. Sicher waren es an dieser Stelle nicht unbedingt die nobelsten, aber auch er musste sich Gedanken darüber gemacht haben und abgewogen haben, was das beste war. Leider war es nicht mehr möglich ihn nach diesen zu befragen, was die Situation natürlich nicht gerade einfacher machte. „Leider gibt es immer wieder schwierige Situationen im Leben mit denen man zurecht kommen muss. Ich kann euch da leider auch nicht helfen, so gerne ich das auch würde.“ Für einen Moment war das gesamte Gebäude in Schweigen gehüllt. „Was haltet ihr davon, wenn ihr jetzt erst einmal versucht zu schlafen und Morgen zeigt ihr unserem Gast die Stadt von ihrer 'sauberen' Seite. Gewiss könnt ihr euch dabei ein wenig lockerer mit ihm unterhalten, als wenn ihr euch gegenüber sitzt und gezwungen fühlt miteinander zu reden.“ Leider war das die beste Idee, die Sanjay zu diesem Zeitpunkt einfiel.


  • „Ich würde diesen schwierigen Situationen lieber aus dem Weg gehen..“, murmelte der Inder seufzend. Wer würde das nicht? Aber zum Leben gehörten nun mal Herausforderungen. Amir richtete seinen Oberkörper auf und sah zu seinem besten Freund, der stets versuchte, ihm einen guten Rat zu geben. Wie auch jetzt, aber leider konnte der Erbe damit überhaupt nichts anfangen. „Ich soll ihm die Stadt zeigen? Ich kenne mich doch selbst nicht aus.“ Er schüttelte den Kopf. Allerdings war sein Vorschlag von einer Mütze Schlaf nicht schlecht. „Er soll sich erst einmal etwas einleben, das bekommt er wohl selbst hin. Und wenn er sich die Stadt ansehen will, es gibt bestimmt Touristenunternehmen, die sich um so etwas kümmern.“ Amir hob seine Schultern für einen Augenblick, ehe er auf sein Bett krabbelte und sich unter seiner Decke versteckte. „Ich will nicht Babysitter für ihn spielen. Es ist nicht meine Schuld, dass er so aufgewachsen ist. Es ist nicht meine Schuld. Daher habe ich keine Verpflichtungen, es ist nicht meine Aufgabe.“, redete sich der junge Geschäftsmann ein. „Er kann sich schon glücklich schätzen, dass er überhaupt hier schlafen darf, pah! Da werde ich ihm bestimmt nicht noch meine kostbare Zeit für ihn verschwenden.“ Vielleicht musste er sich erstmal an die Situation gewöhnen, wieder eine Familie zu haben. Auch wenn es nur eine kleine Familie war. „Sanjay, ich werde versuchen etwas zu schlafen.. und will morgen nicht geweckt werden, verstanden? Ich will ausschlafen. Wenn Nadi etwas braucht.. dann.. dann erfülle ihm seinen Wunsch. Sofern es sich nicht um ein eigenes Haus oder ein Auto handelt.“, befahl er seinem Butler mit müder Stimme. „Ich entscheide morgen, wie dieses Chaos weiter gehen soll. Aber trotzdem erwarte ich morgen ein großes Frühstück! Frustessen.. haha.. gute Nacht.“ Er lächelte seinen besten Freund noch einmal an, ehe er sich zur Seite drehte und die Decke bis zum Kopf hoch zog. ~


  • Stimmt, da hatte der junge Herr ausnahmsweise einmal Recht. Vielleicht wäre es dann nicht einmal so schlecht, wenn die Brüder die Stadt gemeinsam erkunden würden. Es klang komisch in seinem Kopf, nie hätte er damit gerechnet dass plötzlich ein verschollener Bruder des Prinzen vor ihrer Haustür stehen würde. Aber möglicherweise war dies genau die Situation, die Amir dazu brachte etwas erwachsener zu werden und zu lernen, Verantwortung für etwas oder jemanden zu übernehmen, das würde gewiss nicht schaden. „Nun, das war eigentlich nicht die Intention, die ich damit verfolgen wollte, aber gut.“ Außerdem würde sich der fremde Bruder sicher nicht bei solch einem Unternehmen über die Stadt erkundigen. „Das wirft euch auch niemand vor, aber es würde doch auch nicht schaden, wenn ihr versucht ein paar Kontakte zu pflegen. Da kommt so ein Bruder doch wie gerufen.“ Zudem musste sich der Herr des Hauses dann auch einmal mit einer konfliktreichen Situation auseinandersetzen, was seiner Entwicklung nicht schaden konnte. „Vielleicht solltet ihr einfach erst einmal eine Nacht darüber schlafen, schon Morgen sieht alles ganz anders aus.“, sprach der junge Butler und erhob sich wieder von der Kante des Bettes. Verständnisvoll nickte Sanjay, als Amir darum bat nicht geweckt zu werden und ihn dazu aufforderte, sich um ihren Gast zu kümmern – wovon er sowieso schon ausgegangen war. „Ich verstehe. Eine gute Nacht wünsche ich!“ Mit diesen Worten löschte er das Licht, verabschiedete sich für diesen Abend aus dem Gemach seines Herren und begab sich in sein eigenes Zimmer, wo er sich erschöpft auf sein Bett setzte und aus dem Fenster sah. Kaum hatte er die Probleme mit seinem Bein zum Großteil hinter sich gelassen, da stand auch schon das nächste Problem in Form des 'verlorenen Prinzen' – welcher Nadi ja im Grunde war – vor der Tür. Der junge Mann seufzte, erhob sich schließlich um sich bett-fertig zu machen und legte sich schließlich ebenso wie auch der Rest des Hauses zur Ruhe.


  • Ungewohnt früh öffnete der junge Erbe seine Augen und daran war nicht mal das hereinfallende Licht der aufgehenden Sonne schuld. Seine Nacht war unruhig gewesen, Nadi hatte ihm das beschwert und dafür würde er sich noch bedanken. Auch wenn er vor einigen Stunden gemeint hatte, dass der verlorene Prinz nicht sein Problem war, so widmete er ihm doch viele seiner Gedanken. Aber das eher unbewusst. Amir drehte sich herum, wäre dabei beinahe aus dem Bett gefallen, und strampelte die Decke ans andere Ende des Bettes. „Wo ist mein Frühstück..“, maulte der Inder leise und krabbelte erstmal aus dem Bett. War Sanjay überhaupt schon wach? Wie auch immer, vielleicht sollte er erstmal unter die kalte Dusche um wach zu werden. Gesagt, getan.


  • Auf sein sinnfreies Geplapper ging Amir nicht wirklich ein, aber das juckte den Dieb nicht sonderlich. Der Tag hatte doch ziemlich an ihm gezogen und so war er einfach total erschöpft. Er tappte seinem neugefundenen Bruder hinterher und linste dann neugierig in das Zimmer hinein vor welchem sie stehen blieben. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass deine Leute mich sonderlich groß beachten werden" murmelte er mit einer hochgezogenen Augenbraue. Er zuckte mit den Achseln und antwortete: "Ja... äh... gute Nacht oder so." Er sah seinem Bruder schweigend hinterher und nickte dem Butler mundtot zu. Als er sich vor ihm verbeugte, riss er erstaunt die Augen auf. Niemand hatte sich jemals vor ihm verbeugt. Kopfschüttelnd sah er auch dem Butler hinterher und konnte sich kein Schmunzeln verkneifen. "Wissen die beiden, dass sie unglaublich schwul wirken? Was die wohl auf Amirs Zimmer treiben? Vielleicht ein kleiner Gute-Nacht-Kuss?". Glucksend zog er sich in das Gästezimmer zurück, zog sich aus und legte sich schlafen.~


    ~Wie prophezeit hatte Nadi in dem Bett besser als jemals zuvor in seinem Leben geschlafen und so konnte er sich erholt strecken, als die Sonnenstrahlen in das Zimmer fielen. Er hatte nicht vor in dem durchaus gemütlichen Zimmer zu bleiben. Zumindest nicht den ganzen Tag. Er war noch nicht allzu lange in der Stadt und wollte sich so schnell wie möglich komplett mit ihr vertraut machen. Zuerst aber wohl zuerst mit dem Haus in dem er sich aktuell befand. Mit einem Stapel frischer Kleidung, welche er in seinem Rucksack herumtrug, betrat er das Bad welches an sein Zimmer anschloss und duschte im Rekordtempo. Mit seinen wichtigsten Habseligkeiten in der Tasche trat er aus seinem Zimmer und schlich sich leise hinunter ins Erdgeschoss, in die Küche. Wenn man den Raum aus einer Kochshow überhaupt noch Küche nennen durfte. Seinen Rucksack legte er in einer Ecke ab und machte sich daran sich in der Küche zurecht zu finden. Natürlich darauf bedacht nichts zu tun, was den Hausdrachen erzürnen könnte. Die Schränke waren besser mit Zutaten ausgerüstet, als jeder Supermarkt in seinem Heimatdorf.
    Zwar hielt er nichts davon einer Frau ihre Arbeit weg zu nehmen, aber kochen tat der junge Mann doch für sein Leben gerne. Er würde das nur niemals zugeben. Er beschloss sich ein bisschen angeindischtes Rührei zu machen. Er bereitete sich etwas Minze zu, um sie zusammen mit etwas Salz in eine kleine Schüssel mit Joghurt zu rühren. Für das Ei selbst, würfelte er Zwiebeln, genauso wie die Tomaten und die Paprika. In die Pfanne mit Butterschmalz gegeben, mit Chili und Curry gewürzt und etwas angedünstet. Die Eimasse goss er über das Gemüse und wartete geduldig drauf, dass das ganze stockte. Als das Essen fertig war, nahm er sich etwas davon, gab einen Löffel von dem Minzjoghurt darüber und deckte den Rest des Eis (der mindestens 2 große Portionen ergab) mit dem Pfannendeckel ab. Er hatte irgendwo im Haus eine Dusche gehört, also durfte dies das Essen lange genug warmhalten.
    Als er fertig war, nahm er sich deinen Rucksack und machte sich davon. Er war sich allerdings immer noch nicht so ganz sicher, ob er wiederkommen durfte, aber das würde er am Abend herausfinden und wenn nicht, dann konnte er seine restlichen Sachen auch dann noch mitnehmen.
    Nadi geht.~

    "Come on, little lady, give us a smile"
    No, I ain't got nothin' to smile about
    I got no one to smile for, I waited a while for
    A moment to say I don't owe you a goddamn thing

    Nightmare - Halsey

  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.

    • :)
    • :(
    • heartblack
    • ;)
    • heartpurple
    • :P
    • heartblue
    • ^^
    • heartgreen
    • :D
    • heartyellow
    • ;(
    • heartorange
    • X(
    • heartpink
    • :*
    • heartred
    • :|
    • hmangry
    • 8o
    • hmheart
    • =O
    • hmexclamation
    • <X
    • hmquestion
    • ||
    • hmsad
    • :/
    • hmsleep
    • :S
    • hmtumbleweed
    • X/
    • hmhappy
    • 8)
    • hmnothing
    • ?(
    • hmill
    • :huh:
    • :rolleyes:
    • :love:
    • 8|
    • :cursing:
    • :thumbdown:
    • :thumbup:
    • :sleeping:
    • :whistling:
    • :evil:
    • :saint:
    • <3
    • :!:
    • :?:
    Maximale Anzahl an Dateianhängen: 10
    Maximale Dateigröße: 1 MB
    Erlaubte Dateiendungen: bmp, gif, jpeg, jpg, pdf, png, txt, zip