Nick | kommt von der Bushaltestelle an -> Vor Cylies Zimmer
Den ganzen Nachhauseweg schwiegen sie. Nick war nervös, riskierte immer mal wieder einen Blick in Cylies Richtung, die die meiste Zeit aus dem Fenster sah und vielleicht war es besser so. Es war an ihm sich zu erklären. Er hatte sie einfach für Leila stehen lassen. Es war an ihm zu entscheiden was er wollte. Wieso war es nur so schwer? Ohne ein Wort gesprochen zu haben hielt der Bus schließlich vor dem Wohnheim und hätte Nick die Brünette nicht darauf aufmerksam gemacht, dass sie hier aussteigen mussten, hätte sie womöglich den Halt verpasst. Er schluckte das ungute Gefühl herunter, das sich immer weiter in ihm sammelte, während sie die Treppen in den ersten Stock nach oben stiegen. Sie blieben schließlich vor ihrer Tür stehen, sein Zimmer war direkt in der Nähe und doch wartete er aus irgendeinem Grund. Vielleicht hatte er insgeheim die Hoffnung, dass er doch noch die richtigen Worte fand und sie Cylie einfach sagen konnte. Doch er fand sie nicht. Stattdessen riet sie ihm sich umzuziehen, bevor er krank wurde. '... also solltest du mir da vertrauen.' - das tat er doch in jeder Hinsicht. Wieso also konnte er nicht die richtigen Worte finden, sondern brachte nur ein Nicken zustande? Auch auf ihre nächsten Worte entgegnete er nichts. Weder als sie ihn daran erinnerte, dass er in seinem Zimmer versackt war, noch als sie ihm erklärte, dass sie damit nicht umgehen konnte. Er wusste genau was sie meinte. Es fühlte sich komisch an. Er konnte nicht widersprechen, nur erneut nicken. Als sie von Freundschaft Plus sprach, schmerzte ihn das. Er wollte widersprechen, weil er das nie so gesehen hatte, oder etwa doch? War das alles? War es das was er sich von Cylie erhofft hatte? Nein. Das war es ganz bestimmt nicht. "So-", doch ehe er weitersprechen konnte bedankte sich Cylie bei ihm, drehte sich um und verschwand in ihrem Zimmer. Er blieb einen Moment einfach stehen. Direkt vor ihrer Tür. Ohrfeigte sich innerlich selbst dafür dass er so ein verdammter Arsch war, dann seufzte er schwer und schlenderte die wenigen Meter bis zu seinem Zimmer, das er aufschloss und als die Tür in seinem Rücken ins Schloss einrastete, ging er in die Hocke. Mit beiden Händen hielt er sich den schmerzenden Kopf. Das hatte er ordentlich verbockt. Vielleicht war es besser das direkt gerade zu biegen. Hier und jetzt. Doch noch immer hatte er keine Ahnung was er sagen sollte, was er sagen wollte und wie er das wieder gradebiegen konnte. Stattdessen bemitleidete er sich jetzt selbst. Dabei war es Cylie, der er weh tat. Er brauchte eine Weile sich zu sammeln, ließ Cylie die Zeit ins Bad zu verschwinden - er hörte es am Geräusch ihrer Tür, wie sie sich auf den Weg machte. Erst dann zog er selbst seine nassen Klamotten aus, warf sie achtlos zum Rest seiner Wäsche und sammelte sich ein paar frische Klamotten zusammen. Er würde auf die angehende Ärztin hören und sich warm abduschen und dann noch einen Versuch wagen. Nur mit einem Handtuch um die Hüfte und seinen Duschsachen machte er sich auf den Weg, doch er lief Cylie nirgends über den Weg und als er sich mithilfe des dampfenden Wassers aufgewärmt und abgeduscht hatte, fühlte er sich gewappnet es noch einmal zu versuchen. Er würde einfach aussprechen was ihm im Kopf herumspukte und dann konnten sie reden. Über irgendetwas. Selbst wenn es nur war, dass es keinen Sinn machte. Aber er würde reden. Er klopfte an ihrer Tür, die Haare tropften doch bei der Hitze war ihm das egal. Es kam keine Antwort. "Cylie mach auf.", bat er und klopfte erneut. Jemand ging im Flur an ihm vorbei und sah ihn verwundert an, wie er da nass, nur mit Handtuch vor der Tür stand und klopfte. Vielleicht war Cylie nicht da. Besser er zog sich etwas an und versuchte sein Glück erneut, doch auch eine halbe Stunde später hatte er keinen Erfolg. Er sah auf sein Handy - keine Nachricht. Vielleicht war es besser so. Vielleicht sollte er sich zuerst Worte zurechtlegen und es dann noch einmal versuchen. Er würde in seinem Zimmer warten, bis er ihre Tür wieder hörte und seine Chance dann nutzen. Doch er hörte die Tür nicht nochmal und so sehr er sich auch am nächsten Tag anstrengte die Tür seiner besten Freundin blieb verschlossen. Vielleicht war sie in der Uni oder im Krankenhaus. Doch er scheiterte ohnehin daran die richtigen Worte zu finden oder sich abzulenken - nichts half. Vielleicht war es gut, dass er kurzfristig zu seinem Nebenjob gerufen wurde und daher ein wenig Ablenkung hatte. Doch auf Dauer half auch das nicht und als er schließlich wieder zu Hause war und erneut bei Cylie klopfen wollte, blieb seine Hand in der Luft hängen. Die Zuversicht war verschwunden und er war schon wieder unsicher. Er raufte sich die Haare, ging in sein Zimmer, nur um wie ein Tiger im Käfig auf und ab zu gehen. Das hatte doch alles keinen Sinn. Er würde joggen gehen und danach sah die Welt anders aus. Doch auch der lange Lauf half ihm nicht dabei den Kopf frei zu bekommen. So sehr er sich auch bemühte und so sehr seine Lungen brannten, weil er sich und seinem Körper zu viel abverlangte: er bekam ihre Worte und ihre Miene nicht aus seinem Kopf. Da half auch keine laute Musik - er war der Grund, wieso Cylie so traurig ausgesehen hatte. Vielleicht war es diese Erkenntnis, die ihn wieder dazu trieben direkt nach seiner Runde, völlig verschwitzt und außer Atem noch einmal gegen ihre Tür zu klopfen. "Cylie? Mach auf. Wir müssen reden." War das ein Rascheln? War sie da? Sein Herz pochte schneller und er schluckte. Sein Kopf befahl ihm zu fliehen, solange die Tür noch geschlossen war, doch er hielt gegen das Gefühl an. "Bitte mach auf."