Azel hatte Glück. Die Wahl des Rothaarigen war tatsächlich auf einen Essensstand gefallen, was Azels Magen mit einem gewaltigen Knurren bejubelte. In Folge dessen stieg eine sanfte Röte in das Gesicht des Silberhaarigen, hatte er eigentlich versucht, seinen Hunger zu unterdrücken - offensichtlich erfolglos. So war er umso froher über die Entscheidung seines neu gewonnen Freundes, welcher es augenscheinlich auch kaum noch abwarten konnte, etwas zu essen.
Der Stand, zu dem sich die beiden jungen Männer daraufhin begaben, bot eine ganze Reihe von Leckereien an: Frisches Brot, dessen Duft Azel sofort in die Nase stieg, goldener Mais, dessen Glanz in den Augen des Silberhaarigen in diesem Moment hinreißender wirkte, als der von echtem Gold, und so viele verschiedene Süßwaren, man könnte sich damit sicher Karies in jedem einzelnen Zahn fangen. Kurzum: Von diesem Anblick lief dem Hutträger das Wasser im Mund zusammen, wenn ihn der letzte seiner Gedanken auch zugleich besorgt stimmte - von den Süßigkeiten ließ er die Finger wohl lieber. Nichtsdestotrotz ließ Azel seinem Gefährten den Vorsprung und ließ ihn zuerst seine riesige Bestellung machen. Dann war er dran. Er holte tief Luft und begann aufzuzählen: »Also ich hätte gerne das da zwei Mal« - sein rechter Zeigefinger zeigte auf einen Maiskolben und danach auch noch auf einige andere Leckereien - »und davon drei möchte ich drei und dann noch das da und... ja, das bitte auch ein mal.« Der Verkäufer machte zurecht große Augen, als er mit dem Einsammeln der verschiedenen Produkte kaum noch hinterher kam. Schließlich überreichte der Silberhaarige dem Verkäufer Geld - er hatte glücklicherweise gerade genug, um seine Massenbestellung zu bezahlen - und nahm seine Waren an sich.
Zufrieden und mit dem ganzen Essen in seinen Armen drehte er sich dann um und entdeckte, dass hinter ihm eine blonde Frau stand, die von Kyle bereits angesprochen wurde. Auf dem ersten Blick machte sie auf Azel einen wirklich gespenstischen Eindruck: Diese blasse Haut, ihre zunächst ruhig wirkende Aura und dazu auch noch ihre farblich nicht ganz zusammen passenden Augen erschienen auf den jungen Mann tatsächlich eher ungewöhnlich, schien sie aber dennoch ein ganz normales Mädchen zu sein - immerhin konnte sie nicht wirklich ein Gespenst sein, diese gab es ja nicht! ..Oder? Azel schüttelte den Kopf. Nein, das konnte nicht sein, weg mit diesem Gedanken!
Da er eine Weile gebraucht hatte, um seine Bestellung zu beenden, war Kyle bereits in ein Gespräch mit der Fremden verwickelt. Zu gerne hätte der Silberhaarige zwar mitgesprochen, jedoch schien der Rothaarige wahrlich.. fasziniert von der gespenstischen Frau - und diese genau so sehr von ihm. So wollte Azel auch nicht einfach dazwischen platzen. Abgesehen davon hatte er auch wirklich Hunger. Er biss in eines seiner Brote, das er auf seinen Armen gestapelt hatte, und hörte dann dem Gespräch der beiden interessiert zu.
Als sich das Gespräch der beiden dem Ende zuneigte, war die Sonne schon dabei unterzugehen und Azel hatte seinen Berg an Essen gänzlich vertilgt - er hatte ja so einen Hunger gehabt! Jedoch sollte das nicht alles sein, was der Silberhaarige heute verspeisen würde, denn kurz darauf wurde ihm von Kyle eine weitere Scheibe Brot in die Hand gedrückt. Vielleicht ein Abschiedsgeschenk? Immerhin schien er sich langsam auf den Weg zur Sternenwarte, dem »Highlight« dieses Festes, aufmachen zu wollen - und das alleine. »Ich bin mir auch sicher, dass wir uns bald wieder sehen werden«, entgegnete Azel ihm mit einem Lächeln im Gesicht, als er das Brot an sich nahm und auch direkt hinein biss. Es war unglaublich, wie viel Platz dieser junge Mann in seinem Bauch hatte.
»Machs gut!« Mit dem Brot noch in der Hand winkte er seinem Freund dann hinterher. Ein wenig traurig machte es ihn schon, zu sehen, wie der Rothaarige von dannen ging, nachdem die beiden beinahe den ganzen Tag miteinander verbracht hatten, aber Azel war sich sicher, dass er den anderen noch viele weitere Male sehen würde - und er wurde ja auch nicht ganz allein gelassen.
Sein Blick schweifte hinüber zu der mysteriösen Frau, die noch nicht einmal ihren Namen preisgeben wollte. Das ganze Gespräch über hatte es sehr den Anschein gemacht, als würde sie den Fragen des Rotschopfes ausweichen, geheimnisvoll bleiben wollen. Ob sie wohl Schwierigkeiten damit hatte, andere an sich ranzulassen? Nun, das ging Azel wohl mal wieder nichts an, auch wenn es ihn durchaus interessierte. »Freut mich ebenfalls, dich kennenzulernen!«, entgegnete er der Dame fröhlich, nachdem sie ihre höfliche Verbeugung getätigt hatte. Er nahm einen letzten Bissen von dem Brot, das Kyle ihn als Erinnerung gegeben hatte, bevor er auf die Frage der Blonden einging. »Ja, ich denke, das werde ich.«
Nach dieser Antwort lächelte er die Blonde ein weiteres Mal an. Vielleicht war ihre unnahbare Art ja nur eine Art Schild, um zu verheimlichen, dass sie eigentlich Gesellschaft wollte? »Wollen wir zusammen zur Sternwarte gehen?«, stellte er dann selbst die Frage. Zwar wusste er nicht genau, was so besonders an diesem Ort war, lebte er ja noch nicht wirklich lange in der Gegend, aber dann wiederum war das auch nur ein weiterer Grund, warum er sich ihn unbedingt angucken sollte! »Ich gehe auf jeden Fall. Und du kannst gerne mitkommen.«
Azel holte sich daraufhin eine der Fackeln und winkte der Blonden noch einmal zu. Was würde sie tun? Würde sie wirklich mitkommen oder würde sie lieber für sich bleiben? Nun, das lag jetzt nicht mehr in seiner Kontrolle.
» Die Sternwarte