Kyle & Ced [Bro-time auf 'nem Dach]
Versprechen waren merkwürdig, nicht? Menschen machten sie immer wieder, in der unterschiedlichsten Art und Weise, aus den unterschiedlichsten Gründen. Versprechen hatten ein simples Konzept - sie basierten auf Vertrauen, sie waren ein Schwur, eine Versicherung, dass die gesagten Worte der Wahrheit entsprachen, dass das, was in den Raum geworfen wurde, auch wirklich in die Tat umgesetzt werden würde. Was jedoch nicht so simpel war - das war wohl die Ausführung. Wieso machten sich Menschen stets Versprechen, wenn die meisten am Ende des Tages doch sowieso gebrochen wurden? Was war es, was diese Lebewesen so sehr von diesem Konzept überzeugte? War es eine Selbsttäuschung? Ein Versuch, mit dieser Geste, die doch soviel Wert zu haben schien, das unumgängliche Schicksal, den Lauf der Dinge auszutricksen? Vielleicht auch einfach nur sich selbst umzustimmen? Waren Versprechen wertlos, konnte man sich doch nie auf deren Ausgang, auf deren Richtigkeit verlassen? Es war unwahrscheinlich, dass irgendwer behaupten konnte, noch nie in seinem Leben einem gebrochenem Versprechen begegnet zu sein. Vielleicht, vielleicht da konnte auch Niemand von sich behaupten, noch nie eines gebrochen zu haben. Also wieso? Wieso machte man sie denn dann? Falsche Hoffnung? War es das? Und nahm es das Gewicht aus einem Versprechen, wenn dieses letztendlich doch nicht gehalten werden konnte? Oder war es der bloße Gedanke, der bloße Wille, ja, lediglich das Vorhandensein der ehrlichen Intention der die eigentliche Essenz dessen ausmachte? Hielten Menschen deshalb an diesem Konzept fest? Weil die Aussprache eines Versprechens etwas über die Person sagte, die es machte? Dass sie zumindest versuchen wollte, sich zumindest der Gedanke, dies zu tun, in ihren Kopf geschlichen hatte?
Kyles kindlicher Ausdruck verschwand nicht aus seinem Gesicht, auch dann nicht, als ihm auffiel, wie sich das seines Gegenübers merklich änderte. Der Weißhaarige wusste nicht weshalb - ja, das mit dem Nachvollziehen war nicht so einfach, bei einem Fremden gab es nur Vermutungen, die getroffen werden konnten. Ob es also an dieser Geste lag, ob Cedric mit sich selbst haderte, ob er Kyle vertrauen konnte - etwas, was dem Punk sowieso schon bewusst gewesen war - oder etwas ganz anderes, ah, wer konnte das mit Sicherheit sagen? Der Russe erwartete nicht einmal, dass der Blonde seine Geste erwidern würde. Das brauchte er nicht, dafür bestand keine Notwendigkeit. Es war mehr eine Verdeutlichung, eine symbolische Aktion, auch, wenn der Ältere nicht reagiert hätte. Kyle brauchte sich nichts mit Cedric zusammen zu versprechen, um es genauso ernst zu meinen, wie er es tat. Er wusste ohnehin, dass er sein Versprechen halten würde - simpler konnte er es gar nicht ausdrücken. Wenn es eine Sache gab, die Kyle wirklich, wirklich wichtig war - dann war es, die Menschen, die er einmal in sein Leben ließ, nie wieder loszulassen. Selbst, wenn diese glaubten, dass er nicht auf ihrer Seite stand, selbst wenn sie ihn von sich stießen - der Amerikaner würde alles tun, um sicherzugehen, dass er blieb. Wenn er einmal versprach, zu bleiben, den Anderen niemals allein zurückzulassen, nie zu verraten - dann meinte er das auch so. Auch, wenn der Teil mit dem Verraten schwierig war. Man konnte sich auch ohne richtigen Verrat betrogen fühlen, etwas als Verrat sehen, was nie ein Verrat gewesen war.. was man selbst nie bemerkt, nie so gesehen, nie so intentioniert hatte.. ah, ja, das hatten wir schon einmal gehabt, nicht? Und das Lächeln wandelte sich erneut zu einem kleinen Grinsen, als Ced die Geste erwiderte - wich dann jedoch aus zwei Gründen schnell wieder ins Neutrale. Zum einen, da Kyle bewusst war, dass irgendetwas nicht stimmte, dass das hier aufgezwungen wirkte - und das, obwohl es das doch nicht war, obwohl der Punk keinerlei Erwartungen an den Musiker gerichtet hatte. Aber er entschied sich dafür, nichts zu sagen, dies unkommentiert zu lassen, Cedric nicht mit einem Hinterfragen seiner Aktionen zu überrumpeln, zu überraschen und zu überfordern. Das mit dem Hinterfragen, das machte der Blonde wahrscheinlich eh schon zu genüge, gerade, oft, immer? Aber dann war es doch der Gepiercte, der ein wenig überrascht wirkte, als Cedric die Geste wandelte, die Finger nach seiner Hand ausstreckte, darauf wartete, dass auch er das tat. Ironisch, irgendwie. Immerhin war einer der Gründe, weshalb der Grauäugige überhaupt erst den kleinen Finger gereicht hatte, gewesen, um Ced danach die Hand reichen zu können, so dann noch einmal die Frage von zuvor stellen zu können. Aber der Mann kam ihm zuvor und nach einem Moment der Verwunderung tat auch Kyle es ihm gleich, umklammerte die Hand, die ihm gerecht wurde, fest und er gab sich überhaupt nicht mal die Mühe, den erfreuten, glücklichen Ausdruck auf seinem Gesicht irgendwie zu verbergen. "Alright, Ced.", sprach er leise, die Blicke trafen sich noch ein letztes mal, fest, aussagekräftig, und dann hob sich sein Körper leicht aus der Hocke hervor, "Aaaaaand... Up we go!" Und während er sich dann letztendlich wieder komplett aufrichtete, zog er auch den anderen, seinen Gegenüber mit sich, zog ihn hoch, solange, bis beide zusammen wieder auf den Beinen standen. Nicht sicher, ob der Student sich auch mit Sicherheit auf diesen halten konnte, stand das Halbblut nah an ihm dran, stützte ihn sicherheitshalber ab. "Okay - wie sicher fühlst du dich gerade auf den Beinen? Denn von dem, was ich hier gerade sehe.. würde ich dich definitiv lieber die Treppen runter tragen, als dich beim randomly Purzelbäume schlagen zu beobachten." Auch, wenn ihm diese Vorstellung ein kleines Schmunzeln auf die Lippen schmuggelte.