Kyle & Ced [Death & Shit - auf 'nem Dach]
Kyle, der seinen Blick zu den unzähligen, kleinen Himmelskörpern gewandt hatte, sie langsam den Kampf mit dem Licht des Tages und den Schatten der Dunkelheit bestreiten, ihn letztendlich sogar gewinnen sehen hatte, blickte rasch wieder zurück in die blauen Augen seines Gegenübers, als dieser zum Wort griff. Es war nicht viel, eine fast nichtssagende Aussage, die er ihm zur Antwort auf den ersten Teil seiner eigenen Erzählung gab - und trotzdem schlich sich ein kleines, erfreutes Lächeln auf seine Lippen, als der Ältere ausgesprochen hatte. "Deal.", war das Einzige, was auch er daraufhin erwiderte - auch das geschah oder einen größeren Grund. Er wusste nicht, was das war, dass Cedric dort gerade ausgesprochen hatte - ein kleines Versprechen? Eine Erinnerung? Ein Interesse an seiner Person, eine nette, aber ehrliche Geste? Es gab sicher viele Möglichkeiten diesen winzigen Satz zu interpretieren und womöglich waren viele davon richtig, viele falsch - aber es spielte im Endeffekt ja keine Rolle, nicht? Der Halbrusse hatte nicht vor sich darüber den Kopf in irgendeiner Form zu zerbrechen, fand lediglich Gefallen an dem, was er gehört hatte und stimmte dem Mann mit seinem eigenen Wort zu. Irgendwann mal würde er ihm davon erzählen, an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit vielleicht, aber doch gleich. In derselben Konstellation, die beiden, anders - wann würde das wohl sein? Niemand konnte dies sagen, dies wissen - und lag darin nicht der Reiz? Es war fast wie eine Bestätigung, dass es noch genügend Gelegenheiten geben würde, um zu solch einem Gesprächsthema zurückzukehren und das, das war im Moment viel. Auch der Blick des Musikers richtete sich wieder auf den Jungen, der unter ihm lag, als er sich dazu entschied ihn eine Weile lang anzuschweigen. Der Punk wusste nicht, was genau es war, worauf er wartete, aber wie es Cedric heute schon einmal gesagt hatte - er ließ ihm Zeit. Sie hatten alle Zeit der Welt, nicht? Also wartete er geduldig, und sein Kumpel fing tatsächlich zu einer Erklärung seiner Frage an. Wieder war der Blick zwischendrin verloren gegangen, in die Ferne gehuscht, dann wieder zurück zu Kyle, diesmal mit einem verzogenen Grinsen und auch jenes verschwand genauso schnell. Der Amerikaner hingegen setzte ein kleines Schmunzeln auf: "Das muss es nicht. You're doing just fine, Ced. Ich weiß ganz genau, was du meinst.", beschwichtigte er leise - nicht, weil es irgendeinen Grund gab, diese Worte leise zu sprechen, sondern einfach deshalb, weil es hier oben nicht nötig war, seine Stimme in irgendeiner Art und Weise zu heben. Man konnte ihn auch so die Stille des Abends durchbrechen hören und nun war es an den Weißhaarigen, sein Augenmerk wieder zur untergehenden Sonne zu wenden. Fünf Karten also? Nun wusste das Halbblut zumindest, um welche Legeart es ging. Es brachte nicht unbedingt viel, wenn er nicht die Frage kannte, die gestellt worden war, aber er wusste inzwischen, was die Unbekannte getan hatte. Allein die Erklärung zur fünften Karte - seiner Karte, wie Cedric eben gesagt hatte - schien doch darauf zu deuten, dass die Frau eine Ahnung von dem hatte, wovon sie da sprach. Es ging um das Potential in der Situation und Cedric hatte keine voreiligen Schlüsse in dieser Situation ziehen sollen? Diese Aussage ließ ihn vermuten, dass es bei dem Reading um das Leben des Blonden an sich gegangen war, aber auch das ließ viele Möglichkeiten zur Interpretation offen. "Aber eigentlich hast du damit gerade im Prinzip deine eigene Frage beantwortet.", erklärte er und war sich erneut bewusst, dass ohne fortführende Erklärung sicher wieder die Fragezeichen über den Kopf des Anderen schweben würden. "Ich meine - klang das für dich etwa nach was Schlechtem?", fragte er, in Bezug zu dem, was der Ältere eben gesagt hatte - eine Frage, die keine Antwort benötigte, auch keine erwartete. Der Russe hatte noch immer keine genaue Ahnung, was das Ganze nun mit ihm zu tun haben könnte - in dieser Hinsicht hatte ihm der lose Kontext von Cedric tatsächlich relativ wenig gebracht. Aber auch das machte Nichts. Er vermutete noch immer, dass es zu passend war, dieser Bezug zu sich selbst, diese unzufälligen Zufälle, als dass er es einfach von der Kante schieben konnte. Doch weitere Gedanken darüber machen? Das würde er sich nicht. Und selbst wenn? Dann war auch das doch etwas Positives? Auch, wenn sein eventuelles Fehlen in dieser Situation dann vermutlich tatsächlich den wortwörtlichen Tod des Anderen bedeutet hätte. Es war gut, sich dies im Hinterkopf zu behalten, dessen im Klaren zu sein - von allen Facetten des Lebens. Aber das war's auch schon wieder. Letztendlich war er doch hier, nicht? Und Cedric war am Leben - man durfte was wenns oder abers nicht soviel Macht, nicht soviel Zuwendung geben. Oh, stimmt ja. Kein Wunder, dass es trotz der Höhe des Gebäudes und der verschwindenen Sonne nicht allzu dunkel auf diesem Dach war - heute hatten wir ja Vollmond. "Diese Karte steht für das Ende und den Neuanfang, das stimmt so. Aber nicht für das Ende eines Lebens, sondern für das Ende einer Phase, eines Abschnittes. So wie der Wechsel von Tag zu Nacht zum Beispiel. Auch der Tag endet irgendwann, um der Nacht Platz zu machen. Und auch, wenn viele die Nacht fürchten - im Grunde genommen ist sie doch nichts Schlechtes. Die Nacht ist eigentlich ziemlich schön, nicht?" Der Amerikaner machte eine kleine Pause, nicht sicher, wie klar er sich ausgedrückt hatte, da er zum Verständnis das genommen hatte, was er gerade vor Augen gehabt hatte. "Also.. im Tarot taucht diese Karte oft dann auf, wenn man das Gefühl hat, die Kontrolle zu verlieren. Wenn sich alles um einen herum ständig ändert und man sich überwältigt davon fühlt, nicht weiß, wie man der stätigen Veränderung entkommen kann. Wenn die einzige Konstante man selbst ist und man selbst scheinbar die einzige Sache, die sich nicht zu ändern können scheint. Aber.. das ist falsch. Das ist es, was diese Karte im Grunde genommen aussagst, weißt du? Dass der Tod, dieser symbolische Wechsel von Ende und Neuanfang zum Leben gehört, in jedem Aspekt davon steckt. Und einem dementsprechend auch immer die Möglichkeit offen bleibt, sich oder seine Umstände zu ändern. Es ist schwierig - sonst würde die Karte sicher auch nicht so einen beängstigenden Namen haben.", ein kleines Schmunzeln huschte über seine Lippen, "Aber es ist eigentlich doch einfacher, als man denkt. Man muss nur herausfinden wie." Es wurde langsam wirklich dunkel. Ein wenig zu dunkel. Auch, wenn die Nacht schön war - die Sonne war inzwischen komplett verschwunden und der Schein des Vollmondes war das Einzige, was den Beiden auf diesem unbebautem Dach noch irgendeine Art Licht spendete. Kyle kam in Bewegung, hob seinen Oberkörper an, setzte sich dann mit wenigen Bewegungen auf, hatte nun in dieser Position Cedric dem Rücken zugekehrt, als er sich dazu entschied, noch ein wenig weiterzusprechen. "Es fühlt sich ein wenig komisch an, dass Jemandem so zu sagen, aber.. Der Name macht doch Sinn, oder? Zu erkennen, wenn andere in einer Lage sind, aus der sie nicht mehr rauskommen, andere zu sehen, im Ganzen - zu erkennen, dass es ihnen schlecht geht, zu wissen, zu verstehen, wieso. Jemandem dabei helfen, einen Neuanfang zu wagen, dabei zu unterstützen.. egal in welcher Hinsicht. Eine so gewaltige Änderung im Leben anderer zu bewirken, eine Änderung, die sie allein vielleicht nicht geschafft hätten, eine, die so gewaltig ist, dass sie wirklich alles ändern könnte.. I don't know, man. I just fucking hate seeing people suffer. Sich damit assoziieren zu wollen schien mir also.. nicht die schlechteste Idee." Der Rücken, der inzwischen angefangen hatte, sich aufzurichten, wieder auf beiden Beinen stand, zuckte nun mit den Schultern und gab ein kurzes, etwas unbeholfenes Kichern von sich. Ah, er war inzwischen soweit, das zu sagen was er dachte und auch das, was er sagen wollte - aber Jemandem dabei direkt in die Augen zu sehen? Und nicht verunsichert von dem zu sein, was er da genau gesagt hatte? Das war eine Kunst die es definitiv noch zu lernen galt - zumindest bei solchen Dingen, die auf eine Weise so persönlich waren, dass es fast schon unmöglich schien, da nicht in Unsicherheiten zu geraten. Er hatte keine Ahnung, wie weit man seinen Gedanken hatte folgen können und auch keine Ahnung, was Ced davon halten würde. Klang das so, als ob er das alles über sich selbst hatte machen wollen? Als hätte er sich gerade hochgeschaukelt und unbedingt super toll darstellen wollen? Darum war es ihm nicht gegangen, aber vielleicht mochte es für Andere doch so klingen? Shit. Egal, weiter mit dem, was er gerade angefangen hatte. Ein, zwei Schritte passierten. Dann stand Kyle nicht weit von dem Älteren entfernt, sah zu ihm runter, neigte sich ein wenig mit dem Oberkörper nach Vorne: "Also, Rapunzel..", begann er, seine linke Hand bewegte sich nach Vorne und er streckte sie dem Anderen entgegen, wartete darauf, dass er danach griff, um ihm auf die Beine zu helfen, "..wie wäre es, wenn wir zusammen deinen Turm verlassen und zurück in die Welt kehren?" Seine Stimme war ruhig, warm, einladend und genauso war es das Lächeln, dass sich auf seinen Lippen bei den Worten breit gemacht hatte. Es war eine wahrscheinlich beängstigende Frage - diese Rückkehr, in die Welt. Dem war sich der Weißhaarige bewusst, aber es war trotzdem eine, die gestellt werden musste. Sie konnten nicht ewig hier bleiben - Änderung musste immer wieder geschehen, schon vergessen? Doch ob es dem Punk bewusst war, ob er absichtlich genau dieselbe Geste spiegelte, die er Rick bei seinem Ankommen hatte machen sehen - wer wusste das schon so genau? Es war ironisch, irgendwie. Zum zweiten Mal an diesem Tage wurde Ced eine helfende Hand angeboten - zuerst, von der Welt, die ihn charismatisch, selbstsicher zum Tod geladen hatte - die Hand, die von dem Tode höchstpersönlich weg geschlagen wurde. Und nun war es eben jener Tod, der ihn für diesen Namen viel zu herzlich dazu einlud, zurück in die Welt zu kehren, ihm diese präsentierte. Die Dinge waren wohl doch oft nicht so, wie sie von außen hin schienen, huh?