Beiträge von Airedale

    Yo!


    Da ich mir vorgenommen hab, mir demnächst wieder mehr Zeit für's rpen und Foren generell zu nehmen...
    Wär Raven oder Iris noch frei oder hab ich irgendeine Anfrage übersehen? xD


    Steck würde allerdings frühestens morgen folgen. uwu

    「EVENT #9」


    Verschwommen. Ja, das war es wohl. Ja, so konnte man die Situation passend beschreiben. Unklar, unübersichtlich. Dröhnende Geräusche erschütterten den Walde, bewegten sich nicht gerade elegant durch Baum und Ungeziefer. Es war laut, so laut, dass es fast schon surreal schien. Surreal, hm? Die Zofe blickte auf das Areal, welches sich vor ihr befand, erblickte mehrere Gestalten, Unbekannte, Verbündete, sogar Freunde waren es. In der Tat schien all dies surreal, um nicht schon paradox zu sagen! Zögerlich hob sie die Hand an, drückte ein paar Blätter, Äste und sonstige Teile, die Pflanzen zugehörig waren, zur Seite - Und auf einmal schien die Sicht deutlich klarer zu werden, aus Silhouetten wurden wiedererkennbare Menschen, Gesichter, die man kannte - oder eben auch nicht. Chaos, das war es wohl gewesen. Irritiert ließ die junge Dame den Blick umherschweifen, was im Anbetracht der Lage keineswegs ein wahrlich schlauer Plan gewesen war - Warum also tat man es doch? Ganz einfach. Übersicht. Denn diese vermisste die Bedienstete zu jener Zeit mehr als alles andere, hätte man sie gefragt, was da an diesem Ort vorgefallen wäre, hätte sie wohl kurz und knapp mit »Es war laut und chaotisch« geantwortet, dabei mit den Schultern gezuckt. Deswegen entschloss man sich dazu, zunächst in dem Gebüsch, auch wenn es voller kleiner Tierchen war, hocken zu bleiben und das Geschehen zu beobachten... Gefährlich, aber auch das interessierte die Langhaarige herzlich wenig, denn wie es schien hatte man sie seit ihrer Ankunft zusammen mit den restlichen Mitgliedern ihrer Gruppe - Dylas, Selphy und Kyle - nicht bemerkt (gut, im Gegensatz zu dem Trio hatte sie sich auch eher im Hintergrund aufgehalten und leichtsinnigerweise abgeschaltet) oder aber die Truppe hatte ihr viertes Mitglied vergessen. Wie auch immer...
    Kampf und Spannung hatten die Krone gewaltsam - oder auch nicht so gewaltsam - an sich gerissen und regierten in ebenjenem Gebiet. Doch das Ironische lag hierbei gewiss nicht an der Tatsache, dass die beiden Fraktionen sich mitten im Dschungel in den Haaren hatten, nein, viel mehr lag die Ironie bei den Leuten, die sich bekämpften, sowie bei dem Grund, für die Anwesenheit aller. Chlorica konnte bekannte Stimmen aus dem lauten Tumult raushören, allerdingss nicht was sie da von sich gaben... Bekannte Stimmen. Neben den kurzzeitigen Teamkameraden, welche sich inzwischen mit der wiedergefundenen Gruppe zusammengeschlossen hatten, erkannte man auch noch... Waren das nicht der überaus tollpatschige Nichtsnutz Vishnal und Lady Sophia? Die Zofe schrak auf und musterte entgeistert die ihnen entgegengesetzte Fraktion und tatsächlich, unter einigen Fremden befanden sich die beiden Herrschaften und attackierten Silberhaar und co. mit verschiedensten Arten von Zaubern und... Die Hellhaarige stutzte, dachte nach und kam zu dem Entschluss, dass etwas nicht stimmte - selbstverständlich tat es das nicht. Etwas musste geschehen, etwas... seltsames, das dazu in der Lage war, all die aufkommenden Mysterien zu lösen und zu erklären: Wie kam es dazu, dass sich der Rettungstrupp und die zu Rettenden mit Waffen und Zaubern gegenseitig angriffen? Vor allem galt es zu wissen, woher die Entführten auf einmal der Magie mächtig waren, was sie - soweit man sich recht entsinnen konnte - vor dem Vorfall nicht waren. Allerdings konnte selbst sie, verscharrt hinter Büschen und weiteren exotischen, nicht identifizierbaren Pflanzenarten, geplagt von eingeschränkter Sicht, erkennen, dass dies kaum eine relevante Rolle spielte - Oder war es grad dieses winzige Detail, was ein unverzichtbarer Hinweis auf die Identität und Pläne des bis dato gesichtslosen Täters werden konnte? Die Hofdame schüttelte ihr Haupt, hielt sich mit der einen Hand den Kopf - war es ihr persönlich doch viel zu warm - und erinnerte sich daran, dass in der anderen noch immer die Armbrust lag und darauf wartete, endlich den großartigen Star spielen zu können, eingesetzt zu werden. Vielleicht... Etwas unbeholfen nahm die Perfektionistin das Kampfes Werkzeug in beide Pfoten und versuchte bestmöglich mit dem Ding, von dem sie nicht einmal wusste, wie man es zu operieren hatte, zu zielen, wobei es vollkommen egal war, wen oder was sie traf, hauptsache - Plötzlich ging der Bolzen los und schoss durch die Menge, verschwand in dem saftgrünen Gebüsch auf der anderen Seite. Die Braunäugige schluckte, hoffte, dass niemand das pfeilartige Geschoss bemerkt hatte, ansonsten hieß es wohl liebevoll "GAME OVER". Rasch holte man einen weiteren hervor, spannte ihn der Sicherheit wegen ein, wäre es doch viel zu fatal gewesen, hätte jemand sie attackiert und... Und nun?
    Vollkommen abwegig glitt eine freie Hand schnell durch das bisschen Haar, welches ihr im Gesicht stand, warf es zurück. Klar. Klarer war womöglich das gesamte Bild dieser lächerlich paradoxen Situation geworden, nicht aber der Kopf Chloricas. Verwirrung tobte und erfasst hatte sie noch immer nicht alles - wie auch? -, weswegen ein taktischer Schritt wohl kaum eine rettende Option gewesen wäre. Und genauso war es klar, was getan werden musste: Rennen. Im Prinzip handelte es sich dabei um eine nicht einmal so abwegige Idee, im Gegensatz, man hätte den vermeintlichen Feind mit etwas Glück ablenken können, woraufhin die Verbündeten die Chance gehabt hätten, die Initiative zu ergreifen, aber daran dachte sie gewiss doch nicht - Man tat es einfach, auf dass das Gebüsch, dessen Weg die feine Nase kreuzte, begann Geräusche zu erzeugen, zu rascheln.

    #18 - {Chlorica & Vishnal}



    Die Zeit hatte sich also dazu entschlossen auch weiterhin ihren Lauf zu nehmen - So, wie man es von ihr gewohnt war: Stetig fortschreiend, nimmer rastend. Und in jener entschwundenen Zeit, die zur Folge hatte, dass die Wege der Sonne und des Mondes einander immer näher kamen, sich bald kreuzen würden, hatte die Hofdame schon so manchen langsamen Schritt hinter sich gebracht, wenngleich es sie nicht weit trug, wartete man ein paar Meter hinter der Brücke zum Polisee auf den Butler, der ihr tatsächlich auch folgte. Dieser begann zugleich damit, von seinem Klavier und neuen Werken zu erzählen, schien außerordentlich erfreut, ja, wirklich enthusiastisch! Und so tat es die Braunäugige ihm gleich, obgleich jedwede Emotion, der Ausdruck von einer gewissen Freude, fern blieb und für Vishnal doch viel mehr wie ein ausdrucksloses Gesicht wirken musste. Richtig! Von dem Bericht des Blauhaarigen, von dessen Begeisterung war auch sie ein wenig angetan, handelte es sich dabei allem Anschein nach um eine Art ansteckende Krankheit - Ein wohlgesonnener Virus. Faszinierend. Wie auch die Kompositionen des Kollegens. Zugegeben, die junge Dame hatte nicht sonderlich viel Ahnung von Musik, noch war ihr bewusst, wie man ein Instrument - sei es nun eine simple Geige oder ein elegantes Klavier wie in diesem Falle - zu bedienen hatte. Allerdings bedeutete dies noch lange nicht, dass sie keinen Gefallen an jenen Melodien fand, im Gegenteil, da existierten sogar einige Stücke, die ihre Zuneigung auf sich lenken konnten, wenngleich sie einzig und allein Schlichtheit vorweisen konnten - Aber vor allemden Klängen eines ordentlichen Pianos lauschte man gerne, so störte es auch nicht, wenn der werte Herr sich im Laufe des Tages an sein Instrument setzte und spielte, woraufhin die hübschen Töne häufig in der gesamten Villa (oder zumindest in der entsprechenden Etage) zu hören waren.


    Einige Augenblicke nach dem Aufbruch der beiden Bediensteten hatten jene bereits den teilweise recht engen Bergpass erreicht, sodass es nahezu unmöglich schien, so fortzufahren, wie man es einen Großteil des vorherigen Weges getan hatte: Nebeneinander, Seite an Seite. Man musste hierzu sagen, dass jener Pass nicht nur eng war und sich - wer hätte es gedacht? - auf einem Berg befand, der empor ragte, nein, dazu gesellte sich schließlich noch eine weitere, eher negativ anzusehende Eigenschaft: Am Wegesrand existierte nichts, keine einzige Sache, die den tollkühnen Wanderern hätte Sicherheit geben können, nicht einmal ein Holzaun, welcher vor der Gefahr hätte warnen können... Demnach lag in der übertriebenen Vorsicht also die höchste Priorität, denn... Nun, um es anders auszudrücken: Wäre einer von ihnen oder generell irgendeine Person vom schmalen Wege abgekommen, wäre sie von der Klippe gestürzt - Und man stürtzte mit Sicherheit keine zwei Meter, sondern weitaus mehr; auch durfte man sich kein weiches Kissen oder eine fluffige Wooly-Herde erhoffen, welche sich dazu bereit erklärt hatte, jedweden Sturz abzudämpfen, eher hätte man Bekanntschaft mit hohen Bäumen eines Mischwaldes gemacht, der dafür bekannt war, einen Teil Trampolis zu umringen. Schnell wandte Chlorica ihren Blick vom Abgrund ab, näherte sich der robusten Felswand - Nicht, dass die Hellhaarige panische, fast paranoide Angst vor luftigen Höhen hatte, nein, viel mehr war es die Tatsache, dass... An der Felswand war es doch am sichersten, nicht wahr?! Ein leises, nervöses Lächeln entkam ihrem Munde, ehe sie den Kopf Richtung Boden neigte und die Gegend um der ihre und Vishies Füße fixierte. Nein, sie hatte keine Höhenangst. Ganz und gar nicht. Immerhin... Immerhin hatte die Zofe es geschafft, problemlos den Berg raufzukommen, da durfte es doch nicht eine derartig hinderliche Sache sein, wieder runterzusteigen, nicht wahr? Problem war jedoch, dass genau dies der Fall war und man nun jedenfalls wusste, weswegen der Weg in Richtung örtlicher See kaum eingeschlagen wurde, eine ordentliche - wenn auch für sie inakzeptable - Erklärung für das Problem gefunden!
    Vishnal hingegen... Verständnislos lastete der Blick der Langhaarigen auf dem Oberkörper des Mannes, welcher einfach mal so vollkommen gelassen sprechen konnte, gänzlich entspannt war, wie man an seiner gewöhnlichen Körperhaltung festmachen konnte. Und abermals, abermals war der Butler ihr ein einziges Rätsel: Es schien ihr schlichtweg unmöglich, unmöglich wie man nur derart gelassen sein konnte, wenn man jederzeit hätte runterfallen können und... »Wenn du meinst...«, murmelte Chlorica widerwillig und starrte auf dem Weg, der sich vor ihnen erstreckte. Ebenjenen Weg galt es, entlangzugehen.

    「EVENT #8」




    Chlorica verzog ihr Gesicht, vermied jedweden Blickkontakt zu dem Silberhaar und tat stattdessen einfach nur das, was ihr gesagt wurde, wenngleich es auch Kooperation mit den anderen Bootsmenschen voraussetze - Ironisch, wenn man über die Situation nachdachte und mit Erschrecken feststellen durfte, dass der Rotschopf während all der mühsamen Arbeit, welche die Zofe zusammen mit dem anderen Herren vollführte, still daneben saß (oder eher stand) und sonst was tat, hilfreich war es in ihren Augen jedenfalls nicht. Im Gegenteil dazu trug das kräftezehrende Paddeln eindeutig mehr Früchte, die zwar nicht vollkommen ausgereift waren, trotz dessen aber vollkommen genügten, immerhin führte jener Weg zum Ziel, obwohl es doch einige Zeit in Anspruch genommen hatte, und dieses Ziel war nun einmal die mysteriöse Insel, von der keiner, nicht einmal Wolkanon, wusste - Was ein Mann! Wirklich! Man wäre niemals auf den Gedanken gekommen, sich über die Umgebung der eigenen Stadt zu informieren, nein, ganz und gar nicht! Spott, so die Eigenschaft, die das Lächeln trug, welches sich in ihren Gedanken gebildet hatte, vielleicht war auf den treuen Stadtverwalter ja doch kein Verlass, vielleicht hätte er im Vorhinein schon etwas über jene Insel herausfinden können. Aber das war nicht der Fall. Selbstverständlich war dies nicht der Fall. Wie auch? Schließlich befanden sie sich alle auf diesem fremden Land und wussten nicht einmal, wie es zurück nach Trampoli ging - Und selbst wenn es der Fall gewesen wäre, wie man sah, hatten die Dorfbewohner keine einzige Information erhalten, nichts! Und was... Was wäre, wäre all dies Teil eines großen Planes gewesen? Abermals verzog die Hellhaarige die Miene, realisierte, wie dumm die Dinge doch waren, die zu jener Zeit in ihrem Kopf umherspukten. Lächerlich. Wobei es sehr wohl anzumerken galt, dass die gesamte Szenerie lächerlich zu sein schien: Ein verlassenes Eiland inmitten einer stürmischen See, in welcher zudem noch unheimliche Meeresbewohner auf ihre Mahlzeit warteten. Ein Eiland, auf dem ein gesamter Regenwald heimisch war. Zugegebenermaßen, die Braunäugige stutzte nicht schlecht von dem prächtigen Anblick, den die meterhohen Bäumchen und exotischen Blumen bildeten. Widerlich. Widerlich in einem Sinne, dass das durchwachsene Allerlei der Verfechterin von Ordnung und Sauberkeit eindeutig zu chaotisch war, woraufhin der Drang Aufzuräumen sich meldete - Ungünstig im Anbetracht der Tatsache, dass sich die Dreiergruppe sich mitten im Nirgendwo befand und...
    Irritiert ließ die eher kleine Dame den Blick schweifen, ehe sich ein kleiner Hauch, nein, viel mehr ein bildlicher Schwall von Misstrauen bildete und förmlich auf die Langhaarige prasselte. Dermaßen in wilden, kaum nachvollziehbaren Gedanken versunken, hatte die junge Bedienstete einen unglaublich wichtigen Faktor vollkommen ausgeblendet: Sie waren alleine. Drei Leute. In chaotischen Gewächsen, die vermutlich von so manchem biestigen Vieh bewohnt wurden. Verloren. Ja, gewiss doch hatten sie die restliche Truppe - man hatte sich bei dem zerborstenen Mast zu bedanken - gänzlich aus den Augen verloren und waren auf sich alleine gestellt. Welch' hervorragende Neuigkeiten, nicht wahr? Grimmiges, dennoch ein in der Lautstärke gebändigtes Knurren ertönte, der Ursprung entpuppte sich - wie hätte es auch anders sein können - als Chlorica, welche wie ein wütendes Kleinkind einen Fuß in den sandigen Boden rammte, um sich einer gewissen Menge an Zorn zu entladen. Allerdings... Nun, die Methode brachte dem recht cholerischen Fräulein nicht wirklich etwas... Von den Sandkörnern, die dadurch ihren Weg in die Schuhe der Hofdame gefunden hatten, einmal abgesehen. »Das kann doch nicht deren Ernst sein!«, brummte sie daraufhin, von jedweden Emotionen langsam eingeholt; hatte sie sie während der bisherigen Reise doch stets noch unterdrücken können, so krochen sie jetzt ans Tageslicht. Und wie das Schicksal so wollte, sollte eine simple Art von Ventil auf direktem Wege zu ihnen stoßen: Gerade als Herr "Schaut her! Ich besitze eine flauschigen Tierschwanz!" dazu ansetzte, irgendwelche Pläne zu verkünden, ertönte eine zögerliche Stimme, die einen Namen oder dergleichen in den offenen Raum warf. Dylas. Der Pläneschmied reagierte, begann eine Art kurz geratenen Smalltalk mit der Blondine, welche einen Pfeil in ihren Bogen spannte - Von dem Neuankömmling, woher die Dame auch immer gekommen war, einmal abgesehen, war nun wenigstens der Name des Mannes bekannt. Dylas also? Allerdings... Es war nicht die Zeit, um sich mit dem Namen des Herren zu beschäftigen, jene Zeit war definitiv noch nicht bereit, zu grüßen.


    Daher ergriff man sogleich die Initiative und stürmte, ohne eine weitere Sekunde an Gedanken zu verschwenden, auf die Frau los, blieb vor dieser gezwungenermaßen stehen. Fehlschlag. Statt sich eines überdramatisierenden Untertones zu bedienen und gemeinsam mit schwer verfolgbaren Handzeichen und lautes »DU!« zu rufen, schwieg Chlorica, wandte den Blick ab, versuchte, sich schnellstmöglich zu beruhigen. Es hätte nichts gebracht. »Machst du dich mit deinem plötzlichen Auftauchen hier etwa über uns lustig?!« wäre unnütz gewesen. Zumal die Blondine nicht so aussah, als hütete sie irgendwelche relevante Informationen oder eine wichtige Nachricht, die die anderen Gruppen für sie zurück gelassen hatten. Es erfolgte ein Seufzer, der jedoch nur in den Gedanken der Hellhaarigen wirklich stattfand. Eine peinliche Aktion, welche schnell im Nichts ertränkt wurde, als Dylas meinte, den Rotschopf und sie provozieren zu müssen: Dumm in der Gegend rumstehen? Ha, als ob! Wobei... Die Zofe für ihren Teil stand tatsächlich dumm in der Gegend rum und starrte Löcher in den Neuankömmling, sowie dem hiesigen Regenwald, der sich hinter dieser erhob. Und dennoch änderte dies nichts an der Tatsache, dass er es gewagt hatte, sie zu provozieren und , nun, während Silberhaar einige Schritte vor ihnen seinen Weg fortsetzte, hatte die Zofe sich nichts sehnlicher gewünscht, als den Wischmopp, mit dem es stets andere zu bestrafen galt, denn mit einer Armbrust zu zuschlagen, wäre wahrlich nicht vorteilhaft gewesen - Vor allem nicht dann, wenn ein Bolzen gespannt war und abgeschossen werden würde. Es wäre alles andere als vorteilhaft gewesen, was nicht nur daran lag, dass jener werte Herr wohl so ziemlich die einzige Person unter ihnen war, die wenigstens ansatzweise einen Plan parat hatte und.. Moment! Schnell bewegte man sich auf den scheinbaren Gruppenführer zu, legte die neue Armbrust in die Hand, als sie drauf und dran waren, das Gehölz zu betreten - wer wusste schon, was da alles rumkriechen konnte. »Dein Plan. Was wollte der Herr uns vorhin mitteilen..?«

    「EVENT #7」




    Und da er wieder, abermals hatte sich jener Blick entschlossen, zu grüßen. Misstrauisch. Fragend. Chlorica schwieg, ließ ihr Augenmerk auf dem Silberhaarigen verweilen, so wie sie es schon die ganze Zeit über getan hatte - Immerhin konnte sich das oft unerwünschte Schweigen hin und wieder mal als wertvolles Gold entpuppen und so mancher dankbaren Person den gesamten Tag retten. Allerdings... Nun, um genau zu sein, begann die Hellhaarige an ihrer sturen Einstellung zu zweifeln, zumindest erblühten je mehr Zweifel, desto länger und öfter der werte Mann die geteilte Aufmerksamkeit - man hatte schließlich die Aufgabe, Hand anzulegen und zusammen mit dem Reste der Crew (wobei zwei Männer da nicht unbedingt das Optimum erreichen konnten) dafür zu sorgen, das Schiff sicher über jedwede vergangene Gefahren, ebenjenes Unheil in Forme eines Sturmes, einer Herausforderung des Meeres zu tragen - der jungen Dame genießen durfte. Für einen kurzen Moment wandte man sich der anderen Seite zu, musterte den anderen Herren, welcher irgendwann zu Beginn der Schifffahrt zu ihnen gestoßen war. Er hatte in den vergangenen Moment schon öfters seine Stimme gegen Dylas, dessen Namen man im Übrigen immer noch nicht aufrufen konnte, erhoben, hatte sich beschwert, wäre höchstwahrscheinlich am liebsten explodiert..? Schmunzeln, unpassend wie eh und je, strich über die trockenen Lippen der Hofdame. Recht hatte er. Unfassbar. Richtig, unfassbar waren die Dinge, die der Silberhaarige sich geleistet hatte. Jedenfalls konnte man sie als solche bezeichnen, wenn man die gesamte Wahrheit kannte - Eine unglaubliche Schande, die es zu beweinen galt, war sie schließlich keinem der Anwesenden, außer dem Angeklagten selbst, bekannt... Es handelte sich hierbei um einen unumstößlichen Fakt, welcher klarstellte, dass weder Chlorica noch Kyle, dessen Namen ebenfalls fremd war, - wobei man sich bei letzterem doch relativ unsicher gab - von dem Verlauf der erschütternden Tat wusste. Sodann verschwand das huschende Lächeln wieder aus dem eher monoton wirkenden Gesicht des weiblichen Teil des Trios, überblendet mit einem ebenso ausdruckslosen, geschlossenen Mund, woraufhin ein Schütteln des eigenen Hauptes folgte. Schütteln, welches aus niederträchtigen Gedanken und unnützen Spekulationen führte. Vielleicht hätte sie eingreifen sollen, eventuell hätte Chlorica ebenfalls auf Dylas einreden sollen, ihm vorwerfen sollen, was er getan - oder besser: nicht getan - hatte, als er davon Wind bekommen hatte, dass jemand drauf und dran war, sich "eigenhändig" ins Meer zu stürzen, aber... Man schloss die Augen, kehrte in sich, Ruhe, Schweigen, das äußerst "rege" Treiben in der näheren Umgebung wurde so gut es ging ignoriert. Was hätte sie damit erreicht? Im Endeffekt wäre das verstorbene Mädchen doch sowieso in dem eiskalten Gewässer gelandet, von unbarmherzigen Bestien, mit scharfen Reißzähnen, zerfleischt worden. Es hätte nichts geändert. Rein gar nichts. Demnach zersprangen auch all jene Zweifel, die die Angestellte in die Knie zwangen. Und dennoch...
    Die Langhaarige wandte sich um, blickte zurück, als das Unheil, der heftige Sturm, überwunden war, zumindest für einige Minuten lang Stille das Land regierte. Und sie staunte nicht schlecht, als selbst das Festland, die Küste Trampolis, nicht einmal mehr eine simple, verschwommene Silhouette war. Hatten sie sich wirklich so weit von ihrer Heimat entfernt? Ein leiser Seufzer entwischte aus ihrer Kehle, eine Hand mochte die zugehörige Stirn stützen. Kein Wunder. Jedenfalls kam es einem nicht wie eines vor, nicht im Antlitz all der bisher geschehenen Dinge. Genau genommen war sich die feine Nase sogar ziemlich sicher, dass nichts mehr die Macht dazu besaß, sie großartig zu überraschen. Nicht nach dem, was ihnen auf diesem kurzen Ausflüge widerfahren war: Ein Passagier, welcher aus heiterem Himmel heraus sich dazu entschlossen hatte, das Boot auf dramatischem Wege zu verlassen und sich von Monstern, die nach Fleisch trachteten, fressen zu lassen. Aber nein, dieses erschreckende Ereignis schien noch nicht genug gewesen zu sein, woraufhin sie beziehungsweise alle Suchenden geradewegs in einen turbulenten Sturm fuhren, der zur Folge hatte, dass - nachdem sie mehr oder minder vollzählig aus dem Albtraum gespuckt wurden - der hölzerne Mast des Bootes ein für alle Male seinen Geist aufgab. Und nun... Eine unglaublich passende Frage! Was sollte nun geschehen? Die Braunäugige warf einen Blick auf die benachbarte See, betrachtete die kleinen Boote der Dorfbewohner, sah, wie diese das Wrack, welches noch nicht untergegangen war, mit Leichtigkeit überholten... Ihr Team hingegen konnte sich kaum gegen die inzwischen wieder ruhigeren Wellen behaupten, ließ sich tragen - Unglaubwürdig schien es doch, was für einen immensen Unterschied der zerborstene Holzpfahl machen konnte. Dummerweise schien die Distanz zur ersehnten Insel noch recht weit, zu weit, als dass sie es hätten aushalten können, mit allen Kräften zu paddeln, zu weit, um den Restweg im Schwimmen hinter sich zu bringen - man dachte einmal an das Desaster von der Dame, die als Futtermittel missbraucht wurde - und zu weit, um sich einfach treiben zu lassen. Viele Möglichkeiten besaßen die drei nicht. Zumindest waren es keine zeitsparenden Wege, um ans Ziel zu gelangen, sie waren also dazu verdammt zu warten. Abermals grüßte ein Seufzen seitens der Hellhaarigen, welche sich schnell einen länglichen Holzstab zusammensuchte, um ihn als Paddel zu verwenden. »Ein wenig darf man wohl nachhelfen dürfen...«, wisperte die einstige Parfümeurin, biss die Zähne zusammen und startete einen zum Scheitern verurteilten Versuch, wenigstens etwas Schwung zu erlangen. Die harte Arbeit, welche etwa eine Minute andauern konnte, trug jedenfalls keine Früchte, mehr als ein paar winzige Meterchen konnte sie nicht erbringen. Ironisch wie jedwede Kraft einen von jetzt auf gleich verlassen konnte - Oder eher: Ironisch, dass ausgerechnet jetzt ein schmächtiger Hauch von Angst ihren Verstand benebelte. Das Ziel, jene verdächtige Insel, zum Greifen nah und dennoch schien sie so unglaublich fern. Trotz dessen war es ihnen erlaubt besagten Ort zu erreichen. Wie sie es anstellten? Nun, zugegebenermaßen wusste dies selbst Chlorica nicht so recht - Wichtiger war es doch, dass sie angekommen waren, wenngleich Mittel dafür ungewiss schienen.


    » Die Pluvia-Insel.



    [Findet ihr nicht auch, dass der Restweg zur Insel perfekt beschrieben wurde? xD]

    #17 - {Chlorica & Vishnal}


    Verständnislos starrte Chlorica ihre Begleitung in Form eines relativ hochgewachsenen Mannes an. Noch immer war der werte Herr ihr ein ungeklärtes Rätsel, ein Mysterium, welches mal mit simplen Mitteln zu durchschauen war und dann, in einen der massig vorhandenen, darauffolgenden Momenten, unberechenbar zu sein schien - Und dies bei einer Person, bei der man (oder zumindest die Bedienstete) dazu neigte, sie deutlich zu unterschätzen, was dadurch zustande kam, dass er doch recht... "typisch" erscheinen konnte. Wie ironisch, dass es diese "einfache" Persönlichkeit gewesen war, die es abermals geschafft hatte, für einen winzigen Hauch von Verwirrung zu sorgen. Gewiss doch konnte sie ihm, jener Herrschaft, kein Verständnis entgegenbringen - Immerhin hatte Vishnal wenige vergängliche Augenblicke zuvor seine Hand allen Ernstes auf die recht hohe Stirn der Zofe gelegt, lediglich um zu prüfen, ob es ihr denn gut ginge. Widerwillig knurrte die Dame jedoch, schien es ihr doch sehr fragwürdig: Wie war der Blauhaarige bloß darauf gekommen, dass sie Fieber oder dergleichen hätte? »Vishnal. Es geht mir gut.«, gab sie
    letzten Endes in höherer Lautstärke von sich und entließ kurz darauf einen leisen Seufzer. Selbstverständlich ging es dem cholerischen Fräulein gut, hervorragend, wenn nicht sogar blendend! Doch dann stellten sich ihr die Gedankengänge des Gegenübers in den Weg; jene Gedanken... Chlorica wusste nicht so recht, ob sie von ihnen erfahren wollte oder nicht, obgleich es doch mehr als deutlich war, dass sie hin und wieder wirr, komplex, ineinander verworren sein konnten - Ironisch, wenn man bedachte, dass sie doch diejenige war, die um plötzlich aufkommende Ecken dachte, von einer Konversation über Brot auf Glühwürmchen kommen konnte... Meistens jedenfalls.
    Tadelnd schüttelte die feine Nase ihr Haupt, erblickte aus den Augenwinkeln die eigenen, lilanen Strähnen, welche abermals der Bewegung folgten, für den Bruchteil einer kleinsten Sekunde mit den überaus schwachen Brisen harmonierten. Wie das Gras, welches unter den Füßen der Angestellten seinen Platz gefunden hatte, sich um den See herum breit machte. Und auch das Wasser in Trampolis größtem - vermutlich auch einzigem - See schlug sanfte Wellen. Wellen, welche mit dem Takte des Windes übereinstimmten, zu seiner lieblichen Melodie einen galanten Tanz aufführten. Ein weiteres Mal zeigte jene Umgebung, was sie bieten hatte, welch' eine beruhigende Atmosphäre sie mit wenigen Mitteln schaffen konnte - Doch darauf konzentrierte die Dunkeläugige sich keineswegs, es kümmerte sie nicht, wenngleich man doch mehrere Minuten lang den stetig suchenden Blick auf der Landschaft ruhen hatte, es wenigstens hätte tun können. Nein, es existierte da eine Sache, welche weitaus wichtiger war, als das, was der Wind alles vollbringen konnte - Und ebenjenes Etwas trug den - zugegebenermaßen etwas ungewöhnlichen - Namen "Vishnal".


    Dieser hatte nämlich seine Hände aus dem sanften, umschließenden Griff der jungen Frau befreit und tat es ihr gleich: Der Spieß hatte sich gewendet, denn nach ebenjener unauffälligen Geste waren es seine ungeschickten Greifer, die die ihre umschlossen. Zaghaft. Irritiert. Auf eine seltsame Art und Weise, welche diese beiden Begriffe miteinander verknüpfte, biss die Langhaarige sich auf die Unterlippe. Der Butler schien in der Tat nicht vorhersehbar. Abermals erfolgte ein langer Seufzer seitens der weiblichen Kandidatin, welche es keinesfalls für eine dringende Notwendigkeit hielt, weiter auf das von ihr höchstpersönlich angesprochene Thema einzugehen, hätte der junge Mann ihrer fehlerhaften Vermutungen zufolge nicht verstanden, worauf sie hinaus wollte, auf was sie zielte. Eine Entschuldigung? Ja, eine derartige Sache hatte sie ihm geschuldet, wenngleich er es nicht anerkennen wollte, waren es doch nur Kleinigkeiten, winzige Details, die der Mann mit den tiefblauen Augen - wie das weite Meer - verpatzt hatte... Vorausgesetzt man war in der Lage dazu, jenes Theater, das noch am selben Tag, morgens, stattgefunden hatte - Fraglich war nur, ob die Reinigungskraft die Gedanken an jenes unfassbare Ärgernis ohne weitere Hilfe einfach so hätte begraben können.
    Andererseits spielte all dies nun keine relevante Rolle mehr, hatte sie schließlich das Gesprächsthema gewechselt, sich auf ein anderes vorbereitet und letztendlich sogar eine wertvolle Antwort erhalten, obgleich diese nicht mehr zufrieden stellen konnte, als das Ergebnis ihrer Bemühungen zu einer anständigen Entschuldigung zuvor: Geschockt, in einem Sinne, welcher für unwissende Außenseiter eher amüsant war, betrachtete die gleichermaßen ruhige wie auch aufbrausende Maid ihren Gesprächspartner - Verlangte der freundliche Herr etwa wirklich von ihr, einen Ort auszuwählen, das nächste Ziel auf der imaginären Karte der Zukunft zu verzeichnen? Kurz darauf, als der Moment des "großen Schocks" - gerechnet hätte die Hellhaarige mit einer derartigen Antwort jedenfalls nicht, von der Tatsache abgesehen, dass es die Rache für ihre Tat zuvor zu sein schien - abgeklungen war, nahm die schweigsame Dame eine sonderlich unglücklich gelungene, heutzutage typische Denkerpose ein: Während die eine Hand, zur bedrohlichen Faust geformt, den ihr fremden Ellenbogen stützte, strich sie mit Daumen und Zeigefinger, welche dem gestützten Arme zugehörig waren, über die eigenen Wangen - Bis zur Perfektion fehlte jedoch das äußerst wichtige »Hmm...«, welches die meisten, die in dieser Position für lange Zeit verharren
    konnten - wie auch immer das möglich war, entpuppte sie sich für die Hofdame doch als sehr unbequeme Stellung -, von sich gaben. Welch' eine Art von antwort hätte sie ihrem Gegenüber geben sollen? War sie dem tollpatschigen Blauhaarigen überhaupt eine Antwort schuldig? Vielleicht hätte das Duo auch einfach nur losgehen sollen... Fragte sich nur, wohin die leitende Hand, die den Faden zukünftiger Tage, das Schicksal eines Menschen sponn, führte: Ob sie, wenn sie quer durch Trampoli laufen würden, wieder bei der Villa ankämen? Oder fänden sie sich eher im Einkaufsviertel der hübschen Stadt wieder? Nein, dem Zufall wollte die Braunäugige diese wichtige Entscheidung nicht überlassen, wenn es denn ein tragende Entscheidung gewesen war...
    Und dann folgte der grandiose Einfall! Tatsächlich kreuzte eine Ortschaft, nicht unweit von ihrem derzeitigen Standort, die Gedanken Chloricas, wenngleich sie selbst nicht einmal wusste, woher diese spezifische Erinnerung gekommen war - Sie tat es einfach, sie tat es und erhob sich nun vor dem inneren Auge der Zofe. Um welche Ortschaft es sich hierbei handelte? Die Hellhaarige musterte ihr Gegenüber. Ob er etwas dagegen einzuwenden hätte? Rasch hob sie ihren Arm an, machte eine halbe Drehung und deutete mit dem zugehörigen Zeigefinger auf die stabile Holzbrücke, die es zu überschreiten galt, wenn man die Idylle des Polisees betreten oder aber, wie sie, verlassen wollte. Zugegeben: Es war keine sonderlich aussagekräftige Geste, aber dennoch konnte sie eine wichtige Botschaft vermitteln; in ebenjene Richtung sollte es gehen - Sicherlich war es hilfreich zu wissen, dass in angedeuteter Richtung nicht viele sehenswerten Ortschaften lagen, neben der hohen Klippe, in der ein Riss klaffte (wohin auch
    immer er führen würde), und einer hübschen "Lichtung" mit so manchem Obstbäumchen gab es nicht viel zu besichtigen... Und , nun, die Höhle in unbekannte Finsternis hätte das Fräulein mit dem werten Herrn Kollegen gewiss nicht betreten, zur Auswahl stand dementsprechend nur noch die Lichtung, welche bei einer Wegabzweigung vorzufinden war. »[color=#9F7CC]Sternwarte..![/color]«, wisperte sie, mehr zu sich selbst als zum Gesprächspartner und begann, sich in Bewegung zu setzen, der Blauäugige würde ihr schon folgen... Wenngleich die Nacht noch nicht gänzlich angekommen war, die hellen Sterne noch nicht strahlen konnten.


    » Die Sternwarte.


    「EVENT #6」


    Verhungert? Die junge Dame hatte eine ihrer recht dünnen Augenbrauen in die Höhe gezogen, betrachtete mit der helfenden, zugleich aber nicht vorhandenen Hand eines skeptischen Blickes den Silberhaarigen. Warum wäre der Entführer, wenn er denn aufs Meer gefahren wäre - und das hatte er höchstwahrscheinlich getan - einen langsamen, durch die elendige Geschwindigkeit grausamen Hungertod gestorben? Unverständnis blitzte in den hellbraunen Augen der Hofdame auf, Unverständnis zeichnete sich, wenngleich es nur wenige Linien waren, in den Gesichtszügen der weiblichen Person ab. Selbstverständlich verstand sie nicht - Wie auch? Die atemberaubende Fähigkeit in die Köpfe anderer hineinzuschauen, ihre Gedanken in voller Lautstärke zu hören, nun, sie zwar einigen Dingen einigermaßen mächtig, doch Telepathie? Wenn die Hellhaarige etwas auf keinen Fall konnte, so zählte diese Art von Fernfühlen sicherlich dazu, immerhin war dem kein menschliches Lebewesen mächtig - Mit der Ausnahme legendärer (oder zumindest sehr talentierter) Magier; und zu denen gehörte Chlorica gewiss nicht. Aus der Verwirrung heraus schwenkte das Augenmerk, richtete sich auf das Meer, welches stets in Bewegung war. Jenes klar wirkende Gewässer, welches die Basis, den Untergrund für eine ansehnliches Gemälde bot: Die erhabene Sonne, flauschige Wolken, des Himmels liebliches Blau. All dies spiegelte sich auf der Wasseroberfläche, verlieh der See ein kleines Stück an Leben. Ebenjene Kunst und ebenso auch das Wasser als solches: Leichte Wellen schlug es, hin und wieder peitschte der Wind, peitschte das Meer, hin und wieder erhob sich ein Ross aus dem Ozean und ritt auf den Strand zu, nur um kurz vor seinem Ziel zu entschwinden und um Platz für Mitstreiter zu machen. Gewöhnlich. In der Tat wirkte all dies für die Bedienstete mehr als nur gewöhnlich, schließlich verhielt sich jene Flüssigkeit häufig so und wenn es denn nennenswerte Ausnahmen gab, so fand man den Grund dafür meist bei starken Winden oder leichten bis auffälligen Erschüttern des Grundes, auf den sie alle wanderten. Andererseits... Was hatte sie sich überhaupt davon erträumt? Hatte sie erwartet, dass ein durchlöchernder Blick aufs Meer einen Pfad öffnen würde, der direkt in Richtung Ziel führte? Ein naiver Wunschtraum. Ein unrealistisches Ideal, das die Arbeit um einiges erleichtert hätte, zugleich aber auch jedweden Nervenkitzel von der vermutlich gefährlichen - bis dato eher harmlosen - Suche schlug. Und dazu kam immerhin noch die Tatsache, dass... Herrje, schon war man vom Thema abgekommen! Jedenfalls wandte die Langhaarige dem weiten Gewässer rasch den schmalen Rücken zu, auf dass das Augenmerk wieder auf dem Grünäugigen liegen konnte. »Wer würde ohne Proviant rausfahren?«, erwiderte sie kurz und knapp, deutete mit dem rechten Zeigefinger auf das, was die ganze Zeit über anwesend war, zeugen konnte, auf das, was wenige Momente zuvor den konzentrierten, irgendwo vielleicht neugierigen Blicke erdulden musste, auf die See, die der Täter vermutlich überquert hatte. »Es sei denn...«, begann sie flüsternd, grub die Fußspitze in den kalten Sand ein, »Wenn es da etwas gibt?«, fügte man nach ein paar verstrichenen Sekunden hinzu. Gemeint war natürlich kein groteskes Seeungeheuer, nein, vielmehr bezog das Fräulein sich bei dieser Aussage auf eine versteckte Bucht, eine simple Insel oder - wenn man denn unbedingt auf Abenteuer gehen wollte - eine Unterwasserruine - So oder so blieb der Verdacht jedoch bestehen; warum auch sollte ein Entführer sich in (für einen Großteil der trampolischen Dorfbewohner) unbekannte Gewässer wagen, wenn es da denn keinen Halt gab? Schließlich verschleppte keiner eine reiche Adelstochter, sowie sechs andere Menschen, nur um dann auf dem schwenkenden Wasser dem Tode entgegenzublicken...


    Fakt war jedoch, dass sie alle es nur auf einem einzigen Wege herausfinden konnten: Auch sie mussten einen Teil überqueren, bezwingen, denn nur dann wäre ihnen die Möglichkeit gegeben, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Allerdings stellte sich der jungen Dame, zusätzlich dazu, eine weitere Frage in den Weg und ebenjene lautete wie folgt: Wie hätten sie bloß das... Just in diesem Augenblick öffnete Dylas, dessen Name sie noch immer kannte, sich gleichzeitig jedoch kaum dafür interessierte, seinen Mund, um ihr - oder doch eher sich selbst? - etwas mitzuteilen. Von Booten sprach er, Anzahlen, Hoffnungen. Berechtigten Hoffnungen, wenn man bedachte, was für ein Schwall an Menschen den beiden Herrschaften, beziehungsweise den älteren Herren, zur Küste gefolgt war - Und, nun, was sollte man schon Großartiges dazu sagen? Im Gegensatz zu vorher standen jetzt allerlei Lebewesen auf dem Areal des eher kurzen Strandabschnittes. Doch dann, noch bevor Chlorica die Chance ergreifen konnte, dem Herren eine unnütze Antwort zu geben, forderte dieser die Zofe dazu auf ihm zu folgen, ging auf ein beachtliches Fortbewegungsmittel zu, bereitete die etwas größere Nussschale vor. Zögerlich setzte die Hellhaarige einen kurzen Fuß vor der anderen, näherte sich kontrolliert, mit aufrechtem Gang - wie sie es gelernt hatte - dem jungen Mann, verschränkte die Arme vor der flachen Brust - insoweit dies mit der ungespannten Armbrust in der einen Hand denn möglich war - und schüttelte innerlich das eigene Haupt. »Warte«, murmelte sie in den nicht existenten Bart, der an ihrem Kinn wuchs, hinein, wandte den Kopf der Masse zu, »Wir sollten Wolkanon zuerst informieren, oder?«

    #16 - {Chlorica & Vishnal}


    Noch während die Hand, offen, angespannt, in der Luft verharrte, sich auf ein Niveau herunterbegab, auf dem sie in unwillkürliches Zittern ausgebrochen musste, erschütterte eine simple, dennoch recht heftige Bewegung die Hellhaarige, dessen Gedanken zunächst von purem Schock untergraben waren - Die hellbraunen Farben ihrer Iris versteckten sich, ein zarter Schleier, das Augenlied höchstpersönlich, war der Retter in der Not, bot dem Auge, welches relativ empfindlich auf grelles Licht reagierte, einen scheinbar gemütlichen Zufluchtsort. Allerdings war es nicht so, dass jener Augapfel einzig und allein eine unglaubwürdig dünne Decke trug, nein, zugekniffen wurden die "Deckchen", über den Kopf gestülpt, wenn man es denn so bezeichnen wollte. Rütteln. Ja, im wahrsten Sinne des Wortes handelte es sich hierbei um ein Rütteln, welches nicht nur in den chaotischen, unsortierten Gedanken der jungen Dame wie ein Erdbeben alles niederriss, nein, auch in der Realität existierte diese unregelmäßige, heftige Bewegung. Erschrocken riss die Hofdame ihre zuvor friedlich gebetteten Augen auf, schwenkte mit der einst gehobenen Hand in der Luft, suchte nach der Quelle, dem Ursprung der Erschütterung, ergriff ihn. Ein Handgelenk. Vishnal. Was erhoffte der Blauhaarige sich bloß? Was wollte er mit der starken Bewegung überhaupt erreichen? Irritiert taumelte die Hellhaarige umher, zumindest als es soweit war und der werte Herr von ihr abließ. Daraufhin hielt man sich das eigene Haupt, schüttelte ihn ein wenig, überzeugt von der Tatsache, dass sie früher oder später von anscheinend grundlosen Kopfschmerzen heimgesucht werden würde – Dafür würde er jedoch noch büßen müssen! Allerdings mussten einige Minuten dahinschwinden, auf dass die Bedienstete sich wieder gefangen hatte – Ironisch, wo die Folgen seiner Taten doch nie und immer auf diese Art und Weise so „verheerend“ sein konnte, oder nicht?


    Tadelnd starrte Chlorica ihr Gegenüber an, schritt es zu und… stockte in jedweder Hinsicht. Nein. Zwar war es wichtig ein Lebewesen, ein kleines, naives Kind, hin und wieder zu bestrafen, doch wenn es wegen jeder einzelnen Kleinigkeit geschah, dann hätte sich die Strafe irgendwann in Furcht verwandelt, hätte ebenjenes unschuldige Wesen in eine Art von Schrecken versetzt – War es also genug, die Grenze erreicht? Abermals nahm die Bedienstete einen Schritt, näherte sich dem Blauäugigen ein kurzes Stückchen, griff schnell nach der rechten Hand des Butlers, welche sie vor der unbeholfenen, gänzlich ungewollten „Tanzeinlage“ losgelassen hatte, und hielt diese auf Brusthöhe – Brusthöhe, wenn man von der eigentlichen Höhe der Dame ausging, wohlbemerkt. Mit den eigenen Greifern verschloss man die des Herren, legte den Kopf leicht schief, zeigte ein seichtes Lächeln, der Anflug eines zarten Schmunzelns. Es war keinesfalls erzwungen, nein, ebenjenes Grinsen war real, kam von der Person selbst, ging vom Herzen aus, wie man es auch bezeichnen konnte. Ungewöhnlich. Zumindest für die Erwachsene war es das. In der Tat; ungewöhnlich, aber gewiss nicht unmöglich, wie man zu dieser Zeit ja gut sehen konnte. »Ich sollte mich entschuldigen«, murmelte sie, das Augenmerk gesenkt, um jeglichen Blickkontakt zu vermeiden. Was? Genau genommen verstand man sich selbst nicht mehr. Warum blieb sie stehen? Welch‘ einen Grund hatte sie für das erdrückende Gefühl, welches aus dem Nichts aufgetaucht war… Dem plötzlichen Gefühl von Reue? Was wenige Momente zuvor noch ein hübsches, sich versteckendes Lächeln war, verwandelte sich, hatte sich in einer ungewöhnlich kurzen Zeit zu einem freudigeren, breiteren Grinsen entwickelt. Idiotisch. Vielleicht war die eigene Einstellung, das persönliche Benehmen dumm gewesen, doch man konnte sicherlich behaupten, dass ebenjener überaus unwichtiger Vorfall lediglich ein trügerischer Schein war, nicht das aussprach, was er aussprechen sollte – Ein Schleier, der die Wirklichkeit verhüllte… Ironisch wie dieses anscheinend bedeutungslose Ereignis das Fräulein dazu veranlasste, ihrer blinden Rage den Rücken zu zukehren, nachzudenken, was?
    Um ein fröhliches Kind „zu erziehen“, musste man wohl auch einmal locker lassen, sowohl mit Zuckerbrot, als auch mit Peitsche ordentlich umgehen können… Wie lange diese Einstellung jedoch noch aufrecht zu erhalten war, war eine Frage, die sich wohl kaum punktgenau beantworten ließ… Hauptsache war jedoch, dass Vishnal aufpassen musste, was für Worte er aus seinem Mund kriechen ließ, sodass der Zorn vorerst vergraben werden konnte. »Was hältst du davon, von hier zu verschwinden..?«, murmelte die Hellhaarige nach einer kurzen Phase des elenden Zögerns und blickte auf das sich stets verändernde Wasser hinaus. Nie stockte es, es wagte nicht einmal, an einer Stelle zu verharren, es war in seiner Bewegung frei, frei wie der Wind, der ein paar helle, fliederfarbene Strähnen der Reinigungskraft mit sich gerissen hatte. Vielleicht handelte es sich bei dem Polisee doch um keinen derart schlechten Ort, wie die einstige Parfümeurin bis dato gedacht hatte… Im Gegenteil… In Wirklichkeit lag hier eine kleine Idylle für sich vor. »… Danke…« Flüstern, welches mehr an sich selbst, als an den anderen gerichtet war.

    「EVENT #5」


    « Der Platz des Volkes


    Zum Strand. Hinfort, ja, fort sollten sie! Die Küste sollte ihr aller gesuchtes Ziel werden! Und dementsprechend begab sich ein etwas größerer Teil der zuvor benannten Masse zu ebenjener Örtlichkeit. Unangenehm. Irritierend. Chlorica spähte, wandte ihren Blick zu ihrer Linken, sowie zu ihrer Rechten, konnte aus den Augenwinkeln so allerlei unscharfe Linien, Silhouetten, Schatten erkennen. Außenlinien von Lebewesen, die der Dame doch eigentlich sehr bekannt sein mussten.. Aber nein, dieser Fall traf hier keineswegs ein. Unbekannt. Fremd. Fremd wie der eigene Gesprächspartner, die Person, die sie trotz der Ungewissheit begleiten durfte. Zögerlich blickte sie, die Zofe, ein weiteres Mal zur Seite. Der Silberhaarige erhob sich auf ihr. Und auf der anderen Seite? Was war da vorzufinden? Andere Menschen – Oder traf „menschenähnlich“ den Sinn der Aussage besser? Jedenfalls entpuppte sich diese mickrige Information, die Tatsache, dass ein ansehnlicher Schwall von Menschen sich hinter ihnen befand, als vollkommen unwichtig – Immerhin schritten sie allesamt denselben Weg entlang, immerhin hatten sie allesamt dasselbe aufrichtige Ziel, immerhin wollten sie alle dasselbe tun, oder etwa nicht? Rettung. Abenteuer. Ein spannendes Schauspiel, das bei jedem für Nervenkitzel sorgen sollte, würde die Gruppe erwarten! Einheitlich. Ja, vielleicht war es ihre Pflicht gewesen, nun in einer Einheit zu fungieren, wie eine einzige Person mit einer einzigen, mächtigen Waffe. Und sie alle waren entschlossen, egal, wer sie denn nun waren: Kluge Köpfe, Jungspunde, die vor Tatendrang nur so strotzten, und auch ältere Menschen. Genau, an den alt eingesessenen Bewohnern Trampolis lag es, dass sie alle nun auf dem Weg zum Meeresufer waren: Ein geschultes Auge, das Auge eines meisterhaften, geschickten Waldläufers. Die gespitzten Sinne einer Bestie, eine Bestie gezähmt von einem edlen, bewundernswerten Herren. Diese beiden Arten von ausgeprägten Sinnen waren es, die den Dorfbewohnern bei der Suche nach Hinweisen tatkräftig unter die Arme gegriffen hatten. Bemerkenswert, wahrlich bemerkenswert!


    Nachdem einige Zeit – bei der es sich natürlich nur um wenige Minuten handeln konnte – verstrichen war, stockte der grünäugige Mann – Und so wie er stehen geblieben war, blieb auch sie stehen, tat es ihm gleich und legte das Augenmerk auf ihre „Verfolger“. Das männliche Wesen neben ihr, welches allem Anschein nach den Strand sein wertes Heim nennen konnte, erhob seine kräftige, zugleich aber beruhigende Stimme. Veränderungen? Kaum überrascht blickte man den Gesprächspartner an – Schließlich war er höchstpersönlich es doch gewesen, der nur wenige Augenblicke zuvor seine einzigartige „Fähigkeit“ gepriesen hatte! Abermals schweifte der Blick der Langhaarigen umher, auf dass das Haupt langsam eine Bewegung vollzog, auf und ab. Ein bejahendes Nicken, eine simples, vor allem aber lautlose Zustimmung. »Du hast recht.« Wispernde Worte, überschüttet durch einen mit Leichtigkeit erkennbaren Schwung an besagter Nachdenklichkeit. Ja, in der Tat fand man hier eine Veränderung vor. Doch wo sollte man nach gravierenden Unterschieden bloß suchen? Existierten derartige Anhaltspunkte überhaupt? Dass die Hofdame von dem Wandel Wind bekam, lag jedoch keinesfalls daran, dass sie sich auf dem recht kurzen Marsch zu jenem Orte ein Büchlein über diesen Strand durchgelesen hatte, sich Informationen besorgte… Nein, vielmehr lag diese Auffälligkeit in der Atmosphäre: In all dem Schweigen zwischen den beiden Herrschaften, konnte das Fräulein förmlich den Unterschied spüren – Während über der Stadt als solche ein Schleier, gewoben aus einem gewissen Maß an Heiterkeit lag, beschlich einem hier das Gefühl, jeden Moment erdrückt zu werden. Es lag eine seltsame Spannung in der Luft, so als fungierte sie wie der Vorbote einer Sache, die lieber geheim bleiben wollte. Keine Zweifel blieben zurück; sie hatten sich ihrem Zielort, dem Entführer selbst, genähert. Doch nicht nur an der schweren Atmosphäre, die die sonst so freien Winde beherrschte, war dies festzumachen, nein, auch sichtbare Spuren konnten für sich sprechen: Fußspuren, viele an der Zahl. Zu viele, um nur von einer einzigen Person zu stammen, zugleich aber zu wenige, um von den Dorfbewohnern ins Leben gerufen worden zu sein.


    »Das könnte sich noch ändern…«, kommentierte die Hellhaarige schließlich die Aussage des Herren mit den Hundeohren, nachdem dieser einen prüfenden Blick auf die scheinbar brandneue Armbrust Chloricas geworfen hatte. Gleichzeitig aber musterte auch sie selbst ein weiteres Mal die Fernkampfwaffe, welche in der linken Hand der Bediensteten lag, mit dem ungespannten Bogen auf den Sand unter ihren Füßen deutete. Wer wusste schon, was die erbarmungslose Zukunft ihnen bringen würde? Einen Hinterhalt vielleicht? Immerhin bestand sehr wohl die Möglichkeit, dass sie genau in diesem Moment direkt in eine ausgeklügelte Falle gerannt waren, ohne davon den geringsten Schimmer zu haben. Für einen solchen Fall musste das Fräulein, nicht nur sie, sondern auch alle anderen, schließlich vorbereitet sein! Das Kriegsinstrument inmitten eines Gefechtes zu zücken, vergeudete nämlich Zeit – Etwas, das in einem derartigen Szenario sehr wertvoll werden konnte.
    Dann allerdings wechselte ihr Gegenüber erneut das Thema, kam zurück auf die Veränderungen, sprach von dem Meer, Mühen. Ob sich ein Entführer extra die Mühe machen würde, seine Schätze – in Form von „gestohlenen Personen“ – auf die andere Seite des Meeres zu bringen? »Aber das läge am Nächsten.« So die Antwort der Braunäugigen, welche auf die Spuren im kalten Sand deutete, denn ihr Ende fanden sie erst da, wo der lange Steg seinen Anfang genommen hatte – Zudem galt es, nicht zu vergessen, was man zuvor erfahren hatte: Ein Boot wurde vermisst. Vermisst, genau nach der Nacht, in der mehrere Personen verschwunden waren. Was es wohl so auf der anderen Seite der stürmischen See zu betrachten gab? Irgendetwas, was von Interesse zeugte, musste schließlich in dieser Richtung liegen, oder?
     

    「EVENT #4」


    Chlorica runzelte die Stirn, betrachtete den Silberhaarigen ohne auch nur einen einzigen Ton von sich zu geben - Wobei der Blick keineswegs als "gläsern" oder gar "leer" bezeichnet werden konnte, stattdessen war hierbei die Rede von einem fragenden Exemplar gewesen. Wie die eigene Westentasche? Lächerlich. Ja, es klang wahrlich lächerlich in den Ohren der jungen Dame; Nicht nur, dass der Herr den Strand allem Anschein nach - oder zumindest wenn man seine Aussage für bare Münze nehmen wollte - in- und auswendig kannte, nein, irgendwo schwang auch in seinen Worten ein dünner Hauch von Übermut mit... Oder bildete sie sich ebenjenen schwachen Unterton lediglich ein? »Zu glauben, man könnte alleine jede Veränderung ausfindig machen können...« Mehr an sich selbst gerichtet als an das Gegenüber, flüchteten diese Worte aus der Kehle der Hofdame, welche sich keiner großen Lautstärke bedient hatte, auf dass sie dementsprechend mehr geflüstert als geschrien wurden. Zugegeben, auch sie, die einstige Parfümeurin, verabscheute das allseits geliebte Teamwork, jedenfalls war dem so, wenn es einen "ihrer" speziellen Bereiche betraf. Wer wusste schon, was der Gruppenpartner alles hätte anrichten können? Missbrauchte man ausnahmsweise einmal den Vermissten, der auf den klangvollen Namen - nun, es lag schließlich im Auge des Betrachters - "Vishnal" hörte als Beispiel, so hätte man allerlei Gefahren dieser Art von Arbeitserledigung schnell aufzählen können... Ein frischgeputzter Flur, welcher binnen weniger Augenblicke wieder von Dreck überschüttet wurde, jedweden Glanz, den er für sage und schreibe drei Sekunden zu seinen wenigen Besitztümern zählen konnte, auslöschte! In dieser Hinsicht entpuppten sich ungeschickte, schlichtweg tollpatschige Kameraden häufig als schwerer, elender Klotz am Bein. Doch bei einer Spurensuche...? Wie fatal wäre ein Alleingang in jenem Gebiet wohl geworden? Gewiss doch war Ruhe einer der besten Begleiter eines Detektiven und dennoch brauchte ein jeder Meister irgendwann einen Assistenten! Oder war dem etwa nicht so? Jedenfalls, ja, wäre eine Sicherung eine gute, glänzende Idee gewesen, bedachte man die Tatsache, dass stets eine gewisse Möglichkeit, etwas zu übersehen, hinter einer unbekannten Ecke lauern könnte! Und was wäre wohl geschehen, wenn der Fremde tatsächlich auf eigenem Fuße losgezogen wäre und den - oder die - Missetäter höchstpersönlich begegnet wäre? Hätten sie ihn nicht unmittelbar nach seiner atemberaubenden Entdeckung gnadenlos k.o. geschlagen? Nicht, dass es für die Maid von großer Bedeutung gewesen war, ob man nun eine Person oder weniger hätte retten müssen - Doch eben dieses Szenario hätte besagte Rettung erheblich erschwert, immerhin war ein jeder Mann von Nöten und zu gebrauchen, es hätte bedeutet, dass es einen Krieger weniger gab, der für die Erlösung, das Gute, das "heilige" Licht kämpfte. Und dies wiederrum verhieß keine sonderlich glorreiche Zukunft, was?
    »Pff... Ich bin an der Befreiungsaktion interessiert«, zischte die Braunäugige, nachdem das Wesen, welches sich vor ihr erhob, behauptet hatte, die Dinge rund um die mysteriöse Entführung herum wäre ihr gänzlich egal gewesen. Schnell wandte man den Blick von dem Herren in Schwarz ab, ließ das Augenmerk abermals über die stetig wachsenden Menschenmassen schweifen. Aufruhr. Heldenmut. Noch immer regierten sich in einer erbarmungslosen Tyrannei, wenngleich es doch vereinzelt Widerstandskämpfer, die Verbündeten der süßen Freiheit, gab, die sich anders verhielten, aus dem haltenden Rahmen fielen, den aufgedrehten Tyrannen mit Ruhe und Taktik schlagen wollten. Und im Zentrum dieser chaotischen Versammlung schienen die meisten bereits ihre ehrenvolle Pflicht vergessen, wenn nicht sogar verdrängt, zu haben - Statt fortzugehen und all die überschüssige Energie bei der Suche nach möglichen Hinweisen zu entfalten, standen sie da und diskutierten. Hatten diese Dummköpfe etwa vorgehabt, sich in Gruppen aufzuteilen und die Stadt mit diesem System abzusuchen? Brillant. Richtig, irgendwo schien es doch eine brillante Idee gewesen zu sein - Eine Idealvorstellung, die die Arbeit um einiges hätten vereinfachen können, doch es war eben nicht mehr als ein jämmerliches Ideal. Der Blick der Hellhaarigen ging schließlich zu Grunde, richtete sich auf den schönen, gepflasterten Boden unter den Füßen des zugehörigen Körpers, als ihre Lauscher mitbekamen, dass irgendeiner der Anderen die Villa in den Mund genommen hatte. Die Villa. Auch bei ihr handelte es sich um einen der vielen Tatorte. Ein Schauplatz der Verbrechen. Langsamen Tempos bewegte sich eine der zwei kleinen Hände auf die eigene Brust zu, wie in einem Moment des Schockes, welcher zuhauf durch ein simples, doch kurzzeitiges Erstarren geprägt wurde. Das Anwesen. Eigentlich wäre ihre Pflicht, die Pflicht einer Person, die in besagtem Gebäude hauste und ihrer Arbeit nachging, gewesen, in der Baut auszuhelfen, sich zu den anderen Grüppchen zu gesellen - Denn so wie der Grünäugige die Küste anscheinend bis ins kleinste Detail kannte, kannte auch die Hellhaarige einen großen Teil der Fläche, welche zu dem Hause zählte, immerhin hatte man in vergangenen, alten Tagen nur zu häufig die teils riesigen Gründe, Zimmer, gepflegt und gereinigt - wenngleich man es nicht unbedingt immer solo tat... Da wäre es doch eine einzige Schande gewesen, würde sie sich mit ebenjenen nicht auskennen! »Ich komme mit«, antwortete die Dame nach längerem Zögern auf die indirekte Frage, dem unsichtbaren Verlangen nach einer Bestätigung, des Gesprächspartners - dessen Name im Übrigen noch immer nicht bekannt war. »So rennen immerhin nicht alle in derselben Gegend rum« Ein weiteres Mal richtete sich der Blick um, ein weiteres Mal lagen die teils noch aufgewühlten, teils aber auch beruhigten Bewohner Trampolis in dem erfassten Feld - Im Endeffekt wären sie doch sowieso alle durch denselben Ort gerannt und hätte jegliche Hinweise, Spuren, auf ewig vernichtet. Hoffnungslos.


    Doch ehe die Reinigungskraft in der Lage war, weitere Worte in den offenen Raum zu werfen, gab der werte Herr noch ein kurzes Sätzchen von sich, beging mehr oder minder einen Fehler, indem er das reizbare Fräulein - vermutlich ungewollt? - provozierte. Eine Wegsperre. Ein nerviger Hemmschuh. Wie schon so oft in der Vergangenheit fletschte sie Zähne, verfolgte mit den Augen die unscheinbaren Andeutungen des Fremden, welcher den hölzernen Wagen, welcher sich neben ihnen befand, zum Kristallpunkt der näheren Umgebung. Waffen. Richtig, Kampfwerkzeuge! Waren sie nicht der Grund dafür gewesen, dass man sich überhaupt in der Nähe des Karrens aufgehalten hatte? Abermals war sie also abgelenkt, ließ eine sich langsam aufbauende Rage verpuffen! Genau, Kriegsgeräte. Deswegen stand sie da. Um sich im Notfall verteidigen zu können. Ein weiteres Mal erfolgte ein ausgiebiges Mustern. Schwerter, Äxte, verschiedene Hammersorten, Zauberstäbe, Bögen, Armbrüste. So lächerlich viele Klingen blitzten im Antlitz der lieblichen Sonnenstrahlen auf, reflektierten ihr beruhigendes Licht. Auf welches Instrument würde ihre Wahl wohl fallen? Auf einen Zauberstab? Schließlich war er länglich, hatte viel gemein mit einem herkömmlichen Stab, einem Stab, wie man es von Besen kannte. Aber nein, es war ihr noch nicht erlaubt, Zauber zu wirken - Demnach fiel dieser Kandidat raus. Hätte die Hand nach den Dolchen greifen sollen? Kleine, handliche Klingen, die den Messern daheim ähnelten. Doch was, wenn der Feind ihr zuvor kam? Ein Dolch bietete zwar Bewegung, doch genauso stieg die Angriffsfläche, wenn man meinen wollte. Vielleicht... Ein schwaches Lächeln huschte über Chloricas lächeln - Vielleicht hätte sich mit einem Wischmopp gegen das Übel vorgehen sollen, immerhin wusste sie, wie man sich mit ebenjenem Putzwerkzeug einigermaßen zu verteidigen hatte... Letztlich aber sagte keine der vielen Dinge ihr wirklich zu, wenngleich der Fernkampf doch wirklich lockte - Grundlos, vollkommen willkürlich, griff man also nach einer Armbrust. Einer Fernkampfwaffe. Langsamer als der typische Bogen und zugleich robuster. Zwar war der Braunäugigen nicht bekannt, wie genau man sie zu halten hatte, doch kannte man den groben Umgang durch Bücher... Irgendwie musste es doch funktionieren! Und dann, gerade als die Bedienstete sich erneut dem Silberhaarigen zuwenden wollte, erhoben Wolkanon und Leo abermals die Stimme und erzählten von Hinweisen, die drei eingesessene Stadtbewohner gefunden hatten... Zum Strand sollten sie gehen - Wie ironisch das Leben doch war, nicht? Daraufhin schnappte die recht stille Dame sich ihr Gegenüber, begab sich mit diesem in Richtung Zielort.


    » Der Strand.


    {Den nächsten Part überlasse ich dir. :<}

    「EVENT #3」


    Entsetzen mischte in den Worten des Fremden mit, spielte einen sanften Unterton, der dennoch klar und deutlich zu hören war, und zugleich widersprach sie, jene hauchdünne Begleitung, dem was es doch eigentlich zu unterstützen galt - »Unwichtig«, ein klitzekleines Wörtchen, welches den Anschein erweckte, als würde es lediglich existieren, um Sinn und Ton zu Gegnern zu machen. Chlorica hob eine ihrer Augenbrauen an, während der eigene Blick noch immer auf dem Silberhaarigen lag. Unwichtig. Im Grunde genommen hatte der Herr somit die Wahrheit ausgesprochen, ja, vielleicht waren es gerade die unwichtigsten unter ihnen gewesen, die den Fängen des Unbekannten, des Bösen zum Opfer gefallen waren. Denn sie schienen keine sonderliche Bedeutung zu haben und was so wirkte als wäre es bedeutungslos, würde man nicht missen, schließlich würde niemand das Verschwinden von einer ohnehin mickrigen Existenz bemerken - So wie es keinen störte, wenn ein simples Blatt sich von seinem hohen Baum loslöste und von dem Wind getragen, sich langsam aber sicher entfernte, bis dass es nicht mehr greifbar war. Eventuell lag es ja an genau dieser menschlichen Eigenschaft, dass sie anscheinend spurlos verloren gegangen waren. Trotz dessen klang er nicht sehr einleuchtend, wie die Hellhaarige fand - Warum hatte es ausgerechnet diese sieben getroffen, wenn sie doch genauso "wichtig" waren, wie jeder andere Bewohner Trampolis? Und so, wie es auf der einen Seite alles erklären konnte, schied diese Möglichkeit auf der anderen Seite aus, war da eine vollkommen willkürliche Auswahl, wie das Glück beim Würfeln, doch weitaus möglicher als die Irrelevanz jener Menschen. »Irgendwer muss ja so bescheuert sein«, ging die Braunäugige mithilfe gefühlskalter Worte auf die rhetorische Frage des Anderen ein, wenngleich es - wie der Name dieser Art von Fragestellung bereits verriet - dabei doch um eine gänzlich unnötige Anmerkung handelte. Rasch verschränkte man die Arme vor der Brust, sah es doch tatsächlich aus, als hätte man die Absicht gehabt, die Arme in einen reinen Knoten zu verwandeln, während etwa zur selben Zeit weitere Worte aus dem Schlund krochen, »Grundlos hat er sie bestimmt nicht verschleppt.« Ja, dieses Fräulein entpuppte sich wahrlich als "hilfreiche" Gesprächspartnerin - Und dabei musste man im Hinterkopf behalten, dass es da in der Tat jemanden gab, den es zu retten galt. Unangebracht. Es war sehr gut möglich, dass sich ebenjene Verhaltensweise als deplaciert herausstellte, inmitten als des kühnen Heldenmutes war sie es sogar, doch das spielte keine Rolle solange die Entführten nicht befreit werden würden - Und um dieses Ziel zu erreichen, war es von Nöten den Wünschen der Ältesten ausnahmsweise einmal zu folgen und dementsprechend die Stadt zu durchsuchen, obgleich es doch ein wenig übertrieben war, gleich eine ganze Stadt in einen Topf voller Panik hineinzusetzen, wenn sie mit all dem Gerenne, das bald schon folgen würde, die meisten möglichen Hinweise eher vernichteten... Fußspuren, als Beispiel genannt.


    Ironischerweise ließ sich auf ein mehr oder minder vielsagendes Ereignis nicht lange warten, denn der Grünäugige nuschelte irgendwelche zunächst sinnlose Worte in seinen nicht vorhandenen Bart hinein, sprach von Spuren, welche er am Strand vorgefunden hatte. Abermals glimmte Skepsis in den Augen der Bediensteten auf und zugleich blickte man sich ein weiteres Mal um, konnte an sich jedoch nichts auffälliges ausfindig machen, wandte sich also wieder zurück, an den Gesprächspartner. »Ich bezweifle, das sich Touristen an den Strand wagen würden...«, für einen kurzen Moment schloss die Hofdame ihre Augen, nicht etwa, weil sie von Müdigkeit übermannt worden war, sondern weil es half, die brüllenden Dummköpfe des Platzes auszublenden, »Immerhin müsste das Wasser zu dieser Zeit kalt sein.« Die damalige Parfümeurin nahm einen tiefen Atemzug und entließ ebenjene gefangene Luft mit einem Mal - Wenn die Sinne sie nicht trügten, war es möglich einen kleinen Teil des "Wölkchens" wahrzunehmen, was bei etwas niedrigeren Temperaturen wohl verständlich war. Zugegeben, es handelte sich hierbei lediglich um eine simple Theorie der jungen Dame, welche ohne nennenswerte Hintergründe entstanden ist. Eine schlichte Idee, die irgendwo sogar richtig war, wenn man bedachte, dass in der Umgebung des Uhrenturmes Schnee lag - Selbstverständlich wusste sie jedoch nichts von diesen Schneehaufen, wie auch? Bei dem stillgestandenen Türmchen hatte sie sich lange mehr aufgehalten, zumal ihr der Volksplatz doch wesentlich lieber war... Vorausgesetzt das ganze Dorf hatte sich nicht dort versammelt und das, nun, genau das war zu jenem Zeitpunkt der Fall gewesen - Schrecklich, wie sie sich verhielten, wie ein Haufen stinkender Kakerlaken, der nicht wusste welchen Weg er einschlagen sollte!

    「EVENT #2」



    Verdutzt war der Blick, mit dessen helfender Hand die Bedienstete den hölzernen Wagen betrachtete, war sie doch wahrlich überrascht von der "farbenfrohen" Palette der angebotenen Waffen, denn nicht immer hatte man die Gelegenheit, so viele gefährliche Werkzeuge auf einem Haufen beäugen zu dürfen - Wie sollte man dieses Wunder denn auch vollbringen? In dem Anwesen der De Saint-Coquilles existierte sicherlich kein verstecktes Lager, welches unglaubliche Mengen an Kriegswerkzeugen verschlungen hatte, sie eifrig scheffelte, zumal es doch recht fragwürdig gewesen wäre, woher diese Kampfgeräte denn stammten, nicht? Des Weiteren zweifelte man auch an der Theorie, die Adelsfamilie wäre an derartigen Instrumenten interessiert, für die Jagd, die viele Menschen von Reichtum äußerst schätzten, liebten, schienen sie jedenfalls nicht sehr... "geeignet" - Nein, allein schon die Tatsache, dass der derzeitige Oberhaupt der stetig wachsenden Gruppe weitaus bessere Dinge zu tun hatte, als sich in die Freiheit zu begeben, um Monster und sonstige Tiere mit einem Pfeil oder dergleichen zu erlegen, sprach für sich, sein Beruf als Gourmet ging schließlich vor! Und trotz dessen musste Chlorica zugeben, dass sein Job vielleicht ein wenig zu sehr im Vordergrund stand, immerhin achtete der werte Herr nicht auf seine Figur - nicht, dass der Zofe von großer Bedeutung gewesen wäre, doch zu viel konnte die eigene Gesundheit schaden und dies wiederrum interessierte sie sehr. Allerdings spielte es in dieser Situation keine außerordentliche Rolle, ob der Adlige zu viel Masse besaß oder nicht, nein, zu jenem Moment war es doch bei weitem wichtiger, Fräulein Sophia und Kollege Vishnal, sowie die anderen Vermissten wieder aufzutreiben und dazu... Dazu war es wohl von Nöten nach einem dieser Tötungsinstrumente zu greifen, zugleich aber in der Hoffnung zu schweben, es würde zu keiner Konfrontation, Eskalation kommen, wenngleich es doch wohl eher nach einem Wunschtraum aussah, wenn man bedachte, dass eine Entführung zuhauf triftige Hintergründe besaßen - Abgesehen von denjenigen, die einzig und allein aufs Geld aus waren und dafür schamlos über Leichen marschiert wären. Grausam zu was die Menschen fähig waren, oder etwa nicht?
    Dementsprechend war es also zwingend nötig, Herr über ein solches Werkzeug zu werden, obgleich es doch eine unverschämte Zumutung gewesen war, Leuten, die vom Kampfe nicht den leisesten Schimmer hatten, eine derartige Sache einfach so in die Hand zu drücken - War es der Stadt etwa vollkommen egal, was ebenjene Handlungen mit sich gebracht hätten? Opfer. Mit etwas Pech würde es sich dabei nicht nur um die Entführten, nein, um das halbe oder gar das ganze Dorf handeln. Und dennoch... Dennoch wagte man diesen Versuch, trotz der Möglichkeit, dass es der einzige und somit erste, sowie letzte gewesen wäre. Schnell wandte die Langhaarige den Blick von dem Waffenwagen ab und blickte in die Richtung der vorigen Redner, ein skeptischer Blick, der nach dem Grund für all den Trubel fragen sollte - Nach dem Grund für jenes (anscheinend) unüberlegte Handeln. Allerdings konnte Chlorica nicht lange über die zunächst sinnlos wirkende Fragestellung nachdenken, wurde sie nach einiger Zeit schließlich von einer einigermaßen fremden Person angesprochen.


    Ein unerwartetes Zusammenzucken, auf welches die Braunäugige sich schlagartig umwandte, zur Seite blickte und den vermutlichen Sprecher vorfand: Langes, silbern glänzendes Haar, olivfarbene Augen und... waren das Ohren, wie man sie lediglich von wilden Tieren und Monstern kannte, die die Hofdame da sehen konnte? Die Überraschung ließ die Dame erst einmal Schlucken, nicht immer traf man auf einen Menschen, aus dessen Haupte Ohren wuchsen, die zudem noch behaart waren, und das musste erst einmal "verdaut" werden, obwohl es sie nicht einmal so sehr juckte, was für eine Art von Wesen da vor ihr stand und versuchte, an Informationen zu gelangen. Langsam schwiff der Blick jedoch ab, nachdem die fesselnden Öhrchen sich dazu entschlossen hatten, alle Aufmerksamkeit auf eine Art von Stock in der Hand des Silberhaarigen abzugeben - Ein pechschwarzer, länglicher Stab, an dessen Spitze ein bläuliches Zepter angrenzte, irgendwo ein wenig mysteriös wirkte. Gewiss doch handelte es sich dabei um einen Zauberstab, denn sonst hinterließ keine andere Waffengattung einen derartigen Eindruck bei ihrer Betrachtung - Und der Fakt, dass Grünauge einen solchen Stock in der Hand hielt, bedeutete, dass auch er ein Bewohner Trampolis war. Wenn die Hellhaarige sich recht entsann, hatte sie ihn sogar schon ein paar Mal gesehen, wenn es galt, einen simplen Einkauf für die Adelsfamilie oder derartiges zu erledigen, so oder so kam ihr der Mann rein äußerlich bekannt vor, doch den Namen... Nein, den kannte Chlorica nicht, immerhin hatte sie mit dem Herren noch nie ein Wort gewechselt, noch nie bis zum jetzigen Zeitpunkt. Er hatte sich nach dem Grund für all das Chaos und der Waffenspende erkundigt, nun, zumindest war es das, was man unter der Frage verstanden hatte. »Die beiden...«, abermals wandte man sich um, deutete mit der linken Hand auf die das Duo, welches sich aus älteren Herren zusammensetzte, »Sie wollen, dass wir nach Spuren und Hinweisen auf die Entführungen der letzten Nacht suchen.« Und ein weiterer, leiser Seufzer entkam der - inzwischen nicht mehr allzu trockenen - Kehle. Wie konnte man bloß all den Aufruhr verschlafen und dann noch die ganzen "Retten wir die Entführten!"-Gespräche überhören?

    「EVENT #1」


    Es war eine Nacht, gewöhnlich wie jede andere, die bis zu ebenjenem Zeitpunkt vergangen war: Die junge Dame hatte sich am späten Abend, als der liebe, lange Tag schon längst nicht mehr jung gewesen war, zu Bette begeben, um dem lieblichen Klang der Müdigkeit ein mehr oder minder ungewolltes Opfer zu werden - Schade, dass der Schein dazu neigte, mit seinen scharfen Klauen Ziele zu horten, ihre Sinne zu trügen und die Wahrheit verschwinden zu lassen. Täuschung. Eine gewöhnliche Nacht? Als ob! Denn bei einem derartigen Tagesende handelte es sich ganz gewiss nicht um etwas, das einem jeden Tag begegnen würde, nein, zumindest nicht in Trampoli - Warum auch? Oder anders ausgedrückt: Selbstverständlich fand von täglich verwahrloste Zimmer vor und natürlich auch immer dann, wenn sie wenige Stunden zuvor noch in neuem Glanz erstrahlten oder - wie in ebenjenem Fall - ihre Einwohner verschwunden waren, kein Härchen hinterlassen haben. Verwüstung. Spuren eines Kampfes. Nun, zumindest erweckte der Anblick der Lokalitäten diesen Eindruck, wenngleich es doch recht verwunderlich war, dass die restlichen Bewohner der riesigen Villa von den vermuteten Schlägereien nicht Wind bekommen hatten. Doch nicht nur der wohl äußerst tiefe Schlaf der Villenbewohner war schändlich, nein, ebenso war es die Tatsache, dass die Räume am Tage zuvor frisch geputzt wurden, sowie das einst wunderschöne Lämpchen, welches sich bei Mitternacht dazu entschieden hatte, sich zu verbiegen oder etwas ähnliches in der Richtung zu tun.


    Und nun. Nun stand sie da. Auf dem geliebten Platz des Volkes. Geliebt. Wie ironisch es doch war, immer verabscheute die Reinigungskraft außergewöhnliche große Menschenmassen, doch dort, wo sie sich zu jener Zeit befand, existierte eine Schar bekannter und unbekannter Gesichter. Getuschel, Fragen, entsetzte Gesichter, aber auch Lebewesen, die recht gelassen wirkten. Warum war die Bedienstete nochmal hergeeilt? Um auf engstem Raume stehen zu können, wenngleich die Anzahl der in Trampoli hausenden, menschlichen Kreaturen noch einigermaßen gering war? Nein, das war es sicherlich nicht - Warum auch hätte sie es tun sollen? Für ein paar Minuten, die man mit anderen verbringen musste? Die Langhaarige schluckte, all der Trubel um - wie es derzeit noch aussah - nichts schien definitiv zu viel, Trubel, der andererseits auch nicht umsonst war, oder? Schließlich erschallte eine herrische, energische, laute - etwas schrille -, vor allem aber bekannte Stimme, die die Menge kurzzeitig zum Schweigen brachte, sie zähmte, wie ein ohnehin schon zartbesaitetes Woll-Monster. Um die Entführung ging es, die vermissten Personen, die auf unglaubwürdige Art und Weise allesamt in ein und derselben Nacht spurlos dahinschwanden. Und auf die Ansprache folgte eine - zugegeben - lange, schier "unendliche" Liste: Lukas, Mei, Sophia, Vishnal, Dolce, Daria und zu guter Letzt folgte auch noch Kiel. Gleichermaßen beeindruckt, wie unberührt gab die Hofdame sich von der Tatsache, dass man hierbei "lediglich" von sieben Leuten gesprochen hatte, von Namen, die der Braunäugigen größtenteils noch fremd waren. Zudem hatte sie einzig und allein mit zwei aus ihrem Reigen etwas am Hut und ebenjene Personen lebten in dem Anwesen, das auch sie selbst ihr Heim nennen konnte. Lady Sophia, welche erst mit dem Wandermarsch aus Alverna hier eingetroffen war, und der tollpatschige, hoffnungslose Butler Vishnal, mit dem sie zuhauf - wenn auch "gezwungenermaßen" - zusammenarbeiten musste.
    Dann allerdings trat Wolkanon, dem stolzen Herren, der als das unverzichtbare Haupt des Städtchens fungierte, und dem die Stimme von zuvor zuzuordnen war, zurück und schuf Platz für einen weiteren Herren, einer Persönlichkeit, die sich nicht einmal in den kühnsten Träumen einer zufälligen Person "Jungspund" nennen konnte - Was sollte man von einem alten, grimmigen Mann auch schon erwarten? In voller Blüte stand der Bärtige jedenfalls schon lange nicht mehr. Diese Herrschaft, der örtliche Schmied, der ursprünglich - ebenfalls - aus dem Nachbardorf kam, sprach jedoch nicht über die Mission - die hiesige Spurensuche -, welche alle Anwesenden auszuführen hatten, sondern über das Equipment, welches sie hätte begleiten sollen: Ein Wagen, der in Chloricas Augen bereits mitgenommen aussah, galt wenige Augenblicke später als Blickfang, denn das fast schon lächerlich wirkende, facettenreiche Sortiment war wahrlich beeindruckend - Und sie alle schienen gut geschmiedet, stark, eben so, dass sie nicht den Eindruck machten, sie würden jeden Moment - einfach so - zerspringen oder sich mit einem lauten "Puff!" und ganz viel Feenstaub in Luft auflösen... Wenigstens konnte man ihnen ansehen, dass der Griesgram sein Werk verstand - Nun, das erhoffte die reizbare Dame sich zumindest. Letztlich aber wirkte der Bann, den die Waffen auf die Bewohner Trampolis legten, nicht lange, jedenfalls taten sie das, wenn von der Hellhaarigen die Rede war, denn stattdessen verhießen all die Klingen nicht mehr als ein bitteres Gefecht - Und ein Kampf deutete häufig auf Opfer, Opfer bedeuteten Blut und die rote, dickflüssige... Flüssigkeit stank nun einmal ungemein. Sie wollte nicht raus, nicht raus in den Kampf, wenn er denn entstehen sollte, sie wollte nicht raus und diesen stechenden Geruch ertragen, nicht dass sie nachher bewusstlos auf dem Kampffeld liegen würde, weil der Gestank ihr Kopfschmerzen bereitet hatte... Wer wusste schon, ob sich nicht irgendwer auf die Braunäugige stellen würde, weil er dachte, es wäre ein regloser Körper, eine Hülle ohne Leben gewesen, nicht wahr? Doch das hätte sie wohl nie erfahren, nicht bevor man sich dem Versuch hingab und anderen Leuten die Erlaubnis schenkte, mit ihren dreckigen, vor Schlamm triefenden Schuhen über ihren Körper zu laufen... Ein winziger Moment, in dem man jedwede Konzentration verlor und anstelle dessen aufgrund eines eiskalten Schauers erzitterte, erfolgte: Nein, nein, nein! Soetwas würde Chlorica nicht dulden! Dreck. Warum auch mussten alle Schuhwerke früher oder später Dreck aufsammeln und überall hin mit sich schleppen?! Und warum konnten sich die Nichtsnutze von schlampigen Dorfbewohnern nicht einmal die Mühe machen und ihre Schuhe ordnungsgemäßg säubern?! Und - Plötzlich weckte die harsche, erhobene Stimme des Schmiedes die Bedienstete, welche in ihren vollkommen unwichtigen Gedanken versunken war, andererseits dachte ein jeder in einer derartigen Situation über verschmutztes Schuhwerk nach, oder etwa nicht?
    »Damit ihr den Ernst der Lage versteht, es wird NIEMAND diese Stadt verlassen, ohne einen der Älteren« hieß es schließlich, woraufhin so manches Gesicht jedoch von einem gewissen Maß an Irritierung zeugte, die ein oder andere Stimme sich wegen dieser lachhaften Bedingung erhob - Verständlich, zugleich aber auch alles andere als das. Wortlos, still schweigend wanderte der Blick der Hofdame, welche noch immer nicht sonderlich angetan von der Menschenmasse war, umher, während ein Großteil der Anwesenden drauf und dran war für Randale zu sorgen - Höchstwahrscheinlich waren sie enttäuscht, wütend, dass sie ihr Heldendasein, ihren Beschützerinstinkt oder schlichtweg das Gefühl helfen zu wollen nicht ausleben durften. Ungläubig schüttelte die Langhaarige den Kopf, seufzte leise und erklärte nebenbei diesen Teil des Dorfes für Idioten - Es sei denn sie liebten die Gefahr und wollten, leichtsinnig wie sie allem Anschein nach waren, direkt in die ohnehin schon blutige Klinge des unbekannten Gegners rennen, sich selbst in das Ende stoßen, was die Reinigungskraft bei all den kühnen Reden so langsam auch glaubte. Auf der anderen Seite jedoch hatten ebenjene nicht sonderlich vielversprechenden, leeren Versprechungen doch noch etwas Positives an sich - Irgendwie ironisch, wenn man es genau nehmen wollte: Sie motivierten. Motivitation, auf dass die reizbare Herrin doch tatsächlich überlegte nach einem solchen Tötungswerkzeug zu greifen - Was sie im Endeffekt wohl auf jede erdenkliche Art und Weise hätte machen müssen, wie hieß es noch so schön? »Jeder sollte sich im Ernstfall verteidigen können« Demnach begab man sich auch in Bewegung, das angepeilte Ziel war der Wagen, der allerlei Waffen mit sich trug - Jetzt fehlte lediglich die Entscheidung.

    15 - {Chlorica & Vishnal}


    »... Pah!« Ein einziges Wort, wohl eher ein simples, doch recht trotziges Geräusch, hatte sich dazu durchgerungen, die Kehle der jungen Dame zu verlassen und der Außenwelt einen Besuch abzustatten. Simpel, ja, so war es, simpel, wie es auch der Grund seiner Entscheidung gewesen war: Chlorica wandte ihren Blick von dem Herren ab, blickte auf die nimmer verharrende, sich stets in Bewegung befindende Wasser, welches das schwache Licht des täglichen Abendrots mit Freude reflektierte. Dumm. Unglaublich dumm. Ein Idiot. Nicht mehr und nicht weniger - Und wenn, dann trug der Tollpatsch sicherlich noch mehr von der Dummheit in sich. Die Braunäugige schüttelte ihr Haupt, die langen, wie üblich geflochtenen Haare wedelten, ebenso als grüßten sie irgendetwas, als hingen sie lediglich an dem Kopf des Fräuleins, was sie im Endeffekt auch taten. »Du lügst doch wie gedruckt!«, folgte wenige Sekunden später, Augenblicke, in denen das Blickfeld sich nur noch auf das tänzelnde Gras unter ihren Füßen und die hellen, fliederfarbenen Strähnen, die ein freies Sichtfeld gekonnt verhinderten beschränkte. Lüge. Was konnte eine einfache Kreatur schon als Wahrheit bezeichnen? Wie konnte sie unterscheiden lernen, wenn die gesamte eine einzige Illusion hätte sein können? Wie war es möglich, wenn sie nicht einmal die wundersame Fähigkeiten besaßen, die kurzen Wörtchen - "wahr" und "falsch" - zu definieren? So viele Fragen konnten sich einem Menschen, vielleicht sogar einem äußerst klugen Monster in den Weg stellen, ihn blockieren. Und dabei handelte es sich um dumme Fragen. Unpassend. Unerwünscht. War es doch eindeutig wichtiger zu erfahren, wer oder was genau der Ursprung war, der Quell, welcher die einstige Parfümeurin dazu veranlasste, den naiven Butler als "Lügner" zu bezeichnen. Überstürzte Spontanität - Höchstwahrscheinlich, nein, gewiss doch bot sie einen Grund für ebenjene voreilige Handlung, denn die Person, welche sich selbst versuchte aus einer elenden Situation rauszureden, hatte sich selbst betrogen. Selbstbetrug, geboren mit dem Versuch die Schuld verzweifelnd von sich zu schieben und auf die nächste Person zu übertragen. Oh, jämmerlicher Selbstbetrug. Plötzlich zuckte die eine Hand, langsam, schleichend bewegte sie sich fort, besuchte das eigene Haupt und strich durch die glatten Locken, die der Blauäugige zuvor in ein minimales Chaos gebracht hatte. Und da tauchte eine gewisse Sehnsucht auf - Die warme Hand, die sich aus heiterem Himmel auf dem Schädel der Dame platziert hatte, jene zierliche Hand... Nicht, dass die Bedienstete sich eingestand, dass ein Fehler begangen wurde, indem man die fünf Finger von ihrem Köpfchen entfernte - Genau genommen, war dem nicht einmal so, da gab es nichts, gar nichts. Nichts außer ein Fünkchen Sympathie das zu Existieren begann. Ein Erfolg, den der höchstpersönlich sich kurz darauf zerstörte und in sein genaues Gegenteil umwandelte. Doch um auf die Frage der Schuld, die Suche nach dem listigen Lügner zurückzukommen... Selbstverständlich war sie diejenige gewesen, die den Versuch gewagt hatte und diejenige, der ein bedrückendes Gefühl im Antlitz ebenjener irritierenden Situation entgegenkam, zulächelte.
    Der Blick, zuvor noch gen Boden, lebendigen Pflanzen gerichtet, inzwischen wieder emporgestiegen, während die eigens gehobene Hand abermals sank wie ein durchlöchertes Schiff. Lächeln. Ein mühsam beschworenes Lächeln bildete sich auf den dünnen Lippen Chloricas ab, ein Exemplar, welches man lieber vermeiden wollte - Eine weitere Lüge, ein weiterer Täuschungsversuch, wollte man dem Gesprächspartner doch Ruhe, Liebe vorgaukeln. Und so schnell wie es aufgetaucht war, war es auch wieder in den finsteren, unerforschten Tiefen verschwunden, schlagartig verfinsterte die Miene sich ein letztes Mal - Das Finale, wenn man sich ein Leben für das männliche Blauhaar wünschte. »... Nicht ganz so groß?!«, zischte das Fräulein, trat ein wenig näher an den verwirrten Mann heran, »Nicht ganz so groß sagst du?!« Abermals nahm sie einen großen Schritt, fletschte die Zähne, wenngleich es nicht sonderlich bedrohlich wirkte. Ein weiteres Mal erhob sich die linke Hand, war angespannt, der lange Arme zitterte ein wenig, bebte. Der Ansatz zur nächsten Ohrfeige war gebildet, bevor man ausholen konnte und - Schallendes Lachen. Erzwungenes Lachen. Punkte mussten her, ein Schlussstrich sollte gezogen werden - Zögerlich, peinlich berührt das Gelächter, übertönte es doch lediglich eine Angst vor dem Unbekannten. Es war genug, wenngleich süße Rache hinter einer nicht bekannten Ecke lauerte.

    #14 - {Chlorica & Vishnal}




    Stille war eingezogen. Stille für die aufbrausende Dame. Eine übertriebene Stille. Sie war nicht erwünscht, fehl am Platze. Sie sollte weg, verschwinden. Ein Häufchen Elend, das war sie. Wer brauchte sie schon? Wer war so töricht und nahm die Dienste eines peinlichen Schweigens in Anspruch? Rasch sank der Hellhaarigen. Jeglicher Blickkontakt sollte gemieden werden. Unangenehm. Der Mann, der auf ihre Aufforderung hin etwas ernster schien, ging leicht in die Knie, fasste die schmalen Schultern seiner Kollegin. Aufhören. Und ihr Augenmerk galt einzig und allein dem Gras, welches bis an den Rande des Landes, zum Beginn des Sees reichte. Mit dem Wind rauschte es, die Bewegung glich der, die Wellen im Angesicht der Brisen auf die Bühne brachten. Beruhigend. Und unglaublich ätzend. Nicht nur, dass ein konzentrierter Blick Löcher in das massivste Material bohren konnte, nein, er lastete, lastete schwer, er hinterließ auch den Eindruck als wolle der hochgewachsene Herr sich amüsieren, lustig machen. Ein lächerliches Szenario, lächerlich, wie ihre eigene Körpergröße, lächerlich im Vergleich zu der des Anderen. Schließlich beendete der Blauhaarige ebenjene Szene, auf dass die nächste ihren Platz fand - Eine Umarmung, Streicheln. Und wie es den Anschein machte, verbesserte sich nichts, rein gar nichts, schienen all diese Dinge doch nur noch lachhafter. Dementsprechend waren die Würfel gefallen und welche Augenzahl sie auch immer aufwiesen, sie stand fest, fest wie der Entschluss dem Närrischen einen Punkt zu setzen. Daraufhin, das Haupt inzwischen gehoben, einen entgeisterten Gesichtsausdruck offenbarend, rollten die Steine, sie fielen, ruhig und stille fanden sie schließlich ihre Rast, in den Gräsern, welche noch immer im Winde tänzelten, und so wie sie in ihren "natürlichen Lebensraum" zurückkehrten, hob die Bedienstete ihre Arme, legte sie an den Körper des Mannes - Und dies geschah sicherlich nicht, weil es die Umarmung zu erwidern galt, nein, es passierte, damit man den Blauäugigen von sich wegdrücken konnte. Das Schweigen sollte unterbrochen werden, Schweigen, welches aus Verwirrung entstand, Verwirrung, die erst recht nicht aus Liebe geboren war. Es war alles andere als das achso schöne Gefühl. Anders als diese Wärme. Sie war es nicht, denn sonderlich warm wurde der Langhaarigen beim Anblick ihres Gesprächspartners nicht. Wenig später gellte schließlich ein sehr wohl bekanntes Geräusch über die nähere Umgebung der beiden - Identifizierbar als der Ton, der beim Klatschen in die Lauscher drang. »Sag mal...« Recht leise überschritten die beiden Worte die dünnen Lippen der jungen Frau und dennoch war es schon lange kein Wispern mehr gewesen. Abermals hob sie die linke Hand, entfernte diese von ihrem Körper, auf dass ebenjene auf die Visage des Mannes zuschnellte. »...Was zum Henker denkst du dir, Vollidiot?!« Und die Miene verfinsterte sich, nein, eher nahm sie trotzige Züge an, doch "trotzig" bedeutete noch lange nicht, dass kein Zorn seine Finger im Spiel hatte. Erzürnt. Vielleicht war sie das. Genau genommen... Ungewiss. Nicht einmal die eigenen Gefühle konnte man deuten, aber ja, eine gewisse Wut spielte sicherlich eine Rolle, wenngleich es nur eine winzige zu sein schien. »Hör auf mit dem Unsinn, behalte deine Finger bei dir und... Zum Henker nochmal, mach dich nicht über meine Größe lustig!«, knurrte die ehemalige Parfümeurin, beschäftigte einen Zeigefinger vor der eigenen Nase, eine tadelnde Bewegung - Wie ein Elternteil oder gar ein Lehrer ein kleines Kind mit einer langwierigen Lektüre einschüchtern wollte. Eine Ausrede. Es war nicht mehr als eine unverständliche Ausrede. Wofür? Ein Ausweg für... Nun, nicht immer erklärte man sich dazu bereit, ein offenes Buch für Außenseiter darzustellen, nicht immer wünschte man, gelesen zu werden und nicht immer stellte sich dies als guter Entschluss heraus. Aber dies war Chlorica selbstverständlich nicht bewusst, immerhin war es eine Kurzschlussreaktion, eine simple Aufreihung von absurden Gedanken, die immer wieder im Köpfchen der Magd auftauchen wollten. Fehlte lediglich der dramatische Abgang, ein Verschwinden, für das sie sich bereits vorbereitete.

    #13 - {Chlorica & Vishnal}




    Beruhigen sollte die Dame sich? Welch' eine sinnlose Forderung da über die Lippen des Blauhaarigen kroch, wenngleich es nur in einem indirekten Wege geschah! Ruhig? Der junge Herr musste wohl von plötzlicher Blindheit überfallen worden sein, auf dass er trotz des verharrenden Blickes nichts erkannte - Sie war ruhig -Zumindest nach dem eigenen Ermessen! Und dennoch schien es mehr als verständlich, die Ignoranz der "Ruhe in Person", denn gelassen wirkte die Braunäugige nicht im Geringsten. Eher glich sie einem ungezähmten Monster als einer jungen, ungeschützten Maid, die lediglich auf ihren edlen Prinzen mit seinem weißen Ross wartete. Nun, jener Pfeil rauschte allem Anschein nach an seinem Ziel vorbei. Wehrlos? Eine unbeholfene Maid? In einem Theater mussten die beiden Bediensteten sich wohl befinden, sodass ein derartiger Figurenwechsel stattfinden konnte! Das zierliche Mädchen, welches die Erlösung durch die Hand eines Schönlings herbeisehnte... Vishnal. Tatsächlich konnte man glauben, dass der Butler die Rolle eines hilflosen Lebewesens eingenommen hatte. Und Chlorica... Wenn der Mann sich bereits als Bedrohte(r) ausgab, so misste einzig und allein der Drohende. Genau genommen war die ehemalige Parfümeurin alles andere als eine zarte Elfe - gemeint ist keinesfalls eine Bestie mit dem Volumen eines Elefanten -, welche einzig für den Haushalt zu gebrauchen war. Reizbar. Regelte ihre Angelegenheiten gerne mit Putzwerkzeugen, oder aber mit mickrigen, fast schon lächerlich kleinen Fäusten. Ein großer Teil Trampolis, nein, der gesamten Welt hätte das Fräulein vermutlich für kein Fräulein gehalten, wäre das Auftreten maskuliner, kräftiger gewesen. Wenigstens tauchten auf diese Art und Weise weniger Kommentare à la »Flachland« auf, bedeutend, dass ein paar Menschen weniger... glücklich sein durften. Der Blauäugige hingegen besaß nicht die Vorraussetzungen, um zu realisieren, dass das, was er da von sich gab, meist schon die Grenze überschritten hatte - Es sei denn seine fatalen Fehler waren ihm bewusst und er liebte das Gefühl, welches ein Lebewesen bekam, wenn seine Magengegend die Bekanntschaft mit einem Wischmopp, Eimer, sonstigen Putzutensilien oder (wie in ebenjenem Falle) Steinen machten.
    In der Zwischenzeit hatte sich die linke Hand - gewiss doch handelte es sich bei der ebenso arbeitsamen, wie auch cholerischen Angestellten um eine Linkshänderin - zu der winzigen Ansammlung von Steinen in der anderen bewegt, um ein weiteres Exemplar der nicht sonderlich weichen Minerale zu fassen, auf eine höher gelegene Ebene zu befördern. Er würde folgen. Nicht viel Zeit würde verstreichen bis das Gestein seine nicht existenten Schwingen ausbreitete, sich in die Lüfte erhob und einem Körperteil "Vishies" grüßte. Und diese Zeitspanne war bereits übertreten. Um das gewünschte Ziel zu erreichen, benötigte die Hellhaarige nicht mehr als eine simple, kaum anstrengende Hand- oder gar eine einzige Fingerbewegung - Da flog er! Anmutig zog er seine Kreise in der Freiheit, wirbelte und hoffte auf der Hülle des Mannes eine weiche Landung zu finden. Sein Landeplatz? Das etwas größere Steinchen visierte den Brustbereich des Blauhaarigen an, hatten seine Artgenossen doch schon genug Vergnügen mit der Magengrube gehabt - Der erste Miniatur-Brocken, der neue Gebiete erkundete! Ob er allerdings traf, war eine andere Frage... Währrenddessen zog die Hellhaarige eine Art von Schmollmund, den finsteren Blick auf den Kollegen haltend, das leise Knurren verstummte. Stille. Allerdings hielt sich ein elendes Schweigen nicht lange, gebrochen wurde es durch die - untypisch - helle Stimme des Opfers, das versuchte aus der Situation ein normales Gespräch zu machen. Reden? Reden konnte man über Blumen, Seen, saubere Flure, aber derartige Unverschämtheiten?! »Sei ein Mann!«, zischte sie daraufhin, das Augenmerk verfinsterte sich, wurde konzentrierter und auch die Hoffnung auf einen reinen Energiestrahl, der den anderen durchbohrte, keimte auf. Schade, dass dieser Wunsch unerfüllt bleiben sollte. Außergewöhnlich? Solche herausragenden Eigenschaften besaß sie nicht. Im Grunde war es wohl besser, besser für alle, die Kontakt zu ihr pflegten, besser für Chlorica selbst. Sie wären weg. Und sie? Allein. Ein egoistischer Wunsch. Egoistisch, wie es wohl eine jede Kreatur irgendwo in ihrem Inneren war. Egoismus, welcher sie davon abhielt, auf die nächste Stufe zu steigen, die Steine wegzulegen, Fäuste tänzeln zu lassen - Nicht, dass die Bedienstete besonders stark war. Demnach beließ man es bei den derzeitigen Taten, auf dass ein weiterer Kiesel seine unsichtbaren Flügel zeigte, in der Hoffnung auf einem atmenden Wesen - und nicht auf der Wiese oder gar im Wasser - zu landen.

    #12 - {Chlorica & Vishnal}


    Skeptisch war der Blick, welcher sich mittlerweile auf den Blauhaarigen gestürzt hatte, während jener versuchte sich aus seiner zugegebenermaßen recht brenzligen Situation zu befreien. »Du wolltest nur..?«, wiederholte man knurrend die zögerlich ausgesprochenen Worte der anderen Person, gab sich nicht die geringste Mühe ein freundliches, dennoch vorgetäuschtes Lächeln aufzusetzen, um die wahren Gefühle - von denen Vishnal sicherlich schon Wind bekommen hatte - hinter einer langsam zerbröselnden Fassade zu verstecken. Warum auch hätte sie ihrem Kollegen den Wunsch nach Sicherheit - wenn auch nur augenscheinlich - erfüllen sollen, wenn all die Tagträumereien binnen wenigen Sekunden zerplatzt wären? Derart klischeehaftes Verhalten schien mehr als schlichtweg unnötig, doch wieß ebenso eine gewisse Barmherzigkeit auf. Barmherzigkeit? Güte? Über jene Art des Ausdruckes ersparte Chlorica dem Butler wahrlich so manchen Schmerz, sie trügte nicht, konfrontierte den jungen Gesellen eher mit der harten Wahrheit - Und diese war in Form einer düsteren Miene, welche der eines erzürnten Monstrums fast aufs kleinste Haar glich, anzutreffen. Er hatte einen Fehler begangen und darauf verwieß die Dame ihn netterweise, wenngleich es nicht über die freundlichste Art und Weise geschah, doch was spielte das nun schon für eine Rolle? Eine unwichtige, wen beschlich dieses Gefühl nicht? Ob die Langhaarige sich nun mithilfe eines riesigen Schildes ausdrückte oder gleich Taten sprechen ließ... Beide Methoden führten zum selben Ergebnis - Wenn man von blauen Flecken und Schmerzen jedweder Art einmal absah, hieß es.
    Allerdings konnte die Braunäugige auf keine Antwort mehr warten, all jene einst vorhanden Geduld, sie war ausradiert wie der Docht einer beliebigen Kerze von den züngelnden Flammen verzehrt worden war. Demnach näherte die reizbare Frau sich ihrem "Opfer", "schmuste" quasi mit seinem nicht vorhandenen Pelz - Nun, insofern dies bei dem Größenunterschied möglich war, wirkte es doch eher so, als sei er, der etwas dümmlich erscheinende Tollpatsch, derjenige gewesen, der es wagte die andere Person, eine holde - oder auch nicht ganz so gnädige - Maid, zu belästigen! Aber nicht nur in diesem Sinne wirkte das Bild, das ihre derzeitigen Positionen abgaben, falsch auf unwissende Außenseiter, nein, da existierten weitaus mehr Möglichkeiten es zu deuten - Wie etwa bei einem Größenvergleich. Richtig, ein Messen der Körpergrößen! Eine wahrhaft ausgeklügelte Ausrede für entstehende Ausdrücke, nicht wahr? ... Wären da bloß nicht Gesichtsausdrücke gewesen. Mimiken sprachen immerhin Bände, mehr als das ein oder andere Wort jemals ausdrücken könnte! Denn ein reichlich kurzer Blick auf die Visage der Hellhaarigen verriet einem schon, dass sie ihrem Gegenüber [noch] nicht freundlich gesinnt war, eher vermittelte das Gegenteil. »Es regt mich nur auf, dass er so unglaublich groß ist!« Weitere Ausreden, abgestimmt auf das gewählte Beispiel. Nichts als Ausreden, Versuche Teilhaber und Beobachter eines Szenarios zu täuschen. Vergebliche Versuche. Eine Lüge - eine Lüge, die trotz der Bezeichnung ein Fünkchen Wahrheit hütete -, welche bereits von ihrer Geburtsstunde an zum Scheitern verurteilt war. Scheitern. Auch die unvollendete Ausrede Vishies war dem Ende geweiht, da sie... Nun, nicht umsonst hieß es "unvollendet".


    Schließlich winkte der Herr ab und schlug ein neues Kapitel auf, hoffte wohl darauf, dass sein Vorgänger in Vergessenheit geraten würde - Falsche Hoffnung, eine Wunschtraum, der im Endeffekt nur mehr Enttäuschung bringen sollte, als Freude. Selbstverständlich war es der eigens ernannte Vorbote einer bis dato unbekannten Enttäuschung, in der eventuell auch Verzweiflung mitsang. Abermals verfinsterte sich die Miene der Bediensteten - es stand schon einmal fest, dass sie dadurch früher oder später allerlei Falten ihr Eigen nennen durfte - und man suchte nach einem Gegenstand, mit dem jene Wut auslassen konnte, eine Art von Ventil. Wischmopp? Besen? Putzutensilien allgemein? Chlorica biss die Zähne zusammen. Nein. Nein, keines dieser geliebten Werkzeuge war in der Nähe, es sei denn eine Person versteckte an dem mittelmäßig großen Wasserloch seinen heiligen Lagerraum. Zweifelhaft. Sie schloss die Augen, nahm die Faust an den eigenen Mund, stützte mit dem über gebliebenen Arm den gehobenen - Eine typische Pose. Ob sie half war fragwürdig, vermutlich wog sie den Blauhaarigen lediglich in Sicherheit. Was hatte ein See alles zu bieten? Wasser, Fische, noch mehr Wasser und ein Ufer. Das Augenmerk, die Fenster zur Seele waren einen schmalen Spalt breit geöffnet, glitt über den "Tümpel". Ein Fisch? Ob es angebracht war, mit einem nassen, stinkenden Lebewesen auf ein anderes einzuschlagen? Unmerkbares Schütteln des persönlichen Hauptes. Das Ufer? Was konnte ein jämmerliches Seeufer schon besit... Steine! Die Dame wandte sich um, suchte nach einem kleinen Haufen mickriger Steinchen, peilte nach einem Fund ebenjenen an, lud sich ein paar in die Hand und begann aus gewissem Abstand nach dem Kollegen zu werfen - Wenigstens endete es nicht in einem einseitigen Faustkampf... »Träum' weiter!«, zischte die damalige Parfümeurin, nachdem ein vor Sarkasmus strotzendes Lachen - oder eher ein untypisches Kichern - verstummte.

    #12 - {Chlorica & Vishnal}



    Sie schüttelte ihr Haupt und mit ihm wandten sich auch die langen, lilanen Haare. Es war ein ablehnendes Schütteln, welches ihre Reaktion auf den ersten Satz - nach geraumer Zeit - Vishnals darstellen sollte. Gleichzeitig jedoch schwang ein dünner Hauch von Verwirrung in Mimik und Gestik der Dame mit, zwar war sie nicht allzu groß, doch konnte ein Außenstehender - gemeint war natürlich der Blauhaarige - dies mit Leichtigkeit erkennen, selbst wenn ihm diese überaus "besondere" Fähigkeit weder von Geburt an noch ab einem bestimmten Zeitpunkt in seinem Leben zustand. Fraglich blieb nur noch, ob der Tollpatsch dessen mächtig war, ob er den Spritzer Überforderung ausfindig machen konnte. Überforderung. Ein schrecklich unpassendes Wort, wie die zuhauf schweigsame Dame fand. Jene Situation forderte keinen der Teilnehmer, nicht im Geringsten, zumindest verriet dies der Anschein, denn in der harten Realität angekommen, war dieses Szenarion nicht ganz so "unschuldig" wie es zunächst schien: Obgleich man es sich nicht eingestand, gab man sich doch ein wenig überfordert, überrumpelt von einem, nein, zwei winzigen Sätzen, angegriffen von der Umgebung, der Hintergrundgeschichte, aber auch die Tonlage des Butlers trug zu diesem niederdrückenden Gefühl bei. Ungewohnt. Richtig, es war nicht mehr als ein ungewohntes Gefühl, ein schrecklich ungewohntes Gefühl. »Woher kam das denn auf einmal?«, murmelte Chlorica, mehr an sich selbst gerichtet, als an ihr Gegenüber, welches aus heiterem Himmel vorschlug, den derzeitigen Ort des Geschehens zu verlassen und etwas anderes aufzusuchen. Ein weiterer Moment, in dem die junge Frau sich fragte, was in dem klugen - nun, ob dies der Wahrheit entsprach, wusste sie nicht wirklich - Köpfchen ihres Kollegen so vorging. Er war ein ungelöstes Rätsel und dennoch recht einfach zu durchschauen - Schade, dass sie sich nicht darum kümmerte, nicht wusste, wie man die Aktionen einer anderen Person zu deuten hatte. Demnach verstand man lediglich die Oberfläche des Ganzen, verließ die gebückte Pose, um wieder aufrecht stehen zu können, den Blick kurz umherschweifend. »In der Stadt... stinkt es...«, gab die Langhaarige schließlich von sich, was sicherlich schräg und unglaublich unpassend klang, es bei genauerem Betrachten keineswegs war - Zwar war bereits so mancher Tag vergangen, doch lag noch immer ein Schwung von Blut in der Luft, nun, zumindest sein Geruch tat es. Ein unangenehmer Duft - wenn dies noch in die Kategorie "Duft" einzuordnen war -, hervorgebracht durch damalige Opfer diverser Monsterattacken, durch die Verletztungen der neuen Dorfbewohner. Es stank. Und ebenjener Gestank verpestete die Luft Trampolis, einigermaßen zumindest. Wenn man es genau nahm, bedeutete dieser Spruch nichts anderes als »Ich will hier nicht weg«, ausgedrückt durch einen nicht ganz so verständlichen Grund für diesen Wunsch. Warum auch wollte man zurück, in eine Umgebung, welche vor großen und kleinen Bauten nur so strotzte, so manche Alltagspflanze beheimatete, eine Bühne, auf der es sich nicht zu spielen lohnte? Fremde befanden sich dort, wenngleich ihr auch das gesamte Dorfvolk fremd erschien, immerhin hielt man sich meist nur in der Villa, wo man dem eigenen Handwerk nachging, oder außerhalb des Städtchens, wo es allerlei Materialien gab, mit denen man experimentieren konnte, auf. Sie hatte nicht viel Kontakt zu Trampolis Bewohnern, genau genommen hatte sie das nie, doch das war eine vollkommen andere Geschichte, unwichtig in Anbetracht des Gespräches. »Der Volksplatz, er ist ganz nett«, folgte nach einigen langen Minuten der Warterei, diente als Antwort auf die Frage, ob es einen besonderen Ort für die Hellhaarige gab. Besonders? Nein, das war besagter Platz nicht, nicht wirklich. Vermutlich war das Verhältnis zwischen der Bediensteten und dem Sammelort für Feste ähnlich dem von Vishnal und dem Polisee. Ein Mögen. Nicht mehr und nicht weniger. Grundlos. Ironisch schien es vor allen Dingen dadurch, dass sie vielbesuchte Örtlichkeiten und Menschenmengen verabscheute, Dinge, die häufig auf den Platz des Volkes zutrafen. Noch ironischer gab sich diese Vorliebe, wenn man wusste, dass dieser Platz sozusagen die Stadtmitte, ihr Herz, bildete - Und wie bereits erwähnt, lag ein widerlicher Geruch in der Luft, sodass der Blauhaarige sie keinesfalls dort hinziehen könnte. Nicht in seinen Träumen. Nicht für jenen Moment, in Zukunft schon eher, aber nein, nicht solange diese mickrige Priese von Gestank existierte - Eine mickrige Priese, die man sich vielleicht nur einbildete?


    Mit der Zeit löste sich der winzige Knoten, der sich gebildet hatte, löste sich auf, auf dass das Gefühl von Überforderung mit einem einzigen Augenblick entschwand. Es geschah, als der Gesprächspartner sich zu der Frage ihrerseits äußerte, zunächst überlegte und dann einen weiteren Fehler beging - Eine Andeutung. Schreckliche Andeutung. Einzig hervorgerufen durch das liebliche Wörtchen "nur". »Ich hoffe für dich, dass du damit nicht sagen willst, dass ich dies nicht tue - Oder ist es genau das, was du damit meinst?« Bitteres Grinsen bildete sich auf den Lippen Chloricas, während diese den Größeren finster anfunkelte. Kritik. Ein Ungeheuer für jeden Perfektionisten! Kritikfähig war dieses Fräulein sicherlich nicht, wie man an plötzlichen Ausbrüchen erkennen konnte. Schade, dass sie den Besen in der Villa gelassen hatte, was wiederrum Glück für den Mann war. Wenn er die kleinen Dinge des Leben schätzen konnte, sollte er das Leben selbst am meisten lieben - Allerdings... Nun, wie es schien, war dem nicht so, sodass er unvorsichtig, wie der Tollpatsch war, dieses in Gefahr setzte. Der arme Herr musste für die Zukunft, wenn es für ihn denn noch eine gab, lernen, was er besser unausgesprochen ließ...

    #11 - {Chlorica & Vishnal}


    Ein verdutzter Blick hatte sich mit der Zeit auf den Blauhaarigen gestürzt, nachdem dieser einen recht lächerlichen Grund genannt hatte, auf dass es die Dame in Zukunft - war es doch eher eine ferne Ära, denn besonders angetan gab sich Chlorica von dem See, oder Tümpel, nicht - häufiger dorthin verschlagen würde. Zumindest kam man zu diesem Ergebnis, wenn man die erbärmlichen Aussagen des Anderen auf dieselbe Art und Weise deutete, wie die Braunäugige es getan hatte. Letztlich aber zauberten die augenscheinlich ziellosen Kommentare Vishnals ein winziges Lächeln auf die Lippen der Herrin, wenngleich es doch mehr einem simplen Zucken glich - Wirklich Freude strahlte die Vorstufe eines Lachens nämlich nicht aus, zumal es doch recht selten für die Bedienstete war. Im Grunde handelte es sich dabei lediglich um einen Ausdruck, der einzig und allein dazu diente der Außenwelt zu sagen »Das mag zwar alles wunderbar, schön und gut sein, allerdings interessieren mich diese dämlichen Antworten nicht«, doch davon musste der Tollpatsch ja nicht erfahren... oder? Jedoch bildeten gerade diese unpassenden Situation, Sprüche, Worte - und was es sonst noch so auf dieser Welt gab - eine Basis, auf der ein gewisses Maß an Spaß erbaut wurde, immerhin führten derartige Dinge zuhauf dazu, dass eine betroffene Person schmunzeln oder gar lauthals lachen musste - Und wenn man den Anflug eines Grinsens hierbei mit dieser Einstellung betrachtete, schien die andere Möglichkeit schlichtweg surreal. Dennoch trug dieses "Zeichen" einen Hauch von Beidem in sich, einigermaßen zumindest. »Unnötig«, murmelte die Hellhaarige schließlich und tauchte fast zeitgleich zur Aussprache der drei Silben die Fingerspitzen in das Wasser, erschauderte bei der Kälte, welche binnen weniger Sekunden ihre Hand eingenommen hatte, »Wer starrt schon ein mit Wasser gefülltes Loch an, nur weil es eben dies ist..?« Genau genommen verstand die feine Nase nicht so recht, lag es nicht nur daran, dass der aufgezogene Grund idiotisch in ihren hellbraunen Augen war, nein, wenn der Herr verlangte, dass sie Gewässer beäugte, hätte der örtliche Fluss vollkommen ausgereicht. Warum auch musste der Pechvogel einen langen Bergpfad auswählen, wenn ein paar Schritte zu einem schmalen Wassergraben genügt hätten? Dieser Mann war der jungen Frau mehr als nur ein einfaches Rätsel. Trotz dessen schien man auch froh über die Auswahl Vishies gewesen zu sein, immerhin bot das kleine, idyllische Örtchen - und nein, von einem Ort, an dem man sein Geschäft vollrichtete, war nicht die Rede - einen weitaus schöneren Anblick, als es ein jämmerlicher Bach tat. »Was... Verbindest du etwas mit diesem See?« Mittlerweile war das Lächeln von dannen gezogen, über alle möglichen Berge gewandert und gab sich unerreichbar, hinterließ ein ausdrucksloses Gesicht, welche sich auf der nimmer ruhenden, hauchdünnen Wasseroberfläche spiegelte. Eine wahrlich seltsame Art und Weise eine - für manche - derart unangenehme Frage in den offenen Raum zu werfen. Nun, tatsächlich zählte die Langhaarige zu der Gruppe derer, für die eine solche Fragestellung nicht besonders genehm war, was an einem kurzen Zögern zwischen verschiedener Worte und Silben festzumachen war. Untypisch. Auch Chlorica persönlich gab sich leicht überrascht, war es doch beabsichtigt gewesen, nicht zu zögern, sondern es schlicht und ergreifend auszusprechen, karg, wie man es von ihr gewohnt war. Und dennoch machte sich das Gefühl breit, dass beide Optionen "schlecht" waren, ein elendes Schweigen vielleicht besser gewesen wäre. Hoffentlich gab der Blauäugige darauf wenigstens eine anständige Antwort - anständig als Gegenteil von den vorigen, umstößlichen Kommentaren gesehen.

    #10 - {Chlorica & Vishnal}
    » Die Villa


    Nichtssagend, schweigend folgte die Hellhaarige ihrem Mitbewohner, verschloss jedwede Gedanken über ein eventuell beabsichtigtes Ziel, um eine winzige Spannung aufbauen zu können - Schlecht konnte man dieses Anliegen jedoch erfüllen, immerhin trampelte man einen Pfad entlang, der einzig zu zwei Orten hätte führen können: Das trockenste und wärmste aller Monsterareale, die Terrano-Wüste, zum einen und zum anderen der wohl einzige geschlossene Bereich in der Natur, in dem sich Süßwasser - handelte es sich dabei überhaupt um Süßwasser? - sammelte, der Polisee. Ob Vishnal eine unglaublich kraftverzehrende Wüste zum Entspannungsort erklärte? Nein, wohl eher nicht. Ein ungläubiger, an sich selbst gerichteter Blick zeichnete sich in dem Gesicht der Dame ab. Nein, jener Tollpatsch hätte sich wohl kaum in ein derart gefährliches Areal gewagt und das auch noch in Begleitung einer Person, die ihn bei einem falschen Wort an den Kragen gesprungen wäre? Nein. Nein, so war dem sicherlich nicht! Und dementsprechend, die andere Möglichkeit ausgeschlossen, blieb lediglich die Wandertour zu benanntem See - Ein langweiliger Ort, der in aller Stille ruhte, schließlich verschlug es nur die Wenigsten... "Touristen" an dieses Plätzchen, aber wer wusste schon, ob er nicht doch riesiges Potenzial vor den gierigen Augen der Menschheit verbarg? Frischer Wind wehte umher, wühlte Pflanzen, Boden und Haar auf, ließ allerdings mit der Zeit nach und nahm anschließend wieder zu. Nun, was hätte man Anderes auch erwarten können? Jenes Wetter grüßte zuhauf, meist dann, wenn irgendwelche Lebewesen sich an mehr oder minder steilen Hängen versuchten - Man ließe einmal hervor, dass es sich hierbei um einen simplen, geebneten Bergpfad handelte. Letztlich aber trugen sie auch einen gewissen, sanften und wohlriechenden Duft mit sich. Wasser. Auch ein leises Rascheln vernahmen die gespitzten Ohren. In der Ferne - wohl eher eine nahe Ferne - ragte etwas gen Himmel, verlockte die Besucher dazu, das Köpfchen hochzureißen und sich zu vergewissern, was es war, das ebenjenes Ding so verzweifelt versuchte zu berühren. Eine Insel. Groß, nein, weit mehr als nur "groß"! Und eine kuriose Form! Die Walinsel? Desinteressiert wandte die Braunäugige das Haupt, sodass man den dreckigen Grunde betrachtete. Die schwebende Insel. Alle Einwohner Trampolis wussten von ihr. Manche wagten sich sogar hinauf und andere... Andere gefährdeten ihr Leben, indem sie dort hausten, doch dies ist offensichtlich eine andere Geschichte.
    Chlorica stoppte im Gang, als auch ihr Gegenüber es tat und sogleich begann einen Fremdenführer zu spielen, Fragen stellte, die eine elende Stille zerrissen. Ob sie bereits hier war? Die Angestellte im Hause der De Saint-Coquilles schüttelte ihren Kopf und mit ihm setzten sich auch die hellen, langen Strähnen in Bewegung zu setzen - Sie war noch nicht hier gewesen. Warum auch? Immerhin hatte sie nie wirklich die Zeit für eine solche Verschwendung besessen. Früher waren es die alltäglichen Ausflüge in die Nachbarstadt, um der ursprünglichen Arbeit entgegenzukommen, die einen derartigen Aufenthalt unterbanden. Und nun? In dieser Zeit bildete abermals die - teils freiwillige - Arbeit einen schmerzenden Dorn, der sich tief in die Augen bohrte. Genau genommen... Genau genommen hätte sie zwar zahlreiche Möglichkeiten gehabt, das Örtchen aufzusuchen, doch wer dachte schon über einen sich stets gleichenden See nach, wenn es in der nahen Umgebung weitaus interessante Örtlichkeiten gab? »Hätte ich einen Grund dazu?« Trotzig schienen jene Worte, waren sie und entsprachen gänzlich der Wahrheit. Der Blick wanderte wie schon so oft an diesem Tag, wenngleich schon die Nacht versuchte anzubrechen, und dieses Mal nahm er die hölzerne Brücke, die ein jeder Besucher überqueren musste, wenn er zu ihrem jetztigen Standort gelangen wollte, in Augenschein. Stabil. Schick. Vielleicht existierten hier und da ein paar Risse in den tragenden Pfählern, welche den verschiedensten Monsterangriffen zu Grunde lagen. Jene Brücke... Man konnte sicherlich behaupten, dass sie wie ein Bindeglied zwischen Idylle und Zerstörung funktionierte. Eine schreckliche Funktion, wenn man so wollte, nicht wahr? Kurz darauf setzte man sich in Bewegung, näherte sich Stück für Stück dem eigentlichen Ufer, bis dass das eigene Aussehen von der unruhigen Wasseroberfläche reflektiert wurde. Erschreckend wie schnell die Zeit verging.