Yumi & Alex in seinem Zimmer
Wie immer war die Situation zwischen ihnen durchwachsen. Sie waren hier, waren sich mal nah, dann wieder kurz davor sich zu streiten und von sich zu stoßen. Es war verwirrend und doch so gewohnt. So war es schon lange zwischen ihnen. Die Blicke eine Mischung aus Anziehung, Verlangen und dann wieder Wut und Verachtung inklusive Enttäuschung. Sie waren schon seit Jahren in diesem Chaos gefangen. Jeder von ihnen versuchte immer wieder es zu beherrschen und doch wussten sie beide, dass sie es nicht kontrollieren konnten. Es war einfach zu viel zwischen ihnen passiert und dabei konnten sie wahrscheinlich nicht mal mehr annähernd sagen was es war. Wo gerade noch Wut in ihm brodelte, war jetzt alles angespannt. Ein spannendes Kribbeln durchzuckte seinen Körper, als sie ihre Lippen auf seine legte. Er hatte einen kurzen Moment gebraucht um es zu verarbeiten und schon hatte sein Kopf abgeschaltet und nutzte die Berührung aus. Was ihn wirklich dazu trieb wieder Abstand zwischen sie zu bringen, war schwer zu sagen, schwer für ihn zu greifen, aber er hatte das Gefühl ihr schon wieder verfallen zu sein. Ihr ausgeliefert zu sein. Es nervte ihn, weil er genau wusste, dass er sauer sein sollte. Wütend. Aber ihm war gerade alles egal. Egal, dass sie nicht da gewesen war, obwohl sie es hätte sein müssen. Es war ihm sogar egal, dass sie ihm keine Antwort auf seine Worte gegeben hatte. Er hatte ohnehin nicht damit gerechnet, dass sie es kommentieren würde. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass die Worte sie dazu treiben würden den Raum fluchtartig zu verlassen. Aber sie war noch hier. Was bedeutete das? Bedeutete es überhaupt etwas? Fühlte sie sich verpflichtet ihm etwas dafür zu geben, dass er die Worte ausgesprochen hatte? War der Kuss ein Versuch ihm zu danken, oder war es einfach eine Panikreaktion, um nicht antworten zu müssen? Wieso zerbrach er sich jetzt den Kopf darüber? Wieso konnte er es nicht einfach genießen, dass sie da war? Wieso konnte er ihr nicht einfach vergessen, dass sie es gestern nicht war? Es waren doch nur ein paar Stunden mehr, die er hatte warten müssen. Aber... es war nicht die Zeit, nein, es war das Gefühl verloren zu haben. Und das nicht gegen Darren, nein, sondern gegen Simon. Und trotzdem konnte er sie nicht hassen. Nicht so wie er wollte. Nicht so wie er immer tat. Seine Worte kamen flüsternd über seine Lippen, prallten gegen ihre eigenen und seine Augen suchten in ihren Nach einer Antwort was das zwischen ihnen war. Nach einer Antwort wie es weitergehen sollte. Sein Herz schlug für einen Moment ein wenig schneller, als er die Worte ausgesprochen hatte, er atmete tief ein und wieder aus, um es zu beruhigen, um sich nicht anmerken zu lassen, wie viel Gewicht in ihnen lag. Er hatte es riskiert, hatte sich verletzlich gezeigt vor seinem größten Feind. Sein Blick huschte zurück zu ihren Lippen, die er am liebsten wieder geküsst hätte, aber noch lag der Verrat des gestrigen Tages zwischen ihnen. Er sprach weiter, schluckte, um sich zu beherrschen, fixierte mit seinen Augen wieder ihre, die sich vor Überraschung geweitet hatten. Es war schwer sich nicht darin zu verlieren und sie wieder an sich zu ziehen. Es brauchte einen Moment, bis sie antwortete und allein der Klang ihrer Stimme rief das Verlangen in ihm auf sie wieder an sich zu ziehen, aber er schluckte dieses Gefühl hinunter. Versuchte das Blut in seinem Kopf zu halten, um ihr vernünftig antworten zu können. Als er ihre Worte hörte, ihre Selbstkritik, legte sich wie von selbst eine Hand an ihre Wange und sanft streichelte er mit dem Daumen darüber. "Keine Ahnung. Aber wenn ich es raus finde, sag ich's dir.", sagte er und für einen kurzen Moment hatte sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen gelegt. Doch es versiegte beim Gedanken an den Tag gestern. Seine Hand senkte sich wieder von ihrer Wange und ballte sich zur Faust. Sie sah ein, dass es wohl besser war, wenn sie ging. Auch wenn seine Augen sie um etwas ganz anderes baten. Sie anflehten hier zu bleiben. Er schloss sie für einen Moment, um sich nicht noch weiter zu verraten, aber er wusste, dass es sinnlos war. Ihre Hände glitten über seine Arme und streichelten sachte über seine Haut. Ein Kribbeln durchfuhr seinen Körper und es bildete sich eine Gänsehaut unter ihren Fingerkuppen. Erst als er ihre Finger nicht mehr auf seiner Haut spürte, öffnete Alex die Augen wieder, sah, wie sie sich ein Stück von ihm entfernte. Es war besser so. Er hielt die Worte zurück, die ihm durch den Kopf jagten, die ihm sagten, dass er sie hier behalten sollte. Manche Stimmen in seinem Kopf sagten ihm, dass es falsch war sie jetzt gehen zu lassen, weil er ihr alles verzeihen sollte, andere weil sie fanden, dass sie Wiedergutmachung leiten sollten. Die lauteste verlangte nach ihrem Körper und doch hatte das alles keinen Sinn. Sie war nur noch hier, weil sie zu spät geflüchtet war, weil sie sich durch seine Worte verpflichtet fühlte zu bleiben. Weil sie dachte, dass sie ihm etwas schuldig war. Aber das war sie nicht. Aber was würde werden, wenn sie durch diese Tür ging? Was würde aus dem Gesagten werden? Aus ihrem erneuten Schweigen? Würde sich etwas ändern? Sie hatten rein gar nichts besprochen, rein gar nichts geklärt. Was hatte sich geändert? Die Anziehung. Diese Kraft, die immer zwischen ihnen war, wenn sie aufeinander trafen. Waren sie überhaupt in der Lage vernünftig miteinander zu reden? Sie ging auf die Tür zu und es kostete ihn viel Kraft sie nicht davon abzuhalten. Wenn sie durch diese Tür ging, dann... was war dann? Er konnte seine Gefühle nicht ausschalten, aber er konnte sie auch nicht zu einer Antwort zwingen. Kurz bevor sie die Klinke in die Hand nahm, drehte sie sich zu ihm um, sah in an und stellte die Frage, die auch in seinem Kopf herumspukte. Was wollte er eigentlich? Was wollte sie? "Ich weiß es selbst nicht. Manchmal will ich dich schütteln, will dir eine Klatschen, weil du mich so wütend machst und verwirrst. Weil du so dumme Dinge tust.", er schnaubte, verdrehte die Augen und schüttelte leicht den Kopf. Die Wut war in seiner Stimme zu hören. Seine Augen fixierten ihre, bevor er fortfuhr. "Und dann stehst du da und siehst mich mit diesem Blick an und es ist mir ganz egal was für Blödsinn du angestellt hast. Dann bin ich verloren, obwohl ich allen Grund hab sauer zu sein. Und es macht mich wütend, aber ich komm nicht dagegen an. Dann bist du alles was ich will. Dann will ich, dass du hier bleibst und mir zeigst wie sehr es dir leid tut. Dann will ich dich nur noch in meinen Armen halten, dich küssen und..." Seine Stimme war ruhiger geworden, zärtlich und sein Blick wanderte von ihren Augen zu ihren Lippen und dann zu ihrem Hals und ihren Schlüsselbeinen, die durch den Ausschnitt zu sehen waren. Er schluckte, richtete seinen Blick wieder auf ihre Augen. "...mehr.", vervollständigte er den angefangenen Satz. Für einen Moment ließe er es so stehen, ließ es im Raum zwischen ihnen. "Aber wir können nicht ewig so weitermachen. Wir können uns nicht ewig ankeifen und dann vögeln und so tun als wär nichts gewesen." Oder?