[Tara] bei Noita abseits vom Fest
Die Frage der Unbekannten war verständlich, und doch war sie sich nicht sicher, wie sie darauf antworten sollte. Die Antwort für sie war: Ja, es tut irgendwann nicht mehr weh. Andere Dinge passieren in der Gegenwart, die dich von deiner Vergangenheit ablenken. Und irgendwann kommen so viele neue Dinge dazu, dass sich diese Gefühle wie eine weit entfernte Erinnerung anfühlten. In ihrem Fall fühlten sich diese Gefühle jedoch nur so weit entfernt an, weil der Schmerz, den sie danach empfunden hatte noch größer wurde als das, was sie in dieser Zeit gefühlt hatte. Was sollte sie also sagen? 'Ach, das wird nicht das Schlimmste in deinem Leben sein. Es wird sicher noch schlimmer!'... Wohl eher nicht. Gleichzeitig hatte Tara auch die Befürchtung, dass sie jetzt vermutlich alles sagen könnte und ihr trotzdem nicht den Schmerz nehmen würde, den sie in diesem Moment gerade fühlen musste. In solchen Momenten hatte man das Gefühl, dass man nie wieder glücklich, oder geliebt werden würde, und wenn jemand einem was anderes sagte, glaubte man das nicht. So war es zumindest immer für sie gewesen. Aber irgendwas musste sie trotzdem sagen. Sie hatte sich dafür entschieden, sich um dieses ihr fremde Mädchen zu kümmern, oder es immerhin zu versuchen, also fühlte sie sich irgendwie verantwortlich, diese Frage so gut es ging zu beantworten. "Ich weiß nicht genau, wie man es schafft. Das macht vermutlich jeder anders", murmelte sie nervös. "Aber ich glaube, mit der Zeit scheint alles so weit in der Ferne, dass es irgendwann nicht mehr so weh tut" Hoffentlich wurde diese Antwort ihrer Frage gerecht, wenn das überhaupt gerade möglich war. "Du hast doch sicher Menschen in deinem Leben, denen du wichtig bist, oder? Vielleicht hilft es ja, wenn du mehr Zeit mit ihnen verbringst" Sie selbst wusste zwar, dass sie sich nie auf ihre Familie verlassen konnte, aber das war schließlich auch nicht bei jedem so. Vielleicht war sie ja gesegnet mit einem dieser seltenen, unterstützenden Umfelder, denen sie alles anvertrauen konnte? Allerdings saß sie hier auch alleine auf einer Parkbank. Ohje. Was, wenn sie eigentlich überhaupt kein gutes soziales Umfeld hatte und sie jetzt einfach nur noch mehr Wunden in ihr aufgerissen hatte? Innerlich verfluchte sie sich dafür, dass sie vermutlich zu viel gesprochen hatte, wieder eine Annahme getätigt hatte, die sich potentiell als komplett falsch herausstellen könnte. Würde es jetzt überhaupt etwas bringen, wenn sie diesen Satz zurücknahm und irgendwas davon redete, dass sie es alleine auch schaffen würde? Oder wäre das wieder zu viel des Guten? Fast wie zugefroren saß sie stattdessen einfach steif da, ihr Mund fühlte sich zu trocken an, um jetzt noch etwas dazuzusagen. Ihre Haltung entspannte sich allerdings wieder, als das fremde Mädchen wieder den Kopf hob und ein einfaches 'Danke' aus sich herausbrachte. Leise atmete sie etwas von ihrer inneren Anspannung aus. Sie war sich nicht sicher, ob das 'Danke' nur aus Höflichkeit, oder wahrhaftig gemeint war, aber es fühlte sich trotzdem gut an. Vielleicht war es ja doch nicht die bescheuerteste Idee gewesen, dieses Mädchen anzusprechen. Nur vielleicht. "Schon in Ordnung", erwiderte sie mit einem leichten Lächeln und nahm währenddessen kurz den Blick von ihrem Schoß, um ihr in die Augen zu blicken. Nicht überraschend sah sie immer noch wie ein Häufchen Elend aus, aber das war zu erwarten. Sie konnte nur hoffen, dass dieser Typ wenigstens wusste, was für einen Schaden er bei dem Mädchen hinterlassen hatte.