[Cedric] & Kyle // brain fog
Es war laut.
Was, was war laut?
Das Klopfen seines Herzens, seines kaputten, gebrochenen, traurigen Herzens. Es dröhnte in seinen Ohren.
Sein Körper war zum Zerreißen gespannt. Weshalb? Was war los? Warum, warum, warum?
Seine blauen Augen fokussierten sich nicht auf einen Punkt, konnten es nicht, wanderten im Raum umher, ohne das sein Kopf sich mit drehte. Nur die Iriden.
Wohin, wohin konnte er...? Wohin konnte er überhaupt noch?
'Willst du etwa schon wieder die Flucht ergreifen?', höhnte es.
Ich bin ein Feigling.
Ich bin eine Last.
Ich will nicht.
Ich kann nicht.
Ich schaff das nicht.
Hilfe.
Sein Herz zog sich zusammen, schmerzhaft, in seiner Brust. Ich muss weg. WEG.
Egal wohin, irgendwohin.
Es war laut, so laut, so laut, so--
Ein Dreiklang ertönte, A, D, Fis. Noten, die das Rauschen seines Kopfes durchbrachen.
A, Cis, E. Wer spielte...?
Gis, B, E. Ich kenn' mich mit beiden Optionen relativ gut aus, Ced. You wouldn't even fucking imagine.
"Hah." Die Worte, Kyle's Worte, sie kamen zeitverzögert bei ihm an, dumpf, wie aus der Ferne.
Natürlich kennt er sich aus. Ich kann mir vermutlich wirklich nicht vorstellen, was er durchgemacht hat.
Trotzdem heule ich rum.
Warum nur fühle ich so.
Es war frustrierend. So verdammt frustrierend.
Melodie zum Akkord.
Sooo.. what is it ur brain is bothering you with? Saying it out loud might just do the trick.
Ja, was ist los? Was stimmt nicht mit mir?
Saying it out loud.
Cedric öffnete den Mund einen Spalt breit. Kein Laut entfuhr seinen Lippen.
Ichkannnichtkannnichtkannnicht
Seine Hände verkrampften sich, bohrten sich in den Sitzhocker hinein. Die einzige Regung, zu der er gerade im Stande schien.
Warum nur fühlte sich sein Körper so schwer an?
Sag es. Sag es. Sag es.
Sag irgendwas.
Er sprach nichts aus. Kyle sprach.
I guess.. even right now I'm still questioning whether I'm a terrible person or not.
Ob er eine furchtbare Person war? Beinahe hätte Ced kurz aufgelacht.
Wondering.. if I'm even being a help to you at all?
Wondering if I'm fucking things up?
Beklemmung nistete sich in seiner Magengrube ein.
Ich bin nur eine Last.
Sicher ist er froh, sobald ich weg bin.
Er fühlt sich nur verpflichtet mir zu helfen, obwohl er das nicht müsste. Nicht mal wollte.
Sei still, sei still, sei still.
Kyle hatte ihm einen Wohnungsschlüssel gegeben. Kyle hatte ihm vom verdammten Dach gezogen.
Du lügst.
Worried to say something wrong, to make you feel worse than you already do..
Er machte sich Sorgen um ihn. Das sollte er nicht tun. Niemand sollte sich Sorgen um jemanden wie ihn machen.
Die Melodie verklang. A, B, Gis. Ganze Note, 4/4-Takt. Stille.
Stille.
Bis auf ein leises Kichern.
'Er lacht dich aus. Weil dein Verhalten einfach lächerlich ist. Erbärmlich.'
Wie kann er so vergnügt wirken?
Alles eine Farce?
Alles eine Lüge?
Immerhin kannte er es. Also, wieso lachte er?
I don't really have any idea what I'm doing, you know? Don't think any of us do, though.
Warum wurde das Leben eigentlich nicht mit Anleitung geliefert? Wer hat sich die Scheiße ausgedacht?
Wieso musste es so verdammt hart sein?
Ich hab auch keine Ahnung, was ich überhaupt tue. Tun soll.
Aber es war ein klein wenig beruhigend, dass es Kyle genauso erging.
But I know what it feels like to be alone and I don't want you to feel that way.
Ced hatte sich verdammt lange verdammt allein gefühlt. Sie hatte tiefe Wurzeln in seiner Seele gegraben, diese Einsamkeit. Hatte dafür gesorgt, seinen Beziehungen nie vollends zu trauen, sich nicht mit ihnen. Hatte stets im Hintergrund Selbstzweifel geschürt.
I don't want you to feel that way.
Ah.
Ich will es auch nicht.
Warum konnte er nicht einfach 'nein' sagen und die Sache war erledigt? Warum musste es immer ein Kampf sein? Nichtsdestoweniger, ein Kampf gegen sich selbst?
Er verspürte Zuneigung auf diese Worte hin. Er wollte so sehr daran glauben.
And... it does get better. The scary thoughts get less and less. The self doubt does too. Everything.
Unmöglich.
Er wollte so sehr daran glauben.
Das wird nicht passieren.
Nicht immer. Aber manchmal. Manchmal war ein Anfang.
Cedric legte den Kopf auf Kyles Schulter ab, den Blick weiterhin geradeaus gerichtet. Die Hände lagen nun in seinem Schoß und er nestelte mit ihnen herum.
Er wusste nicht wann es passiert war, aber... die Anspannung seines Körpers war von Panik zu seinem üblichen Level gesunken. Wann er sie wohl erstmals gar nicht mehr würde spüren müssen?
"Wie.", begann Cedric leise, seine Stimme endlich wieder gefunden. Zeit war verstrichen. "Wie wird es besser? Wie werden sie weniger?" Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Kyle war dadurch gegangen, nicht? Konnte er ihm nicht einfach sagen, was er tun musste, damit es ihm besser ging? Damit ihm die eigenen Gedanken, sein eigenes Selbst, nicht mehr so quälten? Aber es gab keine einfache Antwort. Er hatte es selbst gesagt. Keiner Ahnung, was er tat, sich hinterfragen, zweifeln, bis heute nicht wissen ob er ein schrecklicher Mensch war. Nein.
"Du bist nicht furchtbar. Im Gegenteil." Ced musste das jetzt klarstellen. "Danke.", wisperte er, "Das du mich nicht alleine lässt."
Dankbarkeit. Das war vermutlich die Zuneigung, die er zuvor gespürt hatte. Ein verdammt starkes Gefühl.
Nichtsdestotrotz verblieb ein Ausdruck des Kummers auf seinem Gesicht.
Sprich es aus. Cedric öffnete den Mund erneut, schloss ihn wieder. Als wäre da eine riesige Blockade, die ihn daran hinderte. Kyle hatte seine wahren Gedanken offenbart. Warum konnte er es dann nicht?
"Es ist schwer.", meinte er gequält, "Die Gedanken laut auszusprechen." Als könnten sie dadurch realer werden. Als könnte sich die Bedrohung dadurch vergrößern. Als wären sie als Gedanken vielleicht noch widerlegbar, ausgesprochen jedoch ein unumstößlicher Fakt. Er konnte sie nicht in die Realität bringen.