Beiträge von Avokaddo

    [Antoinette] & Wayne



    Antoinette schwieg. Antoinette schwieg eine ganze Weile, selbst nachdem Wayne seine fast schon eine Ansprache, beendet hatte. Dabei war die Wahrheit ganz einfach. Nur auszusprechen - das war sie nicht. Die junge Belgierin hatte die Lippen aufeinander gepresst und sah ihm nicht in die Augen, jene, die sie doch von nächster Nähe schon hatte betrachten können. Ihre Hände lagen verkrampft in ihrem Schoß, aufgelegt auf den Schichten von Rock und Petticoat. Das ist nicht gut. Wieso hatte sie sich darauf eingelassen, nein sie war es ja selbst gewesen, die ein Café als neutralen Gesprächsort vorgeschlagen hatte. Dumm. Dumm, dumm, dumm. Als ob das nicht total wie ein Date aussah. Als ob sie ihm nicht unbewusst dadurch Hoffnungen gemacht hatte.

    Die Barista kam und brachte ihre Bestellung. Antoinette konnte kaum aufsehen um sich bei ihr zu bedanken und behielt den Blick einfach auf dem Dessert. Auf das sie keinen Appetit hatte. Meine Güte. Das sie nichts Süßes verzehren wollte, stellte die absolute Ausnahme da. Ein Zeichen, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Ich hab's kaputt gemacht.

    Wayne's Worte rauschten in ihren Ohren. Er war viel zu nachsichtig und stellte sie auf ein Podest, welches sie nicht wollte. "Ich versteh dich nicht.", presste sie schließlich hervor, wich noch immer seinen Blick aus. "Ich hab dich buchstäblich geghosted und es ist jetzt nicht so, als ob ich stolz drauf wäre, ich wusste nur nicht was ich machen sollte, ich-," Meine Güte klang das erbärmlich. Faule Ausreden. Nein! Nein, das stimmte nicht. Sie war nur nicht... so gut mit ihren Gefühlen. Aber er offenbar auch nicht, konnte ihr keiner erzählen, dass er sie nicht unterdrückte. Vorhin waren sie aus ihm rausgeplatzt und ganz ehrlich, das war eine absolut natürliche Reaktion gewesen, die sie ihm kaum vorhalten konnte. Sie hatte Fehler gemacht. Aber ehrlich zu sein - nicht nur zu ihm, zu sich selber - das war hart. Aber irgendwie machte sie seine Antwort nur wütend. Und in diesem Moment wollte sie gar nicht um Entschuldigung bitten. Antoinette holte einmal tief Luft und suchte diesmal seinen Blick.

    "Nein, ich verstehe dich nicht.", wiederholte sie, "Du akzeptierst das, so einfach? Wenn ich dich zurückweise? Meine Entscheidung, herzlichen Dank das du mir meinen eigenen Entscheidungsraum lässt, sehr gütig." Es war nicht fair. Ehrlich gesagt war Wayne doch genau das, was man sich wünschen konnte von einem Mann, wenn die Beziehung zu Ende ging. Dass er einen nicht verfolgte, stalkte, drangsalierte, unter Druck setzte, erpresste, schlecht redete. Sondern zwar verletzt war, getroffen, wütend, sauer, eingeschnappt - aber es akzeptierte.

    Nur das Wayne auf Antoinette weder verletzt, wütend noch eingeschnappt wirkte. Das verwirrte - und provozierte - sie.

    Aber vielleicht... vielleicht geht es ihm wie mir und er hat festgestellt, dass die Gefühle nicht stark genug sind...? Aber wozu dann das Ganze? Moment.

    Der Gedanke kam ganz plötzlich. Keine Gefühle. Beziehung zu Ende. Es durchzuckte sie regelrecht und mit einem Mal erkannte sie, dass sie tatsächlich einen Schlussstrich ziehen wollte. Sogar musste. Weil das Ganze nur hinauszögern - das wurde ihm nicht gerecht. Keiner von ihnen.

    Jetzt musste sie es nur noch aussprechen. "Weil ich denke, genau darauf läuft es hinaus."

    [Murakumo] & Elsje


    Elsje nahm ihm die Weinflasche einfach aus der Hand und probierte direkt. Keine Hemmungen, die Kleine. "Eehhh...", entkam ihm nur, als sie ihm die Frage nach ihrem Alter stellte. Was wusste er schon? Das sie kein Kind mehr sein konnte, weil sie in der Taverne hatte, nein diese Mathematik spielte sich in seinem Hirn nicht ab. Aber alas, er hatte sein Badehaus in Rigbarth verloren, weil er nicht mit Geld umgehen konnte. Blöde Zahlen. "Glaub da antworte ich besser nicht drauf." Murakumo streckte sich. Reichte ja, wenn er ein alter Wolf war. "Gute Idee, hab vorhin auch ne Stelle gesehen gehabt mit einigen Röhrlingen." Er liebte es, dass Elsje so Feuer und Flamme war, was das Kochen betraf. Ihr überließ er das Fleisch, während er das Gemüse schnibbelte. Schweigend arbeiteten sie eine Weile nebeneinander her. Das Feuer ließ er nach einer Weile zur Glut verkommen, die Sonne begann sich langsam gen Horizont zu senken. Murakumo sah auf. "Ich würde sagen, du packst alles in den Kessel, damit es schmoren kann und dann gehen wir Pilze sammeln, bevor uns die Sonne vorher noch untergeht." Pilze brauchten sowieso nicht so lange, hoffentlich hatte er sich die Stelle vorhin gut gemerkt. Mit einem toten Reh im Schlepptau war es nunmal nicht ganz so einfach. Murakumo holte ein kleines, geflochtenes Körbchen sowie ein Messer aus der Hütte. "Willst du mit oder willst du lieber aufpassen, dass mit dem Essen nichts passiert?", fragte er sie ganz offen. Es sollte zwar nichts passieren, aber nicht das ein hungriger Dieb um die Ecke kam oder so. Oder seine Schwester. Hatte es alles schon gegeben.

    [Hahkota] & Yahto



    Glücklicherweise hatte keiner der beiden Jungs bei der Flucht aus dem Haus Feuer gefangen.

    ...

    Dachte er. Bis Hahkota merkte, dass sich etwas seltsam warm an seinem Rücken anfühlte. Erschrocken zog er sich das Shirt aus, welches tatsächlich glomm und schmiss es in die Wiese. Die war jahreszeitbedingt feucht, immerhin etwas Glück an dieser Stelle. Hatte zur Folge, dass er jetzt oberkörperfrei rumlaufen musste. Die Kälte in diesen Zonen behagte ihm gar nicht, aber alas, das Haus brannte ja und er war voller Adrenalin, also fühlte er sich trotzdem ganz erhitzt.

    Was er nicht gewusst hatte: Bei einem Feuer sollten ja Fenster und Türen geschlossen werden, da Luft das Feuer nur anheizte. Aber bei ihnen zu Hause existierten keine Fenster und Türen, also woher sollte er das wissen?! Nein viel wahrscheinlicher war doch, dass der Feuergott jetzt erzürnt war, weil ihm seine Beute entkommen war und die Flammen deswegen noch wilder loderten. Hahkota rutschte das Herz in die Hose.

    Die Stimme seines Blutsbruders drang an seine Ohren und riss ihn aus seiner Trance. Er rannte zum Wasserhahn an der Hauswand - eine Ecke, die noch lange nicht betroffen sein würde. Hahkota drehte am Wasserhahn, drehte sich dann zu Yahto um - kein Wasser.

    "WIESO KOMMT KEIN WASSER?!", rief er und drehte panisch den Knauf hin und her. Das im Winter das Wasser außen abgeschaltet wurde, aufgrund von Eis un dFrost, konnte er ja nicht wissen! "Es ist der Feuergott! Er hat uns verflucht!"

    [Cedric] & Alessa | Küche


    Es war ein zögerlicher Austausch, den die beiden Geschwister hier vollzogen. Ein langsames Vortasten, immer am Überlegen, wie viel Informationen gerade angebracht waren, ab wann man Sorge hatte, zu viel zu werden, zu viel zu verlangen. Dabei wünschten sich beide so sehr eine Schulter zum ausweinen, eine Schulter, die einem Halt gab - die einen auffing, wenn man strauchelte. Nur das Vertrauen, das musste erst wieder hart erarbeitet werden.

    Und Cedric wollte das so sehr.

    Er blinzelte überrascht, als Nicks Name fiel - das Alessa sich tatsächlich daran erinnerte zeigte, dass sie sich doch mal nahe gestanden waren. Nick. Sein bester Freund. Ob sie das nochmal fixen konnten? Ich muss auf ihn zugehen. Verdammt, er vermisste ihn. Vermisste seinen Kumpel schon so lange, doch die Emotion war ihm einfach abhanden gekommen, vergraben unter einer Schwere, die er nicht benennen konnte. Nur als Alessa ihn so direkt auf Nick ansprach, konnte er das Gefühl nicht länger unterdrücken. Ced schluckte, blinzelte aufkommende Tränen weg. Nicht weinen. Nicht schon wieder, oh man. Aber seine Schwester hatte da einen ziemlich wunden Punkt getroffen.

    Was ist passiert das du das Gefühl hattest nicht zu den Menschen kommen zu können die dich lieben?

    "Ich weiß nicht.", erwiderte er fast heiser, schlang die Arme noch ein wenig fester um sich. Da war sie wieder, diese nutzlose Antwort. Das Gewitter in seinem Kopf, welches ihn log und betrog. Weil du eine Last bist. Weil sie doch nur dulden, weil sie zu nett sind, dir die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Weil sie dich bemitleiden. Weil an dir nichts. liebenswertes. ist.

    Du weißt es also doch.

    Der Kloß in seinem Hals war so dick geworden, dass er Mühe hatte Worte zu formulieren. "Ich weiß nicht, also, ich weiß das es unlogisch ist.", begann er und hatte Schwierigkeiten damit, sein Durcheinander in vernünftige Bahnen zu lenken. Es war hart, die Wahrheit auszusprechen, hart, ihr überhaupt entgegen zu treten. Anzuerkennen, dass er sie überhaupt hatte. "Ich glaub... ich glaub nur nicht daran, dass ich jemanden was wert bin." Da. Jetzt war es raus. Scheiße tat das weh. Wenn man es aussprach, wurde es nochmal so viel realer.

    Cedric presste die Lippen aufeinander, um die Tränen zurückzuhalten, doch sie liefen ihn trotzdem als stummer Zeuge über die Wangen. Verdammt nochmal. Ihm war, als würden seine Gefühle aus ihm herausplatzen wollen. "Nick... hab ich im Stich gelassen-.", fuhr er mit rauer Stimme fort, als müsse er es schnell zu Ende bringen, bevor sich seine Zunge wieder verknotete. "-Mit Simon hab ich mich verkracht, Alice gegenüber war ich total ignorant, der mir liebsten Person hab ich das Herz gebrochen und an dich hab ich auch kaum gedacht und ehrlich gesagt bin ich aus reiner Verzweiflung hier und ich weiß, dass ist total selbstsüchtig, ich weiß nur nicht mehr weiter und ich-" wollte das es einfach aufhörte. Er sah den Abgrund vor sich. Jemanden, der kommt, der dir irgendeinen Unsinn erzählt, dir sagt, es gäbe noch eine Chance für dich, du seist es wert? Cedric warf sein Wasserglas um, bemerkte es jedoch nur am Rande. Sein Herz raste und er bekam kaum noch Luft. "Sorry.", wollte er sagen, ein Teil von ihm registrierte, dass er das Wasser aufwischen sollte. "Sorry." Kein Laut. "Sorrysorrysorrysorry."

    [Murakumo] & Elsje


    Langsam taute die Kleine auf. Schön! Murakumo erspähte ein schüchternes Lächeln, welches er erwiderte - ausnahmsweise ganz still. Auch wenn er in einer einsamen Hütte im Wald leben mochte, schätzte Murakumo Geselligkeit und legte wert darauf, dass sich andere mit ihm wohlfühlten. Außerdem freute er sich, nachdem seine Schwester und Nichte schon nicht da waren, heute Abend Gesellschaft beim Kochen und Essen zu haben. "Fantastisch!", erwiderte er daher entsprechend enthusiastisch und sein Grinsen wurde breiter, als Elsje all die feinen Sachen aufzählte, die sie ihm mit anbot. Klang nach einem fairen Deal! Das Mädel wirkte auf einmal wie ausgetauscht. Aber vielleicht hatte sie ja nur die Furcht vor ihm verloren (obwohl er es ja war, der sich erschreckt hatte, aber das ignorierte er geflissentlich). "Sehr gerne." Murakumo deutete auf den Behälter, in denen er die Innereien zwischengelagert hatte. Er überließ ihr die Aufgabe und holte erst einmal Feuerholz, um das Feuer anzuheizen. Später würden sie davon vor allem die Glut benötigen, aber dafür mussten sie erstmal ordentlich Hitze bekommen. Hielt auch die Mücken fern. Nervige Biester. Aus dem Haus holte er weitere Utensilien: Schneidebretter und Messer, der gewünschte Essig und natürlich Wein. Murakumo wollte ihn ihr schon hinstellen, als er die Flasche noch einmal zurückzog. "Moment, darfst du überhaupt schon trinken?!" Wie alt war die Kleine denn? Doch nur ein bisschen älter als seine kleine Hina, oder? Ah, das Alter von Menschen war aber auch knifflig zu erraten. "Gib mir mal was von dem Gemüse, dann schnibbel ich das schonmal."

    [Hahkota] & Yahto // bringen das Lagerfeuer ins Haus - und sich aus dem Haus


    Obwohl er selbst in Panik verfallen war, erkannte Hahkota aus den Augenwinkeln, wie Tränen der Verzweiflung in die Augen seines Blutsbruders stiegen. Das ließ ihn mit einem Mal ruhig werden - Zeit, sich wie ein großer Bruder zu benehmen.

    Hahkota warf den unnützen Feuerlöscher zur Seite, seine Gedanken rasten, suchten nach einer neuen Lösung. Was konnten sie tun um das verfluchte (im wahrsten Sinne des Wortes!) Feuer zu löschen?!?! Als dann ein grausiges Pfeifen ertönte, tat es der junge Mann seinem Bruder gleich. Was war das?! "WEISS NICHT!", stöhnte Hahkota. Das war ja nicht auszuhalten!

    Hahkota tat das Einzige was ihm in dem Moment noch einfiel - er ergriff die Flucht.

    Das Feuer hatte die Vorhänge beinahe zur Gänze aufgefressen und begann sich langsam durch den Teppich zu fräsen. Die Zimmerpflanze hatte es auch schon erwischt. (Zugegeben, die hätte es eh nicht mehr lange gemacht). Die Vorhänge zierten - bzw. hatten geziert - die Terassentür. Hahkota nahm sich ein Herz und ging gezielten Schrittes auf die Flammen zu, riss die Türe auf, bedeutete Yahto ihm zu folgen (okay, maybe war er schlau und nahm einen Eingang, der nicht brannte) und stieg ins freie.

    Frische Luft.

    Atmen.

    Immer noch das nervige Pfeifen im Hintergrund. Okay, irgendwo war doch hier ein Gartenschlauch gewesen oder...?

    [Murakumo] & Elsje


    Während Murakumo so rumwerkelte, in einer Tätigkeit von dem ich nicht die geringste Ahnung habe in welcher Reihenfolge was passieren muss und die ich als Veganer jetzt auch nicht im Detail recherchieren will, stellte die Kleine sich vor. Der Wolfsmann hatte ihr den Rücken zugedreht und war dabei zwei Krüge Wasser zu holen, einen drückte er Elsje in die Hand. "Jep, mit meiner Schwester und Nichte, die sind aber gerade nicht da. Hab sie schon länger nicht gesehen, wenn ich mal so drüber nachdenke... wie dem auch sei. Das Leben im Ort ist nichts für uns und hier haben wir alles, was wir brauchen.", erklärte er recht freimütig und leerte dann seinen Krug. Harte Arbeit machte durstig! Stay hydrated kids! Wieder schielte das Mädel zu dem toten Reh. Vielleicht war er mittlerweile einfach abgestumpft. Er folgte ihrem Blick, eine Hand in die Hüfte gestemmt, drehte den Kopf jedoch zu ihr zurück, als sie sich erklärte. Ihre Augen funkelten. Derart fasziniert, hm? "Warte was?" Ein tiefes Lachen löste sich in seiner Brust. Mit so einer Antwort hatte er nicht gerechnet. Gut, wer sich im Wald verlief, der durfte auch Hunger mitbringen. Ein Grinsen blieb, als er Elsje belustigt ansah. "Heute wollte ich einige Innereien mit etwas Gemüse schmoren.", verriet er ihr, als würde er ihr ein Geheimnis anvertrauen. Innereien war etwas, dass viele nicht mochten. Etwas vom Muskelfleisch würde er behalten und pökeln - den Rest verkaufte er anschließend in der Stadt. "Ich lad dich ein, wenn du mir beim Kochen zur Hand gehen willst Elsje.", schlug er vor. Auch wenn er die Hilfe nicht brauchte, denn er liebte das Kochen - so schien das Mädel doch sehr erpicht darauf zu sein.

    [Antoinette] & Wayne



    Es war verdammt unangenehm. Schweigend trotteten sie nebeneinander her in Richtung Café mit all den unausgesprochenen Dingen zwischen ihnen. Antoinette bereute ihren Vorschlag sofort. Aber hier saßen sie nun, in einem Café, als wäre das hier ein Date. Wobei ihre Dates nie klassisch gewesen waren. Nein, sie waren reiten gewesen und durch ein Maislabyrinth geirrt, Dinge die eigentlich so gar nicht ihre Art waren. Aber es war nicht schlecht gewesen - nur anders, als sie es gewohnt war.

    Am Tisch gab es eine Karte und die junge Dame war froh, etwas zur Ablenkung zu haben. "Du musst schon selbst für dich entscheiden.", murmelte sie als Antwort, den Blick weiterhin auf das Menü gerichtet. Wobei es so viel nicht zu lesen gab, auf der einen Seite Getränke, auf der anderen eine kleine Auswahl. Als die Barista an ihren Tisch kam, bestellte sie für sich einen Matcha Latte und ein Stück der Schoko-Mousse-Tart, die sie beim Hereingehen in der Vitrine erspäht hatte. Erwartungsvoll blickte sie zu ihrem einstigen Schwarm. Wie konnte er nur so indifferent sein, wenn es um so etwas superbes wie Desserts ging?

    [Chris] & Colette



    Der Pferdewagen fuhr über den holprigen Weg, Chris hatte seinen Kopf abgestützt und schaute in die Ferne. Die Landschaft, die immer vertrauter wurde, Wiesen, Wälder, Flüsse. Keine Monster. Zum Glück keine Monster. Er bewunderte jedoch keineswegs die Idylle vor sich. Nein, sein Kopf schwelgte in Erinnerungen. Macarons, Madeleines, Florentiner... Namen, die einem die Zunge verdrehen konnten - diese war jedoch ganz mit neuen Geschmäckern verwöhnt. Ein wohliges Seufzen kam ihm über die Lippen, als seine Schwester das riesige Crossaint erwähnte. Beeindruckend wie dies in solcher Größe gestaltet werden konnte und so lecker.

    Schließlich hielt der Wagen, der sie so freundlich mit aufgegabelt hatte. Trampoli. Endlich waren sie zurück. Ob er diesmal bleiben konnte? Wollte? Er schüttelte den Kopf, um aufkommende Sorgen zu vertreiben. Nein, heute würden sie ankommen und ihre Ankunft genießen! Kaum war das Gepäck abgeladen, fiel Colette ihm um die Arme. Er liebte es, wenn sie sich so freute, liebte ihre überschwängliche Art. Auch wenn es schwierig war sie zurück zu umarmen, wenn sie dabei so herumhopste. Sein Lächeln blieb, wandelte sich jedoch in ein kurzes Kichern als Colette sich von ihm wegstieß und dabei fast stürzte. "Wenn du nicht vorsichtiger bist, wird das nichts mit den ganzen Rezepten ausprobieren.", lachte er, "Komm lass uns mal sehen in welchem Zustand unsere Bäckerei ist." Damit schulterte er auch seine Tasche, nahm das Gepäck und öffnete die Tür in ihr Heim. Unsere Bäckerei. Eigentlich war er ja schon vor seiner Schwester losgezogen. Er hatte Alvarna einfach nochmal sehen müssen um irgendwie damit abschließen zu können. Das... hatte nicht so ganz funktioniert. Stattdessen hatte es ihn innerlich weiter zur Flucht getrieben. Erst als er seiner Schwester ganz zufällig - ganz im ernst, wie hoch standen die Chancen? - in einem anderen Land begegnet war, hatte er Sehnsucht nach Hause gespürt. Oder besser gesagt: einem zu Hause. Und gemerkt, zu Hause war, wo seine Familie war. Ich hab sie echt so vermisst.

    Als er die Türen zur Bäckerei öffnete, kam ihm ein Hauch von Nichts entgegen. Muffige Luft, fette Staubschicht. Chris kniff die Augen zusammen, als würde sich der verlassene Anblick von alleine auflösen. Das sah nach einer Menge Arbeit aus. Er drehte sich auf der Stelle um, sah zu seiner Schwester, die nicht weit hinter ihm war. "Weißt du Colette,", meinte er langsam, "Wir können auch... einfach weiter reisen... ahahaha."

    [Antoinette] 2.0 & Wayne >> gehen



    Antoinette nickte langsam, als er sich für seinen Tonfall entschuldigte. Nicht, dass er das müsste - sie wäre an seiner Stelle ein richtiges Biest gewesen. Aber so war Wayne nicht. Nein, er war sanft und fürsorglich und stets um andere bedacht. Das er den Fehler bei sich suchte, anstatt sie einfach zu verunglimpfen, sagte so viel über seinen Charakter aus. Ihr trotzdem einen Raum gab und sie zu nichts drängte. Das hatte sie gar nicht verdient. Er ist ein guter Mensch. Sie könnte ihn jetzt einfach fortschicken und er würde das akzeptieren. Sich tausend Fragen stellen, die sich in seinem Kopf im Kreis drehen würden, aber er würde es akzeptieren und gehen. Ohne sie noch einmal anzusprechen. Das wär's dann. Nein! Das... das wollte sie auch nicht. Ein Teil von ihr wollte ihn nicht verlieren, obwohl sie es ja gewesen war, die sich von ihm entfernt hatte. Sie fühlte sich miserabel. Warum nur, waren Gefühle so kompliziert? Und warum verpassten sie ihr regelmäßig Magenbeschwerden? Uuhh... 'Bitte Geh' - dann könnte sie ganz einfach Verdrängen und Vergessen. Aber es wäre nicht fair, non? Es wäre ganz und gar nicht fair.

    "Wir könnten... in ein Café gehen...?", schlug sie zögerlich vor, wich seinem Blick weiterhin aus. Als könnte er darin zu viel erkennen. Vielleicht würde ein Gespräch auch für sie Klärung bringen. Sie wusste es nicht. Aber es war das Mindeste was sie tun konnte, um ihre Beziehung zu beenden. Willst du das denn? Wirklich? Aber was sonst sollte sie wollen?



    lässt du sie ankommen?

    [Marlin] & Mia



    So. Einfach.

    Mia beschuldigte ihn, fluchte, zeterte herum, provozierte ihn, reizte ihn so. sehr. Zu sehr. Sie hasste ihn.

    Mia flehte ihn an, bettelte, schmeichelte, unterbreitete fragwürdige Angebote, machte sich an ihn ran. Sie liebte ihn. Zu sehr.

    Dornen und Rosen. Es war beinahe faszinierend, wie schnell, wie einfach, ihre Stimmung kippen konnte. Mit nur einigen wenigen Worten.

    Mia erwiderte seinen Blick, giftgrün, kalt, mit reinem Trotz. Und Verzweiflung. Er hörte es an dem Zittern ihrer Stimme, ihre Emotionen, die sie nicht unter Kontrolle hatte. Sie hasste ihn, weil er immer weglief, weil er sie nicht wollte, weil er nicht bei ihr blieb, sich nicht ihrer Liebe fügte, weil er sie alleine gelassen hatte, weil er sie immer wieder provozierte. Sie liebte ihn weil... weil? Nein, das war keine Liebe. Das war Wahnsinn.

    Marlin schnaubte, weil er solch lächerlichen Gedankengänge zuließ. Er war immer noch verdammt wütend. Über jedes ihrer Worte in den letzten 15 Minuten, die einen zu wahren Kern getroffen hatten. Wütend über die verschissene Ohrfeige, die sie noch bereuen sollte, sobald keine Gaffer in der Nähe standen.

    Wütend, weil sie es wagte, einem Mann wie ihm Liebe zu deklarieren.

    Sie kochte in ihm, brodelte, trieb ihn dazu ein Ventil zu suchen, egal was für eines. In seinen Fingern juckte es, seine Aggressionen einfach rauszulassen, sie in aller Öffentlichkeit zu schlagen. Diese eine Grenze, die er nie wagte zu überschreiten. Weil es ihn, nach allen Jahren immer noch an ihn erinnerte, diesen verfluchten Wichser.

    Mia, nackt in ihrem Bett, die Haut voller blauer Flecke. Ein Rahmen des Möglichen.

    "Ich hasse dich.", zischte er.

    Ihre Hand an seiner Wange, ihre Berührung an seinem Kinn. Es brannte. Entbrannte. Das sie es wagt- Der Zorn war aus ihren blauen Augen verschwunden, wich einer seltenen Verletzlichkeit. Ihr Verlangen nach ihm fraß sie förmlich auf. Das sie das selbst nicht erkannte?! Schön. Wann waren sie einander überhaupt so gefährlich nahe gekommen? Scheiße.

    Er küsste sie. Nicht liebevoll, nicht verlangend. Aufgebracht. Die Hand, die sie festgehalten hatte, glitt an ihrem Rücken nach oben, zog sie näher an sich heran. Die andere hielt ihren Kopf fest, verstärkte den Kuss. Marlin hätte es wissen müssen. Wenn Mia ihn reizte, hatte sie leichtes Spiel. Er hasste das. Dieses verdammte Miststück. Vielleicht war es von Anfang an unabwendbar gewesen. Marlin löste den Kuss ebenso brutal, wie er ihn begonnen hatte, brachte eine Armlänge Abstand zwischen sie, hielt dennoch weiterhin den Kontakt. Er warf ihr einen giftigen Blick zu, ehe er knurrte: "Let's fuck then."

    [Antoinette] 2.0 & Wayne



    Antoinette krümmte sich innerlich. Das war auch echt unnötig von ihr gewesen. Zu ihrer Verteidigung: Er hatte auch keine sinnvollen Fragen gestellt. Aber sie bemerkte den Schmerz in seinem Gesicht und wusste, dass sie dafür verantwortlich war. Ich bin ein furchtbarer Mensch. Sie wusste, sie hatte kein Recht diesen Schmerz zu teilen, das ließ sich aber nicht so einfach abstellen. "Wayne, ich-", begann sie zögerlich, seinem Blick ausweichend. Sie reichte ihm sowieso nur bis zur Brust, trotz hoher Schuhe. Bleib einfach ruhig. Ihre Gefühle unterdrücken? Kein Problem für die Belgierin. "Ich hab mich nicht korrekt verhalten, das tut mir leid. Nur... weiß ich jetzt auch nicht weiter, was ich sagen soll oder machen kann oder... oder..." Ihre Stimme war immer leiser geworden, bis sie schließlich abbrach. Was er hören wollte? Die Wahrheit. Was war die Wahrheit? Sie hatte keine Ahnung. Sie wusste es nicht. Keine Ahnung. Was sollte sie ihm da groß erzählen, wenn sie sich selbst nicht verstand? Und wie sollte man das eigene Unverständnis anderen Personen klar machen? Es ging nicht. Deswegen war es so viel einfacher, wenn auch schmerzhaft, es einfach sein zu lassen, solange bis alles einfach vergessen war und sie sich nie wieder sahen. Das war bisher ihre Strategie gewesen - bis Wayne jetzt hier aufgetaucht war. Und nach Antworten verlangte, die sie nicht hatte. Antoinette senkte ihren Blick und knabberte nervös an ihrer Unterlippe herum. Die Bibliothek war auch wahrlich nicht der passende Ort dafür. Ob sie besser woanders hin gehen sollten? Aber dann hatte sie ja immer noch nicht viel zu sagen - und sicher keine zufriedenstellenden Antworten parat. Das hab ich auf ganzer Linie verbockt.

    [Antoinette] 2.0 & Wayne



    Galt das wirklich noch als Zufall? Antoinette schloss die Augen, versuchte für einen Moment alles auszublenden. Atme. Langsam nahm sie das Buch herunter und blickte in Wayne's Richtung. Ausgerechnet. Sie knabberte an ihrer Unterlippe, ehe sie versuchte Worte zu finden. Aber welche Worte sollten die Funkstille erklären? "Ahm... nun...", meinte sie nervös, seinem Blick ausweichend. Sie hatte gehofft, die Bibliothek wäre ein Safespace und nicht, dass sie sich plötzlich mit ihrem... ja, was? Versuch einer Romanze? auseinandersetzen musste. Auf einmal verstand sie Yuri's Bedürfnis, stets wegzurennen sehr, sehr gut. Am liebsten hätte sie die Beine in die Hand genommen, eine entschuldigende Ausrede erfunden und hätte das Weite gesucht. Nur... das das zu nichts führte. Und das sie genau wusste, wie sich der Part fühlte, der einfach stehen gelassen wurde. Zweifelnd. Miserabel. Also atmete sie einmal lange aus, legte ihr Buch zur Seite und stand auf. Was sich vielleicht noch als Fehler entpuppen sollte, denn ihre Beine fühlten sich an wie Wackelpudding. Den hatte sie noch nie gemocht. Und als Meisterin der Desserts würde sie ja wohl wissen, was gut war und was nicht.

    "Hallo.", hauchte sie, nervös mit den Fingern nestelnd. Ihr Kleid hatte zu wenig Schleifen, an denen man rumspielen konnte. Aber die Textur des Rockes war schön, leicht raue Wollmischung, die ihren Händen ein angenehmes Gefühl gaben, wenn sie darüberstrich.

    Dann hörte sie ihn, seine Stimme. Verbissener, die ihr bekannte Sanftheit verloren. Weshalb sollte es auch anders sein? Sie hatte ihn ja praktisch geghosted. "Kein Geist.", erwiderte sie daher schlicht, "Auch wenn ich prinzipiell von der Existenz von Geistern überzeugt bin, wandle ich nach wie vor unter den Lebenden." Das war... vielleicht eine unnötig lange Antwort, die viel sagte, aber nichts beinhaltete. Was machst du denn?! Willst du, dass er sich veräppelt vorkommt oder wie?, schalt sie sich innerlich. Dabei wusste sie nur nicht, was sie überhaupt sagen sollte und ihr vor Aufregung klopfendes Herz half nicht im Geringsten, wenn es darum ging, einen kühlen Kopf zu behalten. Außerdem - er hatte doch mit Geistern angefangen.

    [Antoinette] 2.0 in der Bibliothek


    Während Antoinette noch den Notruf rief, weil Yuri umgekippt war, machte sich Antoinette auf den Weg in die Bücherei. Wieso auch eins nach dem anderen machen.

    Der Grund warum sich die junge Belgierin in die Welt der Bücher begeben wollte, war eigentlich, um sich für neue Rezeptideen inspirieren zu lassen. Aber dann kam sie am Fantasy Regal vorbei und sie blieb stehen. Es war nicht unbedingt die Fantasy, die sie reizte, die war nur ein Beiwerk. Romantasy war das Zauberwort! Sie mochte auch normale Liebesromane ohne Fantasy Aspekt, aber irgendwie gefiel ihr die magische Note. Brachte nochmal eine andere Dynamik rein. Auch wenn es vermutlich äußerst unwahrscheinlich war, dass sich ein 500 Jahre alter Fae Lord für eine 19-jährige Sterbliche interessierte, aber darum ging es hier nicht. Es ging darum, dass er ein ganzes Königreich für sie opfern würde und sie vor den 300 Jahre andauernden Konflikten schützte, denn er konnte ja nicht wissen, dass sie als Einzige in der Lage war, am Ende alle zu retten!! Und auf ihrer Mission mussten sie sich ein Bett teilen, der schicksalhafte Moment, in dem sich die Leidenschaft zwischen ihnen entfachte. Klischeehaft hin oder her, Antoinette fühlte sich prächtig unterhalten. Also nahm sie sich ein, zwei, zehn Bücher aus dem Regal, setzte sich auf eine Couch und schmökerte hinein. Ausnahmsweise durfte sie auch mal etwas für sich tun, oder? Sie liebte ihre Arbeit, aber... nur dafür zu Leben zehrte an ihr. Nur gab es in ihrem Leben nicht viel Ausgleich, weswegen sie sich vorgenommen hatte, vielleicht hin und wieder etwas Neues auszuprobieren. Neujahresvorsätze oder so.

    Das ging so lange gut, bis sie aus den Augenwinkeln sah, wie ein gewisser Blondschopf durch die Regale wanderte. Was macht Wayne denn hier?! Panik stieg in ihr hoch. Anstatt sich mühsam mit ihrem Gefühlschaos zu beschäftigen, hatte sie nämlich das Einfache gemacht: es ignoriert. Ihn ignoriert. Das er sie ausgerechnet hier einholen würde, damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet. Merde! Antoinette zog das dicke Buch einfach vor den Kopf, in der Hoffnung, dass er sie nicht bemerken würde. Aber ein Buch konnte nur so viel von ihr verstecken und ihr elegantes Kleidchen sprach Bände - nicht, dass sie sich darüber bewusst wäre.

    [Murakumo] & Elsje


    Huh. Murakumo strich sich an seinem kurzen Bart entlang. Erstaunlich, dass sie ihn nicht vom Sehen her kannte, er fand sich ja schon recht prächtig, ich meine, auffällig. Groß, kräftig, Halbwesen? So viele liefen hier in Trampoli ja nun doch nicht rum. Wie dem auch sei. "Na, dann lernen wir uns jetzt kennen.", meinte er mit einem tiefen Lachen und begann nebenbei seine Arbeitsstätte ein wenig aufzuräumen. Sie schien nicht davon angeekelt zu sein. "Mein Name ist Murakumo, wie heißt du, Kleine?", stellte er sich nebenbei vor. "Hast dich verlaufen oder wie?", hakte er dann nach, weil sie nicht geantwortet hatte. Er war jetzt nicht der beste Gastgeber, aber bei einem Mädel das sich verirrt hatte, wollte er sich dann doch Mühe geben. Ein bisschen zumindest. Sie schien sich aber gar nicht recht für ihn zu interessieren - okay, okay - sondern eher für das tote Reh. Dabei konnte das gar nicht mehr antworten. Murakumo stemmte die Arme in die Hüften und sah zu dem Mädel. "Na, was werd ich damit schon vorhaben, hm?" Er schüttelte den Kopf. "Es verwerten, was denn sonst?" Als ob er sich nur zum Spaß auf die Jagd begeben würde. Dafür war das Leben viel zu wertvoll.

    [Cinnamon] und Opa Kanno



    Cinnamon entging nicht, dass der alte Mann kurz aus dem Konzept gebracht war. Sie verdrehte kurz die Augen, während er ihr den Rücken zudrehte um die Bücher auf seinem Schreibtisch abzustellen. Dann schalt sie sich selbst. Es war echt dumm von ihr gewesen, ausgerechnet Joe zu erwähnen. Hätte sie sich ja denken können, dass Kanno sich a) natürlich noch erinnerte und b) vermutlich nicht den besten ersten Eindruck hatte. Aber irgendwie... naja, war es auch schön, dass er es sich gemerkt hatte. Kanno war nie der Opa gewesen, der abends Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen hatte - stattdessen hatte es Bücher über magische Abhandlungen gegeben. So war über die Jahre eine Kluft entstanden, die ihr aber auch zusetzte und verflucht, sie wollte das einfach nicht mehr. Ihr Schritt zur Magierlehre war der erste Schritt Richtung Heilung gewesen, so kitschig das auch klingen mochte. Und das er sich jetzt erkundigte, freute sie einfach. Auch wenn sie nicht recht wusste, was die geschickteste Antwort darauf war. Nicht, dass sie dem alten Mann noch einen Herzinfarkt verpasste.

    "Ähm.", setzte sie daher eloquent an, um sich mehr Zeit zu verschaffen, "Vielleicht?" Sie seufzte. Cinna hatte bemerkt, dass es gar nicht Joe war über den sie mit ihrem Opa reden wollte, sondern das nur als Eisbrecher diente. Sorry Joe. Irgendwie schade, dass sie es noch immer nicht schaffte, einfach zu ihm zu gehen, wenn sie etwas beschäftigte. "Joe ist kein schlechter Kerl. Nur... etwas anstrengend." Und dumm. Aber das verkniff sie sich. So und jetzt raus damit. Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her. Mittlerweile war sie eine erwachsene junge Frau, wie kam es also, dass sie sich in Anwesenheit ihres Großvaters immer wie ein kleines Kind fühlte? Und sich dadurch auch häufig wie eins benommen hatte? Das muss sich ändern. Cinnamon holte einmal tief Luft, ehe sie fortfuhr. "Opa? Wie würdest du an meiner Stelle weitermachen? Was das Lernen von Magie betrifft, meine ich." Jetzt war es raus. Sie unterdrückte den Drang die Augen zusammenzukneifen, in Sorge auf einen großen Knall, und stierte stattdessen auf die Bücher, die sie sich rangeholt hatte. Cinnamon nahm sich vor, egal wie ihr Großvater reagierte, einfach mal ruhig zu bleiben. Ob sie das konnte?

    [Max] mit Julia <3 & Kiel?! >:( | Kommen an [vom Marktplatz]



    Der hochwohlgeborene Erbe der Saint Croquilles ließ sich von einer Badehausangestellten und einem Bauerjungen herumbugsieren.

    Diese Schmach würde er sein Leben lang nicht vergessen.

    Zugegeben - gegen Erstere hatte er keineswegs etwas einzuwenden. Er bewunderte ihr schnelles Handeln und ihre Entschlossenheit im Angesichts seiner Not. Nur musste der da unbedingt mitkommen?! Max hatte das Leuchten in Julia's Augen gesehen als der blonde Jüngling an ihren Tisch herangetreten war. Sie mochte ihn. Sie freute sich ihn zu sehen. Warum? Was hatte Kiel zu bieten, was er nicht hatte? Oder interpretierte er zu viel in ihren hübschen Ausdruck hinein? War da mehr oder war es nur simple bürgerliche Freundschaft die sie miteinander verband? Er musste es wissen!

    Dummerweise konnte er sich gerade gar nicht primär darum Gedanken machen. Da war nämlich noch die Situation des vergifteten Desserts!

    Für Max war die Sache klar: Es handelte sich um einen Tötungsversuch niederen Motiven um Druck auf das Adelshaus aufzubauen. Ob... ob Julia in die Sache verwickelt war....? Nein! Nein, das war ganz ausgeschlossen. Sie war viel zu liebenswürdig und rein. Solche Wesen geben die besten Attentäter ab. Nein, nein, nein. Viel wahrscheinlicher war da noch, dass Kiel das in Auftrag gegeben hatte und dann vorbei gekommen war, ganz unschuldig wirkend, um sich seine angestiftete Tat anzusehen. Das würde noch ein Nachspiel haben!

    Während Julia und Kiel ihn also einmal links, einmal rechts, vom Marktplatz Richtung Klinik schleiften, rasten Max Gedanken - und sein Herz. Sein Mund fühlte sich ganz pelzig an und als das Atmen Schritt für Schritt schwerer wurde, kam langsam ehrliche Panik in ihm auf. Was, wenn sie es nicht rechtzeitig schaffen würden? Was, wenn ihm nicht geholfen werden konnte? Er wollte nicht sterben. Er wollte verflucht nochmal nicht noch einmal sterben. Der Tod war nichts. Und dieses Nichts war verdammt unheimlich. Er verdrängte die Tatsache, dass er bereits einmal ums Leben gekommen war zumeist gekonnt. Verdrängung war etwas, in dem er lange Jahre Übung hatte. Aber in Momenten, in denen er seiner eigenen Sterblichkeit bewusst wurde, überkam ihm die Panik. Nicht nochmal. Nicht schon wieder. Es konnte jederzeit vorbei sein und das jagte ihm wahre Angst ein. Und es waren jene Momente, in denen ihn jegliche Zweifel übermannten. War dieses Leben überhaupt real? War sein Körper echt, war das wirklich seine Seele die zu den Lebenden zurückgekehrt war, oder war das alles nur ein langer, nie endender Traum? Woher sollte er wissen, dass er wahrlich zurückgekehrt oder ob er nur eine Kopie mit dessen Erinnerungen war?

    Die Übelkeit in ihm war nicht mehr nur allergischer Natur als sie an der Klinik ankamen. Max fühlte sich elendig. Nathalie erkannte den Ernst der Lage sofort und bugsierte ihn in einen ihrer Krankenzimmer. Er verlor Julia und Kiel aus den Augen, völlig damit überfordert Luft in seine Lungen zu pumpen. Nathalie gab ihm was... machte was... keine Ahnung. Ihm drehte sich alles. Jeglicher Stolz war von ihm gefallen, als nur noch ein Gedanke sich in seinem Kopf wiederholte. Ich will nicht sterben.

    Vielleicht waren die Worte auch einmal über seine geschwollenen Lippen geflogen, denn er hörte die Heilerin sprechen: "Ihr sterbt nicht, dafür sorge ich. Gut das eure Freunde Euch schnell hergebracht haben, das ist nichts, was ich nicht heilen könnte. Und jetzt Ruhe."

    Freunde huh? Seltsames Wort. Wen hätte er bisher auch so bezeichnen sollen...?

    [Cedric] & Alessa | Küche


    Alessa setzte sich zu ihm und bedeutete ihm stumm, sich ebenfalls vom Essen zu nehmen. Cedric reagierte nicht darauf. Der Geruch der fettigen Pizza rebellierte in seinem Magen und er wusste, er würde sowieso keinen Bissen hinunter bekommen.

    So gesehen war sein Bauch sowieso bereits gefüllt - mit Angst, Unsicherheit und Nervosität. Angst, weitere Fehler zu begehen, zu viel zu sein, Unsicherheit, ob er wirklich erwünscht war, ob Alessa, ob irgendwer, ihn wollte, wohin das alles führte, Nervosität, nicht absehen zu können was passierte. Nichts davon lag an Alessa und doch war sie ein Teil von vielen seines Lebens, welches aus den Fugen geraten war. Aber es ist nicht mehr leer. Er wusste nicht, ob diese negativ gezeichneten Emotionen wirklich besser waren als die Leere, die ihn bis vor... vor wenigen Tagen der engste Begleiter war, aber er hoffte es. Denn wenn er jene wieder spüren konnte, dann hatten auch positive Empfindungen eine Chance. Und er hatte schon einen flüchtigen Eindruck erhalten, nicht? Ein seltener Frieden, als seine Finger über die Tasten eines weißen Flügels tanzten.

    Als seine kleine Schwester das Wort ergriff, fand er es beinahe ironisch, wie sie ihn unbewusst zitierte. Sie wusste es nicht? Oh, das konnte er nur allzugut verstehen. Es war merkwürdig ihr zuzuhören. Nicht nur, weil er sie noch immer als Kind in Erinnerung hatte - ein Kind, welches nie den Rückhalt bekommen hatte, den es brauchte, weil niemand da war. Ein Kind, welches sie nun nicht mehr war. Die Wahrheit glitt als Stich durch sein Herz.

    Aber es war auch merkwürdig, weil ihre Worte ihm bekannt vorkamen, als würden sie auch ihm selbst entsprechen. Die normalen Sorgen, nichts verstörendes, nichts traumatisches, nur das was zum Leben halt so dazu gehörte. Das machte sie in keinster Weise weniger belastend. Die Einsamkeit, die einen umgarnte, obwohl man doch alles hatte. Diesmal war es Alessa, die ihn nicht direkt ansah, doch auch Cedric hielt den Blick lose in den Raum gerichtet, das Wasserglas fest in einer Hand und hörte ihr einfach nur zu. Danke, dachte er bei sich, Das du mich lässt.

    Vielleicht wäre er früher - wann auch immer früher war - entsetzt gewesen, bei dem Gedanken, dass seine süße kleine Schwester, sich hübsch machte, feierte und... und Dingen nachging, die er als großer Bruder vielleicht wirklich nicht so genau wissen wollte. Allerdings - wer war er, um über irgendwas zu urteilen? Vor allem in ihrer Situation, wenn sich keiner in ihrer Familie um sie kümmerte, warum nicht tun, was man wollte? Sie hatte zumindest versucht die Leere zu füllen. Er wand sich innerlich bei der Vorstellung.

    "Ich glaub-,", begann Ced langsam, durchbrach schließlich die Stille, die sich für einen Moment über sie gelegt hatte. Nicht unangenehm nur... Zeit lassend. Zeit, die sie sich endlich füreinander nahmen. "Ich versteh das gut."

    Es war seltsam, dass gerade Alessa's Kummer Nähe für ihn erzeugte. Eine traurige Nähe, nichtsdestotrotz ein kleines Stück Verbundenheit. Ihm lag eine erneute Entschuldigung auf den Lippen, dafür dass sie so fühlen musste, dass er sie alleine gelassen hatte, aber er schluckte sie herunter. Das würde in einem ewigen Kreislauf enden, der sie nicht weiterbrachte. Es ließ sich nicht ändern. Nur, wie es für sie beide weitergehen könnte, dass ließe sich entscheiden.

    Cedric drängte sich dazu fortzufahren. Wie sollte sie ihm seine Worte glauben, wenn er sich sonst nicht äußerte?

    "Ich fühl mich auch einsam.", wisperte er, "Auch wenn ich nicht alleine bin, im Wohnheim voll lauter bekannter Gesichter." Cedric zog die Beine mit auf den Stuhl und umfasste seine Knie. "Nur bin ich selber dran Schuld. Ich hab... Ich hab mich nicht nur von dir zurückgezogen." Es war hart, das zuzugeben. Der Kloß in seinem Hals schwoll erneut an, hinderte ihn daran weiter zu sprechen. Es war nicht so, als wäre das eine bewusste Entscheidung gewesen. Viel eher war sie Hand in Hand gegangen, zusammen mit den Gedanken, die ihm einflüsterten, dass sie ohne ihn besser dran seien, dass niemand ihn wirklich da haben wollte, dass seine Anwesenheit, seine bloße Existenz, für niemanden eine Rolle spielte.

    Hör auf. HÖR AUF! Cedric presste die Augen zusammen, vertrieb die Erinnerung, linste schließlich zu seiner Schwester. Simon und er waren damals zum Studieren nach Riverport gezogen, Matze hatte dann dieses Haus für sie erworben. Idiotisch, wie nah sie aneinander wohnen konnten und sich doch so fern waren. Ein Teil von ihm wollte sich damals auch los lösen, selbständig werden, unabhängig von einem Vormund. Aber diese Familie war wirklich nicht sonderlich gut darin, den Kontakt und die Nähe zueinander zu suchen und zu wahren, nicht?

    [Cedric] & Alessa | Küche


    Eine kleine Ewigkeit verstrich. Ein Moment, in dem allen Anschein nach nichts passierte, doch der Schein trügte. Gehalten und gehalten zu werden, zu fühlen und sich seinen Emotionen hinzugeben, war unfassbar wertvoll. Kinder tun das stets, doch mit der Zeit lernen wir unsere Gefühle klein zu halten, vor der Welt zu verschließen, rational statt emotional zu handeln - am Ende jedoch haben wir dadurch nichts gewonnen.

    Und so ging es auch Cedric, als Alessa ihn hielt und er sie umarmte. Dass er nicht sagen konnte, wie lange sie da standen, dass er in dem Moment kaum wahrnahm, wo er sich befand, dass alles was zu ihm durchdrang die Nähe zu seiner Schwester war, die er ausgeschlossen und doch so vermisst hatte und wie gut es überhaupt tat, Nähe zu jemanden aufzubauen und sich nicht vor allem und jedem zu verschließen. Er hatte es vergessen, wie hatte er das nur vergessen können? Wie hatte er sich nur so sehr isolieren können, wo es doch eine solche Wohltat war sich mit anderen auszusprechen? Aber so kam es oft - wir begeben uns auf einen Weg, ganz unbewusst und wenn wir einmal aufsehen, innehalten, wissen wir nicht wie wir in die Situation geraten konnten, haben vergessen was uns wichtig ist und sind uns nicht im Klaren darüber, was wir brauchen.

    Cedric bemerkte kaum die eigenen Tränen, bis sie schließlich weniger wurden. War innerlich nur so froh, dass Alessa geduldig mit ihm blieb, dass sie überhaupt für ihn da war. Dass ihr nicht entgangen war, wie viel tiefer diese eine, einfache Aussage - Mir geht's nicht so gut - reichte. Und allein das rechnete er ihr hoch an, denn wie viele andere hätten das lediglich abgewunken?

    Ein leises Seufzen entfloh seinen Lippen, als sie die Umarmung schließlich löste, denn am liebsten hätte er ewig ausgeharrt. Ein kleines, sicheres Nest - sich nicht der Welt stellen wollend. Aber so funktionierte das Leben nunmal - es gab nur ein stetes weiter, selbst wenn es Zeiten gab, die so schienen, als würden sie stehen bleiben.

    Die ersten, vorsichtigen Fragen ihrerseits. Sie stürmte nicht auf ihn ein, sondern fragte ihn vielmehr was er brauchte. Obwohl er darauf keine Antwort wusste, schätzte er sie ungemein. Jemand der da war. Jemand, der zuhören wollte. Cedric strich sich mit der Hand über die Augen, um die Tränenreste fortzuwischen, während er versuchte seine Gedanken zu sortieren. Zumindest grob, denn so leicht ließ sich der Knoten im Kopf nicht lösen. Er fühlte sich erschöpft, aber anders als zuvor. Wärmer. Sicherer. Ausgelaugt statt abgekämpft. Und nicht mehr so, als würde er ein Mienenfeld betreten, und jede Bewegung oder Aussage überdenken müssen. Vielleicht... vielleicht könnten sie wieder zueinander finden?

    Cedric zog sich einen Küchenstuhl heran, weil er seinen Beinen nicht unbedingt traute. Als würden in der kurzen Zeit, seitdem er hier war - seitdem er sich für das Leben entschieden hatte - die Emotionen regelrecht durch ihn hindurch fließen und alles in ihm aufwirbeln. Das war verdammt anstrengend.

    Er presste kurze die Augen zusammen, als sie sich entschuldigte. "Nicht.", unterbrach er sie. Es war nicht richtig. Wie sollte sie auch reagieren, wenn plötzlich jemand vor der Tür stand, der ewig nichts von sich hatte hören lassen, insbesondere wenn es der eigene Bruder war? Familie? Keine Ahnung, wie er- oh. Sein Magen machte eine Umdrehung, als eine Erinnerung in ihm hochkroch. Ran, die nach Jahren wieder aufgetaucht war. Ran, die plötzlich vor ihm gestanden hatte, als wäre sie nie weg gewesen. Die keine Ahnung hatte, was zwischenzeitlich in ihm vorgegangen war. Du hättest dich nur mal zu melden brauchen! Ein schmerzhafter Stich breitete sich in seinem Herzen aus. "Ich hätt genauso reagiert.", fügte er matt hinzu, "Ich-," Er rieb sich die Schläfen, nach Worten suchend. Ja. Ja, er wollte seiner Schwester erzählen was passiert war. Keine Ahnung, ob er das überhaupt verdient hatte - hast du nicht - aber er wollte. so. sehr. Nicht länger alleine sein.

    Sein Mund öffnete sich, er wollte sich ihr anvertrauen, wollte erzählen - vielleicht nicht alles, sicher nicht alles, aber genug. Sich erklären. Und er blieb stumm. Als wollte alles gleichzeitig aus ihm herausbrechen, stauten sich Gefühle, Gedanken, Erinnerungen in ihm auf, verknoteten sich, gerieten durcheinander. Es machte alles keinen Sinn. Keinen Sinn. Ihm ging es nicht ganz so gut. Das war ein Fakt, oder? Aber was fehlt dir denn? "Ich-" Mir. Was fehlt mir? "Krieg's gerade nicht so gut hin." Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht was mir fehlt. Warum verwischten die Tage so ineinander, warum waren sie so leer, warum war er so leer?

    Beiläufig nahm er wahr, dass sich die Muskeln seines Körpers erneut angespannt hatten. Bereit zur Flucht, als könnte er immer vor seinen Problemen weglaufen. Bewusst atmete Cedric aus, zwang sich, sich etwas zu lösen und blickte in Alessa's jugendliches Gesicht. Stück für Stück. Es musste nicht alles jetzt, gleich, sofort sein. Fühlte sich auch falsch an, Alessa sofort mit seinen Nöten zu belasten. "Sorry. Ist nicht so einfach." Du stellst dich auch echt blöd an. Was soll so schwer sein? Worte, Ced, fang an Worte zu benutzen - Ich versuch's. "Willst du vielleicht anfangen...?" Feigling! Nein, nein, er wollte ehrlich wissen wie es ihr ging. Ergangen war. Was sie beschäftigt hatte, was sie belastete. Alessa hatte vorhin angedeutet, sie hätte ihre Brüder gebrauchen können. Das schlechte Gewissen regte sich erneut. Sie war so erwachsen geworden. Ob sie das hinbekommen würden?


    26.03.2023