Das von Margaret erfundene Gerücht über Arthur und Dolce schien die Rosahaarige – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – aus der Fassung zu bringen. Doch dieser kurze Moment reichte vollkommen aus. Der empörte Ausdruck im Gesicht der sonst so stoischen Dolce amüsierte sie ungemein. „Furchtbar, wie gedankenlos Leute Gerüchte in die Welt setzen“, sagte sie jedoch todernst, mit vor Entrüstung triefender Stimme. Innerlich musste sie ein Kichern unterdrücken.
Zu Megs Bedauern fing sich Dolce jedoch wieder äußerst schnell... aber im Grunde war das auch zu erwarten gewesen. Die junge Frau schien ihre Emotionen meist perfekt unter Kontrolle zu haben, gehörte nicht zu der Gruppe Menschen, die zu Gefühlsausbrüchen neigten. Selbst eine winzige Regung bei ihr hervorzurufen, fühlte sich wie ein Sieg an.
Auch auf die Frage, ob das kleine Mädchen, ihre Tochter wäre, reagierte Dolce – wie beabsichtigt – irritiert. „Natüürlich ist sie nicht deine Tochter.... entschuldige“ Wer genau hinsah, konnte allerdings ein belustigtes Blitzen in den Augen der blonden Elfe erkennen.
Gerade wollte Meg sich näher über jenes Mädchen erkundigen, da huschte ein kleines, zartes Wesen von der Treppe herunter... nur um sich sofort hinter Dolce zu verstecken, als fürchtete es, die beiden Eindringlinge könnten ihm etwas antun. Meg machte ein paar Schritte zur Seite, um einen Blick auf dieses überaus seltsame Mädchen erhaschen zu können. Das seidige lilafarbene Haar stand im starken Kontrast zu ihrer hellen Haut, die ihr etwas Geisterhaftes verlieh. Als wäre sie gar nicht real, ein bloßes Hirngespenst... ein Produkt ihrer Fantasie. Wie aus Porzellan gemeißelt stand sie dort, die zierlichen Finger in Dolces Kleid gekrallt, als gäbe ihr das Halt. Margaret hätte sie wohl für eine Puppe gehalten... wenn da nicht ihre Augen wären... ihre Augen, die eine derartige Unsicherheit, eine derartige Furcht widerspiegelten, wie sie nur irdische Wesen verspüren konnten.
Sie zuckte zusammen, als Meg sich näherte... behutsam, fast so, als wollte die Elfe ein wildes Tier zähmen. „Ich bin Margaret“, stellte sie sich vor, um der Lilahaarigen die Angst zu nehmen, „verrätst du mir deinen Namen?“ Die Kleine schien zu verschlossen, um zu antworten. Scheu wie ein Reh.
„Warum so schüchtern, kleine Prinzessin?“, sie hatte sich zu dem Mädchen herabgebeugt, sodass die beiden nun auf Augenhöhe waren. Wie immer lag ein Lächeln auf den Lippen der jungen Elfe. Ein Lächeln, von dem an jedoch nicht sagen konnte, ob es herzlich, oder doch eher tadelnd war.
„Wer nichts wagt, der gewinnt auch nichts. Hat man dir das nie gesagt?“ Den Kopf fragend zur Seite gelegt, musterte sie die Lilahaarige, obwohl sie im Grunde wusste, dass sie keine Antwort darauf erhalten würde.
Schließlich erhob Meg sich wieder.
„Ria, ich glaube wir sollten uns langsam aber sicher verabschieden. Wir haben uns lange genug umgesehen.... wir sollten Dolces Gastfreundschaft wirklich nicht überstrapazieren“, meinte sie an ihre Schwester gewandt, mit Betonung auf dem Wort „Gastfreundschaft“.
„Nun, Dolce... ich schätze, wir werden uns bald wiedersehen“, flötete sie , während sie sich schon in Richtung Ausgang bewegte, „ich habe beschlossen, Arthur um einen Lehrplatz zu bitten.“ Als Meg sprach, war ihr Blick stets auf die junge Frau mit den kalten Augen geheftet, als wollte sie ihre Reaktion beobachten... gewiss mochten ihre Worte sie ein wenig überrumpeln.
„Das macht uns dann wohl zu... Studienkolleginnen.“ Konkurrentinnen, verbesserte sie sich innerlich und schenkte Dolce ein strahlendes Lächeln.
„Kommst du, Ria? Du solltest wirklich deinen Rausch ausschlafen!“ Sie zwinkerte Daria zu, um ihr zu zeigen, dass sie lediglich scherzte. Oh, wie sie es liebte, ihre Schwester aufzuziehen. „Aber wenn du noch hier bleiben willst, ist das auch okay.“