Beiträge von Momentsammlerin

    Hallo, meine Lieben!
    schneewittchen und ich haben ein kleines Event geplant, bei dem wir auf rege Beteiligung und viel Freude eurerseits hoffen!
    Das Event wird am 31.01.2015 starten und bis Anfang Februar gehen, dabei wird allerdings nur ein Tag im Inplay selbst vergehen. Wir wollen euch damit die Zeit geben, das Fest - bei dem es sich um das Sternnachtfest handelt - voll und ganz zu genießen.
    Gestartet wird morgens auf dem Platz des Volkes, der Tag wird nach und nach vergehen, sodass man am Ende die Sterne in der Sternwarte ansehen kann.



    Allgemeine Informationen:


    Zur Feier des Sternnachtfestes wurden gleich zwei Veranstaltungsorte gewählt, die die Bewohner zu sich locken. Schon am frühen Morgen des großen Tages – oder eher der großen Nacht – werden auf dem Platz des Volkes verschiedenste Stände auf die neugierigen Gesichter der Bewohner Trampolis warten. Dabei wird angeboten, was auch immer das Herz begehrt, seien es nun besondere Leckereien, Schmuckstücke oder Kunstwerke, ja, selbst Bücher mit zauberhaften Geschichten können hier erstanden werden.
    Sobald die Sonne untergeht, werden die Fackeln genutzt, die den Weg durch die Stadt und den schmalen Bergpass hinauf zur Sternenwarte erleuchten. Besonders Liebende werden diesen Abend nutzen, um ein wenig Romantik zu erleben, doch viele Pärchen finden auch erst in dieser Nacht zusammen, umgeben vom unendlich erscheinenden Sternenhimmel.


    Ihr habt also genug Zeit, um euch gegebenenfalls aus den jetzigen Szenen zu lösen, solltet ihr mit euren Charakteren am Fest teilnehmen wollen.


    Erhobenen Hauptes und einer äußerst wichtigen Ankündigung in den Händen, ging Wolkanon direkt auf das schwarze Brett zu. Er selbst hatte eine Feierlichkeit organisiert und hoffte auf die rege Beteiligung der Einwohnerschaft. Wolkanon musste zugeben, dass auch er sich sicherlich einmal dort blicken lassen würde, schließlich wurde ein solches Fest nicht alle Tage veranstaltet. Nicht nur, dass es viel Arbeit gewesen war, sondern auch, weil er Festlichkeiten in gewissem Maße durchaus genoss.
    Mittels Hammer, Nagel, seiner Stärke und dem Feingefühl, das schwarze Brett nicht zu zerstören, brachte er die Einladung für jeden Einwohner Trampolis gut sichtbar an. Nun konnte man nur hoffen, dass auch die anderen ebenso erfreut darüber waren wie er selbst es sich wünschte.




    Majo hatte sich schnell entschieden - nun durchnässte der Regen ihre Haarpracht, ihre Kleidung, ließ sie zittern. Doch nicht die Aussicht auf einen trockenen Unterschlupf, ließ sie ihre Schritte beschleunigen, nein, tatsächlich war sie auf dem Weg zur Korallenbucht, wo ihre Cousine auf sie warten würde. Wenn sie nicht schnell genug war, könnte ihr etwas passieren. Auf eine fremde SMS zu hören, nur, alleine zu gehen… Schön und gut, dass sie dort auf Majo warten würde, doch es könnte ihr bereits jemand aufgelauert haben.
    An den genauen Inhalt des Telefonats erinnerte Majo sich nicht einmal mehr. Irgendetwas von eine übersinnlichen Person und zwar sollte die junge Hexe sich sehr wohl darüber Gedanken machen, hatte nun allerdings einfach keine Zeit dafür. Sie konnte sich auch nicht freuen, endlich aus der Bar raus zu sein, sie machte sich momentan einfach Sorgen. Das Telefonat war plötzlich abgebrochen, sie hatte nicht mehr viel Zeit zu vertrödeln. Majo musste sich einfach beeilen – bevor es eventuell zu spät war.
    Ihr Atem ging bereits etwas zu schnell, sie spürte ihr Herz deutlich in ihrer Brust schlagen, während sie die Korallenbucht erreichte. Der Regen war schwächer geworden, doch von Noita war keine Spur. „Scheiße“, fluchte sie und begann sich umzusehen, hektisch, beinahe panisch. Sie wusste, dass sie ruhig bleiben musste, nicht zu sehr aufregen, keine Panik bekommen. Das machte es nicht besser, eher im Gegenteil. Sie beruhigte sich. Das hier war nicht sie selbst und sie entschied sich, Noita dafür kräftig durchzuschütteln. Einfach abzuhauen, mitten im Gespräch war die Verbindung weg und dann wartete sie nicht einmal auf sie.
    Doch dort hinten, dort am Boden, sah sie plötzlich zwei Gestalten. Sie versuchte etwas zu erkennen, lief dann aber letztlich los, ohne zu wissen, auf was genau sie zusteuerte. Erst nach einigen Metern konnte sie erahnen, dass es sich um ihre Cousine handelte, die dort auf dem Boden saß, neben ihr lag irgendein Fremder, der ihr sehr vertraut erschien. Aha. Zumindest ging es Noita gut, allein das beruhigte Majo ein wenig, ein Fremder versetzte sie nicht in einen solchen Zustand der Anspannung. Zumindest nicht, wenn er auf dem Boden lag, direkt neben ihrer Cousine.
    „Noita!“, rief die blonde Hexe aus, zog die Augenbrauen allerdings zusammen. Weinte sie? Sprach sie mit dem offensichtlich bewusstlosen Jungen? Er war doch bewusstlos, nicht wahr? Sie war wenig später neben ihr angekommen, jeder Schritt war ihr vorgekommen wie eine Ewigkeit. „Bist du verletzt?“, fragte sie, allerdings ohne sie noch eines weiteren Blickes zu würdigen. Stattdessen begutachtete sie den Fremden, entdeckte die Verletzung, auf die Noita presste, um die Blutung zu stillen. „Hast du einen Notarzt gerufen?“ Sie schien relativ ruhig zu sein, doch in ihren Augen blitze etwas Gefährlichen, als sie einen kurzen Blick über ihre Schulter warf. Wer hatte ihn verletzt? Und weshalb? Warum sollte Noita hierher kommen? Und weshalb zur Hölle musste Majo hier antanzen? Weshalb musste sie sich Sorgen machen? Weshalb war sie wütend, hatte sogar kurz Angst gehabt?
    Noita war ein Nichtsnutz. Aber die letzte Scherbe ihrer kaputten Familie, die ihr blieb, ihr zur Seite stand, die sie irgendwie, auf ihre eigene Art und Weise, liebte.
    In ihrer Hand materialisierte sich auf einen stummen Befehl hin ein Regenschirm, den sie über Noitas Kopf und die Wunde des Fremden hielt. Wenn der Schal mit Regenwasser durchweichte und noch mehr davon in die Wunde lief, würde es sich auf jeden Fall entzünden, vielleicht konnte das jetzt noch vermieden werden. Majo kannte sich da nicht so mit aus, aber besser war es auf jeden Fall. „Hast du mittlerweile irgendeine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?“ Erneut sah Majo sich um, noch immer war niemand in Sicht, weder der versuchte/potentielle Mörder noch irgendeine Art von Hilfe. Sollten mittlerweile keine Sirenen hier sein? Schließlich schien Noita bereits einige Minuten vor ihr dagewesen zu sein – mindestens. Sicherheitshalber holte sie bereits ihr Handy hervor. „Und weshalb hast du den Anruf einfach beendet? Glaubst du etwa, dass das irgendwie hilfreich gewesen ist, ruhig zu bleiben und sich was zu überlegen?“ Doch Majo wurde noch nicht laut, Noita schien bereits am Ende ihrer Kräfte zu sein, sodass sie sich endlich neben sie hockte und zaghaft einen Arm um ihre Schultern legte. Was sollte sie sonst tun? In so einer Situation war sie noch nie gewesen und sie war auch froh, dass nicht noch irgendwelche Schaulustigen hier waren. „Kennst du ihn?“, fragte sie zu guter Letzt. Sie war leiser geworden, strich vorsichtig mit der Hand über den Oberarm ihrer Cousine und wartete einfach ab. Das Handy lag in ihrer anderen hand, um zur Not Druck zu machen, dass der Krankenwagen sich endlich hierher bequemte – immerhin verblutete hier gerade…irgendwer. Wer auch immer, Majo hatte nicht vor, jemanden jetzt abkratzen zu lassen, besonders nicht vor den Augen Noitas. Und auch nicht vor ihren eigenen, so scharf war sie dann doch nicht auf einen Toten. Majo war zwar durch und durch Hexe – eine richtige Hexe eben –, doch das hieß nicht, dass sie so widerlich war, einem Fremden den Tod zu wünschen, der hier mitten im Nirgendwo rumlag.






    New one: Wenn dein Charakter die Chance hätte, einfach abzuhauen und neu anzufangen, würde er es tun? Wohin würde er gehen?


    Sanjay war ein freundlicher Mann, einer, mit dem sie sich unterhalten konnte, ohne, dass eine seltsame Stimmung oder ein ähnlich merkwürdiges Schweigen auftrat. Nun, zumindest war dies bisher so gewesen und sie hatte nicht das Gefühl, dass sie damit falsch lag. Hoffte sie. „Ja, habe ich“, antwortete sie ihm und streckte sich, um ihren Partner erneut ausfindig zu machen, doch nun schien er wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Wo war er hin? Etwa in der Masse untergangen? Zertrampelt? Betrunken in der Ecke liegend? Zumindest letzteres bezweifelte sie dann doch stark.
    Als sie ihren Blick letztlich wieder auf ihn richten konnte, ihn zwischen all den Menschen wiederfand, schien es ein wenig kompliziert zu sein. Menou sah grüblerisch aus, als sie sich Sanjay erneut zuwandte. „Ich glaube, er ist ein wenig in Schwierigkeiten.“ Hoffentlich wurde er nicht verletzt, sie wollte jetzt nicht arbeiten müssen, außerdem würde es nicht nur ihr den Abend verderben. Vielleicht sollte sie dazwischen gehen, ihm helfen, ihn retten?
    Doch zuerst kam ihr Wichtelpartner auf sie zu, eine junge Frau, jünger auf sie auf jeden Fall, wenn auch nicht viel. Sie sah relativ sympathisch aus, doch Menou musterte sie vorerst kurz, nachdenklich.
    Es war idiotisch, doch sie hatte nicht wirklich mit einem richtigen Geschenk gerechnet. Nicht einmal mit einem, das hässlich oder unschön war, sondern mit gar keinem. Nicht, weil sie vergessen wurde, nicht, weil ein Fehler passiert war – sie hatte nur nicht damit gerechnet. Sie wusste nicht, warum, schließlich hatte sie eben noch darüber nachgedacht, wer sie denn gezogen hatte, doch letztlich sah sie auf das blonde Mädchen, das ihr ein Geschenk unter die Nase hielt und blinzelte sie etwas irritiert an. „Oh“, machte sie, sah von Sanjay, ihrem bisherigen Gesprächspartner, zu der Fremden. Vorsichtig nahm sie es in die Hände, stellte es auf den Tisch, an den sie sich soeben gesetzt hatte und öffnete beinahe zaghaft das Papier. „Dankeschön“, murmelte sie der Höflichkeit halber, nicht wissend, was sich überhaupt in ihrem Päckchen befand.
    Als sie nachsah, entdeckte sie verschiedene Ornamente, alle in Formen von – Cupcakes? Sie betrachtete sie, hob die Verpackung sogar hoch, um sie näher an ihre Augen zu bringen, sie zu beobachten, als ob etwas damit geschehen würde. Es verstrichen einige Sekunden, bevor sie das Mädchen wieder ansah, diesmal wieder etwas fröhlicher. „Danke“, wiederholte sie, diesmal mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen. „Darf ich deinen Namen erfahren?“
    Dort, wo sie saßen, war es glücklicherweise nicht ganz so laut, schreien musste sie nicht. Doch sie würde gerne wissen, wie sie hieß, einfach, um ihren Horizont zu erweitern und ein paar mehr Leute kennenzulernen. Das sollte man schließlich hier tun, nicht wahr? Und anschließend, nach dem Gespräch mit Sanjay und der Fremden, würde sie ihrem Wichtelpartner helfen gehen, vorausgesetzt, er schaffte es nicht selbst.


    Klaus nahm sein Geschenk, klemmte es sich unter den Arm und lächelte die beiden Damen an. „Ich werde jetzt meinen Wichtelpartner beglücken gehen. Ich hoffe, ihr habt noch einen schönen Abend.“ Er nickt auch Yuri noch einmal zu, bevor er sich einen Weg durch die Menge bahnte, Leute zur Seite schob, teilweise auch etwas ruppiger als eigentlich geplant, doch er wollte es hinter sich bringen und erreichte wenig später eine junge Frau in der Nähe der Bar.
    „Nun, meine Dame“, begann er mit einem charmanten Lächeln, „Sie müssen Lily sein. Dürfte ich Sie bitten, kurz mit mir etwas abseits zu kommen?“ Er warf einen Blick auf das Geschenk, führte sie anschließend in Richtung eines unbesetzten Tisches, auf dem er es abstellte. Dabei hielt er ein wenig, wenn auch einen unauffälligen, Abstand zu Lily, denn er konnte sich ihre Reaktion ausmalen. Dabei war das Geschenk einer Meinung nach praktisch.



    Klaus hatte sogar anfangs überlegt, eine Pfanne hinein zu legen, sich allerdings letzten Endes dagegen entschieden. Damit hätte sie ihn wirkungsvoll niederschlagen können, weshalb er auch spitze Gegenstände lieber vermied. Und hätte er gewusst wessen Mutter sie war, hätte er eventuell noch Pillen zum Sedieren ihrer herzallerliebsten Tochter hineingelegt.

    Kaum zu bemerken und doch anwesend schlich der Sensengeist von der Lacus-Grotte über den Polisee, stets auf der Suche nach den neusten Opfern und etwas Abwechslung im ewigwährenden Geisterdasein. Noch Meter vom Ufer entfernt, entdeckte er zwei Gestalten in der Nähe des Sees, männlich und weiblich, doch nicht stark und schwach. Nein, nein, sie beide schienen kämpfen zu können und der Geist tauchte ganz plötzlich direkt neben den beiden auf, hatte nach der Sense gegriffen und ausgeholt, während er die Frau in Richtung des Wassers drängte, nun in einer körperlichen Form. Kaum am Ende des Stegs angekommen, die Sense nun vor dem Körper haltend, stieß er sie ins kühle, tiefe Nass, ließ sie erst einmal schwimmen, um sich dem Manne zuzuwenden.
    Er verschwand kurzzeitig, ließ sich Zeit, um ihn auf seine verschwundene Begleitung reagieren zu lassen, tauchte dann allerdings direkt hinter ihm erneut auf, die Sense gezückt, bereit zum Schlag. Oh, er würde seinen Spaß mit seinen Opfern haben, ihn zu besiegen war wahrlich nicht leicht. Und wenn der Mann erledigt war, würde er sich um das Weib kümmern, sie vielleicht herausziehen und in Richtung des Waldes treiben, vielleicht allerdings auch in die Lacus-Grotte zerren. Und nun er holte aus…


    Kyles Nachbar schien geknickt zu sein, als wäre die gute Laune plötzlich entflogen, nicht mehr aufzufinden. Er verstand nicht, was das sollte, schließlich war nichts geschehen, das diese Reaktion rechtfertigte oder begründete.
    Dass er allerdings lediglich ein Bier nahm, stellte Kyle zufrieden. Ein Bier war bezahlbar, mit Abstand nicht das teuerste Getränk, das in der Bar angeboten wurde. Er legte dem Mitarbeiter einige Münzen hin, bezahlte nun sowohl für sein eigenes als auch für Azels – der Fremde hatte sich nun vorgestellt – Getränk. „Kyle“, antwortete er auf die Frage, musste schließlich sogar ein wenig grinsen. Erneut nicht unbedingt wirklich freundlich, doch aufgeschlossener wirkend. Er hatte nichts gegen seinen neuen Bekannten uns selbst wenn Kyle nicht mehr ganz so erfreut war, neue Leute kennenzulernen wie früher, so war er sich doch sicher, dass dieses Gespräch ganz angenehm verlaufen würde.
    „Was führt dich hierher, Azel?“ Er hob die Augenbrauen, setzte dann zum Trinken an, um etwas Bedenkzeit zu haben. Wie viel sollte er ihm erzählen? Zu wie viel war Kyle bereit? Wie viel würde er verstehen können? Selbst für Bianca und ihn war es kompliziert, die ganze Geschichte nachzuvollziehen und sie waren mittendrin gewesen, hatten alles miterlebt, alles gefühlt, alles im Gedächtnis. Es hatte sich eingebrannt und vielleicht war es deswegen so kompliziert. Sie schwiegen, selbst in einer privaten Unterhaltung redeten sie von Belanglosigkeiten, provozierten, griffen sich gegenseitig an, ohne sich verletzen zu wollen. Ihre Beziehung, die sie niemals gehabt hatten, war seltsam und ungesund. Wäre ungesund gewesen, wären sie nicht Kyle und Bianca, sondern normalere Menschen mit anderen Problemen. Nicht so verstrickt in Situationen, mit denen sie nicht umgehen konnten. „Ich war lange weg“, antwortete er letztlich, hatte den Blick gesenkt und schloss die Augen für einen Moment, ruhte sich aus und schien Kraft zu sammeln. Doch Kyle war nicht gebrochen, nein, noch war er nicht ganz am Ende angelangt. Hoffte er. Er konnte es selbst kaum noch einschätzen. „Es ist viel geschehen, Menschen sind gestorben und ich bin getürmt. Aber nicht aus Angst, dass ich der nächste sein könnte.“ Er blinzelte einmal, zweimal, richtete sich wieder auf und wandte seinen Blick Azel zu, nun stillschweigend, nachdenklich.
    Er fuhr sich durch das Haar, brachte noch mehr Unordnung hinein und schüttelte den Kopf. „Sollte die Bar kein fröhlicher Ort sein?“, fragte er plötzlich. Er konnte sich nicht entscheiden – Stimmung oder Stille? Stille oder Stimmung? Er atmete tief durch, trank noch mehr, stellte schließlich das leere Glas auf dem Thresen ab. „Vielleicht sollten wir demnächst woanders hingehen.“ Es war lediglich ein Vorschlag und er meinte nicht, dass sie sofort aufspringen und gehen sollten oder gar mussten, doch er musste nicht noch mehrere Stunden in diesem Keller verbringen.


    Nun, anscheinend war ihre Nachbarin nicht unbedingt an einem normalen Gespräch interessiert, Majo bemerkte, dass sie sie provozieren wollte. Mit jedem Wort wollte sie Majo dazu bringen, unfreundlich zu werden, ihre Kontrolle zu verlieren, sich gehen zu lassen. Doch das hatte die junge Hexe nicht vor – keiner hier wusste, was sie war. Und das würde so bleiben, niemals würde sie einer pinken Glitzerfee etwas über sich verraten. Und erst recht würde sie keinen Streit anfangen, nur, weil einem Mädchen langweilig war. Nein, Majo empfand das viel mehr als unwürdig, als nicht interessant genug. Sie hatte nichts gegen dieses Mädchen, sie wirkte nicht einmal unsympathisch auf sie, außerdem hatte sie gute Laune – war das nicht der Sinn einer Weihnachtsfeier? Sollten sie froh sein, dass Majo so war, wie sie jetzt war. Doch die kleine Miss ließ nicht locker, nein, sie trieb es immer weiter, wollte spielen, stupste sie – im übertragenen Sinne – immer weiter an, sodass ihr Geduldsfaden hoffentlich irgendwann riss. Selbst sie, als Nichte der vertrockneten Sherry, hatte sich unter Kontrolle. So einfach war es nicht, sie aus der Reserve zu locken, so einfach konnte man sie nicht tanzen lassen wie ein Püppchen, eine Marionette. Sie spielte ihre eigenen Spiele, nach ihren eigenen Regeln. Und nur manchmal ließ sie sich auf die der anderen ein.
    Doch nun saß sie da, blickte auf die Nachos und entspannte sich weiterhin. Kein Grund zur Eile, kein Grund für Ärger. Sie wollte sich mit Majo eine Feindin machen? Dann erst recht nicht. Vielleicht würde Majo sie irgendwann kennenlernen, wenn sie nicht mehr so drauf war, nicht mehr soasozial und streitsüchtig, so provokant und widerlich beleidigend. Sie hätte sie bereits verhext, hätte sie Noita mit diesem Verhalten verletzt. Ihre Cousine hätte wohl die Welt nicht mehr verstanden. „Ich esse und trinke gerade, dabei muss ich mich gezwungenermaßen von meinen Gesprächspartnern abwenden“, entgegnete sie, wirkte allerdings nicht übermäßig unfreundlich. Wie zum Beweis legte sie den Nacho wieder ab, richtete sich auf, nahm die Schultern zurück und wandte sich dem Mädchen neben sich zu. „So besser?“ Ihr Blick traf auf den der Fremden, ihr Alter, allerdings ein ganz anderer Typ als Majo selbst.
    Ihre Haare wirkten pink, waren gelockt, ihr Gesicht, ihre Kleidung, alles schrie geradezu danach, niedlich zu sein, süß, lieb. Nicht provokant, das ließ höchstens der Ausdruck ihrer Augen erahnen. Majos Augen mussten dagegen freundlich wirken – nicht, dass sie es war, doch zumindest beleidigte sie momentan keine Fremden, indem sie auf das Gewicht anspielte. Warum starrte sie ihr überhaupt auf das Essen? Setzte sich auf einen Platz neben ihr, wenn noch weitere frei waren? Fragen über Fragen, doch die Antworten interessierten Majo nur mäßig. Es gab wichtigere Dinge im Leben, zum Beispiel sich erneut ihrem Drink zuzuwenden und sich auch den letzten Schluck einzuverleiben. „Bediene dich, wenn du möchtest. Es war gratis.“ Sie schob ihr die Schale zu, blickte sie erneut an, dieses Mal deutlich länger und direkt in die Augen. Eine Weile hielt sie den Blickkontakt aufrecht, dann umspielte ein kurzes Grinsen ihre Lippen. Sie hatte keinen Appetit mehr, stattdessen meldete ihre Blase sich zu Wort – Majo solle sich doch bitte zur Toilette begeben, eventuell Lippenstift nachziehen und sich dann nach ihrem Wichtelopfer umsehen, stets in der Hoffnung, ihr Geschenk abladen zu können. Die Gesichter zu sehen, die Gestik, die Mimik, alles! Nur – wo war das arme Opferlamm? Wo nur, wo? Hatte es sich verirrt in dieser einsamen Stunde? Einsam und verlassen, niemals die Chance bekommend, das Geschenk zu öffnen? Oder war es nur die Angst, die es gepackt hatte? Die tiefsitzende, sich stetig schürende Angst vor dem Ungewissen? Doch egal, wie es kommen würde, Majo würde ihr Opfer finden und es zwingen, das Geschenk anzusehen, darauf zu reagieren. Nicht umsonst hatte sie sich wahrhaft Gedanken darüber gemacht.
    Doch nun, mit erneutem und ebenso winzigem Grinsen, erhob die junge Hexe sich vom Barhocker und fuhr sich durch die Lockenpracht. „Entschuldige mich, ich habe noch etwas zu erledigen, unter anderem sollte mein Wichtelpartner demnächst hier auftauchen. Ich bin mir sicher, wir sehen uns wieder.“ Sie warf ihr Haar zurück, schnappte sich das Päckchen auf der Theke und ging mit stolzen Schritten in Richtung Toilette. Nun, ihr Getränk und die eindeutig zu kleine Blase meldeten sich weiterhin, sodass sie tatsächlich dringend etwas zu erledigen hatte.
    Anschließend – die Toiletten der Bar waren erstaunlich sauber für einen solchen Ort – warf sie noch einen Blick in den Spiegel. Sie war nett anzusehen, wie immer. Und sie war das Mädchen losgeworden. Wäre doch gelacht, würde Majo sich austricksen lassen, niemals würde die Fremde ihre Reaktionen lenken können, nein. Tatsächlich war sie in gewisser Weise unberechenbar, obwohl all ihre Handlungen für sie selbst vollkommen logisch waren. Natürlich waren sie das, sonst würde sie schließlich auch anders handeln.
    Kaum hatte sie ihre Haare gerichtet, sich noch einmal betrachtet, griff sie nach ihrer Tasche, in der sie das Geschenk verstaut hatte und ging erneut nach draußen. Der Lärm, der eben noch gedämpft worden war, schlug ihr erneut entgegen, die stickige Luft, verzweifelt versucht, ein wenig Weihnachtsatmosphäre in die Bar zu bringen, ließ die Übelkeit in ihr aufsteigen, die sie krampfhaft versuchte zu ignorieren. Aufgeben war nicht drin. Nein, Majo bekam ihren Willen. Und somit entschied sie sich, ein wenig durch die Menge zu stolzieren – in der Hoffnung, ihr Wichtelopfer irgendwo zu entdecken. Wenn es denn überhaupt schon da war.


    Uzuki kam nach einer langen, langen Reise erschöpft in Trampoli an. Tsubute, ihr kleiner Freund und Helfer, war stets an ihrer Seite und flog in einigen Metern Entfernung vor ihr her. Bereits vor einigen Tagen hatte er von ihrem neuen Wohnsitz geschwärmt, den er für sie organisiert hatte und tatsächlich konnte Uzuki ein bequemes Bett und ein Dach über dem Kopf nun gut gebrauchen. Etwas Dauerhaftes, nichts für zwei, drei Nächte.
    Tsubute führte sie zu einem Trainingslager und Uzuki strahlte, als sie realisierte, dass dies der Ort war, von dem ihr kleiner Begleiter so stolz berichtet hatte. Tatsächlich schien dies ihr Zuhause zu sein, ein Platz, an dem sie trainieren und neue Kampftechniken ausprobieren konnte, nur, um anschließend einige Meter zu gehen und ins Bett zu fallen. Auch das Dorf gefiel ihr, es war hell und einladend, schien kulturell wertvolles Gut zu besitzen, Dinge, die Uzuki schätzte.
    Freudestrahlend blickte sie Tsubute an. „Das ist perfekt“, rief sie ihm zu und stürmte an ihm vorbei ins Haus, wohlwissend, dass er ihr folgen würde. Ihr Zimmer war nicht schwer zu finden, es war etwas abseits und mit einem guten Blick auf den Platz, an dem sie ihr Training würde verrichten können. Doch das würde sie sich erst später weiter ansehen, denn nun fiel das junge Mädchen auf ihr Bett und schlief sofort ein. Ihre Reise war sehr lang gewesen.


    Ein leichtes Summen erfüllte die Grotte, hallte an den massiven Steinwänden wider und erfüllte den Ort mit aufkommender Einsamkeit. Monster gab es hier, Gefahren, Kälte und Nässe und doch entschied sich ein junges Mädchen, ganz in weiß gekleidet, zu verweilen. Dunkelheit – keine Blume würde hier wachsen können. Gerade erst in Trampoli angekommen und Iris Blanche hatte den dunkelsten aller Orte dazu auserkoren, ihr Zuhause zu werden. Ihre Heimat, ihr eigenes Reich.
    In der Hand hielt sie eine kleine Laterne, die etwas Licht spendete, die Dunkelheit vertrieb. Etwas abseits des Mittelpunktes der Grotte war eine Einbuchtung in einem Felsen, groß genug, um sie als Zimmer nutzen zu können, überdacht, Schutz bietend. Mit etwas Mühe würde sie daraus etwas machen können, sie war sich sicher, und auch der Standort schien weit genug von Monsteraktivitäten entfernt zu sein. Kaum eines würde sich hierher verirren. Kein Leben in Sicherheit, doch auch die Unsicherheit, die Gefahr musste sie nun nicht mehr fürchten. Sonnenlicht würde ihr hier sicherlich nicht gefährlich werden.
    Die kleine Laterne wurde auf den Boden gestellt und Iris ließ ihren Körper an einer der Felswände hinuntergleiten. Das Leben, das sie lebte, vielleicht würde es nun Beständigkeit bekommen. Sie war angekommen, angekommen in Trampoli.


    Majo hatte nichts dagegen, alleine an der Bar zu sitzen, ihren Drink und Nachos zu haben, sie störte sich momentan an nichts, nicht einmal an den Leuten, die um sie herum wuselten, nein. Majo war zufrieden, sobald ihr Opfer auftauchte, würde sie glücklich sein, es ihm überreichen und ganz entspannt auf die Reaktion warten.
    Oder war ihr Partner etwa schon da? Sie ließ den Blick über die Menge gleiten, Menschen fielen sich in die Arme, strahlten sich an, warfen sich die bösesten Blicke zu, die die naiven Gesichtchen jemals zustande gebracht hatten. Die Kinder, die vereinzelt da waren, tranken alkoholfreie Getränke oder hofften darauf, ihre Geschenke auspacken zu können – wie lustig es gewesen wäre, ihnen eine Clownspuppe zu schenken, am besten auf Porzellan. Oder einen Horrorfilm. Es gab so viele Möglichkeiten, doch nein, sie hatte eine andere Altersklasse bekommen, etwas, was gar nicht so einfach war. Wie überlegte man sich ein Geschenk, das kreativ und so genial war, dass selbst ihre Tante, ihre unfähige, veraltete, mittlerweile wahrscheinlich senile Tante zufrieden genickt hätte? Wie Sherry wohl aussah? Sicherlich hatte sie Falten bekommen, hässliche Furchen, die ihre Haut verrunzelt aussehen ließen. Als wäre sie in die Quelle der Erntegöttin gefallen und hätte Tage gebraucht, um wieder hinaus zu kriechen. Wie ein Insekt, dessen Flügelchen mit Tropfen benetzt waren, arme, wehrlose Tiere, nicht fähig, sich selbst zu retten. Vielleicht hatte eine verlorene Seele sie herausgefischt, vielleicht Noitas Vater? Wie hieß er noch? Es war unwichtig, furchtbar unwichtig und Majo, ja, sie erinnerte sich nicht einmal mehr an ihn. Da waren Schemen und Schatten, doch kein klares Bild. Nicht mehr.
    Erneut setzte sich jemand neben sie, schien sie ebenso zu ignorieren, wie Majo es bei ihr vorhatte. Aus dem Augenwinkel erkannte sie pinkes Haar, eine Frau, die so aussah, als würde sie gleich Glitzer spucken und Regenbögen auf den Tisch malen wollen. Freundlich, naiv, niedlich sein wollend. Sie hielt nicht viel davon, wäre sie mit solchen haaren geboren worden, hätte sie sie gefärbt. Vielleicht waren sie das auch bei ihrer Nebenfrau? Oder Mädchen. Sie schien ungefähr in ihrem Alter zu sein, hatte sich anscheinend dazu entschlossen, sie anzusprechen. Als hätte Majo um ihren Kommentar gebeten. Doch sie ließ sich davon nicht die Laune verderben, wer wusste denn schon, ob die andere nicht neidisch war, dass Majo die Nachos hatte und sie aß, dabei allerdings immer noch gut aussah. Nicht, dass die andere eine schlechte Figur hatte, aber vielleicht setzten die Chips bei ihr deutlich schneller an. „Ich kann es mir leisten“, antwortete sie also lediglich und grinste ein wenig, allerdings nicht in ihre Richtung, sondern in die ihres Getränks, von dem sie nun einen Schluck nahm. Der Drink schmeckte noch besser, wenn sie wusste, dass sie ihn nicht bezahlen musste. Sie mochte es, eingeladen zu werden – wer denn auch nicht?
    Nein, so schnell würde man ihr die Laune nicht verderben können, nicht durch einen einzigen Kommentar. Tatsächlich fragte sich Majo aber, was das Problem ihrer Nebenfrau war. Selbst für ihre Verhältnisse war es unhöflich und tatsächlich sogar gemein, einfach zu einer jungen Frau zu gehen und zu sagen, sie würde zu viele Kalorien essen, andeuten, sie würde zunehmen, fett werden. Majo hielt davon nichts, gar nichts, es war ein unnötiger Kommentar, den sie nicht einmal ernst nahm. Dennoch hätten einige Leute sich das gewiss zu Herzen genommen – Noita vielleicht. Und ihre Cousine bedeutete ihr tief in ihr drinnen schon etwas. Es waren die Gesten, die Art, wie sie miteinander umgingen, die zeigte, dass die beiden zueinander hielten. Sie sollten sich bald wiedersehen, Majo sollte herausfinden, wo das kleine, untalentierte Hexchen sich befand. Erneut nahm sie einen Schluck ihres Getränks, aß einen weiteren Chip. Keine allzu gute Kombination, dennoch aß und trank sie, letztlich schmeckten die beiden Sachen einzeln wunderbar, solange sie nicht beides auf einmal im Mund vermengte, war alles in Ordnung.

    Allein – aber mit Nachos


    Der Knirps holte ihr tatsächlich die Nachos, verabschiedete sich dann allerdings so schnell es ging wieder von ihr, ergriff die Flucht wie ein Kaninchen, das soeben von einer Schlange entdeckt wurde. Er hoppelte davon und sie sah ihm eine Weile nach, bevor sie nach den Nachos griff und das Knabberzeug in Käse tunkte. Sie mochte ungesundes Essen meist viel zu sehr, aber Käse wurde schließlich auch aus Milch gemacht, von daher konnte es unmöglich so furchtbar sein – nicht wahr? Zumal es Majo auch egal war, ob sie nun ungesund aß oder nicht, eine tolle Figur hatte sie so oder so.
    Die Luft in der Bar war ein wenig stickig geworden, kein Wunder, wenn sich so viele Menschen in einen Raum drängten. Sie biss von ihren Nachos ab, ließ den Blick dabei über die Menge gleiten. Ihr Wichtelpartner war nirgends zu sehen, dabei lag ihr Geschenk wunderbar eingepackt neben ihrem Glas, das gefüllt war mit einer süßlichen Flüssigkeit, die es beinahe unmöglich machte, den Alkohol zu schmecken, der ebenfalls hineingegeben worden war.
    Mit einer Fingerkuppe strich sie über das Geschenkpapier. Es schrie nach Geld und sie hatte beim Zaubern wohl wirklich einen Glücksgriff getan. Sie hätte sich auch mit giftgrünem Papier mit olivgrünen Mistelzweigen begnügt, doch so kam die Wirkung einfach noch viel besser rüber. Und so saß Majo da und wartete, wartete, wartete auf ihr Opfer, das sich endlich in die Bar bequemen sollte – ansonsten würde sie Hackfleisch aus ihm machen. Vielleicht hätte sie noch ein Hackebeil hinein zaubern sollen…



    Umringt von Frauen und sein Wichtelopfer erspähend


    Klaus sah Sue an, die ihm nach drinnen gefolgt war und gleich noch eine junge Frau mitgebracht hatte, die verschüchtert und überfordert wirkte. Ihre Wangen waren gerötet und insgesamt schien sie durch den Wind zu sein, vielleicht auch verlegen, etwas, was ihn nicht sonderlich interessiert, aber auffiel. „Nach meinem Opfer – das trifft es eher“, antwortete er. „Ich wurde gegen meinen Willen angemeldet, mein Geschenk dürfte nicht besonders freundlich aufgefasst werden. Dabei ist es äußerst nützlich.“ Schließlich nickte er Yuri kurz zu – japanische Namen verfolgten ihn scheinbar. Zumindest nannte sie sich nicht Schirmchen oder Quittensaft. Wer wusste schon, was sonst noch alles kam, auf welche Ideen die Menschen noch kommen würden?
    „Klaus von Rosengold“, stellte er sich vor und warf Sue dabei einen Blick zu. „Ich weiß, dass du grinsen möchtest, tu dir keinen Zwang an.“ Er sah erneut in Yuris Augen, wirkte tatsächlich gar nicht mal unfreundlich, erspähte dann allerdings jemanden, die der Person auf dem Foto, das ihm mitgeschickt worden war, erstaunlich ähnlich sah. Nun, es schien, als sei sein Opfer eingetroffen, als könnte er jeden Augenblick losziehen und riskieren, eine Ohrfeige zu bekommen. Er könnte es in diesem Fall verstehen, vielleicht würde er allerdings auch einen Schlag in den Magen bekommen. In jedem Fall sollte er versuchen, den Schlag abzufangen, ein blaues Auge wollte er gewiss nicht haben, auf Abdrücke an der Wange oder Blutergüsse am Bauch konnte er ebenso verzichten. „Ich habe soeben meinen Wichtelpartner entdeckt. Sind eure ebenfalls schon anwesend?“

    Raging Majo an der Bar


    Majo hob eine Augenbraue in die Höhe und stieß ein sarkastisches Lachen aus. „In die Reinigung?“, fragte sie nach und deutete auf das makellose Kleid. „Ich kann das selbst in Ordnung bringen und habe es bereits getan. Nein, denk‘ dir eine bessere Entschuldigung aus.“ Sie verdrehte die Augen. „Kauf mir was zu essen oder so.“ Irgendeine Kleinigkeit würde es sicher geben und wenn es nur Nachos mit Käse waren. Würde ihr reichen. Sie wollte nur irgendeinen Nutzen von dieser Unannehmlichkeit haben.
    Als der Junge sich kurz abwandte, zauberte sie ein edel verpacktes Geschenk auf den Barhocker, auf dem sie eben noch gesessen hatte. Rotes Papier mit goldenen Schnörkeln und einer ebenso goldenen Schleife, nett anzusehen eben. Auch wenn der Inhalt mit Sicherheit nicht besonders gefallen dürfte, doch das war ihr egal. Nein, eigentlich war es ihr nicht egal. Es war schließlich so beabsichtigt. Sie hatte einen Ruf zu verteidigen, man sollte ihre Familie ernst nehmen, Noita wirkte niedlich und süß, allerdings nicht besonders mächtig. Was daran liegen könnte, dass sie es nicht war. Großartig. Dennoch besserte sich ihre Laune dank der Vorfreude, zumal dort ein Kind vor ihr stand, das gehörig Angst vor ihr hatte. Also konnte er noch einmal mit einem kleinen Schock davonkommen.
    Sie sah den Kleinen erneut an, diesmal nicht mehr ganz so wütend, stattdessen wirkte sie sowohl belustigt als auch wahrhaftig erfreut. „Also, ein paar Nachos und du musst den morgigen Tag nicht als Colaglas verbringen, in der ständigen Angst, ausgetrunken zu werden.“ Sie grinste, stellte das Geschenk auf die Theke und setzte sich wieder. Tatsächlich schien sie zumindest ein wenig besser gelaunt zu sein, sie freute sich einfach auf das Überreichen ihres Geschenkes.



    Bei Sanjay


    Menou saß auf dem Barhocker, hielt die kleine Tüte umklammert und blickte im Raum umher. Tatsächlich hatte sie ihren Wichtelpartner entdeckt, wurde zuvor allerdings auf eine andere Person aufmerksam, die sie kannte. Kurzerhand entschloss sie sich, den jungen Mann kurz zu begrüßen, man musste nichts überstürzen.
    Langsam stand sie auf und bahnte sich einen Weg durch die Menge, das Gedicht ignorierte sie dabei vollkommen. Sie mochte Gedichte, doch momentan hatte sie keinerlei Interesse daran, eines zu hören, stattdessen stand sie nun vor Sanjay und grinste ihn ein wenig an. „Du auch hier?“, fragte sie und ließ ihren Blick kurz über die anderen Menschen gleiten. „Unser letztes Treffen ist schon eine Weile her. Direkt nach dem Flugzeugabsturz, nicht wahr?“ Seitdem waren schon einige Tage, sogar Monate ins Land gezogen und Menou hatte viel zu tun gehabt, mehr oder weniger zumindest.
    Sie war erfreut, Sanjay erneut zu begegnen, er schien ein sehr höflicher und ruhiger Zeitgenosse zu sein und sie hatte nichts gegen ein wenig Gesellschaft – er sicherlich auch nicht, sonst wäre er nicht hier. „Ist dein Wichtelpartner schon hier?“, fragte sie ihn und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich an ihre Wange verirrt hatte. Sie fragte sich, wer sie zugelost bekommen hatte und mit welchem Geschenk sie nach Hause gehen würde.


    Kyle hatte nicht damit gerechnet, Gesellschaft zu bekommen, sah allerdings sofort auf, sobald man ihn ansprach. Neben ihm war ein junger Mann erschienen, ungefähr in seinem Alter und mit einer Ausstrahlung, sie ihn sympathisch machte. Er wirkte offen und freundlich, schien ihm zuhören zu wollen, dabei wollte Kyle gar nicht reden. „Du kannst Gedanken lesen“, antwortete er, „oder bist einfach oft genug in Bars, um zu wissen, dass die Hälfte aller Leute irgendetwas auf dem Herzen hat. Danke, ich habe nicht vor, dir meine Geschichte zu erzählen.“ Er wies ihn ab, natürlich, womit hatte der Fremde denn auch gerechnet? Mit einer herzergreifenden Erklärung, weshalb er an der Bar saß und sich etwas zu trinken bestellte?
    Doch trotz dem leicht ruppigen Unterton, grinste Kyle seinen Nebenmann schließlich ein wenig an. „Ganz recht.“ Er bekam das eben bestellte Getränk und trank einen Schluck, bevor er einige Zeit lang schwieg. Er beobachtete den jungen Mann neben sich, musterte ihn und kam zu dem Schluss, dass es nicht verkehrt war, sich zumindest ein wenig zu unterhalten, jedenfalls so lange es nicht allzu persönlich wurde.
    „Bestell dir was, ich zahle“, antwortete er. Er würde seine Arbeit bald wieder aufnehmen müssen, Geld verdienen, aber er hatte noch genug, um seinem Gesprächspartner ein Getränk zu bezahlen. Zumal er diesen nicht so einschätzte, dass er gleich das teuerste nahm, das sie verkauften. Kyle hatte einfach das Gefühl, dass ein einfacheres Gespräch mit simpleren Themen und ohne aufwühlende Gedanken ihm nun gut tun würde. Vielleicht konnte es sein Inneres ein wenig beruhigen.

    Wird von Mistel mit Cola überschüttet


    Majo war in ein Gespräch mit Dan vertieft – kaum zu glauben, dass sie mit dem Pudel sprechen konnte, ohne den Drang zu haben, ihn noch einmal zu verzaubern – als dieses…dieses Wichteln anfing. Sie hatte sich dort angemeldet, um ein wenig Spaß zu haben, schließlich musste sie sich für Geschenke kaum anstrengen, bekam allerdings eines ausgehändigt. Und sollte ihr das nicht gefallen, wurde der Fremdling eben verzaubert.
    Jedenfalls wollte sie sich soeben auf den Weg machen, um sich eines auszudenken, als sie spürte, wie etwas Kühles, Nasses ihren Arm traf. Sofort wirbelte sie herum, entdeckte einen kleinen Jungen neben sich, der irgendeine Entschuldigung stammelte und funkelte diesen letztlich furchterregend und äußerst wütend an. „Und was gedenkst du zu tun?“, fragte sie und versuchte dabei, ihre Stimme so kalt wie Eis klingen zu lassen, doch stattdessen hörte sie sich an, als würde sie ihn jeden Augenblick dafür köpfen wollen. Das wäre nun allerdings lächerlich, viel mehr überlegte sie, den Jungen für ein paar Tage lang in eine Kröte zu verwandeln. Mit dem richtigen Spruch schaffte sie das sicherlich.
    Sie deutete auf ihr Kleid, das nun in Cola getränkt war, und warf ihm erneut einen Blick zu. „Eine Entschuldigung reicht nicht“, sagte sie, nun leiser geworden, um Ruhe bemüht. Sie fuhr langsam mit der Hand über die Flecken und ging gedanklich einen Zauberspruch durch, nichts Großartiges, beinahe jede Hexe konnte ihre Kleidung durch Berührungen reinigen. Besonders, wenn es sich nur um ein Kleidungsstück handelte, das lediglich Cola abbekommen hatte. „Zumindest keine verbale“, fügte sie hinzu, „denk‘ dir etwas Besseres aus.“ Mittlerweile war Majo auch aufgestanden und warf ihre blonden Locken zurück.



    Soeben eingetreten und in der Nähe des Eingangs


    Klaus hatte mittlerweile ein Geschenk gekauft und hatte sich gezwungenermaßen auf den Weg zum Wichteln gemacht. Kurzzeitig hatte er überlegt, einfach nicht aufzutauchen, doch da die Firma ihn angemeldet hatte, hatte er beschlossen, dass er nicht plötzlich fehlen sollte. Und somit hatte er ein Geschenk besorgt, eines, das eventuell nicht ganz so willkommen sein würde, doch darum machte er sich keine Gedanken. Er war nicht hier, um Freunde zu finden, sondern um es hinter sich zu bringen.
    Klaus ging an zwei Frauen vorbei, erkannte dabei Sue, der er kurz zunickte, bevor er die Bar betrat. Diese war bereits gut gefüllt und er entschied sich, erst einmal in der Nähe der Tür zu bleiben, von hier aus konnte er zumindest beobachten, wer ein und aus ging. Irgendwie musste er seinen Wichtelpartner schließlich finden und er hatte nicht vor, sich nun durch die Menge zu fragen, was würde das denn auch bringen? Schließlich hatte er ein Bild, er konnte auch selbst Ausschau halten und lief nicht Gefahr, jemanden zu sehen, den er nicht sehen wollte.



    An der Bar


    Menou hatte sich bereits auf das Wichteln gefreut und ging somit auch gut gelaunt in die Bar hinein. Das Geschenk hatte sie in einer kleinen Tüte bei sich, ein wenig stolz war sie schon darauf, immerhin war es gar nicht so einfach gewesen, etwas zu finden. Umso erfreuter war sie, endlich hier zu sein, endlich das erfreute Gesicht ihres Wichtelpartners zu sehen!
    Natürlich freute Menou sich allerdings auch auf ihr eigenes Geschenk. Von wem es wohl kommen mochte? Sie setzte sich auf einen der Hocker an der Bar, bestellte sich allerdings nichts. Ihr waren ein paar zu viele Menschen hier, doch sie würde hoffentlich trotzdem einen netten Tag haben, alles andere wäre schließlich schade. Nun musste sie nur noch ihr Losopfer entdecken, das Bild hatte sie sich kurz vorher noch einmal angesehen, sie würde also definitiv wissen, wem sie am Ende das Geschenk überreichen musste. Hoffte sie.


    Mit durchaus besorgter Miene musterte Ray das Mädchen vor sich. Sie litt anscheinend unter einer Amnesie, doch er konnte nicht sagen, ob sie sich davon erholen würde. Ihr Gedächtnis wies scheinbar keine Lücken auf, sondern war komplett gelöscht, und es wurmte den jungen Arzt, dass er keinerlei Antwort auf ihre Fragen kannte. Sie könnte ihn fragen, ob sie wieder gesund werden würde, dort konnte er ihr zumindest mehr Mut zusprechen. „Nein, tut mir leid“, erwiderte er zögerlich auf ihre Fragen, seine Stimme verweilte in einem beruhigenden Tonfall, um sie nicht noch weiter zu verschrecken. „Erinnerst du dich an irgendetwas?“ Vielleicht gab es Ansätze, irgendwas, das ihm sagen konnte, wie schlimm es um ihr Gedächtnis wirklich stand. „Vielleicht, wie du hierher gekommen bist?“
    Mit besorgtem Blick betrachtete er erneut ihre Wunden, sah ihr schließlich aber in die Augen. „Wie geht es dir jetzt? Hast du Schmerzen, meine ich?“ Ray glaubte nicht, dass er etwas übersehen hatte, doch seine kleine Patientin konnte ihm sicher mehr Aufschluss darüber geben. Ihre Gesundheit war momentan das Wichtigste, natürlich zählte dazu auch, mehr über die Amnesie herauszufinden, doch von jetzt auf gleich konnte er nicht mal eben einen Trank mixen, der ihr alles Verlorene zurückgeben konnte, das war ihm nicht möglich, so gern er auch wollen würde.


    Majo zog eine Augenbraue skeptisch in die Höhe. Gut? „Oh ja, mit Noita ist es…interessant. Sie geht einem auf die Nerven und talentiert ist sie ganz sicher nicht, obwohl sie Sherrys Tochter ist, aber irgendwer muss ja auf sie aufpassen.“ Sie grinste kurz, doch ihre Miene verdunkelte sich etwas. Sherry war eine begabte Hexe, ja, aber das war auch schon das einzige gute Wort, das Majo über ihre Tante verlieren würde. Verlieren konnte. Und sie würde sie überholen, vielleicht hatte sie das auch schon. Eigentlich legte sie nicht besonders viel Wert darauf, das herauszufinden, mit etwas Glück steckte Sherry in einem Wurmloch fest und musste Noitas Geburt und die damit verbundenen Schmerzen immer wieder erleben. Ob es dafür einen Zauber gab?
    „Kann ich dir nicht beantworten. Ich bin mehr oder weniger bei meiner Tante aufgewachsen.“ Sie zuckte die Schultern, es war nicht so, dass ihr das schwer zusetzte. Sie fand ihre Tante nur ziemlich… Majo fiel auf die Schnelle kein passendes Wort ein, sie sollte sich vielleicht ein Notizbuch zulegen. Ja, ein Notizbuch mit Flüchen. Keiner zauberhaften Flüche, sondern verbale, obszöne Flüche. Das wäre zumindest eine Überlegung wert. „Was studierst du?“ Sie wirkte tatsächlich interessiert, zumindest soweit Majo bei diesem Thema und einem Menschen, der ihr gerade erst etwas weniger unsympathisch geworden war, interessiert aussehen konnte.
    „Ich glaube, ich habe die Hälfte meiner Mitbewohner noch nicht mal gesehen.“ Sie runzelte die Stirn, blickte dann den Kellner an, der zu ihnen an den Tisch getreten war. Sie bedankte sich (noch) nicht bei Dan, schließlich hatte sie den Drink noch nicht, den sie sich in diesem Augenblick bestellte. Mit Alkohol, allerdings nicht allzu viel. Sollte keine Sauforgie werden. Besonders nicht mit Dan als Begleitung. „Ich bekomme nicht mal alle Namen zusammen, also wohne ich quasi nur mit Noita und irgendwem anders in einem riesigen Haus.“ Sie verdrehte die Augen. „Na ja, riesig ist es nicht. Das Schloss war größer, aber vielleicht wirkt es auch nur so, weil ich da noch ein Kind war.“