Beiträge von Momentsammlerin

    Natürlich, du hast eine Woche Zeit, den Steckbrief zu posten. :) Ansonsten können auch andere jederzeit einen Steckbrief für Rosetta schicken, diese Woche hast du aber auf jeden Fall. :3


    Majo ging weiterhin durch die Bar und war sich nicht sicher, was es hier noch zu tun gab. Sie rechnete schon gar nichts mehr mit ihrem Wichtelopfer, zumindest bis sie es in einer Gruppe von jungen Menschen entdeckte. Na endlich! Es hatte schließlich auch lange genug gedauert.
    Nun bahnte sie sich also einen Weg durch die Menge, ignorierte den Geruch von Alkohol und Schweiß, der ihr ins Gesicht schlug. Das war widerlich und sie wünschte sich wirklich, sich vorübergehend den Geruchssinn wegzaubern zu können, was leider nicht so einfach war. Schließlich machte sie sich doch Sorgen, dass sie ihn am Ende für immer verlieren würde, obwohl das natürlich eigentlich unmöglich war. Majo war dafür viel zu talentiert, natürlich würde sie es schaffen, ihn sich zurück zu zaubern. Doch es musste auch kein zusätzliches und unnötiges Risiko eingegangen werden, weshalb sie es einfach sein ließ und für einen Moment lang den Atem anhielt.
    Nick, nicht wahr? Ich habe dein Geschenk“, sagte sie, sobald sie bei ihm angekommen war und hielt es ihm hin, nachdem sie es auf ihrer Tasche gezogen hatte. Sie war zufrieden mit ihrem Geschenk und überlegte kurz, ob sie seine Reaktion filmen sollte, lies es dann allerdings bleiben. Sie wollte es lieber live erleben, das würde ihr reichen.



    Majo lächelte ihn an. „Nimm es nicht persönlich, aber ich liebe die böse Königin aus Schneewittchen.“ Sie strich sich über die blonde Lockenpracht und neigte den Kopf leicht zur Seite. Natürlich war ihr Geschenk keinesfalls böse gemeint, niemals! Und sie war auch nicht die Nichte einer berühmt-berüchtigten Hexe namens Sherry, die vor einiger Zeit in einem Schloss ihr Unwesen getrieben und Noita aus ihrem Uterus gepresst hatte.
    Tatsächlich fand sie ihre Apfel-Idee wirklich gut. Ein wunderschöner Apfel mit einer subtilen Andeutung auf das vergiftete Exemplar aus dem alten Märchen, das Majo in ihrer Kindheit tatsächlich gemocht hatte. Zumindest, sobald sie es hatte lesen können, denn es war schließlich niemand auf die Idee gekommen, ihr etwas vorzulesen. Ein Umstand, den sie akzeptiert hatte, es war schließlich nicht mehr zu ändern, doch dass sich keiner um sie gekümmert hatte… Sie sollte nicht mehr an ihre Tante denken, sie war fort und Majo musste sie hoffentlich niemals wiedersehen.


    Menou war irritiert von Juliets Reaktion. „Nein, sie gefallen mir“, antwortete sie. „Ich bin Menou – aber das dürftest du ja wissen.“ Insgesamt schien die Frau aber ganz nett zu sein, zumindest machte sie auf Menou einen einigermaßen sympathischen Eindruck. Ob die junge Assistenzärztin aber eine so großartige Menschenkenntnis besaß, wusste sie auch nicht, das kam ja auch immer auf die Person an, dir ihr gegenüber stand.
    Dann aber plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie packte ihr Geschenk und stand auf. „Es hat mich gefreut, deine Bekanntschaft zu machen, Juliet. Vielleicht sehen wir uns ja demnächst mal wieder.“ Es tat ihr schon irgendwie leid, sie nun abblitzen zu lassen, allerdings musste sie dringend zu ihrem Wichtelopfer, das sie sogar kurzzeitig aus den Augen verloren hatte. Nun musste sie also extra suchen gehen, fand den kleinen Jungen aber letztlich doch. Ein Glück.
    „Entschuldige, du bist sicher Lutz, nicht wahr? Ich habe dein Geschenk.“ Sie stellte es auf einen Tisch und deutete daraus. Hoffentlich gefiel es ihm, sie war schließlich noch nie gut bei sowas gewesen.



    „Ich hoffe, es gefällt dir“, lächelte Menou und überspielte ihre Unsicherheit. Geschenke für Kinder waren ihrer Meinung das die schwersten. Aber mit diesen Geschenken konnte er wenigstens auch später noch etwas anfangen, Kinder wuchsen bekanntlich ja relativ schnell und durchlebten eine Phase nach der anderen. Mal ein Superheld, am nächsten Tag der böse Schurke.



    Klaus hatte nicht damit gerechnet, gleich von der nächsten Person angequatscht zu werden. Wer tat das denn schon? Und dieses Mal war es ein junger Mann, wahrscheinlich in ungefähr seinem Alter. Und er hatte sein Geschenk dabei. „Ich kannte sie nicht“, antwortete er schlicht, „aber mein Geschenk für sie schien wohl ein wenig…anstößig zu sein. Und nicht unbedingt geschmackvoll.“ Das gab er ja selbst zu, aber darum ging es gerade nicht. Irgendwas hatte er ihr schließlich schenken müssen und so hatte er nun einen schmerzende Wange, aber auch Belustigung für den Abend bekommen. Und ein absolut leichtes, kaum vorhandenes schlechtes Gewissen, das ihm in die Seite piekte.
    Er nahm das Geschenk und öffnete es, ohne ein Wort zu sagen. Bedanken tat er sich erst, sobald er das Geschenk gesehen hatte, damit ihm nicht sowas passierte wie Lily, die ihren Dank unweigerlich bereut hatte, nachdem sie den Inhalt gesehen hatte. Doch was er darin fand, war annehmbar – nein, eigentlich war es ein ziemlich gutes Geschenk. Gerade der Whiskey. „Danke“, sagte er also und meinte es auch so. Er lächelte sogar kurz in Allens Richtung, der Mann, dessen Namen er noch gar nicht kannte. „Wie ist dein Name?“, fragte er dann schließlich. Es war ein gutes Geschenk und abgesehen vom Whiskey war auch der Gutschein ganz in Ordnung. Und praktisch. Er sah das keinesfalls als Beleidigung an, er musste nicht für einen Friseurbesuch zahlen und so lange lebte er noch nicht hier, das hieß, es könnte ein regelmäßiger Kunde werden. Der Mann ihm gegenüber hatte also durchaus Geschäftssinn, er vermutete zumindest, dass es sein Laden war. Warum sollte er ihm grundlos einen Friseurbesuch schenken? Somit war der Mann schon mal gar nicht dumm. Eine gute Voraussetzung.


    Melody gab ihr Bestes, um das Mädchen wieder heilen zu können, sie wieder gesund zu machen, sodass sie die Klinik schnellstmöglich verlassen könnte. Das war sicherlich auch das, was ihre Patientin wollte und Melody konnte das wirklich sehr gut verstehen. „Wasser ist sowieso gut“, stimmte Melody zu. Viel trinken war wichtig, dazu sollte sie ein wenig auf ihre Ernährung achten, um den Blutverlust bestmöglich auszugleichen, mehr konnte Melody momentan nicht tun.
    Also brachte sie dem Mädchen ein Glas Wasser und half ihr dabei, es zu trinken. „Es ist gut, dass du wach bist. Ist die schwindelig?“ Es war sehr wahrscheinlich, dass ihr Blutverlust nicht akut war und sie darauf warten konnten, dass es sich von allein neu bildete. All das viel ihr ein, jetzt, wo sie etwas ruhiger war. Die Nervosität tat Heilern eben nicht gut, deswegen sollten sie ja auch einen kühlen Kopf bewahren. War eben nicht ganz so einfach als Anfängerin.
    „Du solltest dich am besten jetzt ausruhen, in Ordnung? Das ist wichtig, damit du schneller gesund wirst.“ Allzu schnell würde sie die Klinik sowieso noch nicht verlassen können und bis dahin würde das Personal sich mit Sicherheit gut um sie kümmern.


    [@Razislord: Du kannst nun einen Zeitsprung machen. Sobald ihre Verletzungen nicht mehr allzu schlimm sind, kann Iris gehen.]

    Keine Einwände, du brauchst aber vorher noch die Erlaubnis von Mion und ~Luchia~, die Lily und Odette spielen. Wenn du die hast, steht dem Steckbrief nichts mehr im Wege. :)


    Edit: Da du die Erlaubnisse hast - her mit dem Steckbrief. :D


    Nun, Klaus hatte mit einer solchen Reaktion gerechnet und ließ die junge Dame ihm gegenüber einfach reden, es brachte letztlich nichts, etwas dazu zu sagen. Sein Geschenk sprach für sich selbst, allerdings fragte er sich anhand ihrer Reaktion für einen Moment sogar, ob er richtig gehandelt hatte.
    ‚Richtig‘ war subjektiv. Auch ‚gut‘ war nur ein Wort, daran zweifelte er nicht, doch vielleicht, ja, ganz vielleicht hatte er es ein wenig zu weit getrieben. Und es tat ihm beinahe leid. Er hatte sich einen Spaß erlauben, sich amüsieren wollen, doch sie schien aufgebracht, wenn nicht gar verletzt. Mit ihrer Wut und mit der Ohrfeige, mit beidem hatte er gerechnet, doch nicht mit einer derartig heftigen Reaktion. Aber immerhin hatte sie das Geschenk mitgenommen. Vielleicht nutzte sie ja zumindest die Kondome, damit es wirklich bei vier Kindern blieb. Obwohl er natürlich wusste, dass das keine absolute Garantie für Schutz war, immerhin war er nicht dumm.
    Er würde sich entschuldigen. Ja, das würde er tun, ihr vielleicht einen Präsentkorb mitbringen. Sie schien eine starke Frau zu sein, temperamentvoll und er konnte sie mit Sicherheit respektieren. Sie war kein Mütterchen wie er befürchtet hatte, eines, das zu Hause blieb, die Kinder hütete und deren Lebensinhalt es war, den Staubwedel zu schwingen und das Klo zu putzen. Natürlich würde auch eine solche Frau das nicht gerne hören wollen und auch denen würde er zumindest irgendwie ein gewisses Maß an Respekt gegenüber bringen, doch vollständig respektieren? Nein.
    Er rieb sich kurz über die Wange und ein kleines, winziges Lächeln erschien für den Bruchteil einer Sekunde. Sie hatte Kraft im Arm, Kraft in der Hand, das spürte er nur allzu deutlich. Er würde noch einmal mit ihr sprechen, sich entschuldigen und ihr sagen, dass ihre Handfläche eine wirkungsvolle Waffe war. Vielleicht würde sie das ja sogar freuen.
    Nun allerdings ließ Klaus sich an den Tisch sinken und lehnte sich zurück, nicht wissend, dass die Frau, Lily, die Mutter dieses Balges war, das ihn eventuell bis in seine Albträume verfolgen würde. Darüber wollte er allerdings auch nicht nachdenken, er saß nun einfach da und beobachtete das weitere Treiben.


    Es durchfuhr Majo wie einen Blitz, dass kaum eine Reaktion seitens ihrer Cousine kam. Sie saß da und blickte ins Nichts, schien in einer Realität zu sein, in der nur dieser Junge zählte, dieser Fremde, der für Noita die Welt zu bedeuten schien. Mehr als das. In diesem Augenblick war er alles und alles andere war nichts. Dieser Gedanke schmerzte – nicht etwa, weil Majo sich beleidigt fühlte, auch wenn das eine gar nicht allzu unrealistische Vorstellung wäre, doch vielmehr fürchtete sie sich nun auch um das Wohl des weinenden Mädchens neben sich, das um das Leben eines Mannes, eines Jungens fürchtete, aus dessen Körper das Blut strömte als hätte es ewig auf die Freiheit gewartet. Und würde dieser Junge nun sterben, würde es lange dauern, bis Majo das Häufchen Asche, zu dem Noita unwillkürlich werden würde, wieder zu einem Menschen geformt hätte. Und sie war keine gute Künstlerin. Am Ende würde Noita deformiert sein.
    Kaputt, zerstört, wie auch immer. Noitas Handy funktionierte nicht, das war die zweite schlechte Nachricht an diesem Ort. Die erste war – ganz offensichtlich – das hier jemand war, der einen Jungen so zurichten konnte, einen Menschen, der kaum älter war als sie beide. Sie senkte den Blick, übergab ihrer Cousine schweigend das Handy und streckte ihren freien Arm nach seinem Gesicht aus. Sie strich nur ganz kurz über seine Wange, schloss die Augen und spürte, wie ihre Finger begannen zu zittern. Sie zog sie weg, bevor Noita etwas bemerken konnte. Keine Anspannung zeigen, keine Angst zulassen, die Nerven nicht verlieren. Majo war eine Kämpferin, stark und mächtig, eine Hexe. Sie hatte Verstand und Kraft, hatte das Temperament und die Macht, doch nun musste sie Ruhe bewahren. Sie war selbst noch nie in einer solchen Situation gewesen und letztlich war sie nur ein Teenager, kaum jemandem würde es egal sein, wenn die eigene Cousine neben einem Jungen weint, der leblos auf dem Boden liegt. Und die Aussicht auf einen Toten – nein. Majo konnte es sich nicht vorstellen, sie fürchtete sich selbst genug, auch sie hatte Schwächen. Ihr Trick war nur, diese zu überspielen, nicht zuzulassen, niemals zu zeigen und letztlich loszuwerden. So machte sie es immer. Eine Schwäche nach der anderen überwinden, ohne sie preiszugeben. Sie war eine gute Hexe, eine starke Frau. Wie ein Mantra zählte sie sich ihre guten Eigenschaften auf. Nur nicht daran denken, was geschehen könnte, was geschehen würde, wenn sie nicht schnell genug Hilfe bekämen.
    Majo nahm das Handy von ihrem Schoß, während sie Noita zuhörte. „Hilfe wird kommen“, stimmte sie zu, wispernd. Ihre Stimme wäre rau, kratzig und sie hätte eventuell einen Kloß im Hals, würde sie nun in voller Lautstärke sprechen. Doch Majo weinte nicht. Nicht hier, nicht jetzt, nicht deswegen. Ihre Tränen waren kostbar und sparsam einzusetzen. Dieser Junge würde nicht sterben – sonst müsste sie vielleicht weinen.
    Die Nummer war gewählt und sie gab durch, wo sie sich befanden, wer hier war, was geschehen war, wie sie hierher gekommen waren. Alles Nötige wurde in knappen Sätzen beantwortet, manchmal lediglich Bruchstücke, kurz und dringlich. Dann verschwand das Handy wieder in ihrer Tasche, den Regenschirm hielt sie noch immer in ihrer Hand. Noita und sie pressten sich darunter, Majos Schulter bekam die letzten Tropfen des Regenfalls ab, doch die Wunde war geschützt vor weiterer Nässe. „Wir werden es herausfinden, das mit dem Absender. Hilfe wird kommen.“ Sie schluckte. „Hilfe wird kommen, Noita“, wiederholte sie, blickte allerdings nicht in das Gesicht des noch immer weinenden Geschöpfes neben sich. Noita war so zerbrechlich, zerbrechlicher als Majo selbst. Sie war kein guter Mensch, nicht einmal eine gutmütige Hexe. Aber sie wollte ihre Cousine beschützen und man konnte sich auch darauf verlassen. Es war kompliziert, Majo zu kennen, doch sie hatte Gründe für viele Dinge, die sie tat. Noita war ihre Familie. Und sie war schon immer ihr einzig wahres Familienmitglied gewesen.
    In der Ferne ertönten die Sirenen, auf die sie gewartet hatten. Gleich wären sie nicht mehr nur zu zweit, zwei Mädchen, die dort saßen, direkt an der Seite eines bewusstlosen Jungen, der mehr Blut verloren hatte als Majo sehen wollte. So viel auf einmal… Wie konnte ein Mensch so viel Blut verlieren? Doch er musste zu retten sein. Wie gerne würde sie Noita versprechen, dass er es schaffen würde. Dass er gesund werden würde. Sie konnte es nicht. Und das fraß sie auf, nagte an ihr. Majo war so furchtbar hilflos in diesem Moment, dass sie den Drang hatte, sich zu übergeben, zu weinen, zu schreien, um sich zu schlagen, zu fluchen. Aber letztlich streichelte sie einfach weiter über Noitas Arm.
    Die Notärzte kamen, erkannten die Lage, blickten nur kurz auf die Szene, die sich ihnen bot. Schon bald war er in den Notarztwagen verfrachtet und die beiden Mädchen stiegen mit ein. Ging das überhaupt? Konnten gleich zwei mit in diesem Wagen fahren? Majo war sich nicht sicher, vielleicht hatte sie sich auch verhört, doch sie ging mit, stieg ein und keiner sagte etwas dagegen. Majo hinterfragte auch nicht weiter. Die blonde Hexe wollte es hinter sich bringen, wollte das Krankenhaus erreichen und dabei sein. Sie wollten diesen Jungen kennenlernen, mit ihm reden und sich von ihm erzählen lassen. Sie wollte nicht gehen, sie wollte mehr erfahren, mehr hören, mehr sehen. Sie wollte, dass er überlebte. Nicht nur, weil Noita sonst zerbrechen könnte, sondern auch, weil er, der bis eben so leblos auf dem kühlen Boden gelegen hatte, verdient hatte, die beiden Mädchen zu sehen. Sie hatte ihn nur einmal berührt, heute zum ersten Mal gesehen und noch nie mit ihm gesprochen, doch er war nicht schlecht. Sonst würde Noita ihn nicht mögen.
    „Es wird gut. Hilfe ist da.“ Sie flüsterte nur, hatte den Regenschirm zurückgelassen und griff nach Noitas freier Hand. „Alles ist gut.“ Und während sie so dasaßen, fuhr der Wagen so schnell es ging in Richtung Krankenhaus, um Cedrics Leben zu retten.~


    Melody hoffte, dass ihre Patientin es nun langsam anging. „Shh“, machte sie erneut, „rede nicht so viel, das strengt deinen Körper nur noch mehr an.“ Sie atmete tief durch, ihre Hände zitterten ein wenig, doch ihre Finger beendeten nun das, was sie angefangen hatte – das Leben dieses Mädchens zu retten.
    Sie hatte viel Blut verloren, am besten gab Melody ihr ein weiteres Schmerzmittel und schiente schließlich ihre Brüche. Somit holte sie einige Kräuter, die sie zu einer bereits von Natalie vorher fertiggestellten Flüssigkeit hinzufügte und hob erneut den Kopf der Patientin ein wenig an. „Keine Sorge, das wird wieder“, murmelte sie, während sie ihr erneut half, zu trinken. Schmecken tat das Zeug ganz sicher nicht, doch es würde bald Wirkung zeigen.
    „Du musst auf jeden Fall noch hier bleiben“, wies Melody an, während sie Schienen und Stützverbände holte, um die Knochen richtig in Position zu bringen. „Du wirst eine Weile kaum laufen können, ich suche dir ein freies Bett, damit du dich richtig hinlegen und ausruhen kannst.“ Somit verschwand sie kurz aus dem Zimmer und eilte in ein anderes, in dem tatsächlich ein freies Bett war. Auf dem Weg entdeckte sie Dorothy, eine andere Heilerin samt eines jungen Mädchens, dessen Verletzungen denen ihrer Patientin sehr ähnlich sahen. Das musste Cecilia sein.
    Als Melody zurück in den Behandlungsraum kam, bereitete sie alles vor. „Das tut jetzt etwas weh“, flüsterte sie, arbeitete sich dann aber an den Brüchen vor und versuchte so vorsichtig wie möglich zu sein. Wenn alles wieder so funktionieren sollte wie zuvor, musste das gemacht werden, ihre Patientin verstand das sicherlich. „Deine Freundin ist hier eingetroffen“, sagte sie, um sie von den Schmerzen abzulenken. „Eine andere Heilerin kümmert sich bereits um sie.“ Sobald auch dies erledigt war, wurden auf die kleineren, nicht verbundenen Wunden, eine Salbe aufgetragen, die das Heilen beschleunigen sollte.
    „Ich bringe dich jetzt in ein anderes Zimmer, damit du dich ausruhen kannst.“ Langsam schob sie die Liege über den Flur in das Zimmer mit den freien Betten und half Iris dabei, sich umzulagern. Sie breitete die Decke über dem schmalen, verletzten Körper aus und lächelte. „Brauchst du noch ganz dringend etwas?“, fragte sie. Sonst würde sie sich jetzt daran machen, eine Möglichkeit zu finden, um den Blutverlust wieder auszugleichen.


    Gespannt sah Chocola dem Geschehen zu, fasziniert davon, wie die beiden es schafften, sich so hoch in die Lüfte zu schwingen. Es schien beinahe so als würden sie fliegen, als wären sie Superhelden. Vielleicht waren sie das? Oder würden es später werden? Das wäre schön, denn Helden waren etwas, dass das junge Waisenmädchen mochte, gebrauchen konnte. Helden. Ja, Superhelden, die Bösewichte bekämpften und Menschen retteten, die Hilfe brauchten, ob sie nun bedroht wurden oder einfach nur sehr, sehr allein waren.
    Chocola hatte sich auch schon allein gefühlt, doch jetzt gerade war sie fröhlich. Jeder Mensch fühlte doch bestimmt mal so, das war ganz normal, sie brauchte sich also keine Gedanken darum zu machen. Sie war kein trauriges Kind, sie wollte Spaß haben! Und Freunde finden, richtige Freunde, da schien das hier doch der absolut richtige Ort dafür zu sein, oder nicht? „Ihr schaukelt so toll“, freute sie sich, war allerdings etwas enttäuscht als der Junge stoppte. Als er allerdings fragte, ob sie auch schaukeln wollten und Cheryl – so hieß die tolle Schiedsrichterin – verneinte, fackelte sie nicht mehr lange und stürmte auf das Spielgerät zu. Dann schaukelte sie hin und her, auch immer höher, doch nicht so hoch wie die beiden anderen, sie wollte schließlich noch richtig mitreden können! „Das Wichteln?“, fragte sie nach. „Ich wollte da nicht mitmachen, aber ich glaube, ein anderes Kind von Zuhause macht das.“ Sie grinste etwas. „Ich weiß nicht, was ich machen soll, ich habe kein Geld und ich wollte nicht nur was basteln. Außerdem kann ich auch was viel Besseres unternehmen als in einem Raum zu sitzen und von Erwachsenen angestarrt zu werden.“ Sie plusterte kurz die Wangen auf und stieß die Luft in einem tiefen Seufzen wieder aus.
    „Ihr habt Geschwister? Wie toll!“ Chocola strahlte. „Wie ist das so? Ich hätte gerne eine Schwester. Oder einen Bruder. Oder gleich beides! Aber eine Schwester wäre am tollsten, dann könnten wir beste Freundinnen sein und ich könnte auf sie aufpassen.“ Sie schaukelte währenddessen noch immer vor sich hin, fröhlich und unbekümmert. „Ich bin Chocola“, antwortete sie dem blonden Mädchen dann, das bis eben noch geschaukelt hatte. Überhaupt waren alle hier blond. „Ihr habt so schöne Namen.“ Ihr Strahlen war einem niedlichen Lächeln gewichen, sodass sie jetzt beinahe ein wenig schüchtern und absolut liebenswert aussah. „Ich bin noch nicht lange hier, ich hoffe, wir können alle Freunde werden! Sind übrigens alle Menschen in der Stadt blond?“


    Erleichtert hörte Kyle seiner neuen Bekanntschaft zu. Erleichtert, weil ihm das Gespräch nicht schwer fiel. Weil es locker war, leicht, neue Worte zu finden und sie einfach auszusprechen, nicht stetig darüber nachdenken zu müssen, was man sagen sollte, wie man es sagen sollte und welche Auswirkungen es haben könnte. Azel war ein angenehmer Zeitgenosse, kein Freund, bei weitem noch nicht, doch ein Mensch, mit dem er reden konnte. Über weniger tiefgründige Sachen. Seine Gesellschaft war überraschend angenehm. „Du gehst unter Leute, um wach zu werden? Denkst du nicht, so manche Gesellschaft lässt dich nur noch schläfriger werden?“ Er lachte kurz auf, schüttelte anschließend den Kopf. Es kamen immer mehr Menschen her, die Kyle im Moment nicht sehen wollte. Es war irritierend genug, dass Azel und er sich verstanden, obwohl er anfangs hatte allein sein wollen, doch nun war es auch genug. Genug für heute zumindest, ihm reichte diese eine Bekanntschaft, dieser eine Gesprächspartner, dieser Wortwechsel mit der einen Person, die zu seiner Rechten saß und sein Bier trank.
    „Ich wollte die Stimmung nicht verderben“, seufzte er letztlich und klopfte Azel auf die Schulter, als dieser bedrückt den Kopf senkte und lediglich sagte, dass er verstand. Kyle bezweifelte das stark, wusste diese Geste allerdings durchaus zu schätzen. Er hatte vorerst genug von sich erzählt, er wurde müde, schläfrig, ja, ein wärmendes Gefühl. Als würde es ihn beschützen wollen, behüten. Als würde es für ihn da sein wollen.
    Diese Schläfrigkeit umhüllte ihn für kurze Zeit wie einen Kokon, sein Blick wurde glasig, die Augenlider senkten sich, flatterten verzweifelt, um wach zu bleiben, doch die Geräuschkulisse wurde dumpf. Alles rückte in den Hintergrund, sobald die Stille zwischen Azel und ihm selbst zurückgekehrt war. Ein Gähnen entwischte seinem Mund, er starrte auf der Holz unter seinen Armen, die er auf der Theke abgestützt hatte. Sein Glas stand im Weg, den Kopf konnte er nicht hinlegen. Doch wollte er überhaupt schlafen? Einschlafen? Albträume riskieren?
    Ihm wurde keine Wahl gelassen, sein Körper lechzte nach Ruhe, nach Schlaf, die tiefsitzende Angst vor Albträumen verblasste langsam gegen den Drang, die Augen zu schließen und ins süße Reich der hoffnungsfrohen, schönen Träume zu gleiten. Selbst wenn ihm dies wieder einmal nicht vergönnt wäre, so war er in diesem Moment doch beinahe glücklich. Müde, am nächsten Morgen eventuell erschrocken, panisch, verschwitzt, doch zumindest nun in einem Zustand, der den Glücksgefühlen entfernt ähnelte.
    Doch er konnte sich nicht hinlegen, etwas, was wahrscheinlich gut war. In der Bar einzuschlafen war ein Armutszeugnis, eine Enttäuschung, etwas, was ihm nicht widerfahren sollte. Und als Azel ihn schließlich ansprach, zuckte er sogar leicht zusammen, sein Kopf fuhr hoch, schnellte herum und er starrte ihn – halb verschlafen, irritiert, doch gleichzeitig seltsam wach und klar – an. „Was?“, fragte er nach, schüttelte schließlich mit geschlossenen Augen den Kopf, presste die Lider für kurze Zeit fest aufeinander und sammelte sich. „Tut mir leid. Ich schlafe in letzter Zeit nicht besonders gut.“ Er atmete tief durch, massierte sich den Nasenrücken mit dem Daumen und Zeigefinger, bevor er mehrmals blinzelte und sein Blick sich nach und nach klärte. „Außer in Bars“, murmelte er vor sich hin und bevor er darüber nachdachte, antwortete er: „In Badehäuser.“ Großartig. „Ich mag es zu baden. Badehäuser an sich sind nichts Besonderes, meine ich.“ Er seufzte erneut. „Eigentlich gehe ich lieber umher, entdecke neue Dinge, neue Orte. Lege mich vielleicht irgendwo hin und warte einfach. Ich weiß manchmal nicht einmal auf was genau, doch ich warte und es kommt nicht, trotzdem bin ich am Ende entspannter und kann wieder aufstehen.“ Er grinste leicht, kratzte sich am Hinterkopf. Ja, das schien eine gute Erklärung zu sein, warum er gerne faulenzte. Es stimmte, was er sagte, manchmal fühlte es sich wirklich so an. „Und du? Wohin gehst du, wenn du nicht den Tag verschläfst und Fremde ansprichst, um wach zu werden?“ Und dann schliefen diese beinahe ein. Diese Ironie war wirklich erstaunlich.


    Melody sah erschrocken auf das Ausmaß der Wunden, beruhigte sich allerdings schnell wieder und holte ein leichtes Schmerzmittel, das sie noch hier hatten. Die Klinik war überfüllt, zu viele Menschen auf einem Ort, doch zumindest Vorräte hatten sie noch genug. „Shh“, machte sie beruhigend und hob den Kopf des Mädchens ein wenig an, damit sie die Flüssigkeit in der kleinen Schale trinken konnte. Es würde nicht viel helfen, die Schmerzen aber hoffentlich erträglich genug machen, damit sie nicht ohnmächtig wurde. Melody wusste nicht, was passieren würde, wenn das geschah.
    Vorsichtig, aber präzise begann sie die Wunden zu reinigen. Sie wusste genau, was zu tun war, jeder Handgriff saß, Verletzungen hatte sie schon oft genug desinfiziert, keine allzu anspruchsvolle Aufgabe, wie sie fand. Da dies allerdings ein ganz anderes Ausmaß hatte, musste sie sie auch schnell arbeiten, es durfte keine Zeit verloren gehen, verschwendet werden. „Damit wirst du es besser aushalten können.“ Die Schmerzen würden nicht ganz verschwinden, dafür waren die Wunden so groß, zu tief, zu zahlreich, doch allein Linderung würde dem Mädchen helfen.
    „Wir?“, fragte Melody erschrocken. „Wer denn noch?“ Und wo war der Rest des Wirs? Sie zwang sich selbst, ruhig zu bleiben, atmete tief durch und reinigte die Wunden weiter. Die Brüche mussten gestützt oder geschient werden, damit sie richtig heilen konnten, doch dafür musste sie die erst einmal finden. Doch bereits beim Reinigen erkannte sie die gebrochenen Stellen, viele waren es glücklicherweise nicht, doch es musste alles behandelt werden. Das würde Arbeit werden, Melody war sich nicht einmal sicher, ob ihre Patientin durchkam, doch sie war zuversichtlich. Ihr würde niemand wegsterben, das musste sie einfach verhindern!


    Natalie verweilte am Bett der Elfe, alle Patienten wurden versorgt, sie konnte und musste sich die Zeit nehmen, neben ihrem Bett zu bleiben und zu warten, bis sie aufwachte. Doch das Mädchen schien sich beeilen zu wollen, öffnete die Augen, nachdem sie stetig deutlichere Anzeichen auf ihr baldiges Aufwachen gezeigt hatte.
    Noch immer ging es ihr nicht gut, Natalie wusste nicht einmal, was genau passiert war, doch darum würde sich hoffentlich bald die junge Dame kümmern, die ihr eben noch den Wunsch vorgetragen hatte, Heilerin zu werden. „Ich bin froh, dass du aufgewacht bist“, begann Natalie schließlich zu sprechen und trat noch einen Schritt weiter ans Bett heran, während sie die rosahaarige Elfe weiterhin musterte. Momentan gab es rein physisch nichts für Natalie zu tun, doch psychisch war sie noch längst nicht fertig. „Hast du Schmerzen?“ Das war erst einmal die wichtigste Frage, doch sie sollte auch ihr Gedächtnis überprüfen, ihr eventuell auch Fragen beantworten, sollte sie welche haben. Wo sie war zum Beispiel.
    Doch dies schien für das Mädchen keine Rolle zu spielen, denn sie tat sich schwer zu sprechen, gab sich dennoch Mühe, dem Blonden ihren Dank auszusprechen. „Schone dich“, riet sie ihrer Patientin. Zu viel zu sprechen war in ihrem Zustand nicht von Vorteil. „Wir behalten euch beide noch eine Weile zur Beobachtung hier. Nur zur Sicherheit.“ Ihre Verletzungen hatte sie schließlich schon versorgt.




    Melody kam aus einem anderen Zimmer geeilt, sobald sie sah, dass eine neue Patientin hier war und dringend Hilfe brauchte. Sofort kam sie mit einer Liege auf sie zu und bat das Mädchen (Iris) sich zu setzen. „Setz dich. Oder leg dich am besten hin“, sagte sie und half ihr, ihren Körper abzulegen, damit ging sie natürlich vorsichtig vor, um ihr nicht noch mehr Schmerzen hinzuzufügen.
    Sie selbst war noch nicht lange hier, war scheinbar gerade rechtzeitig gekommen, nachdem Natalie ihr Bescheid gegeben hatte, dass die Klinik überfüllt war und sie dringend noch mehr Heiler brauchten, um alle so gut wie möglich behandeln zu können. Melody war zwar noch nicht allzu erfahren, doch würde mit Sicherheit ihr Bestes geben. Natalie schien tatsächlich in die Zukunft sehen zu können – oder sie hatte die Lage einfach nur richtig eingeschätzt.
    Wie dem auch sei, schob sie die Liege mit dem Körper des fremden Mädchens vorsichtig, aber dennoch schnell in eines der Behandlungszimmer. „Oh“, sagte sie, „oh, oh! Wir kriegen das schon wieder hin!“ Sie nickte der Patientin optimistisch zu und holte so viele Utensilien wie möglich aus den Schränken. Sie musste sich beeilen, die Blutungen stoppen, die Wunden reinigen und verbinden. Tatsächlich war sie ein wenig überfordert mir der Situation, doch Natalie und Ray hatten selbst genug zu tun, sodass sie sich nicht auf ihre Hilfe verlassen konnte. Und sie gab sich größte Mühe, um die silberhaarige Patientin nichts davon merken zu lassen. „Es ist ein Wunder, dass du es bis hierher geschafft hast, wirklich!“ Sie sah ernst aus, inspizierte dann allerdings erst einmal die Wunden. Es waren zahlreiche, die meisten davon tief, als hätte das Rudel versucht, sie zu zerreißen. Hatte sie die etwa wütend gemacht? „Ein Glück konntest du fliehen…“