Yumi & Alex
Sie hob den Kopf und ihre saphirblauen Augen zogen ihn sofort in ihren Bann. Wie Edelsteine funkelten sie ihn an, spielten mit ihm. Es brauchte einen Moment, bis er sich von ihrem Blick lösen und ihr Kostüm genauer betrachten konnte. Zugegebenermaßen zeigte es nicht so viel Haut, wie er gerne von ihr gesehen hätte. Aber auch die Verpackung eines Geschenks durfte hübsch aussehen. Vor allem, wenn sie so schön andeutete, was sich darunter verbergen könnte. Sie schmunzelte, während sie erkannte für welches Kostüm er sich entschieden hatte. Kurz hatte Alex Zweifel daran gehabt, dass irgendjemand verstand wen er darstellen sollte. Er hatte sich schließlich nur für dieses Kostüm entschieden, weil er die Games gezockt und die Serie gesehen hatte. Und wann bekam man schon mal die Gelegenheit einen Charakter zu verkörpern, der ähnliche Haare hatte und eine echt gute Figur abgab? Yumi hatte sich für die böse Fee entschieden. Maleficent passte sehr zu ihr, wie er fand. Er trank ein paar Schluck, füllte sich nach und lauschte ihrer nächsten, gut gewählten Frage. Ein Schmunzeln umspielte seine Lippen und er musterte sie auffällig. "Böse Feen stehen heute eigentlich nicht auf meiner Liste, aber für dich kann ich gerne eine Ausnahme machen.", witzelte er und zwinkerte ihr sogar zu. Er war froh, dass sie seine stille Bitte verstanden hatte und das Thema, das noch immer zwischen ihnen stand, nicht weiter ansprach. Alex ließ den Blick über das Buffet wandern, griff nach etwas das wie eine Pizzaschnecke mit Spinnenwebenmuster aussah. Immerhin nicht so abgefahren, wie die blutigen Finger. Er biss hinein, um nicht auf komplett nüchternen Magen trinken zu müssen und sah dann wieder zu Yumi. Nachdem er geschluckt hatte, ergriff er erneut das Wort. "Und was ist mit dir? Bist du nur hier, um dich an bösen Prinzen und Königen zu rächen und kleine Kinder zu verfluchen, oder hast du Lust dich auf etwas Grusel einzulassen?" Er konnte sich durchaus vorstellen die Gaststätte zu verlassen, um sich das restliche Angebot anzusehen. So hatte er es eigentlich auch geplant gehabt. Auf die vielen bekannten Gesichter hier konnte er jedenfalls gut verzichten.
Leila, Cylie & Nick
Er konnte es an ihrem Gesichtsausdruck erkennen. Nick sah genau, dass Leila sich die Frage stellte, ob Cylie die Frau war von der Nick bei ihrem letzten Telefonat gesprochen hatte. Ihre Mimik hatte sich nur kurz verändert und doch hatte er es bemerkt und er freute sich ein wenig und gleichen Moment bereute er es die Worte so gewählt zu haben. Das war nicht fair gegenüber Leila und auch nicht fair gegenüber Cylie, denn was sie waren, war so dehnbar wie der Begriff 'Freundin' im Deutschen eben genutzt werden konnte. Eine? Meine? Seine? Er sprach es nicht aus, er stellte es nicht richtig, obwohl er es hätte tun sollen. Aber sein Kopf hatte noch nicht ganz realisiert, was er da gerade anrichten könnte. Mit einem einfachen Wort. Vor einer Stunde, nein vor drei Minuten noch, bevor Nick seine Exfreundin als seine Exfreundin erkannt hatte, hätte er sich auf jeden Fall über ein 'Meine' vor dem Freundin eingesetzt. Sofort und ohne zu zögern. Aber der Blick dieser vertrauten grünen Augen brachte ihn zum zweifeln. Es ärgerte ihn und gleichzeitig war er machtlos. Schließlich war es der Schwarzhaarige, der das Schweigen mit einem einfachen Wort durchbrach. Kurz und doch ließ es die Blase platzen, ohne die Situation zu erklären. Leila antwortete, er lauschte dem vertrauten Klang ihrer süßen Stimme und seine Augen hafteten an ihren Lippen, als sie sich ein bisschen rechtfertigte. Er antwortete nicht sofort, was Cylie die Zeit gab etwas zu sagen. Endlich wandte Nick seinen Blick von Leila ab und sah zu seiner Begleitung des Abends. Sie nahm seine Ex sogar in Schutz. Der Student hatte sich vollends aufgerichtet, den Cupcake dabei völlig vergessen, aber definitiv nicht die Verletzung der Brünetten. Besorgt sah er sie an, ließ zu, dass sie sich an ihm festhielt. Sicher schmerzte ihr Knöchel noch. Er musste besser auf sie aufpassen. Aber ehe er sich von Leila und mit Cylie verabschieden konnte, stellte die Brünette ein paar Fragen an seine Ex. Nick verspannte sich ungewollt. Nahm sie es ihm übel, dass er das 'Freundin' nicht klargestellt hatte? Womöglich war er damit zu weit gegangen. Womöglich war es falsch zu glauben, dass Cylie irgendwie in diese seltsame Geschichte hineingezogen werden wollte. Entschuldigend sah der Schwarzhaarige seine Begleitung an. Und nicht nur, dass die blutige Krankenschwester die blutige Braut fragte, wie ihr Auslandsaufenthalt so gewesen war, nein, sie schlug sogar vor sich an den gleichen Tisch zu setzen. Als Frankensteins Monster hätte Nick vermutlich keine Miene verziehen dürfen, aber er war nun mal immer noch ein ganz normaler Junge, weshalb ihm auch sofort alle Gesichtszüge entgleisten. Leila würde aber sicher ablehnen, oder? Kurz sah der Schwarzhaarige zu seiner Ex, bändigte dabei seine Mimik und sah dann wieder besorgt zu Cylie, die ihren Knöchel erneut erwähnte. "Du musst besser auf dich aufpassen.", verkündete er streng, obwohl immer noch er derjenige mit der echten Wunde am Kopf war. Ohne Widerworte zuzulassen, drückte er Cylie ihren und auch seinen Teller in die Hand und hob sie dann auf seine Arme. Dass sie dabei den ein oder anderen der Gäste einen Tritt verpasste, war ihm egal. Sie sollte ihren Knöchel nicht weiter belasten und die anderen Gäste traten ihr sicher noch auf die Füße bei ihrem Glück. Den bösen Blicken der Getretenen trat er mit ernster und ebenso böser Miene entgegen. "Hübsche Frauen in Nöten gehen vor.", gab er als Erklärung von sich. "Und jetzt sollten wir einen geeigneten Platz finden.", beschloss er und trug Cylie zu einem freien Tisch mit Bank, die an der Wand der Gaststätte standen. Folgte Leila ihnen? Er hatte sich nicht nach ihr umgedreht, aber er war eigentlich darauf gefasst, dass sie sich nicht zu ihnen setzen würde. Er wusste nicht, ob er das wollte, oder ob es ihm lieber gewesen wäre ihren Erzählungen zu lauschen. Er wusste gerade gar nichts mehr. Vor zehn Minuten war seine Welt noch eine wohlbehütete Blase gewesen und jetzt, nachdem sie geplatzt war, fand er sich auf dem traurigen Boden der Realität wieder. Ohne Alkohol und ohne die Chance genauer darüber nachzudenken.