Beiträge von Peppermint

    Als Raine eine weibliche Stimme vernahm, drehte sie sich gleich daraufhin um und sah ein blauhaariges Mädchen an. "Hallo!", grüßte sie mit einem großen Lächeln und Fröhlichkeit in der Stimme zurück. Für einen kurzen Moment glaubte Raine, einen leicht schockierten Ausdruck auf dem Gesicht der Blauhaarigen gesehen zu haben. Wahrscheinlich lag es daran, dass Raine nun ein Schwert und ein Schild in der Hand hielt, was für eine 10 Jährige ja nicht wirklich normal war. "Keine Sorge, Gaius!" Sie betrachtete mit einem Strahlen das Schwert, welches förmlich glänzte. Sie konnte in der Klinge ihr eigenes Spiegelbild erkennen. Sie grinste Gaius nur an und drehte sich nun komplett um. "Hallo Rose!", sagte sie noch einmal und sah wieder zu Gaius. "Was für ein Training denn? Kann ich mit ihr zusammen trainieren?"

    "Es liegt an seiner Dummheit. Ich finde sowas ja niedlich~" Sie grinste leicht vor sich hin und beobachtete nun Gaius. Schon bei seinen ersten Sätzen musste die Schwarzhaarige kichern. Sie mochte es, wenn Menschen rumscherzten, aber dabei immer noch ernst blieben. So brachte man Leute wirklich zum lachen. Sie folgte ihm ein paar Schritte und begutachtete all die verschiedenen Dinge, die Gaius ihr da hingelegt hatte. Das Schwert sah ihr gleich am sympathischsten aus, da sie ja schließlich schon seit 5 Jahren Erfahrung mit diesem hatte. "Hm... klingt ja alles ziemlich verlockend." Es sah alles wirklich interessant aus. Doch sie war ja auch hier, um was Neues auszurprobieren. Da würde sie das Schwert wohl als Letztes nehmen. Wobei es ja irgendwie auch was ganz anderes als ein Holzschwert war. "Ich glaueb ich will erstmal das Schwert da ausprobieren", sagte sie und zeigte auf das zur Seite gelegte Kurzschwert mit dem Schild daneben.

    "Tschüß!", rief sie ihm hinterher und winkte noch mit einem Lächeln. Sie sah ihm so lange her, bis er um eine Ecke bog und bemerkte dort ein Mädchen mit dunklen Haaren. Es war einsam an einen Baum gelehnt. Sie sah so aus, als würde sie dort schon (5) Jahre stehen. Aber was solls, war nicht Raines Problem. Jetzt konnte sie sich wieder ganz Gaius widmen. "Du mochtest ihn schon damals nicht, oder?", fragte sie ihn mit einem leichten Schmunzeln und lehnte sich gegen die Theke. "So ein armer Bauer wie er braucht auch Freunde, ich finde ihn ziemlich süß!" Sie kicherte kurz und kam wieder zum Thema zurück. "Also kann ich gleich irgendwelche Waffen ausprobieren?", fragte sie mit großer Neugier in ihrer Stimme. Jetzt könnte wirklich nichts spannender sein, als Waffen ausprobieren!

    "Jap! Meine Mama hat mir erzählt, dass es ganz viele verschiedene Waffen gibt. Also außer die verschiedenen Schwerter. Ich wollte mal gerne gucken, welche mir eigentlich zuspricht. Vielleicht wird es ja das Schwert bleiben, doch kann ja auch sein, dass ich mit irgendwas anderem viel besser umgehen kann." Sie liebte es alles auszuprobieren, was sie konnte. Wär ja langweilig wenn man so viele Chancen hätte, sie aber nicht ausnutzt, oder? Sie musterte den Braunhaarigen. "Mich erinnern? Hm..." Sie versuchte wirklich an früher zurückzudenken. Damals hatten sie ja nicht viele Leute kennen gelernt. Langsam kam ihr die Erinnerung eines Bauerns zurück. "Ach DU bist das!", rief sie und drückte ihn an sich, auch wenn sie ihn gar nicht kannte. Er sah so aus, als hätte er sowas nötig.

    "Okay, dann glaube ich dir", antwortete sie ihm mit einem großen Lächeln und lies sich über den Kopf streicheln. Seine Berührungen lösten bei ihr ein kleines Gefühl von alter Vertrautheit aus. Auch wenn sie sich nicht an alles erinnern konnte, glaubte sie fest daran, dass Gaius es konnte. Sie war froh das er auch Raine an sich drückte. Er hatte sie also auch trotz der großen Veränderung erkannt. Ihre Haare sind viel länger geworden und sie selbst ist natürlich auch um einiges gewachsen. "Meine Mama?" Sie lachte kurz auf und erinnerte sich daran. Der Schwarzhaarige hatte sich früher immer Sorgen gemacht. "Keine Angst, ich habe ihr gesagt das ich weg bin und das mit der Waffe ist sicher auch okay, auch wenn sie das gar nicht weiß." Sie grinste ihn an und gleich darauf hin betrat ein Farmer die Schmiede. "Hallo", grüßte sie zurück, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wer dieser Bauer dort war. Sie musterte den Braunhaarigen und dachte nach, wieso er ihr ein wenig bekannt vor kam. Doch ihr kam nichts in den Sinn, also lies sie es einfach. "Kennt ihr euch?", fragte Raine stattdessen und sah abwechselnd die beiden Männer an.

    Sie schüttelte leicht den Kopf und die Tränen stoppten. "Weißt du Gaius, das Kämpfen liegt mir im Blut. Für manche Menschen ist es wie eine Leidenschaft und du hast sie damals entfacht", erklärte die 10-Jähirge ihm und lächelte leicht. "Aber ich bin froh das du es nicht vergessen hast. Und ehrlich gesagt hätte ich auch nicht gedacht das du sowas vergessen würdest." Erst jetzt überkam der Schwarzhaarigen das Gefühl, Gaius nach 5 Jahren wieder umarmen zu wollen, welches Gaius schon vorhin hatte. Wieder lächelte Raine und schüttelte den Kopf. "Du brauchst doch gar nichts wieder gut machen, wenn du mir versprichst, mich nie wieder zu verlassen." Mit diesen Worten fiel sie in seine Arme und drückte ihn fest an sich. Teilweise kam es ihr so fremd vor, doch der Geruch von damals war immer noch der Selbe und sie erinnerte sich daran, wie es früher alles war. Er war die erste Person mit der sie sich je ein Bett geteilt hatte, abgesehen von Lily. Und auch nach einem langen schweigsamen Moment wollte sie nicht loslassen, zu groß war die Angst, er könnte gleich wieder gehen, auch wenn er das nicht machen würde. Diese Angst war nun einfach da und erneutes Vertrauen musste wieder aufgebaut werden.

    "Das... Apfelmonster?" Sie wiederholte seine Worte ungläubig und starrte ihn an. "Wegen einem roten fetten Monster, das mich mal eben so überrollt hat?" Traurig sah sie ihn an, während dieses mal ihr die Tränen in die Augen stiegen. Sie hatte ihn wirklich vermisst und langsam kamen ein paar Erinnerungen in ihr hoch. "Natürlich warst du gut für mich! Was glaubst du denn, mit wem ich meine ganze Abenteuerlust ausgelebt hätte?" Das er sie so einfach alleine gelassen hatte, hatte damals auch Spuren hinterlassen. Tage später kam sie immer wieder in den Wald um nach ihm zu suchen. Damals wusste sie nich noch nicht das er nun hier wohnte. Nachdem ihr gebrochener Arm verheilt war, versuchte sie oft im Wald mit ihrem kleinen Holzschwert zu kämpfen und zu üben, weil sie die Hoffnung nie aufgegeben hatte, dass Gaius eines Tages doch noch im Wald auftauchen würde und sie ihm dann zeigen könnte, was sie so drauf hatte. Oft hatte sie sich dabei Verletzungen zugezogen, aber das war ihr egal. "Gaius du Idiot...", flüsterte sie leise. "Erfahrungen gehören zum Leben dazu, mir passiert schon nichts! Es ist doch genau anders rum: Ohne dich ist mir damals mehr im Wald zugestoßen, nachdem du weg warst! Ich war auf mich alleine gestellt, denkst du etwa das wäre besser? Dachtest du, nur weil du nicht mehr da warst, würde ich nicht wieder zu dem Ort zurückkehren? Ich war so oft da, mit meinem... nein, mit unserem Holzschwert. Daran erinnerst du dich auch noch, oder?" Langsam kullerten ihr die ersten Tränen über ihr Gesicht und sie sah ihn aufgelöst an.

    Als er Raine die ganze Zeit so schweigend ansah, wusste sie gar nicht was sie nun tun sollte. Versuchte er sich zu erinnern, oder wusste er ebenfalls einfach nicht, was er nun machen sollte? Als sich seine Augen schon mit Tränen füllten, wusste sie, dass er sich noch genau erinnern konnte. Ihre Miene blieb ausdruckslos, ein wenig zogen sich ihre Mundwinkel nach unten. Sie konnte sich nicht genau erinnern, was die beiden damals alles gemacht hatten. Die einzige Erinnerung die ihr blieb war das Holzschwert von damals, weswegen sie das Versprechen auch nie vergessen konnte. Es stand immer noch in ihrem Zimmer. Sie erinnerte sich nicht genau an Gaius Charakter, doch das er wirklich wegen ihr weinen würde, hätte sie nicht gedacht. Er muss wohl sehr an ihr gehangen haben, schließlich hatte sie die ersten Tage danach auch oft geweint. Raine war sich unsicher, was sie nun machen sollte. Sie sagte die ganze Zeit über nichts und er kam ihr langsam immer näher. Und umarmte sie. Sie erstarrte regelrecht und löste sich langsam von ihm. "Du.. aber nicht." Eigentlich hätte sie jetzt leicht gelächelt, doch es war ihr immer noch ein wenig unangenehm. "Wieso hast du mich damals so alleine gelassen?", fragte sie stattdessen und biss sich auf die Unterlippe.

    "Hallo... Gaius", murmelte sie ein wenig leise und musterte ihn. 5 Jahre lang hatte sie ihn nicht gesehen und im Gegensatz zu ihr, hat er sich kein bisschen verändert. Seine Haare waren vielleicht ein Stück länger, doch er sah wirklich wie immer aus. Er hatte seine Frisur nicht geändert und hatte den selben Kleidungsstil wie früher. Es erleichterte die Schwarzhaarige ein wenig, das er so auf seinen Handschuh fixiert war. Am liebsten würde sie sich gleich wieder umdrehen und zur Tür hinaus rennen. Würde der Schmied sie überhaupt wieder erkennen? Am liebsten würde sie ihm Fragen stellen, die mit der Vergangenheit zu tun hatten. Vielleicht wäre es jetzt aber besser, direkt auf den Punkt zu kommen. "Du... hast mir damals was versprochen", fing sie an und machte eine kurze Pause. "Du sagtest, wenn ich älter wäre, würdest du mir ein Schwert schmieden. Und jetzt bin ich alt genug."

    Zwar war es schon ein wenig spät, doch die Sonne lies sich immer noch Blicken und erhellte alles. Sie erinnerte sich noch an ein Versprechen, das ihr vor 5 Jahren gegeben wurde. Als Gaius noch mit ihr durch die Wälder streifte und sie dann abends zu ihm nach Hause gingen. An diese Zeit dachte sie schon lange nicht mehr, da Gaius einfach so gegangen ist. Es hatte sie schon verletzt, da er schließlich damals ihr einziger Freund war. Doch sie erinnerte sich noch daran, wie er zu ihr sagte, dass er ihr ein Schwert schmieden würde, sobald sie älter wäre. Und heute war der Tag. Sie holte tief Luft und betrat die Schmiede, doch keiner war dort. "Hallo?", rief sie und sah sich um. Sie war zum ersten Mal hier. Überall hingen Waffen an den Wänden. "Hallooo?", rief Raine erneut und wartete darauf, dass jemand mal auftauchen würde.

    Raine schenkte den Worten ihrer Mutter Glauben und lies langsam von ihrem Bein ab und beschloss sich mal eben auf die Couch zu setzen, auf der sie auch trotz ihres gebrochenen Armes hinauf kam. Und anscheinend hatte auch ihre Schwester was interessantes erlebt. Gespannt hörte sie ihrer Schwester zu und stellte sich alles noch bildlich im Kopf vor, damit es für Raine realier wirkte. Sie versuchte es mit ihrer Situation zu vergleichen, als sie in der nähe von Monstern waren. Das erste Mal hatte Gaius ein kleines Wolly besiegt und das zweite Mal wurde sie von einem Apfelmonster überollt. Bei dem Gedanken daran musste die Schwarzhaarige leise kichern. "Wieso bist du so traurig? Du siehst ihn doch wieder~" Sie sah immer noch alles optimistisch. Wieso sollte man auch so ein Pessimist sein? Sowas mochte sie nicht.


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    Nach 5 Jahren waren Felicity und die Zwillinge mal wieder hier zu Hause und hatten gerede zu Abend gegessen. Nach Raines Unfall mit 5 Jahren hatte sie sich enmal das Bein gebrochen und eine Hand, dazu kommen noch ein paar Verstauchungen und Prellungen. Doch zur Zeit sah die Schwarzhaarige ganz gesund aus. "Mama, ich gehe noch ein wenig raus, ok?" Die 10 Jährige stand vom Stuhl auf und verließ das Gebäude~

    Die beiden Eltern - wovon sich Ray die Vaterrolle nicht eingestehen wollte - redeten immer noch weiter. Mal steigerten sie sich und dann wurden sie wieder leiser. Raine kam es vor, als wären sie in ein Chaos der Gefühle gestürzt. Wohlmöglich hatte sie da aber auch gar nicht unrecht, oder? Auch ihre Schwester Lilyen schien nicht zu wollen, dass der Braunhaarige ging. Doch er lies sich nicht aufhalten. Ray wurde lauter und agressiv, doch mit einem Mal veränderte sich sein Tonklang und wurde ganz sanft. Und schon verließ er das Haus. "..." Stumm sah die Schwarzhaarige ihm hinterher und lies dann einen besorgten Blick zu Felicity und Lily schweifen. Sie strich mit ihrem Daumen über die rechte Hand ihrer Schwester und lies dann langsam los, um die Beine ihrer Mutter umarmen zu können; zumindestens soweit wie es ihr Arm zuließ. "Mama, sei nicht traurig, okay? Bestimmt kommt er bald wieder und wir haben doch sowieso uns drei und das hat doch bis jetzt auch gut geklappt, oder nicht?" Raine würde es selbst auch ein wenig merkwürdig finden, plötzlich eine ganz fremde Person als ihren Vater betrachten zu müsen, der dann so plötzlich auftaucht. Sie fand es bis jetzt zu dritt immer schön und da brauchte man auch keine weitere Person um glücklich zu sein. So sah sie es zumindestens.

    (Dachte ich eigentlich auch, Miriam xD)


    Das öfters das Wort 'Hass' fiel, blieb bei Raine nicht unbemerkt. Sie beobachtete mit ihrer Schwester die beiden weiterhin und entfernte sich von Ray, als er ihre Hand von seiner Hose löste. Sie ging einen Schritt zurück und nahm vorsichtig die Hand ihrer Schwester. Langsam beruhigte sich auch der Ton ihrer Mutter, was Raine ein wenig erleichterte. Die Schwarzhaarige konnte einfach keine lauten Stimmen ab. Das ist euer Papa, Ray. Soso, also war das hier wohl auch ihr erstes 'Familientreffen'. Raine erinnerte sich an die Worte von dem rosahaarigen Mädchen damals, am See. Weiß deine Mutter immer gut zu schätzen. Das gleiche zählte dann doch auch für ihren Vater. Sie wollte das einfach alle glücklich waren. Alle die sie kannte und lieb hatte. "Was ist denn jetzt los?", fragte sie mit ruhiger Stimme und sah die beiden abwechselnd an. "Können wir nicht eine kleine liebe Familie sein und immer nett zu den anderen sein?" Sowas wäre ihr viel lieber als Diskussionen, die sie eh nicht verstand, und ständiges Rumgeschreie. Sie war ein ziemlich optimistischer Mensch und verstand einfach nicht, was Ray für ein Problem mit der Tatsache hatte, dass er der Vater von ihr und Lilyen war.

    Raine nickte ihrer Schwester zu, bevor Felicity reinkam. "Mama sagt, ich habe ihn gebrochen. Es tut manchmal sehr weh, aber bald ist er bestimmt wieder heile", erzählte sie ihrer Schwester und würde ihr auch am liebsten gleich von Gaius erzählen, auch wenn allein der Gedanke an den Schwarzhaarigen sie traurig machte, weil er sie so einfach im Wald zurückgelassen hatte und sie nichtmal wusste, wieso. Gleich darauf betrat ihre Mutter das Zimmer und sorgte sich um Lilyen, doch ihre Töne wurden lauter und agressiver als sie den jungen Mann auf der Couch sah. Kurz zuckte Raine zusammen, als Felicity schrie. Sie mochte kein Geschreie. All die Worte von ihr verstand Raine nicht so ganz. Was meinte sie denn bloß damit? Und was hatte sie für einen Grund ihn anzuschreien? Die Welt war irgendwie komisch. Manchmal sah man nur eine Person an und wurde sofort sauer. Und manchmal ging man einfach so davon, ohne was zu sagen. Und wieso wollte die Braunhaarige nun, das der Mann ging? Raine fand es traurig, wenn jemand gehen musste. Alles hat wohl alles seine Gründe. Anscheinend hatten sich Lilyen und der Mann aber auch gut angefreundet. Doch mit der Zeit realisierte Raine auch, wer dieser Mann eigentlich war. Er musste der Vater von ihr und ihrer Schwester sein. Wer hätte er sonst sein können? Und im Gegensatz zu Lilyen verhielt sich der Braunhaarige (?) recht ruhig. "Warte!", platzte es so aus der Schwarzhaarigen heraus und sie zog mit ihrer linken Hand an dem Hosenbein von Ray. "Wieso gehst du denn? Wenn du gehst, sind wir alle sicher traurig..." So wie sie es bei Gaius war. Und sie wollte nicht mit ansehen, wie ihr Vater einfach so davon ging. Sie mochte es einfach nicht, wenn Menschen gingen. Damit konnte sie sich nicht abfinden. "Bleib...", murmelte sie noch anschließend und sah zu ihm hoch.

    Nachdem Felicity und Raine den Wald verlassen hatten, kamen sie nun beim Haus an. Erst jetzt bemerkte Raine, dass sie sich hier recht selten aufhielt. "Und wo finden wir jetzt Bücher?", fragte sie ihre Mutter schon mit großer Vorfreude und da fiel es ihr auch schon wieder ein. "Ich glaube ich weiß wo!" Im Wohnzimmer stand doch immer ein Regal, welches mit Büchern gefüllt war. Daran konnte sich die Kleine noch erinnern. Sie machte sich schon so gleich auf den Weg ins Wohnzimmer und passte dabei auf ihren gebrochenen Arm auf. Ehe sie beim Regal ankommen konnte, bemerkte sie schon zwei andere Menschen hier. Die eine war Lilyen, ihre Schwester. Doch wer war der andere Typ? Sie hatte ihn noch nie zuvor gesehen. "Huhu...", murmelte sie leise und winkte mit ihrer linken Hand, da der rechte Arm ja gebrochen war. Sie wusste jetzt gar nicht was sie von dem Fremden halten sollte. War es etwa ein Freund von Lilyen, so wie Gaius einer ihrer Freunde war? "Und wer bist duuu?" Fragen kostete nichts und wie hieß es so schön? Wer nicht fragt bleibt dumm.

    Raine freute sich schon jetz darauf, ihren leiblichen Vater demnächst endlich kennen zu lerne. Sie wusste ja nicht wie es ist, einen Vater zu haben. Naja, im Grunde genommen schon. Die Momente mit Gaius konnte sie für sich gelten lassen. Trotzdem lag ihr Interesse darin, Ray zu treffen. "Lesen?" Die Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. Mit Gaius hatte sie nie sowas gemacht. Nur spannende Dinge, bei denen man sich am meisten bewegen musste oder sonst was. Bis jetzt hatte er ihr ja nur ein wunderschönes Selbstportrait von sich gezeichnet. "Dann will ich jetzt lesen lernen!" Wenn sie schon fürs Kämpfen nichts Neues lernen konnte, dann wollte sie wenigstens auch mal etwas ganz anderes ausprobieren.

    "Achso...", murmelte Raine, doch in diesem Moment lagen ihre Gedanken eher bei Gaius. Sie verstand sein plötzliches Verschwinden nicht. Er hatte doch gar keinen Grund gehabt, schließlich hatte die Schwarzhaarige nichts falsches gemacht, oder etwa doch? Zumindestens wusste sie nicht was und das stimmte sie alles ein wenig traurig. Doch sie wollte jetzt nicht vor ihrer Mutter wie ein trauriger Kloß da stehen. Raine schüttelte den Kopf. Sie wollte jetzt nicht über Gaius reden oder ihn suchen. "Also werde ich Papa eines Tages treffen?", fragte sie um einfach vom Thema Gaius wegzukommen. Ein paar Kniffe? Kling ja gar nicht so schlecht. "Das klingt supi, aber wie mach ich das dann mit meinem Arm?" Schließlich tat der immer noch ein wenig weh.

    "Aber hat mein richtiger Papa mich denn gar nicht lieb? Ein wenig Freizeit hat doch jeder mal..." Sie verstand das irgendwie nicht, doch als die beiden den Ort erreichten, wo Gaius noch eben war, stand er sofort auf und lief weg. "Gaius?", fragte sie leise und sah ihm hinterher. Er machte keine Anstalten stehen zubleiben. "Gaius!" Sie verstärkte ihre Lautstärke und versuchte ihm hinterherzueilen. Trotz der Schmerzen versuchte sie leicht zu joggen und holte den gehenden Gaius langsam ein. "Bleib doch stehen!", rief sie mit einem verzweifeltem Blick. Wieso ging er denn weg? Sie hatte ihm doch gar nichts getan, oder etwa doch? Sie verstand gar nichts mehr.