Beiträge von Kyubey

    Sophia schien nicht all zu überrascht über die schockierende Nachricht zu sein. Vielleicht hatte sie es sich ja schon gedacht, dass es sich hierbei um eine Entführung handelte? Wenn das der Fall wäre, wäre sie auf jeden Fall um einiges schneller im Schalten als ihr schusseliger Butler, welcher noch nicht mal die Wunde an dem Kopf der Lilahaarigen bemerkt hatte. Zu seiner Verteidigung war es hier allerdings auch ziemlich dunkel. Nur einige Fackeln im Hintergrund spendeten gerade noch genug Licht, um die verschiedenen Menschen zu unterscheiden. Man konnte es ihm also nicht übel nehmen, dass er diese Beule so nicht bemerkt hatte. Und kurz bevor Vishnal überhaupt nachfragen konnte, ob bei ihr wirklich alles in Ordnung wäre, kam Sophia ihm zuvor und stellte eine andere Frage. »Ja, ich bin mir sicher man sucht schon nach uns«, gab er der besorgten Dame zur Antwort. Immerhin waren es mehrere Leute, die plötzlich verschwunden waren. Irgendjemand musste es bemerkt haben!
    Daraufhin stand der Mann auf und sah sich nach den anderen Gefangenen um. Mittlerweile waren die meisten Anwesenden wieder bei Bewusstsein und diskutierten ihre derzeitige Situation. Vishnal konnte leider nichts Sinnvolles zu der Konversation beitragen. Er war von den Entführten wohl noch der, der am wenigsten über den Entführer wusste und so lange das noch das Thema war, würde er lieber still zuhören. Sophia machte dann den Vorschlag, dass sie sich alle vorstellen sollten. Gar nicht mal so eine schlechte Idee, eigentlich. Wer wusste schon, wie lange sie hier noch fest saßen würden; vielleicht sogar für immer. Dann wäre es doch zumindest ganz gut zu wissen, wer die Leute waren, mit denen man vermutlich die nächsten Stunden seines Lebens verbringen würde.


    Aber so weit würde es wohl gar nicht erst kommen, da man deutlich Geräusche von außerhalb des Käfigs hören konnte. Jemand war hier. Dieser jemand näherte sich mit leisen, aber dennoch hörbaren Schritten auf den Käfig zu. Der Blauhaarige war nicht der einzige, der nicht wirklich wusste, wie er in dieser Situation reagieren sollte. Er wartete einfach nur gespannt, vielleicht eher ängstlich, darauf was als nächstes passieren würde. Es schien ewig zu dauern, aber schlussendlich war der Fremdling nah genug, dass man ihn erkennen könnte. Könnte war hierbei das Schlüsselwort, denn die Klamotten des vermutlichen Entführers machten es ziemlich schwer ihn zu identifizieren. Er wollte ja noch nicht mal sein Gesicht zeigen! Tatenlos rumstehen tat der Fremde jedoch nicht, stattdessen fing er an zu reden, seine »Gäste« willkommen zu heißen. Nun, immerhin war er höflich. Seine Stimme ließ darauf schließen, dass es sich bei der mysteriösen Person um einen etwas älteren Mann handelte. Daraufhin erzählte der Fremde noch mehr gruselige Dinge, die Vishnal nicht so recht verstand. »Glück«?! In einem dunklen Käfig eingesperrt zu sein war nicht gerade das, was er als »Glück« bezeichnen würde.
    Dolce stellte dann die Frage, die sich wahrscheinlich jeder schon gedacht hatte, auch wenn die Antwort vermutlich schon fast klar war. Was der Entführer geplant hatte, war auf jeden Fall nichts Gutes. Dass er die armen Bewohner entführen und dann einsperren würde, nur um eine Teeparty mit ihnen zu feiern, war in der Tat unwahrscheinlich. Aber nur ein bisschen.
    Vishnal beschloss fürs erste still zu bleiben, es kam in der Regel nie was Gutes dabei raus, wenn er den Mund aufmachte. Er stellte sich nur instinktiv näher zu Sophia, um sie, falls ihr irgendwas passieren würde, schnell beschützen zu können. Viel ausrichten könnte er zwar wahrscheinlich nicht, aber er würde auf jeden Fall alles geben, dass den Anwesenden und vor allen Dingen ihr nichts passierte. Das war immerhin sein Job.

    Eindeutig passte der Elfe etwas nicht. Waren es Vishnals Worte, hatte er etwas Unhöfliches gesagt? Oder war sie einfach nur genau so überrascht über die Anwesenheit anderer Leute, wie er es war? Der Butler konnte die Antwort nur erraten. Die Wahrheit würde er so bald nämlich nicht herausfinden, denn das Mädchen entschied sich dazu, ihre Gedanken nicht zu äußern und vielleicht war das auch besser so.
    Zum Glück schwieg Dolce aber nicht über all ihre Gedanken und so bekam der Blauhaarige noch die Antwort zu seiner geäußerten Frage. Es schien als wären sie wirklich entführt worden, wenn die Erzählung der Frau stimmte. Und davon ging Vishnal doch stark aus, sie hatte immerhin keinen Grund zu lügen, oder? Schließlich hatte sie sogar einen Beweis in Form einer Wunde auf ihrer Stirn! Oh, Moment.. Eine Wunde? Das war nicht gut, das konnte nichts Gutes heißen. Aber noch bevor der Butler sich die Verletzung genauer angucken konnte - nicht, dass er der Elfe großartig hätte helfen können - hatte die Rosahaarige ihr Haar schon wieder davor fallen lassen. Scheinbar war der Schmerz mittlerweile vergangen oder sie wollte einfach kein großes Aufsehen erregen. Vishnal beschloss das Thema fallen zu lassen, er wäre sowieso keine große Hilfe gewesen. »Hmhm..«, entgegnete er dem Mädchen dann nachdenklich. Er konnte sich an nichts dergleichen erinnern, eigentlich hatte er tatsächlich gar keine Erinnerung an die geschehenen Vorfälle. Vielleicht hatte er einfach die ganze Zeit seelenruhig durchgeschlafen? Aber selbst wenn es so wäre, dürfte das auf keinen Fall jemand erfahren. Einfach weiter zu schlafen, während jemand aus der Familie entführt wurde wäre wirklich unverzeihlich für einen Butler gewesen!


    Apropos; Eben jenes Familienmitglied war mittlerweile wieder bei Bewusstsein und es schien ihr gut zu gehen. »Gott sei dank«, gab der Butler, der mittlerweile neben Sophia kniete, leise flüsternd von sich. Es wäre wahrlich fatal gewesen, wäre der jungen Dame etwas Schlimmes passiert. Nicht nur, dass ihre Gesundheit darunter gelitten hätte, aber auch der Ruf der Sainte Coquilles. Das könnte die Familie ganz schnell in den Ruin stürzen, wenn Leute kurz nach ihrem Einzug in die Villa entführt und verletzt werden. Aber das hatte gerade nicht oberste Priorität.
    Vishnal wollte der Lilahaarigen gerade seine Hand als Aufstehhilfe anbieten, da zog sie ihre Hand schon weg und setzte sich ohne Hilfe auf. Ganz so gut ging es ihr dann aber wohl doch nicht, ihr Verhalten weiste ziemlich stark auf Kopfschmerzen oder etwas der Gleichen hin. Zu doof, dass der Angestellte hier in diesem Käfig wohl keinen Medizinschrank mit Kopfschmerztabletten finden würde. Er würde sich heute wohl leider nicht sehr hilfreich machen können, aber er würde dennoch versuchen das Beste aus der Situation zu machen. »Mir geht es gut, machen sie sich keine Sorgen um mich«, antwortete er Sophia beruhigend. Leider stimmte seine Antwort nicht ganz; Auch Vishnal verspürte leichte Kopfschmerzen, aber er wollte nicht, dass die Dame sich Sorgen über ihn machte. Sie hatten derzeit alle weit wichtigere Probleme und es war wohl auch sein Job als Butler, das Mädchen darauf aufmerksam zu machen. »Aber es scheint, als wären wir entführt worden.«

    « Die Villa. [Entführung]


    Als Vishnal erwachte, befand er sich auf einem sehr harten und kalten Untergrund. Er wusste nicht so ganz wo er war, aber eins war sicher; Dies war nicht das Bett, in dem er eingeschlafen war. Einen erschrockenen Atemzug konnte man von ihm hören, als er sich hastig aufrichtete. Dieser Ort war in der Tat nicht sein Schlafzimmer. Der Blauhaarige bezweifelte sogar, dass er sich überhaupt noch in der Villa befand, es sei denn es gäbe eine Art geheimer Kerker, von dem er nichts wusste. Aber diese Vermutung stellte sich dann auch als eher unwahrscheinlich raus. Ein schneller Blick nach links und rechts verriet ihm nämlich, dass er sich in einem Käfig in einer Art Höhle befand. Eine Höhle gab es in der Nähe der Villa nicht, also war es wohl nicht die Familie De Sainte Coquille, die ihn hierhin verfrachtet hatte. Natürlich nicht. Allerdings blieb dann die Frage offen; Wo war er hier, wenn nicht in seiner Heimat?
    Auf die Frage würde er später schon noch eine Antwort finden. Was ihn in diesem Moment mehr beschäftigte war eine zuckersüße Stimme, die er von der Seite vernahm. Natürlich wollte er herausfinden zu wem diese Stimme gehörte, also drehte er sich um und siehe da; Es war Dolce, ein Elfenmädchen, das schon seit Längerem in Trampoli wohnte. Vishnal hatte nie sonderlich viel mit ihr zu tun gehabt, aber er war dennoch erleichtert ein - zumindest halbwegs - vertrautes Gesicht zu sehen. »Oh, guten Tag«, grüßte er sie dann verwundert. Er hätte nicht damit gerechnet hier auf ihm bekannte Leute zu stoßen. Aber vielleicht wusste die Rosahaarige ja mehr über die derzeitige Situation der Entführten. Vishnal beschloss mal nachzufragen, das konnte ja nichts schaden. »Du.. weißt nicht zufällig wie wir hierher gekommen sind? Oder wo wir uns überhaupt befinden?«


    Daraufhin beschloss der Bedienstete, sich noch ein bisschen weiter in diesem Käfig umzusehen. Vielleicht waren ja noch mehr Einwohner Trampolis diesem grausamen Schicksal verfallen; was auch immer dieses Schicksal war.
    Und tatsächlich fand er auf diese Weise noch weitere bekannte Gesichter, einige davon wach und andere noch bewusstlos. Sie wurden wohl allesamt entführt und dann in diesen Käfig gesteckt, so machte es den Anschein. Eine dieser Personen kam dem Herren besonders bekannt vor - Es handelte sich dabei um ein Familienmitglied der Sainte Coquille, Sophia. Schnell stand der Butler auf und ging zu der Lilahaarigen, um ihren Puls zu messen - ja, er wusste wie das geht. Ein Stein fiel dem Angestellten vom Herzen, als er spürte, dass sie ihren Puls noch hatte, also noch am Leben war. »Fräulein Sophia, geht es ihnen gut?«, fragte Vishnal besorgt, als er die Hand der Dame hielt. Sie sah wirklich mitgenommen aus - hoffentlich hatte sie keine ernsthaften Verletzungen. Vishnal wollte gar nicht wissen, was ihre Entführer mit der Frau angestellt hatten. Wer auch immer diese Leute waren - mit ihnen war nicht gut Kirschen essen, so viel war schon mal klar.

    Und ein weiteres Mal bekam die Lilahaarige die Aussagen des Butlers in den falschen Hals. Sie unterstellte ihm doch tatsächlich zu lügen und sah ihm dabei noch nicht mal in die Augen. Tatsächlich versuchte sie ziemlich stark den direkten Augenkontakt mit dem Blauhaarigen zu vermeiden. Vishnal wusste nicht woran es lag, wahrscheinlich tat ihr Nacken vom vielen Hochgucken weh, aber dass sie ihm nicht glauben konnte - oder wollte -, bekümmerte ihn schon ein weg.


    Allerdings wusste er auch nicht, was er noch tun konnte, um seine Kollegin zu besänftigen. Vielleicht wollte sie einfach nur ein bisschen Wut auslassen. Immerhin hatte sie einen schweren Tag gehabt, was zugegeben auch teilweise Vishnals schuld gewesen war. Dass sie jetzt gereizt und sauer war, war nur allzu verständlich.
    Der Herr atmete tief aus, während er Chlorica weiterhin hoffnungslos anblickte. Diese hatte sich inzwischen dazu entschieden, ihren Gesprächspartner doch eines Blickes zu würdigen und - war das ein Lächeln? Vermutlich spielten die Augen Vishnals ihm nur einen Streich, doch er hätte schwören können, in dem Gesicht seiner Begleitperson wenn auch nur den Hauch eines Lächelns gesehen zu haben. Leider verweilte dieses nicht lange, sondern verschwand sofort wieder und es wirkte so, als hätte es diesen kurzen Stimmungswechsel nie gegeben.
    Nein, lange in positiven Gefühlen zu schwelgen war wirklich nicht Chloricas Ding, doch übelnehmen konnte man es ihr wohl auch nicht. Dies war wirklich nicht der geeignetste Moment, um plötzlich in Gelächter auszubrechen, aber daran würde sich die Lilahaarige auch später nicht stören. Jedoch hatte Vishnal für den Moment größere Probleme. Ein weiteres Mal hatte er die Dame verärgert und das ließ sie ihn auch sehen. Einen Schritt trat sie näher an den Mann heran, während sie versuchte bedrohlich zu wirken (was ihr nicht ganz gelang; es sah in Vishnals Augen eher putzig aus).
    »Chlorica, es tut mir leid! Wie oft soll ich es denn noch sagen!«, stieß er aus, nachdem besagte Frau ihre Hand erneut gehoben hatte. Der Lilaäugige packte sie nochmals an ihren Schultern und schüttelte sie ein wenig, als wenn sie einen Alptraum hätte und Vishnal versuchte sie aufzuwecken. Eine simple Entschuldigung würde dennoch nicht alles wieder gut machen. Auf der anderen Seite blieben ihm kaum noch andere Möglichkeiten. Schlimmstenfalls müsste er eben damit leben, dass die Lilahaarige ihm nie verzeihen würde. Oh Gott, wo hatte er sich da nur reingeritten.

    Leider ging der Plan des Blauhaarigen nicht ganz so gut auf, wie er es sich erhofft hatte. Zwar machte es zunächst den Anschein, als hätte seine Begleitung sich beruhigt und würde die Umarmung erwidern, aber der Schein trügt ja bekanntlich. Tatsächlich benutzte Chlorica ihre Hände nur, um den armen Mann von sich wegzuschubsen. Das ist der Zeitpunkt, an dem das Publikum anfangen würde zu jammern, wenn es eines gäbe.
    Allerdings beließ es die Lilahaarige nicht bei dieser einen Form der Ablehnung, nein, natürlich musste sie noch einen draufdrücken, um noch deutlicher zu machen, dass Vishnal etwas falsch gemacht hatte. Dieser verstand jedoch nicht ganz, worin sein Fehler lag und stand einfach nur perplex da, während die Hand der Bediensteten schallend auf seine Wange traf. Autsch, das würde einen bösen Abdruck hinterlassen. Erstarrt, fast schon ein bisschen erstaunt, blickte der Lilaäugige die Frau an. Das konnte er nur nicht lange tun, denn kurz darauf folgte eine weitere, noch schmerzvollere Schelle. Scheinbar dachte Chlorica sich, dass eine einzige nicht Strafe genug für den Mann war. Nun war sie wirklich sauer und das konnte man in ihrer Stimme hören und in ihren Ohrfeigen spüren. Vishnal verstand nicht, wieso die Dame so sauer war. Hatte sie vielleicht Berührungsängste? Oh, was hatte er nur falsch gemacht?
    Immer noch geschockt fasste der Butler sich an die wunde Stelle in seinem Gesicht, die sich schon ziemlich taub anfühlte. Zu geschockt war er, um irgendeine Reaktion oder Veränderung in seinem Gesichtsausdruck zu zeigen. Vishnal schaute Chlorica nur an, versuchte ihren Worten zu lauschen und sie besser verstehen zu können, ohne wirklichen Erfolg. »Was, ich..«, fing er an ahnungslos vor sich hin zu stammeln. »Ich hab mich gar nicht nicht über deine Größe lustig gemacht?« Ehrlich gesagt, war ihm ihre Größe bis dato noch nicht mal bewusst aufgefallen. Erst jetzt nahm er ihre Körpergröße mit seinen feuchten Augen genauer in Betracht. Die Größte war sie tatsächlich nicht und das beste Selbstbewusstsein hatte sie wohl auch nicht. Auch wenn es dazu doch eigentlich gar keinen Grund gab. »Okay, vielleicht bist du nicht ganz so groß, aber dafür hast du doch andere gute Qualitäten!« Außerdem war sie auch als kleine Person schon echt hübsch. Wie groß sie war hatte darauf gar keinen Einfluss.

    Nein, Worte brachten den Herren hier nicht weiter. Aber was sollte er dann tun, um das Fräulein zu beruhigen? Schlagen würde er sie sicher nicht, was wäre das denn für ein Benehmen! Auf der anderen Seite wollte die Lilahaarige von Vishnal doch, dass er sich männlicher verhielt, also zog er die Option tatsächlich für einen Moment in Betracht, schüttelte seinen Kopf aber direkt danach ablehnend. Und natürlich wurde er just in diesem unachtsamen Augenblick von einem kleinen Stein gegen die Brust getroffen. Vielleicht sollte sich der Butler mehr aufs Ausweichen und weniger auf den Ausdruck seiner ungehörten Gedanken konzentrieren. Allerdings sollte er doch noch einige Sekunden seiner Zeit darin investieren, über eine Lösung zu diesem schier unlösbaren Problem nachzudenken. Was ein wenig unlogisch klingt, aber genau das machte diesen Satz doch gerade so passend für diese Situation. Unlogisch. Eine wirklich unlogische und unverständliche Reaktion hatte Chlorica immerhin schon an den Tag gelegt, also war es nun an ihrem Begleiter, nach einer unlogischen Erwiderung zu suchen. Mit geschlossen Augen seufzte Vishnal leicht angenervt aus, als er einen weiteren Stein gegen seinen Körper prallen spürte. Sicherlich würde er heute noch ein paar blaue Flecken davontragen. Ganz zu schweigen von den emotionalen Wunden, die dieser Vorfall bei ihm hinterlassen würde.
    Ohne großartig darüber nachzudenken ging er dann auf die gereizte Dame zu und beugte sich ein wenig zu ihr runter, um in etwa auf Augenhöhe mit ihr zu sein. Danach packte er ihre Schultern und sah ihr tief in die Augen. »Hör zu«, sagte Vishnal in einem ernsten Ton und sein Griff verstärkte sich. »Es ist okay, wenn du sauer bist. Du hast allen Grund dazu. Ich habe deine Gefühle missachtet und es tut mir Leid. Es ist meine Schuld, nicht deine.« Jetzt wo das geklärt war, ließ er von ihren Schultern ab, um sie in den Arm zu nehmen und ihren Kopf mit seiner linken Hand liebevoll zu tätscheln. »Keine Sorge, es wird alles wieder gut.« Die therapeutische Methode war sein letzter Ausweg gewesen.

    Zugegeben, das war keine wohl überlegte Handlung von Vishnal, aber das war auch noch lange kein Grund so sauer zu werden. Der Blauhaarige hatte wirklich Glück, dass Chlorica so klein und schwächlich war, sonst würde er schon längst blutend am Boden liegen. Oh, in Zukunft würde er gut darüber nachdenken, welche seiner Worte er aussprach und welche Worte lieber ungehört blieben. Einige Schritte ging die Lilahaarige näher auf den armen Mann zu, wahrscheinlich um bedrohlich zu wirken. Aber eigentlich schadete es nur dem Nacken des Herren, da er jetzt ziemlich steil runtergucken musste, um den Blickkontakt mit ihr Aufrecht zu erhalten - auf der anderen Seite wollte er das vielleicht gar nicht und sollte Chlorica lieber den Rücken zukehren und wegrennen. Doch auf so einen Gedanken kam das Dummerchen natürlich nicht. Stattdessen stand er da, den Kopf gesenkt, in wunderschöne braune Augen blickend. Vielleicht war es gar nicht so schlecht den ganzen Tag lang angemeckert zu werden, wenn seine Entschädigung dafür ein bisschen weniger Einsamkeit war. Auch wenn er in diesem Moment nicht sehr glücklich darüber sein konnte, eher Angt um sein Leben hatte.
    Bald begann die kleinere Dame nach etwas zu suchen. Wonach könnte man in so einer Situation suchen wollen? Vishnal interessierte es nicht wirklich, wenigstens konnte sie ihm nichts antun, wenn sie sich nur umsah. Erleichtert atmete er die unterbewusst angestaute Luft aus. »Es freut mich zu sehen, dass du wieder bei Sinnen bist und dich doch ni- Oh Gott.« Gerade als er seine Dankesrede halten wollte, erkannte er wieso und wonach Chlorica gesucht hatte. Steine, es waren Steine. Sie wollte ihrem Ärger Luft machen, indem sie die Person, auf die sie sauer ist, mit Steinen bewirft. Und wer war diese Person? Leider nicht der See, wie Vishnal wenige Sekunden später feststellen musste als er von einem kleinen, runden Kiesel direkt in die Magengrube getroffen wurde. »Okay, du hast dich also nicht beruhigt«, erkannte er daraufhin leicht panisch. Nicht, dass dieser Kiesel ihn wirklich verletzt hatte, aber er konnte sehr wohl sehen, dass Chlorica noch weitere und auch größere Steinchen gesammelt hatte. Worüber Vishnal sich Sorgen machte, waren allerdings nicht die möglichen Kratzer, die er vielleicht davontragen würde, wenn er nicht aufpasste, sondern eher etwas anderes. Hatte dieser kleine, harmlose Spruch sie wirklich so stark verletzt? Oder war sie einfach nur extrem reizbar? Beides war sehr gut möglich. »Hey, wow, es tut mir wirklich leid, wenn das was ich gesagt habe dich in irgendeiner Weise verletzt haben sollte, aber«, gab er von sich, während er weiter von kleinen Steinen attackiert wurde. »man kann doch über alles reden!« Sein Satz wurde gegen Ende hin lauter, als er von einem etwas schwereren Stein in den Brustbereich getroffen wurde. Das tat tatsächlich ein kleines bisschen weh. Ein kleines bisschen. Noch war er nicht am Heulen. Noch nicht.

    In ihrem Spiegelbild konnte Vishnal eine Regung auf der Seite seiner Begleitung erkennen, woraufhin er aufblickte, direkten Blickkontakt machte. Sie schien überrascht, wenn nicht sogar verwirrt, über den plötzlichen Sinneswandel des jungen Herren, was nur allzu verständlich war - sie konnte ja nicht wissen, was in seinen Gedanken vorging. Eigentlich wusste das niemand so richtig, noch nicht mal Vishnal selbst. Aber er versuchte das beste daraus zu machen. »Ist was?«, fragte der Blauhaarige in einem zärtlichen Ton. Die Antwort darauf bekam er kurze Zeit später in Form einer weiteren Frage, woraufhin der Butler beschloss dieser Serie aus Fragen ein Ende zu machen und endlich mal mit ein paar Antworten rauszurücken. »Es scheint dir hier nicht zu gefallen und ich denke nicht, dass ich dich noch umstimmen kann.« Das Lächeln in seinem Gesicht wurde schwächer, verschwand aber nicht ganz. Er versuchte nur ein bisschen ernster zu wirken, um Chlorica zu zeigen, dass er es wirklich meinte. »Ich will dich ja nicht dazu zwingen hier zu bleiben.« Nachdem sich die Braunäugige wieder aufgestellt hatte, gab auch sie dem Mann zu ihrer Seite einige Antworten. Auf ihre erste Aussage hin nickte Vishnal zustimmend. Allerdings war das noch nicht ganz die Antwort, die er sich erhofft hatte. Er wollte immerhin wissen, welcher Ort der Langhaarigen gefiel und nicht welchen Ort sie ganz und gar nicht mochte. Es sei denn natürlich Chlorica mochte den Gestank, aber das konnte der Bedienstete sich nicht vorstellen, bei dieser Frau schon gar nicht. Gerade sie sollte gute von schlechten Gerüchen unterscheiden können.
    Es dauerte eine gan schöne Weile unangenehmen Schweigens, bis Chlorica ihre Antwort endlich verfeinerte. Inzwischen hatte der Blauhaarige schon aufgegeben und sich seufzend an den Rand des Sees gekniet, um ein paar Steine in das Wasserloch zu werfen. Doch am Ende war seine Arbeit doch nicht ganz vergeblich. »Der Volksplatz..?«, wiederholte Vishnal schließlich nachdenklich, während er sich wieder aufstellte. Auch er mochte den Platz, von dem gerade die Rede war. Vielleicht hatten die beiden ja doch etwas gemeinsam. Was für eine Erleichterung!
    Dennoch machte es immer noch nicht ganz den Eindruck, als würde seine Kollegin jetzt unbedingt den Standort wechseln wollen. Sie wollte nicht hierbleiben, aber sie wollte auch nicht gehen. Es war schwer genau festzustellen, was sie sich dachte, da sie leider nicht besonders gesprächig war. Aber vielleicht lockerte sie noch auf und selbst wenn nicht, der junge Herr würde sich nicht daran stören lassen. Man musste ja nicht immer ununterbrochen miteinander reden. Auch für ein paar Momente der Stille war er dankbar. Ein weiteres Seufzen ertönte und sein Lächeln erschien wieder. Vielleicht wollte Chlorica auch wirklich einfach hierbleiben, etwas neues ausprobieren. Vishnal würde sie nicht daran hindern.


    Seine nächste Aussage hatte die Braunäugige dann anscheinend ein wenig zu genau genommen. Zwar hatte sie die Sache richtig verstanden, aber der Bedienstete wollte keine Kritik an ihr ausüben, sondern ihr nur einen Vorschlag geben, wie sie ihr Leben besser leben könnte, seiner Meinung nach. »Oh, nein, keineswegs!«, winkte er hektisch ab. »Ich.. wollte nur..« Zum Glück gab es in der freien Natur keine Besen oder sonstige Putzutensilien, mit denen Chlorica gewalttätig werden konnte. Nun durfte der Tollpatsch nur nichts falsch machen, sonst würde das unschön für ihn enden. »W-Was hältst du davon, wenn wir jetzt gehen?«, schlug er furchtsam vor. Ein vergeblicher Versuch sich selbst noch aus der Situation zu retten.

    Und immer noch war die junge Dame nicht von Vishnals Lieblingssee angetan. Der Blauhaarige fing schon an zu bezweifeln, ob es überhaupt möglich war, sie für etwas zu begeistern. Vielleicht war Chlorica einfach ein trauriger, missmutiger Mensch, der sich über nichts mehr freuen konnte. In diesem Fall musste Vishnal auf jeden Fall Rücksicht zeigen und ihrem Leben wieder einen Sinn geben! »Nun.. ich schätze, wir können auch wo anders hingehen«, erwiderte er nach einem kurzen Moment der Stille. Natürlich war es schade, dass die Lilahaarige nichts für diesen Ort empfand, aber man konnte sich eben nicht immer auf etwas einigen. Und der Frau eine Freude zubereiten hatte jetzt erstmal Vorrang! »Gibt es hier irgendeinen Ort, der für dich besonders ist, Chlorica?« Alleine würde der Butler es nie schaffen, diesen Ort zu finden, also müsste seine Kollegin ihm schon ein wenig unter die Arme greifen. Immerhin schien es äußerst schwer, die Haushaltshilfe glücklich zu machen. Sie selbst wusste bestimmt am besten, was ihr gefiel. Die Frage war nur, ob sie da mit der Sprache rausrücken oder dieses kleine »Geheminis« für sich behalten würde. Vishnal hoffte auf das Beste.
    »Hm?« Nun wendete sich das Blatt und Chlorica stellte dem Herren eine Frage, die er nicht so leicht beantworten könnte. Wahrscheinlich hoffte die Braunäugige auf eine bewegende Hintergrundgeschichte, bei der Vishnal bedeutende Erinnerungen an genau diesem Ort gesammelt hatte, aber dies war leider nicht der Fall. Es tat ihm wirklich leid, die Dame so enttäuschen zu müssen. »Oh, nein, eigentlich nicht«, antwortete er seiner Bekanntschaft ehrlich. »Ich schätze die schönen Dinge des Lebens nur.« Ein seichtes Lächeln erschien im Gesicht des Blauhaarigen, während er weiter sein und Chloricas Spiegelbild im Wasser betrachtete. Hoffentlich könnte die Lilahaarige auch eines Tages für solche simplen Dinge dankbar sein.

    Unglaublich, es schien tatsächlich als wäre Chlorica noch nie hier gewesen! Da hatte sie aber wirklich etwas verpasst, zum Glück hatte Vishnal die schlaue Idee sie zum Polisee zu bringen, sonst hätte sie womöglich ihr ganzes Leben gelebt ohne auch nur ein einziges Mal herzukommen, und was wäre das für ein Leben gewesen? »Natürlich hättest du einen Grund dazu!«, entgegnete der Blauhaarige ihr empört. »Da wäre zum Beispiel.. also...« Ratlos sah der Butler sich um. Er wusste, dass dieser Ort zumindest für ihn etwas ganz Tolles war, aber wieso? Was machte diesen Ort so großartig? Er wusste es nicht und konnte seiner Begleitung demnach auch keine Antwort auf die Frage geben, die wahrscheinlich sowieso keine Antwort verlangte. Die Lilahaarige schien nicht so angetan von dem kleinen See zu sein, sie blickte nur ausdruckslos auf die Wasseroberfläche. Oder war sie überhaupt ausdruckslos? Vishnal konnte ihr Gesicht momentan immerhin nicht sehen, sie hätte sich auch ins Fäustchen lachen können und er würde es nicht mitbekommen. Aber das erscheint ihm dann doch ein wenig unrealistisch. Ja, wahrscheinlich verzog sie keine Miene, während sie in das für sie unwichtige Wasser blickte. Das würde wohl am besten zu ihr passen. »Der See! Der See ist ein Grund hierher zu kommen!«, stieß der Mann dann plötzlich aus, bevor auch er sich zu Chlorica ans Ufer gesellte und gemeinsam mit ihr ihre Reflektionen beobachtete. »Das heißt, so lange du Gewässer magst. Vielleicht hast du ja auch Angst vor Wasser, weil du in deiner Vergangenheit mal fast ertrunken wärst, aber ich hoffe wirklich nicht, dass das passiert ist.« Einen anderen Grund gäbe es immerhin nicht, Seen nicht zu mögen. Jedenfalls fiel Vishnal kein anderer plausibler Grund ein.

    « Die Villa.


    Oh, ein Ausflug! Das hörte sich nach so einem anstrengenden Tag wie Musik in Vishnals Ohren an! Vielleicht nicht ganz so schön, aber es war nah dran. Nur leider lag es an dem Blauhaarigen sich ein Ziel für die Reise auszusuchen und er hatte wirklich keine Idee, wo er mit seiner Begleiterin hingehen sollte. Zögernd schritt er also voran und ging mit Chlorica zunächst verwirrt durch die Straßen, bis ihm plötzlich eine Idee kam.


    Wieso er den Polisee ausgewählt hatte? Nun, das war ganz einfach! Er hatte keine Ahnung! Aber dieser See machte doch einen schönen Anblick her, oder nicht? Die Lilahaarige wollte das bestimmt auch sehen und selbst wenn nicht, hatte sie jetzt keine Wahl mehr, denn sie waren schon angekommen. »Schon« müsste man hier allerdings in Anführungszeichen setzen, denn ganz so schnell ging diese kleine Wanderung dann doch nicht. Es war ein beschwerlicher Weg gewesen und zurückblickend fragte Vishnal sich auch, wieso sie nicht einfach am Gasthof Halt gemacht hatten. Aber genug davon! Jetzt sollten sie sich lieber darüber freuen, dass sie ihren Nachmittag weit weg von ihrer Arbeitsstelle an einem wunderschönen See verbringen konnten. »Da.. Da wären wir!«, informierte der Butler die Dame zu seiner Linken über das Offensichtliche. Leider hatte er aufgrund der vielen Arbeiten bei sich zuhause nicht so oft Zeit her zu kommen, aber vielleicht machte gerade das den See ja zu etwas Besonderen für ihn? »Warst du auch schon mal hier?«, fragte der Blauäugige die Frau, während sein Blick weiter über die schöne Landschaft schweifte. Auf der anderen Seite des Ufers konnte er einige Einwohner Trampolis ausmachen, aber abgesehen davon erschien ihm nichts ungewöhnlich. Nur ein friedliches Örtchen in einem friedlichen Dorf.

    Ohne zu Zögern bestätigte Chlorica ihm seine Aussage. Nun, man konnte ihr zumindest nicht nachsagen, dass sie eine Lügnerin war. Aber ob das unbedingt eine gute Eigenschaft war, darüber ließ sich streiten. »Hey, du könntest mir ja lehren, wie man richtig putzt!«, schlug der Blauhaarige dann nach einer kurzen Pause vor. Genau, wenn es ihr nicht gefiel, wie Vishnal beim Arbeiten vorging, sollte sie ihm doch zeigen wie er seine Fehler berichtigen könnte! Aber dafür bräuchte sie erst mal selbst einen Wischmopp, den sie auch gleich daraufhin holte. Die an sie gerichtete Frage ignorierte sie dabei. Obwohl sie auch nicht vollständig ignoriert wurde. Eine rasche Handbewegung der Lilahaarigen symbolisierte, dass sie die Frage mitbekommen, aber derzeit Wichtigeres zu tun hatte. Na dann!
    Lustlos wischte der Butler weiter über den langsam sauber werdenden Boden, woraufhin er wieder aufblickte, zu der anderen Seite des Ganges hinüber sah. Tatsächlich waren sie schon ein wenig weiter gekommen, wenn auch nicht viel. Wenn sich alle ins Zeug legten, würden sie heute auf jeden Fall damit fertig werden und hätten danach noch etwas Freizeit. Hurrah! Allerdings lag das noch in der Zukunft, momentan hatten die beiden Putzkräfte immer noch mit dem verschmutzten Boden zu kämpfen.
    Und da war Chlorica auch schon wieder zurück, bereit selbst ein bisschen behilflich zu sein. Ach, sie war zu gütig! Half sie dem Tollpatsch doch tatsächlich bei dem Schlamassel, das er selbst angerichtet hatte! Ein erleichtertes Lächeln erschien im Gesicht des Blauhaarigen. Jetzt war ihnen der Sieg gegen den Schmutz gesichert. Jedoch weigerte die Dame sich immer noch, eine direkte Antwort auf seine Frage zu geben und entgegnete stattdessen mit einer Gegenfrage. Oh, wie geheimnisvoll. »Ah, ich bin leider nicht so gut im Raten, aber.. hm...«Großzügig wie Chlorica war, würde sie ihre Freizeit bestimmt damit verbringen, Spenden für verhungernde Kinder in Afrika zu sammeln oder verlorene Tiere im Wald zu ihrer Familie zurückzubringen. Aber ob es wirklich so eine gute Idee gewesen wäre, diese Gedanken laut auszusprechen? Was wenn sie etwas ganz anderes geplant hatte und dann ein schlechtes Gewissen bekam, weil sie nichts Hilfreiches mit ihrer Zeit anstellte? Nein, das wollte Vishnal nicht erreichen. Also musste eine andere Antwort her. »Ich weiß nicht, vielleicht gehst du in eines der Monsterareale?« Das würde nicht wirklich zu ihr passen, aber diese Frau steckte sowieso schon voller Überraschungen, also wäre es nicht ganz so unwahrscheinlich. »Kannst du kämpfen, Chlorica? Mit Waffen?« Und so wendete sich das Blatt. Jetzt war der Mann wieder derjenige, der die Fragen stellte. Und vermutlich würde er auch darauf keine richtige Antwort bekommen. Ein Teufelskreis!

    Wie gemein! Da gab Vishnal sich schon so viel Mühe und wurde trotzdem nicht anerkannt. Natürlich stimmte es, der Herr hatte immer noch viel zu lernen, aber Chlorica hätte ihn ja zumindest anlügen können! Ein kleines erlogenes Lob hätte dem Selbstbewusstsein des Blauhaarigen bestimmt ein wenig geholfen, aber nein, seine Kollegin musste ihn ja direkt mit der knallharten Wahrheit konfrontieren. Ein enttäuschtes Seufzen ließ der Butler der Saint Coquilles von sich hören. »Dann.. muss ich wohl noch ein wenig lernen«, gab er sich geschlagen, während er weiter ein wenig deprimiert mit dem Wischmopp über den Boden wischte. So gut wie Chlorica würde er wohl nie werden, aber dafür hatte er andere Talente, wie zum Beispiel das Klavier spielen. Das brachte der Familie nur leider nichts, da das Haus mit Musik nicht saubergemacht werden konnte. Was Vishnal übrigens sehr schade fand. Mit Musik wirkte alles viel leichter!
    Auf seine Frage bekam der Mann bald auch eine Antwort. Zunächst nachdenklich gab die Dame ihm Auskunft und erzählte ihm, dass sie in der Tat Pläne für den Tag hätte. Jedoch zweifelte sie daran, dass sie heute noch dazu kommen würde, diesen Plänen nachzugehen. »Oh, ich bin mir sicher, dass wir das heute noch hinbekommen!«, entgegnete Vishnal ihr. Sie hatten schon mit schlimmerem Chaos zu kämpfen gehabt und auch das hatten sie irgendwie hinbekommen, ohne den ganzen Tag dafür zu opfern. Das hier sollte also kein großes Problem darstellen. »Darf ich auch fragen, was für Dinge du vorhast zu tun?« Oh Mann, hoffentlich kam er nicht zu aufdringlich rüber! Er wollte doch nur Interesse an dem Leben der Lilahaarigen zeigen, er wollte sie in keinster Weise verschrecken. Hoffentlich wusste Chlorica das. Und wenn nicht, hoffte der Herr dass sie zumindest bei dieser Angelegenheit lügen würde.
    Jedenfalls sollte Vishnal sich vielleicht auch ein wenig darum bemühen, dass sie einen freien Nachmittag haben würden. Dieses Chaos musste immer noch beseitigt werden und so wie es momentan aussah, würde das trotz seiner aufmunternden Rede wohl noch ziemlich lange dauern, wenn er nicht bald anfing schneller und gründlicher zu putzen. Langsam begann auch der Tollpatsch das schnelle Ende dieser Arbeit anzuzweifeln. Es würde wohl wirklich noch eine Weile dauern, wenn ihm nicht irgendjemand unter die Arme griff. Naja, so einen ganzen Nachmittag mit Putzen zu verbringen war doch auch mal ganz nett, nicht?

    So stand Vishnal also da, nichts Böses ahnend, während er auf das Eintreffen seiner Kollegin wartete. Einige Male wischte er mit dem langsam trocknenden Mopp über den immer noch nassen Boden, um ein wenig Zeit totzuschlagen. Was allerdings nicht funktionierte. Die Zeit verging trotz seiner jämmerlichen Versuche nicht schneller, eher langsamer. Ob Chlorica jemals wiederkommen würde? Es stand in den Sternen geschrieben. Der Blauhaarige konnte derzeit jedoch keine Sterne sehen und sie schon gar nicht lesen. Vielleicht würde er heute Nacht mal durch das Teleskop auf dem Dachboden zum Sternenhimmel gucken, wenn die Lilahaarige bis dahin noch nicht angekommen war. Aber ob der Blauhaarige es schaffen würde, so lange zu warten? Zugegeben, die geduldigste Person war er nicht. Sicherlich ließ sich daran jedoch arbeiten. Also warum nicht jetzt damit anfangen?
    Vor Langeweile umkommen würde er an dieser Stelle aber zum Glück nicht, denn glücklicherweise bekam er bald Gesellschaft von einer neuen Bediensteten, mit der er noch nicht viel zu tun hatte. Nun, das ließ sich ändern! Doch gerade als Vishnal der Fremden einen schönen Tag wünschen und sich zur Begrüßung verbeugen wollte, geriet die Rothaarige ins Taumeln. »Oh, pass auf, der Boden könnte ein wenig nass sein«, warnte der Herr sie freundlicherweise - leider zu spät. Schon war die Dame hingefallen und rutschte geradewegs unter dem Putzutensil in der Hand des Blauhaarigen durch - Eine wirklich beeindruckende Leistung! Hätte der Butler in der Jury gesessen, hätte er ihr dafür neun von zehn Punkten gegeben. Leider ging es hierbei nicht um irgendeinen Wettbewerb, sondern um Leben und Tod. Die Elfe hätte sich ernsthaft verletzt haben können! Schnell - nein, eher langsam (er wollte ja nicht auch noch hinfallen) - ging er zu dem geschundenen Mädchen hin und suchte ihren Körper und ihr Gesicht vorsichtig nach Verletzungen ab. »Das tut mir wirklich leid, ich hätte dich vielleicht vorher warnen sollen. Geht es dir gut? Dein Gesicht ist ganz rot, hoffentlich sind da beim Aufprall keine Adern geplatzt, das wäre wirklich unglücklich. Ich weiß noch nicht mal, ob wir hier in der Stadt einen Arzt haben! Oh nein, das wäre alles nicht passiert wenn ich ein bisschen aufgepasst hätte und…« Das Ende des Satzes verwandelte sich dann eher in ein unverständliches Murmeln, von dem man nicht wusste, was es heißen sollte. Während der Mann tief in Gedanken versunken mit sich selbst sprach, hatte die junge Frau sich selbst aufgeholfen und war auch schon in einem anderen Zimmer verschwunden. Anscheinend hatte sie wenigstens noch die Kraft sich zu bewegen, da konnte es ihr doch gar nicht so schlecht gehen. »Oh«, sagte Vishnal als er ihr Verschwinden nach kurzer Zeit bemerkt hatte. »Und weg ist sie.« Allerdings konnte er ihr gar nicht lange nachtrauern, denn da kam schon die andere Frau zurück. Wie schnell die Zeit doch verging, wenn man nicht alleine war. Freudig spazierte der Bedienstete zurück zu Chlorica, welche einen mit Wasser gefüllten Eimer mitgebracht hatte. Nun konnte er endlich seiner Arbeit nachgehen. Hurrah! »Hey, ich kann wischen!«, protestierte der Mann daraufhin und griff zu dem Wischmopp. »Es ist nur.. dass ich... ein wenig ungeschickt bin. « Ungelogen. Aber er würde ihr beweisen, dass er zumindest so eine simple Aufgabe wie das Reinigen des Bodens nach wenigen Anläufen hinbekommen konnte. Das sollte ja keine Herausforderung werden. Energisch stopfte der Herr den Mopp in das frische Wasser, bevor er anfing, ihn über den Boden zu wischen. Dabei ging er ziemlich schnell und gründlich vor, er wollte seine Kollegin immerhin beeindrucken. Und simple Hausarbeiten zu beherrschen war schon ziemlich erstaunlich, da konnte niemand etwas gegen sagen. Dieses Mal schaffte er es sogar, den Eimer nicht umzuschmeißen, indem er ihm sorgfältig aus dem Weg ging. Natürlich blieb die Stelle um den Eimer herum dadurch dreckig, aber das war immer noch besser, als wenn der ganze Flur wieder dreckig geworden wäre. Außerdem war Chlorica ja auch noch anwesend und es würde ihr bestimmt nichts ausmachen, ein wenig mitzuhelfen. »Hast du eigentlich schon irgendwelche Pläne für heute Nachmittag?«, fragte er daraufhin, um die Stille ein bisschen weniger unangenehm zu machen.

    Zwar konnte der Blauhaarige ihrem ersten Schlag ausweichen, doch das entmutigte Chlorica kein bisschen. Sie würde nicht so leicht kleinbeigeben und holte erneut zum Schlag aus. Gerade noch so konnte Vishnal auch diesem Hieb entkommen, aber auch das hatte natürlich seine Folgen. Nun befand sich sein Körper auf dem kalten, nassen Boden, während er mit schreckgeweiteten Augen auf die »Waffe« der Dame stierte. Das grenzte ja an Misshandlung! Und das nur weil er heute einen Fehler gemacht hatte. Okay, um genau zu sein handelte es sich dabei um mehr als einen Fehler, aber von dem anderen wusste die Lilahaarige immerhin nichts. Und wegen einem Missgeschick gleich so auszurasten fand der Angestellte dann doch ein wenig übertrieben. Aber seine Meinung zählte hier wohl nicht, da er sich in der Opferrolle befand. Natürlich würde er diese Tat an seiner Stelle als etwas extrem empfinden.
    Endlich drehte Chlorica sich wieder um und der Herr schien nochmal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Erleichtert atmete er aus und richtete sich auf, als er aus heiterem Himmel mit mehreren, schnelleren Schlägen attackiert wurde, die ihn dann wieder zu Boden zwangen. Überrascht und geschockt hielt er sich seinen Bauch, die getroffene Stelle, mit beiden Händen und wagte einen weiteren waghalsigen Versuch sich zu erheben. Nun war es aber endgültig vorbei, die Bedienstete hatte ihre Rache ausgeübt und ließ den armen Mann in Ruhe weiterleben. Wenn man so was als »Ruhe« bezeichnen konnte; Einen ganzen Haushalt ordentlich und glänzend zu halten und für seine häufigen Missgeschicke gerade zu stehen war wahrscheinlich nicht das ruhige Leben, von dem gewöhnliche Leute träumten. Aber Vishnal war voll und ganz zufrieden damit. Das heißt, solange er nicht mit einem Wischmopp zu Boden geprügelt wurde. Aber das war ja zum Glück eher seltener der Fall.
    Die Frau benahm sich nach diesem kleinen Zwischenfall so, als wäre nichts passiert. Als hätte sie nicht eben einen ihrer Kollegen mit einem Putzgerät angegriffen. Unerhört! Einfach unerhört! Aber Vishnal würde sich nicht beschweren. Ihre Wut zu spüren war nicht wirklich etwas, das er erneut erleben wollte. Er hätte kein Problem damit, wenn sie diese Sache vergaßen und so täten, als wäre das Ereignis tatsächlich nie geschehen. Die Ruhe hielt leider nicht lange an, denn schon gleich wurde von dem Blauäugigen verlangt, dass er den Gang wieder sauber machen soll. Das war nur verständlich, immerhin war es seine Schuld, dass es hier überhaupt erst so aussah. Also weigerte er sich nicht und versuchte sich auch nicht mit lächerlichen Reden aus der Sache rauszureden. Er wusste was er tun musste und dieses Mal würde er die geringen Erwartungen Chloricas nicht enttäuschen. Auf ihren Befehl hin nickte er von daher nur flink mit dem Kopf und fing an den Boden zu reinigen. Man könnte fast meinen das Ereignis hätte ihn verstört, er hatte so lange kein Wort mehr gesagt. Kein anderer hätte diese Sache einfach so hingenommen und hätte sich ohne ein Wort des Widerspruchs rumkommandieren lassen.
    Während Chlorica abmarschierte, um den Eimer mit neuem Wasser zu füllen, wischte der Herr also über den Boden, beseitigte das Chaos, das er angerichtet hatte. Und ganz gegen jeder Manns Erwartungen stellte er sich eigentlich ganz gut an. In der Tat war er nämlich gar nicht so schlecht in seiner Tätigkeit, dies wurde die meiste Zeit über nur von seiner Tollpatschigkeit verdeckt. Ja, der Blauäugige lebte ein hartes Leben, aber das war ihm Recht, solange er einen Platz zum Schlafen hatte. Als Vishnal den Mopp anhob, um ihn in neues Wasser zu tunken, fiel ihm allerdings auf, dass der Eimer ja schon weg war. »Aber wie soll ich jetzt..« Wieder senkte er das Reinigungsutensil und sah sich hilflos um. Von Chlorica war weit und breit nichts zu sehen und wenn er sich selbst aufmachen würde einen Eimer mit Wasser zu füllen, würde sie wieder wütend auf ihn werden. Also konnte er wohl nichts anderes tun, als nutzlos rumzustehen und zu warten. Er hatte es wirklich nicht leicht.

    Auch jetzt bekam der Herr kein Wort des Dankes. Waren der Lilahaarigen die Schuhe immer noch nicht recht? Oh nein, Vishnal hatte wirklich keine Lust sich nochmal umzuziehen, auch wenn es nur die Schuhe waren. Vielleicht wäre es wirklich die beste Entscheidung gewesen, einfach wegzugehen und ein Buch zu lesen. Ja, Lesen klang in den Ohren des jungen Herren jetzt wirklich schön und erholsam. Aber nun war es zu spät. Er konnte nach all diesen Strapazen, die er durchmachen musste um hierbleiben zu dürfen, doch nicht einfach die Fliege machen. Er hatte so hart hierfür gekämpft, er würde jetzt nicht so schnell aufgeben.
    Und doch kam es, wie es kommen musste. Unangenehmes Schweigen trat nach dem Missgeschick des Bediensteten ein. Chlorica blickte betreten auf die schmutzige Flüssigkeit, die sich langsam über den ganzen Boden breitmachte und Vishnal wurde es ein wenig mulmig zumute, als er sich darüber Gedanken machte, wie seine Mitbewohnerin reagieren würde, sobald sie den Schock überwunden hatte. Bestimmt nicht gut. Sie hatte sich so viel Mühe beim Putzen dieses Ganges gegeben und jetzt all ihre Arbeit! Ruiniert! Von irgendeinem dahergelaufenen Tollpatsch! Zugegeben, niemand würde wegen so einem Ereignis Freudentränen vergießen und Chlorica wohl schon gar nicht. Sie würde höchstens Tränen der Trauer vergießen. Oder ihre Wut an jemand anderem auslassen, sodass dieser die Tränen für sie vergießen würde. Und zu Vishnals Unglück musste er wohl diese Person sein, da er der einzige Mensch neben ihr auf dem Gang und ganz nebenbei auch der Schuldige in diesem Fall war. Es sah wirklich nicht gerade blendend für ihn aus. Er schluckte, als er vorsichtig einen Schritt zurücktrat. »Ich.. wollte das nicht. Ganz ehrlich!«, gab er zu seiner Entschuldigung von sich, doch es war bereits zu spät. Das Missgeschick war bereits geschehen und er konnte sich entschuldigen so oft er wollte, er konnte es nicht ungeschehen machen. Und wie er es bereits erahnt hatte, war die Bedienstete alles andere als glücklich darüber. Nein, es schien als wäre sie ein völlig anderer Mensch. Als wurde das stille, perfektionistische Mädchen mit Satan höchstpersönlich ausgetauscht! Oder mit irgendeiner anderen wirklich bösen - und vor allen Dingen wütenden - Kreatur. Satan konnte er hier eigentlich aus dem Spiel lassen, denn der hatte nun wirklich nichts damit zu tun. Jedenfalls; Chlorica war wütend. Sehr wütend. »..Was hast du mit dem Wischmopp vor..? «, fragte Vishnal leicht ängstlich. Die Antwort wollte er eigentlich gar nicht hören, denn er konnte es schon erahnen. Jedenfalls wollte sie damit ganz sicher nicht putzen, zumindest vorerst nicht. Nervös trat der Herr ein paar Schritte zurück. Vielleicht war es jetzt an der Zeit, sich zurückzuziehen. Vielleicht. Und mit vielleicht meinen wir ganz sicher, weshalb sich auch der Spätzünder endlich daran machte, den Rückzug anzutreten. Leider war es dafür schon zu spät, denn die Dame hatte schon ausgeholt. Das war es also. So würde sein Leben zu Ende gehen. Ihm wurde schon oft gesagt, dass ihn seine Tollpatschigkeit noch ins Grab bringen würde, doch wer hatte schon damit gerechnet, dass sie das ernst meinten und es wirklich so kommen würde?
    Natürlich war das alles nur eine Dramatisierung, der Blauhaarige starb nicht wirklich, nicht heute. Tatsächlich schaffte er es sogar dem ersten Hieb zu entkommen, indem er sich panikartig an die Wand drückte. »Hey, wir können doch über alles reden..!« Seine letzten hoffnungslosen Versuche, heute noch heil in sein Zimmer zu kommen.

    Die Lilahaarige schien Vishnal keinen Glauben zu schenken und beäugte seine Schuhe nur ungläubig, was ihm ein wenig unangenehm war. Es kam ihm schon fast so vor, als würde Chlorica nur nach einem mikroskopisch kleinen Schmutzfleckfleck suchen, damit sie dem Blauhaarigen befehlen konnte zu gehen. Wahrscheinlich war sie die Person mit Putzfimmel, für die Vishnal den Türknopf abgewischt hatte. Selbst wenn sie also Schmutz an dem Schuhwerk des Angestellten finden würde, über die Tür zum Speisesaal könnte sie sich nicht beschweren. Schließlich gab die Angestellte aber auf, da sie scheinbar nichts an den reingeputzten Stiefeln entdecken konnte. Dennoch wollte sie auf Nummer sicher gehen und ordnete ihm an, seine Schuhe auszuziehen. »Ahh, muss das wirklich sein..?«, nörgelte der Mann rum, während er an sich herabblickte. »Ich mag meine Schuhe..« Aber wenn er das tun musste, um hier geduldet zu werden, blieb ihm wohl keine andere Wahl. So schnell hatte er nämlich vorerst nicht vor zu gehen. Mit einem Seufzen drehte er sich also um und ging in sein nicht allzu weit entferntes Zimmer, um seine Schuhe auszuwechseln. Die Tür geöffnet blickte er zu seinem Schuhschrank neben der Tür. Alle Schuhwerke frisch geputzt und mit Schuhdeo eingesprüht standen sie in einer nach Farben sortierten Reihe nebeneinander. Ordnung war immerhin eine bedeutende Sache im Haus Saint Coquille! Behutsam zog Vishnal also seine Schuhe aus und legte sie dann vor den Schrank. Er würde sich später darum kümmern sie sauber zu kriegen. Momentan hatte er nicht die Zeit dafür. Flink schnappte er sich ein neues Paar Schuhe und zog diese dann auf seinem Bett sitzend an. Wenn Chlorica jetzt noch ein Problem mit den Klamotten des Herren hatte, würde dieser wohl einfach nur den Kopf schütteln und wie ursprünglich geplant in seinem Zimmer ein Buch lesen. Soweit ließ er sich dann doch nicht herumkommandieren.
    Als die neuen Schuhe zugeschnürt waren, verließ er seinen Raum wieder und schloss die Tür leise. Er wollte ja keine weiteren schlafenden Angestellten wecken. Auch, wenn um die Uhrzeit eigentlich niemand mehr tatenlos in seinem Zimmer rumliegen sollte. Sie hatten immerhin alle so ihre Aufgaben zu erledigen und da konnte man nicht einfach bis zum Mittag ausschlafen. Über so etwas sollte man nachdenken, bevor man einen so wichtigen Job annahm. Nachdem Vishnal wieder bei der Dame angekommen war, ließ sie ihn gar nicht lange ausharren, denn sie gab ihm indirekt schon eine weitere Aufgabe; Das Wasser im Eimer war verschmutzt und wem wurde die wertvolle Aufgabe des Wasserwechselns auferlegt? Niemandem geringeren als dem Tollpatsch zu ihrer Rechten. Was für eine Ehre ihm da zuteilwurde! Das durfte er nicht vermasseln. Unbeholfen nahm der Butler den Eimer in beide Hände, bevor sich die Frau auch schon wieder umdrehte. Fast hätte er das Gefäß fallen lassen, aber er konnte es gerade noch retten - das dachte er zumindest. So lange bis das Aufknallen des Eimers auf den Boden einen dumpfen Schall ergab, woraufhin sich das dreckige Wasser über den ebenen Boden ausbreitete. Vishnals Reflexe waren nicht schnell genug gewesen, weswegen er erst im letzten Moment zugreifen konnte. In diesem Moment schien es noch so, als könnte der Eimer vor dem Fall bewahrt werden, doch da war er auch schon aus den Händen des Erwachsenen gerutscht. »Verflucht«, gab der Mann leise von sich, während er dem schmutzigen Wasser dabei zusah, wie es sich langsam über den Gang ausbreitete. »Das tut mir wirklich leid.« Und das tat es ihm auch. Was musste er auch immer so achtlos sein? Oh, das würde Chlorica nicht gefallen. Und zwar ganz und gar nicht.

    Wirklich begeistert schien Chlorica von dem Erscheinen des Mannes nicht zu sein. Aber dieses Gefühlskalte kannte Vishnal schon von ihr. Das war womöglich einfach ihre Art, es hatte nichts damit zu tun, dass sie den Blauhaarigen nicht mochte oder seine Anwesenheit ihr unangenehm war. Wenigstens war das die erste logische Schlussfolgerung auf ihr Verhalten gewesen, die dem Herren in den Sinn gekommen war. »Oh? Ja, das nehme ich doch an!«, antwortete er der Dame überrascht. Es gäbe zumindest keinen Grund, wieso er keine sauberen Schuhe gehabt haben sollte. Er hatte immerhin den ganzen Tag lang noch nicht das Haus verlassen, hätte somit also auch in keinen Dreck wie Erde oder sonstigen auf-der-Straße-liegenden Abfall treten können. Die Küche, so wie den Speisesaal hatte er gestern noch geputzt und so lange nach ihm niemand mehr für einen kleinen Mitternachtssnack mit wirklich dreckigen Füßen durch die Räume gewandert war, sollten die Zimmer auch heute noch sauber sein. Ja, Vishnal war sich sicher, dass er die Arbeit seiner Kollegin nicht zerstört hatte und machte dies mit einem nachträglichen Kopfnicken deutlich. Chlorica gab sich wirklich sehr viel Mühe beim Putzen des Hauses und es wäre wirklich tragisch, wenn irgendjemand ihre Arbeit so schnell ruinieren würde. Der Blauhaarige konnte sich also glücklich schätzen, nicht derjenige zu sein, dem diese Schmach auferlegt wurde. Jedoch würden bald andere verunreinigte Sohlen über den frischgeputzten Boden laufen und die wunderschöne Arbeit des Fräuleins zerstören. Eine Schande! Aber genau das war eben der Sinn vom Fließen Reinigen; Man machte alles sauber und schön, damit andere darüber laufen konnten. Was würde einem ein geputzter Boden bringen, wenn man ihn nur angucken könnte? Damit wäre der Sinn ja wohl völlig verfehlt. Und dennoch gab sich diese Frau so viel Mühe bei ihrer Arbeit, obwohl sie wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis sie sich erneut daran machen musste. Ach, es war bewundernswert! »Kann ich dir vielleicht irgendwie behilflich sein?« Wahrscheinlich wäre Vishnal der Angestellten am behilflichsten, wenn er einfach wie geplant in seinem Zimmer verschwinden und bis zum Trocknen des Fußbodens nicht mehr rauskommen würde, aber daran dachte er gar nicht erst. Nein, er wollte ihr aktiv helfen, sie musste diese ganze Arbeit nicht alleine auf sich nehmen. Dafür hatte man doch Kollegen!

    Ein Klirren ertönte, als ein weiterer Teller auf den harten Boden traf und in mehrere Scherben zerfiel. »Verdammt«, flüsterte der Verursacher von diesem Chaos zu sich selbst, als er vorsichtig die anderen Teller auf den Tisch platzierte. Er hatte ernsthaft geglaubt, er könnte es schaffen, die 20 Teller auf einmal sicher vom Schrank bis auf den Tisch zu transportieren. Oh, wie sich der Herr da geirrt hatte. Ins Schwanken kam er, als er glaubte den obersten Teller auf seiner linken Hand wackeln zu sehen und gerade als er dachte, er wäre nochmal mit einem Schock davongekommen, flog ein Teller von seiner anderen Hand runter. Das war bestimmt der dritte Teil des Porzellanservice, das der Blauhaarige in dieser Woche ruiniert hatte. Langsam war er echt überrascht darüber, dass er noch nicht gefeuert wurde. Die Saint Coquille-Familie war wirklich viel zu barmherzig mit ihm. Mit einem gelassenen Seufzer griff der Bedienstete dann zu Kehrschaufel und Besen, die schon neben den Stühlen bereit zum Einsatz lagen, um den Scherbenhaufen wegzuwischen. Eine Schande wäre es gewesen, hätte jemand diese Unordnung entdeckt! Aber zum Glück blieb Vishnal weiterhin der einzige, der jemals hiervon erfahren würde. Die aufgefegten Scherben schüttete der Butler dann in der Küche in den dafür gemachten Mülleimer, bevor er sich dann daran machte, die übrig gebliebenen Teller an ihre Plätze auf dem großen Tisch im Esszimmer zu verteilen. Als das getan war, ersetzte er den verlorenen Teller noch mit einem heilen und atmete zufrieden aus. Für das spätere Essen, das der Besitzer der Villa arrangiert hatte, war alles fertig. Jetzt fehlten nur noch die Gäste, die gegen Mittag ankommen sollten und darum musste Vishnal sich keine Gedanken mehr machen. Er hatte seine Arbeit für den Tag getan und konnte sich jetzt ruhigen Gewissens zurücklehnen und ein Buch lesen. Nachdem er den Speisesaal verlassen hatte, schloss er leise die Tür hinter sich und wischte den Türknopf mit seinem blauen Seidentaschentuch ab. Nicht, dass der Blauhaarige fettige Finger gehabt hätte, oh nein. Er wollte nur, dass alles so ordentlich wie möglich aussah, wenn Fremde die Villa betraten, damit sie den besten Eindruck von den liebevollen Einwohnern hatten. Und man konnte ja nie wissen, ob sich unter den Gästen jemand mit einem Ordnungsfimmel befand, der mit einem Blick sehen konnte, ob da vielleicht ein winzig kleiner Keim an der Tür zu finden war. Wie sich die Gastgeber dann doch für ihre unfähigen Angestellten schämen würden! Nein, das wollte der Butler unter allen Umständen vermeiden.
    Nun musste er allerdings nichts befürchten, denn er hatte das Zimmer ordentlich verlassen und heute Abend würde die Saint Coquilles keine unangenehme Überraschung erwarten. Alles war perfekt vorbereitet und man hätte es kaum besser machen können. Gut, es mussten einige Opfer gebracht werden, aber davon würden die Gäste ja nichts mitbekommen. Alles war in bester Ordnung, genau wie es sein sollte. Ein selbstzufriedenes Lächeln schlich sich in das Gesicht des Mannes, als er sich von der großen Tür entfernte und sich zu den Zimmern der Angestellten aufmachte.
    Scheinbar war seine schläfrige Kollegin auch »schon« wach und sorgte für Ordnung im Haus Saint Coquille. »Guten Morgen, Chlorica«, grüßte er die lilahaarige Frau. »Hast du gut geschlafen?« Ein bisschen Smalltalk unter Kollegen konnte nicht schaden. Vielleicht würde Vishnal ihr später auch noch seine Hilfe anbieten, aber für den Moment wollte er sie erst mal nicht weiter beim Putzen behindern. Vielleicht ging sie ja nach einem bestimmten Prinzip vor und eine helfende Hand würde da nicht reinpassen. Unmöglich war es nicht.

    !!! Wo wir grad dabei sind, ich hab den Steckbrief fertig!
    Bei den Vorlieben und Abneigungen hab ich irgendwie die Lust an zusammenhängenden Texten verloren, von daher sind es nur Stichpunkte, aber vielleicht änder ich das irgendwann noch mal. (Wohl eher nicht) (´∀`)


    Vishnal
    [IMG:http://i46.tinypic.com/21ag47c.png]
    Spitzname: -
    Altersstufe: Erwachsener
    Geburtstag: 17. September
    Wohnsitz: Die Villa
    Familie: Von seinem Zuhause ist er vor einigen Jahren weggerannt, seitdem hat er nichts mehr von seinen Eltern gehört. Er ist ein Einzelkind.
    Info: Bevor Vishnal anfing bei den Saint Coquilles zu arbeiten, lebte er bei seinen Eltern in einem kleinen Dorf außerhalb von Trampoli. Bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr lief dort auch alles zumindest halbwegs gut, bis er seine Leidenschaft fürs Klavier spielen entdeckte und seine Eltern ihm das Spielen verbieten wollten. Die Gründe für ihr Handeln sind dem Blauhaarigen bis heute unklar, sie haben sich immer geweigert auf die Wieso-Frage zu antworten. Also rannte er von zu Hause weg in das nahgelegene Dorf Trampoli, um dort seinem Traum nachzugehen. Die ersten Tage lebte er auf der Straße bis ein älterer Herr so nett war, ihn für eine kleine Gegenleistung bei sich aufzunehmen. Dabei handelte es sich um die Haushaltsarbeiten in der Villa, um die sich der Junge seit jeher mit einigen anderen Bediensteten zusammen kümmert. Im Gegenzug bekam er dafür ein Dach über den Kopf und sein eigenes Klavier in seinem Zimmer. Also blieb er und arbeitet bis zum heutigen Tage als Bediensteter für die Saint Coquilles.
    Beruf: -
    Charakter: Vishnal ist ein ziemlich freundlicher Mann, der stets höflich und hilfsbereit ist - das ist immerhin sein Job als Bediensteter der Saint Coquilles. Trotz seines Ehrgeizes ist er jedoch leider sehr tollpatschig und manchmal unaufmerksam, weswegen es in der Villa nicht unüblich ist, dass auch mal das ein oder andere Geschirr mit dem kalten Boden Bekanntschaft macht. Jegliche Kritik nimmt er allerdings an und versucht dann sich zu bessern. Neuen Dingen ist er immer aufgeschlossen gegenüber und kann auch spontan etwas Neues ausprobieren.
    Durch seine Naivität erkennt er es teils nicht, wenn ihn jemand anlügt oder wenn man sich über ihn lustig macht. Der leichtgläubige Herr geht dann einfach davon aus, dass sie mit ihm und nicht über ihn lachen. Wenn es dann jedoch anders rum ist und jemand dem Erwachsenen ein Kompliment macht, wird er leicht verlegen und weiß meist nicht, wie er in der jeweiligen Situation reagieren soll. Sobald Vishnal mit jemandem vertraut ist, ist er meist fürsorglich gegenüber dieser Person und will nur das Beste für ihn oder sie, selbst wenn das nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Er ist auch da ziemlich eigensinnig.
    Hobbies: In seiner Freizeit liebt er es, Klavier zu spielen. Obwohl er noch nicht ganz perfekt darin ist, gelingt es ihm wenigstens schon, einfache Kompositionen nachzuspielen und sogar selbst welche zu schreiben. Wenn er gerade nicht spielt, hört er sich auch gerne Musik an oder liest ein gutes Buch. Beim Arbeiten hält er gerne das Haus ordentlich, indem er fegt, Staub wischt oder den Tisch zu den Mahlzeiten deckt. Auch lernt er mit Vergnügen neue Dinge, weswegen er es auch mag, mit neuen Leuten Bekanntschaft zu machen. Man kann immerhin von jedem Menschen irgendetwas lernen!
    Vorlieben: Musik; Klaviere; gutes Essen; Lernen; Lesen; Behilflich sein; die Villa; Menschen; Tauben; Dörfer; Sonnenschein; Wind; das Meer;
    Abneigungen: Schmutz; Unordentlichkeit; Große Mengen an Arbeit; Stress; Gemüse; Seine Tollpatschigkeit; Kochen; Unruhe;
    Zauber: -
    Waffen: -
    Heldengrad: -
    Vergeben an:  Kyubey  
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