[Vor der Bühne] Cedric & Noita
Sie kam sich wie ein Idiot vor, wischte nach und nach die Tränen beiseite, welche immer wieder über ihre geröteten Wangen kullerten und ihren Blick auf die Person verschleierte, die sie so sehnlichst wiedersehen hatte wollen, die sie so vermisst hatte und deren Begegnung sie doch irgendwie gefürchtet hatte, es ihr letztendlich aber nichts als Erleichterung gebracht hatte. Erleichterung, dass auch er sie sehen wollte, sie vermisst hatte - es ihr nicht nur mit Worten beteuerte sondern sie sich wenige Sekunden nach ihrem Wiedersehen in seinen Armen wiederfinden hatte dürfen. Ein Ort an dem sie sich sicher fühlte, an dem es sich banaler Weise so anfühlte als wäre sie unantastbar für den Rest der Welt. Die Angst abgelehnt zu werden, nachdem sie einander ihre Gefühle gestanden, sich verletzlich gemacht hatten war verschwunden. Ein Stein fiel ihr vom Herzen und ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen als er nach dem Grund ihrer Entschuldigung fragte. Sie schüttelte den Kopf um von sich abzulenken vielleicht auch um die Verlegenheit zu überspielen, die ihre Tränen bei ihr selbst ausgelöst hatten. „Weil...“ eine kurze Sprechpause folgte um die passenden Worte zu finden, sich zu erklären. „...weil ich so eine Heulsuse bin...“ Nun musste sie doch ein wenig Lachen und sie wischte die letzten Tränen beiseite. Es war so befreiend als die Angst von ihr abfiel und sie kam sich zugleich unendlich dumm dabei vor, wenn sie daran zurückdachte welche Hirngespinste sie sich in seiner Abwesenheit zusammengereimt hatte. Es würde eine einfache Erklärung geben und sie würden wieder dort fortfahren können wo es an jenem Tag geendet hatte. Es würde alles gut werden. Gemeinsam konnten sie alles überstehen da war Noita sich sicher. Die Wärme seiner Hand. Ihre zärtliche Berührung. Es schien die Anspannung von ihm zu nehmen. Seine gequälten Gesichtszüge schienen sich ein wenig zu entspannen doch er hielt seinen Blick gesenkt, sah ihr nicht in die Augen und dabei sehnte sie sich doch nach dem Glanz in seinen blauen Augen wenn er lächelte doch er lächelte nicht, sah sie nicht an, schien einen innerlichen Kampf durchzustehen. Ihr Daumen strich über seine Hand. Ohne ein Wort versuchte sie ihm die Kraft zu geben die er brauchte, ihm zu zeigen das sie hier war um an seiner Seite zu kämpfen wenn es nötig sein sollte. Die Schülerin wusste nicht warum er sich selbst so nieder machte, warum er glaubte nichts wert zu sein und noch im selben Moment als seine Worte an ihr Ohr drangen führte sie ihre zweite Hand an seine Wange. Sie spürte seine Wärme unter ihren Fingerkuppen. „Glaub niemals, dass du es nicht wert bist...“ Sie schüttelte leicht ihren Kopf und die Strähnen, welche ihr Gesicht umrahmten wippten bei dieser Bewegung als wollten sie Cedric ebenfalls verdeutlichen, dass er sich täuschte. Sie zögerte etwas, folgte dem Wunsch ihres klopfenden Herzens diese Worte auszusprechen. „Für mich bist du unendlich wertvoll.“ Sie wusste nicht ob sie es geschafft hätte ihm in diesem Moment in die Augen zu sehen aber er hatte ihr die Entscheidung ohnehin abgenommen, da er nach wie vor den Kopf gesenkt hatte und dennoch schimmerten ihre Wangen rosarot und ihr Herz drohte ihr aus der Brust zu springen. Er drückte ihre Hand und ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Hexenmädchens. Eben jenes Lächeln, welches er immer schon geschafft hatte aus ihr hervor zu locken. Das Lächeln eines verliebten Mädchens. Unvergleichbar. Unbezahlbar. Seine nächsten Worte führten jedoch dazu, dass es im Keim erstickt wurde und das Flattern ihres Herzens schien ebenfalls abzuflauen als sie den Ernst in seinen Worten vernahm. Im Nachhinein betrachtet hätte sie nichts darauf vorbereiten können was jetzt folgte. Die Sicherheit in die sie sich gewogen hatte war wie weggeblasen, war aber immer noch irritiert von der Wortwahl ihres Gegenübers, konnte sich nicht zusammenreimen worauf er hinaus wollte, wie auch? Er sprach von einem Fehler, welchen er gemacht hatte, für den er sich entschuldigte ohne eben jenen Fehler überhaupt zu beschreiben. Der Blick ihrer roten Augen ruhte auf Cedric. Seine Hände zitterten. Er zitterte als Ganzes und sie hätte nichts lieber getan als ihm in ihre Arme zu schließen, ihn zu trösten aber als die nächsten Worte über seine Lippen kamen versteinerte das Mädchen. Ihr Blick war nach wie vor auf ihn gerichtet doch er wirkte leer. Es fühlte sich an als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen werden, als würde sie den Halt verlieren und ihr gleichzeitig jemand die Luft zum Atmen nehmen. Der einzige Halt, den sie hatten, der sie davor bewahrte zu versinken war die Hand des Anderen und dabei war sie sich gar nicht sicher ob diese Hand sie in die Tiefe zog oder ob sie das Mädchen davor bewahrte. Ein Schmerz in ihrer Brust. Wenn jemand von einem gebrochenem Herzen sprach fand Noita es immer sehr überspitzt formuliert und doch hätte sie es nicht anders beschrieben. Genau so fühlte es sich an. Als wäre es in viele Einzelteile zersprungen und die spitzen Scherben bohrten sich in ihre Eingeweide. Die Schwarzhaarige nahm nichts um sich herum mehr war. Keine Gitarrenklänge, keine Stimmen, kein Gesang. Rein gar nichts. Alles war still. Hatte er noch etwas gesagt? Sie wusste es nicht. Es fühlte sich an als wäre die Zeit stehen geblieben und dabei wünschte sich Noita nichts sehnlicher als das die Zeit sich zurückspulen würde, seine Worte ungesagt blieben, nicht einmal das die Tat ungeschehen blieb, die er ihr gestanden hatte sondern einfach das sie nichts davon wusste. Sie wünschte sich zurück in seine Arme, wollte sich von ihm trösten lassen. Wie völlig absurd. Dabei war er es der den Schmerz ausgelöst hatte und doch wollte sie lediglich von ihm hören das alles wieder gut werden würde. Aber würde es das? Würde jemals alles wieder gut werden. Sie war unfähig etwas zu sagen und selbst wenn sie dazu in der Lage gewesen wäre, hätte sie nicht gewusst was man auf solche Aussage erwiderte. Nach wie vor stand sie da, hatte sich nicht bewegt, war sich noch nicht einmal sicher ob sie überhaupt geatmet hatte.
Es war der Applaus, der das Mädchen wieder ins Hier und Jetzt beförderte dabei wollte sie das gar nicht. Das Hier und Jetzt war unerträglich schmerzhaft und erdrückend. Ihre Augen füllten sich zum wiederholten Male mit Tränen doch dieses Mal waren es keine Freudentränen. Es war ihr sowieso unbegreiflich wie sie noch hier stehen konnte aber als sie ihren Kopf senkte begriff sie warum sie noch nicht zusammengebrochen war. Ihre Hände. Sie waren noch immer ineinander verschlungen und als sie beobachtete, wie sich die Verbundenheit löste wollte sie nichts sehnlicher als wieder nach dieser Hand greifen. Seiner Hand. Wollte diese Nähe nicht aufgeben sondern sie mehr denn je doch es war vorbei. Das was zurückblieb war Kälte und Schmerz. Tränen. Wahrscheinlich hätte sie nach der Person fragen sollen, die er geküsst hatte aber die Antwort war schon seit jeher bekannt gewesen. Bereits seit damals im Krankenhaus, nicht wahr? Ran. Es war immer nur sie gewesen. Sie hatte nie den Hauch einer Chance gehabt. Wie dumm war sie zu glauben, dass Jemand nur sie sehen hätte können - das sie die erste Wahl war. Warum sollte jemand sie einer anderen Person vorziehen. Noita hatte ihr Glück damals kaum fassen können und nun wusste sie wieder warum es sich so unwirklich angefühlt hatte. Weil es unwirklich war. Es war nicht mehr als ein Wunschdenken gewesen. Wie ein Vollidiot stand sie nun hier. Der Glanz aus ihren Augen war verschwunden. Ihr Herz in Trümmern. Sie brachte kein Wort heraus. Schaffte es nicht sich in Bewegung zu setzen. Unaufhörlich flossen Tränen über ihre Wangen, tropften zu Boden.