Die Korallenbucht und die Strandbar "Lulucoco"


  • "Ein.. was?" Ced sah irritiert auf, entgegnete erneut den abfälligen Blick seines Gegenübers. Lustiger Zufall? Was dieser Mann als Spaß verstand ließ sich sowieso in keinster Weise nachvollziehen. Rick löste sich von seinem Motorrad, kam wieder auf ihn zu, fixierte den jungen Mann und schien doch nichts zu sehen, sondern mit den Gedanken der Situation komplett fern. "Danke.", unterbrach Cedric langsam, "Ich denke das ist nicht-," Er kam nicht mehr dazu seinen Satz zuende auszusprechen. Unerwartet hatte der Helläugige sich umgedreht und mit dem Fuß einen gezielten Kick gegen seine Magengegend platziert. Die Wucht des Schlages ließ ihn das Gleichgewicht verlieren, im Dreck lag er ohne realisieren zu können Wieso und Weshalb. Ah, doch. Rick war ein Dreckssack. Jegliche Flüche konnte der Blondschopf sich jedoch sparen, denn er war gerade nicht in der Lage derartiges verbal von sich zu geben. Es war ein dumpfer Schmerz, nichts von Dauer, doch Augenblicke zogen sich wie Minuten, Sekunden verstrichen gequält langsam und zogen die Zeit in die Länge. Es war absurd! Logischer Menschenverstand? Nicht vorhanden, längst vergessen und vergraben, nicht mehr aufzufinden. Hasserfüllt richtete Cedric seinen Blick gegen seinen Kontrahenten, dessen selbstgefälliges Gegrinse fachte die Wut in ihm nur noch mehr an. "Was zum Teufel läuft da falsch bei dir?!", presste er schließlich nach einer Weile - oder waren es doch nur Sekunden gewesen? - hervor, ehe er sich darum bemühte wieder auf die Beine zu kommen. Rick ging nicht weiter auf ihn ein, natürlich nicht. Ced biss sich auf die Unterlippe. Das musste er sich echt nicht geben, sollte sich wer anders mit diesem Psychopathen rumschlagen. Doch die Zeit zu verschwinden bekam er nicht, seine Bewegungen wurden langsamer, als er im dunklen Licht erkannte was Rick auf ihn richtete. Seine Abneigung, seine Wut, sein Hass verpuffte in diesem Moment und machte dem Gefühl der Ungläubigkeit Platz. Es war ein düsteres Bild was sich ihm darbot, gleich einem schlechten Film entsprungen. Der Amerikaner thronte hochmütig auf seinem Motorrad, der helle Mond dahinter die einzige Lichtquelle so weit außerhalb der Stadt. Sein überhebliches Grinsen in Verbindung mit dem Wissen das er die Situation völlig in der Hand hatte, schon immer gehabt hatte. Es kotzte Cedric an. Diese Arroganz mit der er auf alles und jeden herabschaute, die Amüsiertheit die er deutlich spüren ließ, jedwege Ironie - es war zum kotzen. Doch es war nicht dieses Gefühl das ihn jetzt vereinnahmte, da war etwas anderes, etwas das sich schlecht zuordnen ließ und ihm erstmal ganz und gar befremdlch vorkam. Erneut verstrichen Sekunden ehe dem Jungen klar wurde, was sich in ihm ausbreitete. Es war Angst. Nicht die Angst davor verletzt oder bloß gestellt zu werden, auch nicht die Angst vor Verlust oder dem eigenen Versagen. Es saß viel tiefer, näher, umfassender, als alles Vergleichbare. Und das war das Erbärmlichste das er sich je eingestehen musste, Angst, reelle Angst vor jemanden zu haben, den er aufs Tiefste verabscheute, den er nicht für voll nahm, den man kaum ernst nehmen durfte. Das war ein Fehler gewesen, doch die Zeit der Einsicht stand ihm nicht mehr zu. Oder? Rick hatte seine nächsten Worte längst gesprochen, als sein Inneres sich dazu bequemte die entsprechende Analyse durchzuführen und das Gesagte auch zu verarbeiten. Das tatsächliche Ergebnis erreichte ihn auch erst zusammen mit der visuellen Wahrnehmung des Theaters das der Amerikaner vor ihm aufführte. Wundervoll, Bravissimo! "...Was?" Fassungslos sah Cedric den Mann an, konnte nicht verstehen wie man derart mit den Gefühlen anderer spielen konnte. Spaß? Natürlich, ja! Ansonsten wäre es ja kein Spiel, oder? Ganz wundervoll. Nur nicht für ihn, er hatte nämlich kein Interesse daran weiter mitzumachen, die festgesetzten Regeln sagten ihm persönlich gewissermaßen nicht sonderlich zu. "Wie kommst du darauf das ich freiwillig leide?", erkundigte er sich möglichst beiläufig, möglichst ruhig, obwohl allen hier Anwesenden klar sein müsste, dass seine Bemühungen umsonst waren. Das Rick nunmehr anfing zu summen hätte ihn nicht verblüffen müssen, denn wann zog dieser Mann etwas nicht ins Lächerliche? Er musste zusehen, dass er hier verschwand, ansonsten würden noch bleibende Schäden entstehen, was sicherlich im Interesse des Amerikaners war, aber sicherlich nicht in seinem eigenen. Doch noch ehe er sich dazu aufraffen konnte seinen gut durchdachten Plan in die Tat umzusetzen, ergriff Rick erneut das Wort und da es unmöglich war nicht zuzuhören, war er diesen genauso ausgesetzt wie der Waffe, die sein Kontrahent spielerisch in den Händen hielt.
    Die Zeit hielt an. Jedes seiner Sinne versuchte nach Kräften die Wahrheit abzublocken, sie nicht aufzunehmen, es nicht zu erfassen. Wahrheit? War es das überhaupt? Hatte er nicht soeben erneut festgestellt, dass Rick die Worte verdrehte, verwendete, verbrauchte wie es ihm gerade beliebte? Es war erstunken, erlogen, konnte nicht stimmen! Doch... machte es nicht Sinn? War es nicht plausibel? Eine schöne, logische Erklärung - mehr hatte er nie verlangt, oder? Nein, Nein, Nein! Es war unmöglich, undenkbar! Wie hätte das je passieren können? Ein Verkehrsunfall, wurde sie überfallen, ertrank sie jämmerlich? Er hörte Schüsse. Schüsse! Hatte man sie erschossen, stand sie jemanden im Weg, wurde sie verwechselt? Es dauerte, dauerte lange, bis Cedric realisierte, dass die Schüsse im Jetzt stattfanden, dass Rick sie abgefeuert hatte, tatsächlich und wahrhaftig, auf ihn, auf seine Person, unausweichlich, seine Befürchtung hatte sich bewahrheitet. Langsam neigte der junge Mann seinen Kopf zu der Stelle, die sich seltsam anders anfühlte, begriff kaum, was um ihn herum geschah. Ran war tot. Gab es noch mehr zu wissen? Nein. Der Schmerz kam abrupt, ein stechender Schmerz der sich mit einem Mal in seinem Oberschenkel breitmachte, sich ausweitete, seinen Körper lähmte. Ein stummer Schrei tobte in ihm, die Befähigung der tatsächlichen Laute waren ihm beraubt, befangen sah er zu dem Schützen, dessen Lachen langsam an seine Ohren drang. Lachen. Rick lachte. Hemmungslos, freudig, wahnsinnig. Langsam, ohne es erst selbst zu bemerken, setzte der Junge sich in Bewegung, dieses Lachen... es musste verschwinden. Jetzt. Sofort. Der Hohn der in seinen Wunden bohrte war unerträglich. Der Schmerz der Wunde war unterträglich. Und nicht in Worte zu fassen war der Schmerz um seine Liebe. In der Hinsicht war ein Teil von ihm glücklich darüber, dass Rick ihn angeschossen hatte. Das Blut das von seinem Oberschenkel floss, die Pein in seinem Bein, die vorhandene körperliche Qual übertünchten die Gram um Ran ganz ohne sein Zutun. Rick war nun in Reichweite, hatte seinen Kopf auf das Lenkrad seines Motorrads abgelegt, murmelte erneut Worte die der Blonde nicht verstand, doch er hielt die Waffe noch in der Hand und bemerkte sein Opfer natürlich. Zu früh, zu spät, sowieso egal? Cedric griff lethargisch nach der Pistole, wusste kaum noch was er da tat. Kaum noch? In keinster Weise. Rangelten sie? Nicht auszumachen. Ein Schuss löste sich erneut, doch er konnte nicht ausmachen ob er sich selbst, Rick oder rein gar nichts getroffen hatte.


  • Lustlos vebrachte er die paar Sekunden, in denen Cedric Zeit zum reagieren hatte, damit, auf seinem Lenker zu liegen und die Aktionen des Mannes zu beobachten. Es gab nicht viel. Panik. Angst. Verwirrtheit. Schock. Ein Moment der Taubheit, der Fassungslosigkeit. Natürlich auch Schmerz, wobei dieser wohl mehr von den Worten stammte, die Rick in Cedrics sterbendes Herz gerammt hatte, als den fleischdurchdringenden, alles im Wegstehende zerstörenden Kugeln, die auf ihn abgefeuert worden waren. Rick seufzte. Nur für sich, um sich selbst zu unterhalten. Der Blonde konnte ihn sowieso nicht hören, sogar nicht dann, wenn er dies gewollt hätte. Eigentlich hätte Rick sich unterhalten müssen. Das gerade war eine Darbietung der menschlichen Emotionen, wie man sie nur selten sah. Rick vergnügte sich schon immer daran, die Reichweite dieser zu erkunden. Zu sehen, wozu Menschen fähig fahren. Wie tief sie fallen konnten. Wie verrucht, verflucht, verdammt ihr tiefstes Inneres doch war. Im Endeffekt liebte er es Menschen zu beobachten. Er liebte sie. Und gleichzeitig konnte er sich nicht wiederwärtigeres und abstoßenderes auf der gesammten Welt vorstellen. Weshalb war er dann gerade eher genervt, als fasziniert, belustigt? Vielleicht lag es daran, dass er gerade keine Fäden zog. Dass er selbst ins Gefächt stürzte und die eigenen Hände beschmutzte. Die Leute, die meinten, dies sei das Beste, was es nur gab, Dinge mit den eigenen Händen zu erledigen - sie logen. Allesammt. Beschissene Lügner waren sie, die alle in der Hölle schmoren konnten. Aber das waren ja keine Neuigkeiten. Es machte viel mehr Spaß, die Menschen um einen herum zu manipulieren, sie dazu zu treiben, dass zu tun, was sie in ihrem tiefsten Inneren doch schon immer gewollt hatten. Jeder war verdorben. Jeder einzelne imstande, die Welt noch einen ticken düsterer zu machen. Misstrauen, Wut, Verzweiflung, Missverständnisse, Gier, Lust, Eifersucht, falsche Richtlinien und Vorstellungen. Wen kümmerte es, ob das, was er tat, nicht zu den Dingen gehörte, die die Welt als gut und rein ansah? Sowas gab es nicht. Hatte es niemals gegeben. Und was sollte er schon für einen wert auf das Urteil einer Welt geben, die von Vorne rein keinen Wert hatte? Das einzige, was ihn interessierte war, allen Menschen das zu geben, was sie verdient hatten. Und beim Himmel und den Sternen, wer meinte, er würde sich in diesen Dingen irren, der sollte ihn doch vom Gegenteil überzeugen und dabei doch nur kläglich scheitern. Es wäre wunderbar, wenn auch der letzte Mensch verzweifeln würde. Seine wahren Seiten zeigen, die er sein Leben lang versteckt hielt und die nur gewartet haben, heraus gelockt zu werden. Rick musste für einen Augenblick schmunzeln. Humane Lebewesen bauten ihr Leben darauf auf, ihren Wert zu beweisen. Wollten in irgendetwas, wenn nicht gar in Allem die Besten sein. Erfolgreicher als andere. Wichtiger als andere. Besser. Stellten sich auf Podeste, so weit, dass sie sich sogar einredeten, dass gewisse Untergruppen, die sie sich selbst erbaut hatten, unter einer anderen standen. Frauen waren unter Männern? Weiße Menschen sollten mit gewissen Vorzügen behandelt werden, da sie er verdienten, allein ihrer Hautfarbe wegen? Jemand, der sich nach dem sinnbildlichem Gefüge eines Heiligen verhielt, allerdings seine Präferenzen in demselben oder einem anderem Geschlecht fand, als jenes, welchem er sich selbst zuordnete - sie alle galten für die Mehrheit der Menschen als niedrige Existenz, der kein Respekt, noch irgendwelche Gnade geltete. Was für kranke Individuen das sein mussten, die sich solche Dinge ausdachten. Nach solchen Dingen lebten. Tatsächlich glaubten, sie seien im Recht. Seien rein. Seien nach Gott geformte Geschöpfe, die seinen Willen in die Welt trugen. Sollte es dem so sein, dann war Gott ein verdammter Sadist.
    "Hm?", entkam es ihm leise, mit einer Augenbraue in die Höhe gezogen, als Cedric immer näher kam. Okay, das war in der Tat für einen Augenblick fast schon eine Belächelung wert. Für den Studenten musste die Zeit wie im Fluge vergehen, wobei er selbst sich doch langsam genug bewegte, um Rick alle seine Bewegungen miterleben zu lassen. Dachte Cedric, er hätte einen Überraschungsmoment gewonnen? Nein, eher nicht. Verzweiflung und ein angestiegener Adrenalinspiegel trafen wohl eher zu. Doch der Dunkelhaarige dachte nicht einmal daran, dem Blauäugigen seine Aktion zu verweigern. Er hätte ihn mit Leichtigkeit von sich schlagen, treten, ihn sogar überfahren können, hätte er gewollt. Doch er wollte dem Jungen eine Chance geben. Wieso? Er wollte sehen, was daraus entstehen würde. Ob er überrascht werden konnte. Auch wenn er das bezweifelte. Er lachte kurz auf, höhnisch, abwertend, als Cedric sich die Waffe krallte. War er doch so defus, dass er es bloß halbherzig tat und auch, wenn nicht viel Gegengewalt von Rick kam - nein, im Gegenteil, er half dem gerade fast vollständig von Instikten getriebenem Mann dabei, auf seinen Kopf zu zielen, bis er schließlich kam, der lang ersehnte Schuss. Rick hielt in der Bewegung inne und das einzige, was Cedric nun wirklich sehen konnte, war wohl das Blut, welches auf das Gesicht des Blonden tropfte. "Tss.", zischte Rick, schadenfroh, bevor er eben jenes, blutbefleckte Gesicht mit seiner freien Hand umklammerte und seine Finger nur soweit öffnete, dass Cedrics Augenbereich frei blieb. Ein Klicken. Und schon war die Pistole wieder gesichert, bevor sie in seiner Jackentasche verschwand. Ricks Augen huschten zur seiner eigenen, linken Seite, wo ein Streifschuss sein Gesicht auf Augenhöhe erwischt hatte und die rote Lebensenergie nun auch auf seine eigene Hand runterfloß, tropfte, die Stille mit ihren eigenen Geräuschen durchbrach. Mit einem tückischen Grinsen auf den Lippen fuhr der Amerikaner seine Zunge aus und leckte das Blut weg, welches seinem Mund am nähsten war. "Selbst mit meiner Hilfe hast du es nicht hinbekommen, mir irgendeinen Schaden zuzufügen, das ist fast schon wieder bemitleidenswert, weißt du..?", während er die Worte sprach, näherte er sich dem Blonden immer mehr, bis sich ihre Gesichter nur auf wenige Zentimeter trennten und der Arzt direkt vor seinen Augen zu einem gewaltigen Seufzen ansetzen konnte, obwohl das Blut noch immer aus seiner, relativ harmlosen Wunde kroch. "Nächster Versuch, go on." Mit diesen Worten drückte er das Gesicht des Blonden noch fester und schubste ihn von sich weg, nach Hinten, zurück auf den Boden. "Irgendwelche letzten Worte?~", witzelte er, denn wirklich vorhaben, ihn zu töten - das wiedersprach seinen Prinzipien.


  • Ein Schuss, ein weiterer Schlag durch die Stille. Der Schock saß tief, presste alle Luft aus seinem Körper. Rotes Blut, überall, die Farbe vernebelte sein Sichtfeld, ließen ihn nicht mehr klar Denken, eine Fähigkeit die er in den letzten Minuten sowieso gänzlich verloren hatte. Atmen. Du weißt wie das geht. Ein. Aus. Ein. Aus. Genau. Was geschah um ihn herum? Stand er, lag er, starb er? Nein, die dritte Kugel hatte ihn nicht getroffen. Hatte er nicht...? Tropf. Dicke, rote Flüssigkeit tropfte auf sein Gesicht, besudelten ihn, brandmarkten ihn. Er wurde gepackt, seine Hände berührten ihn grob, Ekel kam in dem jungen Mann hoch, es war ihm ein Gräuel von Rick so angefasst zu werden, wie ein Spielzeug, wie der letzte Dreck, selbst wenn er im Moment nicht mehr war als das. Er hatte keine Chance sich zu wehren, hatte kaum noch Kraft zu stehen, war der Willkür, dem Gutdünken Ricks bis aufs letzte Bisschen ausgeliefert. »Erschieß mich doch besser gleich.«, hatte er ihn vorhin sagen hören und er wünschte fast, er könnte die Worte jetzt wiederholen, denn diese Gram, diese armselige Machtlosigkeit - es war abscheulich. Ran war tot, da konnte er sich doch gleich mit anschließen!
    Vergiss es! Eine innere Stimme brüllte gegen seine eigene Taubheit an, die sich davon nur wenig beeindrucken ließ. Nun, im Grunde änderte es nichts. Es war nicht er, der über sein eigenes 'Schicksal' oder wie auch immer die Esoteriker Derartiges bezeichnen mochten, entschied.
    Ein weiterer Stoß, ein weiterer Stich. Rick hatte endlich von ihm abgelassen, weswegen er sich schnell wieder auf dem Boden befand. Es war eine ungemeine Erleichterung Abstand von diesem abscheulichen Mann zu erhalten, gleichzeitig hatte sein Körper jedoch beschlossen erneut Signale an sein Gehirn zu senden mit der Bitte schnellstmöglich eine Lösung für das Problem in seinem Femur zu finden. Ah, vielleicht waren die Signale auch schon die ganze Zeit dagewesen und er hatte sie nur erfolgreich ausgeblendet. Oder sein Gehirn war lediglich überlastet mit dem Einfluss an Informationen, dies wäre theoretisch auch eine Alternative. So oder so, es kümmerte ihn nicht. Was sollte er auch dagegen tun? Es gab keine Möglichkeit. Sollte der harte Boden sein willkommenes Krankenbett sein. Und der Regen der ihn durchnässte war die Dusche, die er dringend nötig hatte. Ah, Regen? Wann hatte dieser eingesetzt? Was für eine willkommene Abwechslung. Das kühle Wasser benetzte seine Haut, verdünnte die ausgetretene rote Lebensenergie, vermischte sie mit dem Dreck, zu dem er gehörte. Hatte Rick noch etwas gesagt? Hatte er die ganze Zeit überhaupt gesprochen? Ja, doch, die Wahrscheinlichkeit lag nahe, sein loses Mundwerk würde der Amerikaner sicherlich bis zu seinem Grabe behalten, welchem er hoffentlich verfrüht entgegenblicken würde. "Stirb.", sagte er schlicht ohne die Frage verstanden zu haben. Es war ein Augenblick der Klarheit für ihn gewesen, weswegen er es schaffte das gewünschte Wort, nahezu sein Begehren tatsächlich auszusprechen. Die geregelte Struktur seiner Gedanken, die er für einen Moment aufrecht erhalten konnte, verflüchtete sich jedoch rapide und allein das Gefühl des Schmerzes der beiden Einschüsse behielt noch die Oberhand.


  • Plitsch. Platsch. Plitsch. Platsch. Plitsch? Wie nervig. Was sollte das? Woher kam diese unaufhörliche, altbekannte Geräuschkulisse? Der Dunkelhaarige fuhr sich mit der Hand über sein Gesicht, die offene Wunde, um genau zu sein - wischte die zähe, meist keine gute Kunde bringende Flüssigkeit von seinem Gesicht, zumindest wage, ansatzweise, so gut wie es eben ging. Oder so bemüht, wie er dazu im Moment halt bereit war. Rick schloss für einen Moment die Augen, atmete tief durch und senkte seinen Kopf ein Stück weit nach Vorne, ehe er die Lider wieder anhob und auf seine eigene Hand hinunter blickte, die aus irgendeinem Grund viel zu feucht war, um irgendwie real zu erscheinen. Nicht die Situation an sich, nein, wie denn auch? Nicht für ihn, er war sich genau bewusst, was sich hier abspielte. Ein leises, fast lautloses auflachen, als er das Blut an seiner Hand musterte. Sein eigenes. Das von Cedric. Wobei der Asphalt mit Sicherheit viel wundervoller mit der körpereigenen Kunst des Blonden verziert sein musste. Der Amerikaner blickte hoch, löste das Rätsel, dass sich für einen Sekundenbruchteil in seinem Kopf ausgebreitet hatte - Regen. Regen? Er schmunzelte. Das Wasser war ihm zunächst einmal gar nicht aufgefallen. Ihm. War das zu fassen? Ausgerechnet in einer Situation, die quasi schon fast danach schrie, in seiner Kontrolle zu sein - in eben jener, hatte er eine Gegebenheit nicht bemerkt. Keine wichtige, ohne Frage. Aber es war schon faszinierend, dass er sich wahrhaftig ein paar Sekunden von dem Studenten hatte ablenken lassen. Ein erneutes, langes Seufzen. Der Regel fühlte sich gut an. Kalt, ohne Frage. Aber erholsam. Ein wenig depremierend, klagend, verschleiernd. Es passte. Wäre Cedric Heute wirklich dem Tode geweiht, so wäre ein Regenschauer die perfekte Szenerie. Der Regen vertrieb Menschen, sorgte dafür, dass sie sich versteckten. Und auch, wenn die Menschen sich nicht vor den Musiker versteckten, so lag doch noch eine gewisse Ironie darin, dass gewisse Personen seines Lebens dazu neigten, in der Ferne zu verschwinden. Außerdem war er ruhig, unscheinbar, gar lautlos. Es glich Cedric doch schon ernorm, nicht? So wie er gelebt hatte, so würde er auch sterben. Allein. Mit Zweifeln. Mit Kummer. Unerwartet, ohne vollkommen zu begreifen. Unwissend zu sein. Das hieß, wenn er sterben würde. Doch das täte er nicht. Nicht Heute. Und ganz gewiss nicht durch Ricks blutverschmierten Hände.
    "Aaah, das waren meine Lieblingshandschuhe.. ~", beklagte er sich, an sich selbst gerichtet, über den Umstand, dass die Hand, mit der er Cedric von sich gehalten hatte, ein wneig in Mitleidenschaft gezogen wurde - das hieß, der Lederstoff, der diese bedeckte, zerrisen, befleckt. Ob er sie trotzdem noch tragen würde? Wahrscheinlich. Wen kümmerte es? Die nächsten Worte seines Rivalen brachten ihn kurz zum Lachen. Sterben? Er? Niemals! Wie auch? Er schüttelte den Kopf, demonstrativ, prinzipiell - auch wenn sein Gefährte es nicht sehen konnte. "Du kannst mir gern' beweisen, dass das möglich ist. Ich warte. Lass dir Zeit. Du siehst grad' nämlich nicht ganz so gut aus. Ah, warte, ich müsste irgendwo noch einen Spiegel mit haben. " Der Dunkelhaarige streckte sich ergiebig, stand von dem Motorrad auf, schritt auf den Blauäugigen zu, ging in die Hocke : "Du erlaubst doch sicher?~" und wischte, leise vor sich her summend, seine Hand an dem Hosenbein ab, welches nicht mit Einschusslöchern angeben konnte, ehe sich ein kindliches Lächeln über seine Lippen legte und er auf das ausdruckslose Gesicht des Mannes unter ihm blickte. Nachdem zumindest das Problem mit dem Blut beseitigt war, krammte er allen Ernstes in seiner Manteltasche herum, aus welcher er eine Glasscherbe holte, die er neben Cedrics Kopf warf. Das einzig tragische an diesem Moment war leider die Begebenheit, dass dieses Stück eigentlich an eines des Lichter seines Fahrzeuges gehörte, jedoch bei dem Ausflug zum Strand in Einzelteile zerfallen war. Erwartungsvoll und verwirrt starrte er Matzes Sohn mit schiefglegtem Kopf an. "Huh? Willst du nicht nachsehen..? Oh, oder willst du, dass ich dir etwas ins Gesicht schlitze..?" Erneut schüttelte er den Kopf, diesmal grinsend, bevor er sich wieder aufrichtete und dem Mann den Rücken zuwand, um sich wieder auf seine Maschine zu setzen. Als ob. Provukation war das Einzige, was er damit erreichen wollte. Nur um das mitzuerleben, was er ohnehin schon in seinen Gedanken hatte sich abspielen sehen. "Wenn du mit mir nichts mehr zu besprechen hast, dann würde ich jetzt gern' gehen, Cedric, wäre dir das Recht? Sag einfach, wenn du was dagegen hast, okay?"


  • Poch. Poch. Poch. War es sein Herz oder doch nur das Gefühl in seinem Bein welches dieses merkwürdige Klopfen in seinem Körper aussandte? Der Regen, der ihn im ersten Moment so willkommen erschienen war, fesselte ihn nun förmlich an den blutgetränkten Asphalt, sanft jedoch bestimmt. Konzentrier dich!, befahl er sich, verweigerte seine eigene Anweisung jedoch gekonnt. Es war zu einladend, zu verlocken hier einfach liegen zu bleiben und nichts zu unternehmen, sich selbst gehen zu lassen, wäre das nicht alles ungemein befreiend? Wozu auch noch die letzten Kräfte mobilisieren, wenn es sowieso nichts zum Ziel hatte? Konzentration!, ermahnte er sich erneut und ironischerweise war es ausgerechnet der Amerikaner, der ihn dazu brachte sich wieder zu fokusieren. "Ggngh.", stöhnte er zähneknirschend, als Rick es wagte sein gesundes Bein - ahaha war an ihm überhaupt noch etwas gesund? - als Taschentuch zu missbrauchen. Denn mit der Realität kamen auch sämtliche verbannte Gefühle zurück und aufgrund von gewissen Begebenheiten übernahm der Schmerz erneut die Überhand. Cedric biss sich auf die Unterlippe, kein weiterer erbärmlicher Laut sollte seine Kehle verlassen, nicht jetzt, nicht vor diesem Mann. Warum war er überhaupt noch hier? Reichte es nicht schon längst? War er nicht schon genug gedemütigt? Wie weit wollte Rick noch gehen?
    Es würde nicht enden. Nie. Er war nur zu dumm gewesen, es frühzeitig zu erkennen? Hatte der Amerikaner es nicht von Anfang an angekündigt? Aber wer hätte denn...? Ssht, das spielt jetzt keine Rolle!, ermahnte eine groteske innere Stimme ihn erneut. Richtig. Er musste hier weg, jetzt, sofort. Am liebsten hätte Ced überreizt aufgelacht. Wie sollte er das denn anstellen? Ohne fremde Hilfe war das schier ausgeschlossen - Rick würde ihn sicherlich nicht auf seinem Motorrad bis ins nächste Krankenhaus bringen, oder? Aber wenn er ganz lieb darum bat? Haha. Fuck. Nicht schreien. Verschwommen nahm er war, dass der Psycho immer noch da war, sich an seinem Leid ergötzte ganz ohne Gewissen. Das zahl ich dir heim., schwor er sich insgeheim, Ich will dich bluten sehen. Ich will dich zerstören. Als Außensteher hätte er nun selbst über sich gelacht. Wie einfältig, wie primitiv! Rache? War er darüber nicht erhaben? Oder war es eben diese Arroganz die einen glauben ließ man wäre etwas besseres? Dennoch war es genau dieser simple, ihm beschiedene Gedanke die seine Sinne noch ins Jetzt banden, die ihn in der letzt erdenklichen Weise antrieben und das Feuer in ihm schürten. Aber zu erstmal musste er lernen, wie man sich bewegte, die einzelnen Muskeln dazu brachte nach seinen Wünschen zu operieren. Er sah nichts, schmeckte nichts, hörte nichts. Rick hatte ihn vermutlich noch mit weiteren Worten drangsaliert doch sein Gehirn war derzeit nicht in der Lage derartiges aufzunehmen, zu vearbeiten, zu verstehen - was an sich gewiss kein Grund zur Trauer war, da es sich zu hoher Wahrscheinlichkeit sowies nur um Unrat handelte. War etwas anderes zu erwarten?


  • (Wir tun mal so als hätte ich vorher nicht nur T-shirt Bilder benutzt °-°)
    "Huh? Also doch nichts zu sagen?", fragte er, mit einem leicht enttäuschen Unterton in der Stimme, als sein Freund tatsächlich kein Wort von sich gab, trotz all der Mühen, die der Braunhaarige sich gemacht hatte! Der Student machte doch alles nur komplizierter, indem er nicht mit ihm kommunizierte! Nicht? Stille Leute waren so anstrengend! Vielleicht sollte er dem Blonden noch eine Kugel verpassen und ihm erneut eine Frage stellen - eventuell würde das ja helfen? Vielleicht war Cedric nur schüchtern? Oder aufgeregt? Stimmt, das hier war für ihn immerhin das erste Mal! Wahrscheinlich wusste er nicht, was er machen oder sagen sollte. Der Arzt sollte so gnädig sein und ihm die Antworten verraten. Ja. Das war's - genial! "Hey, probier's mal mit: Nein, Rick! Bitte! Ich will nicht sterben oder elendig verroten! Bitte! Ich flehe dich an, bring mich ins Krankenhaus! Auch wenn es überhaupt keinen Sinn für dich machen würde, eben jenes zu tun! Aber verdammt, bitte, rette mich! Oder nein, lass mich zu meiner geliebten Ran, ins nächste Leben wandern! Ja. Letzteres gefällt mir am Besten. Ich wette nämlich mit dir, dass du dir für einen Moment sowas in der Art gedacht hast, nicht?" Er grinste, dann lachte er ein wenig ironisch vor sich hin. Er war sich ehrlich gesagt nicht sicher, ob Cedric verstand, was er sagte. Einen Teil, wahrscheinlich. Immerhin hatte der Junge zugegebenermaßen teilweise besseres zu tun, als auf dem Schrott, welchen er gerade nur von sich gab, um die möglichen Mordgedanken des Mannes unter seinen Füßen zu steigern, zu lauschen. Rick seufzte einmal laut und rückte sich gescheit auf sein Gefährt zurecht. "Wenn du gerade tatsächlich auch nur dazu in der Lage wärst, Krankenhaus zu hauchen, würde ich dich ehrlich gesagt sogar zu einem schleifen.. ich meine, das klingt doch fair, oder? Es würde Kampfgeist von dir zeigen! Du hättest es dir verdient. Aber nein. Dazu wird es ja sowieso nicht kommen.." Der Dunkelhaarige zog die Kapuze seines Mantels über seinen Kopf, einfach um noch ein paar Sekunden länger auszuzögern, da er eine Pause zwischen seinen Worten erzeugen wollte. Was auch offensichtlich für Ced gewesen wäre, nur leider hatte er gerade seine Prioritäten mit dem Vesuch, nicht zu verrecken. Und nass zu werden. Wobei Rick ja genauso nass war. Was die Aktion mit der Kapuze noch unnötiger machte, als ohnehin schon. "Ahh, im übrigen, keine Sorge. Ich hab' mir schon eine Freundin ausgesucht, die sich um dich kümmern wird. Ich schick sie gleich rüber, ja? Wenn sie zu spät kommt und du schon verblutest bist, beschwer dich bloß nicht bei mir. Es lag wahrscheinlich an ihrem Lernplan, auch wenn ich extra erwähnen werde, dass sie sich beeilen soll. Ich wusste ja schon immer, dass das Schulsystem tödlich ist.~" Er startete den Motor, hob eine Hand zu seiner üblichen Verabschiedung und machte dann eine scharfe Kurve um sein Opfer herum, ehe er hämisch grinsend davon fuhr. ~


  • » Ich will nicht sterben oder elendig verroten!« Und noch weniger will ich deine Worte in meinen Mund nehmen., dachte er spitz. Ja! Denken! Tatsächlich konnte er sich noch so weit zusammenreißen um ab und zu eine sinngerechte Aneinanderreihung deutscher Wörter zu ermöglichen - wenn auch nur in seinem Kopf, aber das sollte ihn für den Moment genügen, es war mehr als er hoffen konnte. Oh und wie bitter war es wehrlos mitanhören zu müssen wie der Amerikaner ihn kannte, ihn durchschauen konnte bis ins letzte bisschen wusste was in ihm vorging? War seine Person wirklich derart transparent? Die Wunden quälten seinen Körper, doch diese klägliche Scham peinigte seine Seele mehr als es jeder Schuss je tun könnte. Verdammt! Wie hatte er das je zulassen können, warum konnte man ihn so leicht angreifen und - denn das zählte ja - besiegen? Himmel, das klang verflucht endgültig! Nein. Zuende war dieses Kapitel noch lange nicht, er musste nur... nur...
    Wie? Fuck, Rick war immer noch da. Was war das eben gewesen? Wovon sprach er jetzt schon wieder? Warum zur Hölle konnte er nicht einfach von ihm ablassen? Mit einem kaputten Spielzeug ließ sich doch nicht mehr spielen! Ja, aber es ist ersetzbar., wurde er sich kurz seiner eigenen Wertlosigkeit bewusst. Halt, stopp. Das war nicht das worauf er hinausgewollt hatte. Was war es noch-- Freundin? Was? Existierte so etwas überhaupt noch für ihn? Hatte er...? Natürlich! Oh, das Gesicht des jungen Engländers wäre blass geworden, vorausgesetzt da wäre noch genug Blut für vorhanden. Zu gegebenen Anlass ist dies derzeit nämlich nicht der Fall. Cedric wollte sich aufbäumen, hatte seinen Mund schon halb geöffnet, die Worte mussten nur kommen, doch sie kamen nicht. Wie sprach man? Wie funktionierte das noch gleich? Noita!, flehte er insgeheim. Es konnte nicht sein, durfte nicht sein, Rick hatte sich gefälligst von ihr fernzuhalten. Sein Herz verkrampfte sich erneut. Hatte... Hatte er überhaupt richtig gehört? War er nicht schon längst diffus? Möglicherweise hatte sein Verstand ihm einen Streich gespielt um ihm noch den letzten Rest zu geben? Richtig, Rick, er.. er war doch gar nicht mehr hier, oder?
    Stille. Das Geräusch eines Motors das sich schnell von ihm fortbewegte. Himmelstränen die weiterhin auf ihn niederprasselten beziehungsweise auf das Etwas das noch übrig geblieben war. Nein! Er konnte jetzt nicht aufgeben, niemals! Er musste sie beschützen! Falls auch nur der Hauch einer Chance besteht, dass er sich nicht verhört hatte und sie möglicherweise tatsächlich in Gefahr schwebte - er hatte es zu verhindern. Mit aller Kraft richtete der junge Mann sich auf, versuchte es zumindest und klatschte doch nur eine Körperlänge weiter wieder auf den harten Asphalt in eine Lache seines eigenen Blutes. Sein Körper hinderte ihn, folterte ihn. Es war nicht auszuhalten! Ced ließ seine hart aufrecht erhaltene Zurückhaltung fallen und schrie, schrie seinen Schmerz, sein Elend heraus bis nichts mehr davon übrig war. Niemand würde es hören. Er selbst hörte sich nicht. Doch sein Schreien erbebte seinen Körper, ließ ihn von einer Kraft zehren die längst nicht mehr vorhanden war. Verbissen richtete er sich auf, bemühte sich nicht sein Bewusstsein zu verlieren. Die Wunde, ja.. er musste sie sich ansehen, musste wissen woran er war. Wobei - würde es helfen? Nein. Er tat es trotzdem. Zittrige Finger tasteten zu den Einschusslöchern in seinem Bein, versuchten zu erfühlen ob überhaupt noch ein Bein vorhanden war. Eine Kugel befand sich noch im Oberschenkel, die zweite.. wer wusste das schon. Und überall Blut, Blut, Blut! Teurer roter Lebenssaft wohin man auch blickte! Hilfe. Richtig, ja! Hilfte brauchte er und das verdammt dringend. Woher....? Fieberhaft tastete Cedric nach seinem Smartphone, ergriff es, hatte es... nur noch... ein kurzer Moment... ehe ihm schließlich gänzlich schwarz vor Augen wurde.


  • Während sie durch die Straßen von Riverport gesprintet war und ihre liebste Cousine um Rat gebeten hatte oder viel eher um ihre Unterstützung bei dieser Aktion, war Noita über ihre eigenen Füße gestoplert und schließlich gestürzt. Zum Glück hatte das Hexenmädchen sich dabei keine ernsthaften Verletzungen zugezogen. Ihr Handy allerdings schon. Wie ein Puck beim Eishockey war es über den Asphalt geschlittert nachdem es sehr unsanft darauf aufgeschlagen war. Die am Boden liegende Noita hatte sich noch danach ausgestreckt aber es vergeblich vor dem Tod bewahrt. Nachdem sich die Schwarzhaarige wieder aufgerappelt und zu ihrem an Boden liegenden Handy aufgeschlossen hatte, musste sie leider feststellen, dass es unmöglich war es wieder einzuschalten. Immer wieder drückte sie den Einschaltknopf aber der Bildschirm blieb schwarz. Ein enttäuschtes Seufzen verlies die Lippen Noitas ehe sie ihr scheinbar kaputtes Handy in ihre Tasche steckte und weiter rannte. Hoffentlich würde der abrupte Abbruch des Telefonates Majo nicht beunruhigen. Normalerweise dürfte ihr bekannt sein, dass Noita nicht gerade der geschickteste Mensch auf Erden war. Vielleicht würde die Blonde eins und eins zusammenzählen und zu dem Entschluss kommen, dass sie lediglich etwas ungeschickt gewesen war und sie keinen ernsthaften Unfall gehabt hatte.
    Völlig außer Atem erreichte Noita schließlich ihren Zielort - die Korallenbucht. Bisher war sie noch nie hier gewesen und es grenzte förmlich an ein Wunder, dass sie gleich hierher gefunden hatte ohne sich auch nur einmal zu verlaufen. Konzentriert war sie den zahlreichen Schildern gefolgt und schließlich hier gelandet. Nach was genau sie Ausschau halten sollte wusste das Hexenmädchen nicht. Einen kurzen Moment zögerte sie. Vielleicht war es sinnvoller hier bereits auf Majo zu warten aber was wenn es schon zu spät war? Was wenn ihr Sturz dazu geführt hatte, dass sie nicht rechtzeitig hier war? Rechtzeitig wofür eigentlich?
    Noitas Schritte waren langsamer geworden und dennoch waren sie verhältnismäßig schnell. Erst jetzt, als sie Ausschau nach Etwas oder Jemanden hielt, fiel ihr auf, dass es wohl geregnet hatte. Sie hatte es gar nicht bemerkt, so sehr hatte sie sich auf diese Aktion hier konzentriert. Mittlerweile nieselte es nur noch leicht aber die Schwarzhaarige störte sich nicht weiter daran. Sicherheitshalber blickte sich die junge Hexe noch einmal um. Niemand schien ihr gefolgt zu sein und weit und breit war niemand Verdächtiges zu erblicken. Wenn sie nur wüsste wonach sie Ausschau halten sollte? Ein kalter Wind wehte und Noita zog ihren Mantel fester zusammen und ihren Schal bis unter die Nasenspitze. Mit ihren Blicken suchte sie den Strand ab aber auf den ersten Blick fiel ihr nichts weiter auf. Sie hatte es mit einem verlassenen Sandstrand zu tun. Nicht ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Die Schülerin beschleunigte ihre Schritte und tatsächlich sah sie etwas in der Ferne. Ihre Augen formten sich zu Schlitzen. Dort lag doch etwas oder nicht? Erneut sah sich die Hexe um und rannte auf das Gesehene zu. ...ein Danke zu hören bekommen... Diese Worte hallten in ihren Gedanken wieder und wieder. Urplötzlich nahm das unbekannte Subjekt in der Ferne Gestalt an. Ohne weiter darüber nachzudenken rannte das Mädchen so schnell sie konnte. Ihre Augen waren weit aufgerissen und der Wind peitschte ihr ins Gesicht. Nein, nein, nein.... Eine einzelne Träne löste sich von Noita. War sie entstanden, da der kalte Wind ihr die Tränen in die Augen trieb oder da sie sich von Sekunde zu Sekunde sicherer war, dass es sich bei der regungslosen Person am Boden um Ced handelte? Was war nur passiert? War er zusammengebrochen? Wer war die mysteriöse Person, die ihm darauf aufmerksam gemacht hatte?
    Endlich war Noita angekommen. Der einzelnen Träne folgten immer mehrere und nun war sie sich sicher, dass es nicht nur an dem eisigen Wind lag. Die regungslose Person war tatsächlich Ced. Mit ihrem Ärmel wischte sich die Schwarzhaarige die Tränen aus dem Gesicht, welche sich förmlich wie ein Vorhang über ihre Augen gelegt hatten. Zärtlich legte die junge Hexe eine Hand an seine Wange. "C-Ced...kannst du mich hören?" Die Hand Noitas zitterte. Auch ihre Stimme klang zittrig, aus Angst keine Antwort zu bekommen. Der Blondschopf blieb ihr die Antwort schuldig, woraufhin das Mädchen ein hilfloses Schluchzen von sich gab, welches sie aber sogleich hinunterschluckte. Vorsichtig rollte sie den Körper des Jungen auf den Rücken. Erst jetzt sah Noitas das ganze Blut. "Oh nein. Bitte nicht..." Wie sie es einst im Erste Hilfe Kurs gelernt hatte überprüfte sie die Atmung des Blonden. Tatsächlich schien sich sein Brustkorb noch zu senken aber er reagierte weder auf Zurufe noch auf Schmerzreize. Für einen kurzen Augenblick war das Mädchen allerdings erleichtert. Sie war noch nicht vollkommen zu spät. Es bestand noch Hoffnung. Cedric war noch am Leben. Bewusst versuchte die Tochter der Hexenprinzessin langsam ein- und auszuatmen, da sie sonst wahrscheinlich angefangen hätte zu hyperventilieren. Nun suchte die junge Hexe den Körper des Bewusstlosen nach Verletzungen ab und schon bald wurde das Mädchen fündig. Es handelte sich um Wunden am Oberschenkel. Noita hatte zwar noch nie zuvor Schusswunden gesehen aber sie zumindest schon öfters im Fernseher gesehn und Ceds Verletzungen sahen stark danach aus. Nach Hilfe suchend blickte sich Noita um. Kein Mensch weit und breit. Wo waren denn nur alle? So laut wie es nur irgendwie möglich war, rief Noita um Hilfe und das mehrere Male. Keine Antwort. Es blieb still. Nur das Heulen des WIndes war zu hören. Erneut kullerten einige Tränen über das Gesicht der Schwarzhaarigen und sie schniefte herzergreifend. Schließlich entledigte sich die junge Hexe ihres Schals und presste ihn mit voller Kraft auf die Wunden des Verletzten. Sie musste Hilfe rufen aber ihr Handy war kaputt. Das Mädchen fühlte sich entsetzlich hilflos. Zumindest war die Blutung fürs Erste gestillt. Mehr konnte sie im Moment nicht un oder? Oder? Natürlich könnte sie das aber die Schwarzhaarige war sich nicht sicher ob es die beste Idee war nun zu zaubern. Unmöglich könnte sie Ced und sich im jetzigen Zustand ins Krankenhaus bringen. Zu aufgewühlt war die Tochter der Hexenprinzessin. Am Ende würden sie ganz woanders landen und sie würde durch die Anwendung von Magie nur alles schlimmer machen. Das Hexenmädchen legte die Beine des Blonden auf ihre Oberschenkel damit sie zusätzlich hochgelagert und die Blutungsgefahr minimiert war. Mit ihrer freien Hand ergriff Noita die Hand Cedrics. "B-Bitte halte durch...bitte..." , flehte die Schwarzhaarige immer wieder und drückte seine Hand.


  • Majo hatte sich schnell entschieden - nun durchnässte der Regen ihre Haarpracht, ihre Kleidung, ließ sie zittern. Doch nicht die Aussicht auf einen trockenen Unterschlupf, ließ sie ihre Schritte beschleunigen, nein, tatsächlich war sie auf dem Weg zur Korallenbucht, wo ihre Cousine auf sie warten würde. Wenn sie nicht schnell genug war, könnte ihr etwas passieren. Auf eine fremde SMS zu hören, nur, alleine zu gehen… Schön und gut, dass sie dort auf Majo warten würde, doch es könnte ihr bereits jemand aufgelauert haben.
    An den genauen Inhalt des Telefonats erinnerte Majo sich nicht einmal mehr. Irgendetwas von eine übersinnlichen Person und zwar sollte die junge Hexe sich sehr wohl darüber Gedanken machen, hatte nun allerdings einfach keine Zeit dafür. Sie konnte sich auch nicht freuen, endlich aus der Bar raus zu sein, sie machte sich momentan einfach Sorgen. Das Telefonat war plötzlich abgebrochen, sie hatte nicht mehr viel Zeit zu vertrödeln. Majo musste sich einfach beeilen – bevor es eventuell zu spät war.
    Ihr Atem ging bereits etwas zu schnell, sie spürte ihr Herz deutlich in ihrer Brust schlagen, während sie die Korallenbucht erreichte. Der Regen war schwächer geworden, doch von Noita war keine Spur. „Scheiße“, fluchte sie und begann sich umzusehen, hektisch, beinahe panisch. Sie wusste, dass sie ruhig bleiben musste, nicht zu sehr aufregen, keine Panik bekommen. Das machte es nicht besser, eher im Gegenteil. Sie beruhigte sich. Das hier war nicht sie selbst und sie entschied sich, Noita dafür kräftig durchzuschütteln. Einfach abzuhauen, mitten im Gespräch war die Verbindung weg und dann wartete sie nicht einmal auf sie.
    Doch dort hinten, dort am Boden, sah sie plötzlich zwei Gestalten. Sie versuchte etwas zu erkennen, lief dann aber letztlich los, ohne zu wissen, auf was genau sie zusteuerte. Erst nach einigen Metern konnte sie erahnen, dass es sich um ihre Cousine handelte, die dort auf dem Boden saß, neben ihr lag irgendein Fremder, der ihr sehr vertraut erschien. Aha. Zumindest ging es Noita gut, allein das beruhigte Majo ein wenig, ein Fremder versetzte sie nicht in einen solchen Zustand der Anspannung. Zumindest nicht, wenn er auf dem Boden lag, direkt neben ihrer Cousine.
    „Noita!“, rief die blonde Hexe aus, zog die Augenbrauen allerdings zusammen. Weinte sie? Sprach sie mit dem offensichtlich bewusstlosen Jungen? Er war doch bewusstlos, nicht wahr? Sie war wenig später neben ihr angekommen, jeder Schritt war ihr vorgekommen wie eine Ewigkeit. „Bist du verletzt?“, fragte sie, allerdings ohne sie noch eines weiteren Blickes zu würdigen. Stattdessen begutachtete sie den Fremden, entdeckte die Verletzung, auf die Noita presste, um die Blutung zu stillen. „Hast du einen Notarzt gerufen?“ Sie schien relativ ruhig zu sein, doch in ihren Augen blitze etwas Gefährlichen, als sie einen kurzen Blick über ihre Schulter warf. Wer hatte ihn verletzt? Und weshalb? Warum sollte Noita hierher kommen? Und weshalb zur Hölle musste Majo hier antanzen? Weshalb musste sie sich Sorgen machen? Weshalb war sie wütend, hatte sogar kurz Angst gehabt?
    Noita war ein Nichtsnutz. Aber die letzte Scherbe ihrer kaputten Familie, die ihr blieb, ihr zur Seite stand, die sie irgendwie, auf ihre eigene Art und Weise, liebte.
    In ihrer Hand materialisierte sich auf einen stummen Befehl hin ein Regenschirm, den sie über Noitas Kopf und die Wunde des Fremden hielt. Wenn der Schal mit Regenwasser durchweichte und noch mehr davon in die Wunde lief, würde es sich auf jeden Fall entzünden, vielleicht konnte das jetzt noch vermieden werden. Majo kannte sich da nicht so mit aus, aber besser war es auf jeden Fall. „Hast du mittlerweile irgendeine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?“ Erneut sah Majo sich um, noch immer war niemand in Sicht, weder der versuchte/potentielle Mörder noch irgendeine Art von Hilfe. Sollten mittlerweile keine Sirenen hier sein? Schließlich schien Noita bereits einige Minuten vor ihr dagewesen zu sein – mindestens. Sicherheitshalber holte sie bereits ihr Handy hervor. „Und weshalb hast du den Anruf einfach beendet? Glaubst du etwa, dass das irgendwie hilfreich gewesen ist, ruhig zu bleiben und sich was zu überlegen?“ Doch Majo wurde noch nicht laut, Noita schien bereits am Ende ihrer Kräfte zu sein, sodass sie sich endlich neben sie hockte und zaghaft einen Arm um ihre Schultern legte. Was sollte sie sonst tun? In so einer Situation war sie noch nie gewesen und sie war auch froh, dass nicht noch irgendwelche Schaulustigen hier waren. „Kennst du ihn?“, fragte sie zu guter Letzt. Sie war leiser geworden, strich vorsichtig mit der Hand über den Oberarm ihrer Cousine und wartete einfach ab. Das Handy lag in ihrer anderen hand, um zur Not Druck zu machen, dass der Krankenwagen sich endlich hierher bequemte – immerhin verblutete hier gerade…irgendwer. Wer auch immer, Majo hatte nicht vor, jemanden jetzt abkratzen zu lassen, besonders nicht vor den Augen Noitas. Und auch nicht vor ihren eigenen, so scharf war sie dann doch nicht auf einen Toten. Majo war zwar durch und durch Hexe – eine richtige Hexe eben –, doch das hieß nicht, dass sie so widerlich war, einem Fremden den Tod zu wünschen, der hier mitten im Nirgendwo rumlag.


  • Ein Schrei durchbrach die unerträgliche Stille, welche an diesem Ort herrschte. Jemand rief ihren Namen. War diese Stimme real und war es lediglich der Funken Hoffnung in der Schwarzhaarigen, der ihr einen akkustischen Streich spielte? Erhoffte sich das Hexenmädchen so sehr die Hilfe einr dritten Person, dass sie sich nun schon Stimmen einbildete? Obwohl Noita Realität und Wunschdenken nicht unterscheiden konnte, fuhr ihr Kopf hoch, ließ den Blonden für eine Sekunde aus den Augen, obwohl sie fürchtete, dass er sich in diesem geringen Zeitraum in Luft auflösen könnte. Tatsächlich. Ihre Sinne hatten sie nicht in Stich gelassen. Ihre geliebte Cousine war eingetroffen. Wieviel Zeit war eigentlich vergangen? Doch nicht etwa zu viel, oder? Das flüchtige Lächeln, welches sich bei Majos Antlitz auf ihre sanften Lippen gestohlen hatte, verschwand sogleich wieder und ihre einmaligen roten Augen fixierten wieder den Verletzten. Während sie die Hand Cedrics hielt, fühlte das Mädchen seinen Puls. Er war glücklicherweise noch vorhanden. Erleichtert atmete Noita wieder aus und trotzdem fiel die Last, welches dieses Ereignis mit sich brachte, nicht von ihr ab. Noch schwebte der Junge in Lebensgefahrund es gab keinen Grund beruhigt zu sein.
    Der schwere Atem ihrer Cousine verdeutlichte dem Mädchen, dass Majo an ihrer Seite angekommen war. Welch ein Glück die junge Hexe doch hatte eine derartig wundervolle Person in der Familie zu haben. Wahrscheinlich hatte sie alles stehen und liegen gelassen um sich hier mit ihr zu treffen. Noita überkam jedoch kein Glücksgefühl. Nun war nicht die Zeit sich über die Existenz ihrer Cousine zu freuen. Das Leben eines Menschen, der ihr sehr wichtig geworden war, stand auf dem Spiel.
    Die Frage Majos überhörte die Schwarzhaarige einfach und noch ehe der blonde Lockenkopf ihre zweite Frage beenden konnte, unterbrach Noita sie. Die roten Augen der Hexe waren auf sie gerichter. Noch immer kullerten vereinzelte Tränen über ihre blassen Wangen. Fest schüttelte Noita ihren Kopf, wodurch sich einige Tränen von ihren Wangen lösten und in den Sand tropften. "Mein Handy ist kaputt! Du musst bitte ganz schnell einen Notarzt rufen!" Es war nicht der richtige Augenblick näher darauf einzugehen, wie ihr Handy kaputt gegangen war und warum der Anruf einfach mitten im Gespräch abgebrochen war. Das war im Moment nicht wichtig. Es war wesentlich wichtiger, Cedric ins Krankenhaus zu befördern und zwar so schnell es irgendwie möglich war. Die Stimme des Mädchens klang schwach aber keineswegs weniger dringlich. Glücklicherweise hatte der blonde Lockenkopf ihr Handy schon parat. Schnell wäre die Numemr eingetippt und dann hieß es erneut zu warten. Die Schwarzhaarige senkte ihren Blick. Cedric sah blass aus. Zärtlich strich Noita ihm mit ihrer Freien hand eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Hilfe ist unterwegs. Du schaffst das, hörst du?" Ihre Worte waren zu einem leisen Flüstern geworden und erneut stiegen dem Hexenmädchen Tränen in die Augen, welche sie schließlich gleich wieder fortwischte. Es war schrecklich keine Antwort zu bekommen. Wie konnte sie so sicher sein, dass Cedric ihre Worte vernahm? Richtig. Gar nicht.
    Erst als die Schwarzhaarige sich wieder kurz von dem Blonden abwandte und zu ihrer Cousine nach oben sah, registrierte das Mädchen den Regenschirm in Majos Händen. Er war wohl magischer Natur oder das Hexenmädchen hatte einfach nicht gut genug aufgepasst und die Gelockte, war bereits mit dem Regenschirm eingetroffen. Dennoch spürte Noita weiterhin Tropfen auf ihrem Gesicht. Sie hatte zuvor keinen Unterschied mehr zwischen Tränen und Regen bemerkt. Nun war sie sich sicher. Es konnte sich nur noch um Tränen handeln, Tränen die unentwegt über ihr Gesicht kulelrten und nicht mehr stoppen wollten. Mit ihrem Ärmel wischte die Schwarzhaarige sie aus ihrem Gesicht.
    "Ich glaube..." Noita schniefte kurz bevor sie ihren Satz beendete. "Ich glaube der Absender hat etwas damit zu tun..." Jedes Wort, welches ihr über die Lippen kam, war eine beinahe unüberwindbare Hürde und zerrte an der Kraft des Hexenmädchens. Majo schien genau dies zu bemerken und hockte sich neben ihre Cousine. Zärtlich hatte sie einen Arm um sie gelegt und streichelte ihr zur Beruhigung über diesen. Schließlich erkundigte sich Noitas Cousine bezüglich des Verletzten. Zaghaft nickte diese und hätte sich am Liebsten in der Umarmung des Lockenkopfes fallen gelassen und ihr alles erzählt: Die schönen Momente die sie mit diesem Jungen erlebt hatte, die Gespräche, die sie geführt hatten und den Schmerz in ihrer Brust den sie fühlte wenn sie daran dachte, dass es da jemanden ganz Besonderen in seinem Leben gab. Jemand der nicht sie war. Noita wollte nicht das dies ihr letztes Treffen mit Ced war. Sie wollte noch ganz viele Momente mit ihm teilen und über Dinge sprechen, die nicht zu den normalen Smalltalkgesprächen zählten sondern wirklich Bedeutung hatten. Das konnte nicht einfach alles gewesen sein. So konnte es nicht enden. Das war ein Ende, das niemand sehen wollte. Die Schwarzhaarige war noch nicht bereit für ein Ende. Es hatte doch noch nicht einmal einen Anfang gegeben oder doch?


  • Es durchfuhr Majo wie einen Blitz, dass kaum eine Reaktion seitens ihrer Cousine kam. Sie saß da und blickte ins Nichts, schien in einer Realität zu sein, in der nur dieser Junge zählte, dieser Fremde, der für Noita die Welt zu bedeuten schien. Mehr als das. In diesem Augenblick war er alles und alles andere war nichts. Dieser Gedanke schmerzte – nicht etwa, weil Majo sich beleidigt fühlte, auch wenn das eine gar nicht allzu unrealistische Vorstellung wäre, doch vielmehr fürchtete sie sich nun auch um das Wohl des weinenden Mädchens neben sich, das um das Leben eines Mannes, eines Jungens fürchtete, aus dessen Körper das Blut strömte als hätte es ewig auf die Freiheit gewartet. Und würde dieser Junge nun sterben, würde es lange dauern, bis Majo das Häufchen Asche, zu dem Noita unwillkürlich werden würde, wieder zu einem Menschen geformt hätte. Und sie war keine gute Künstlerin. Am Ende würde Noita deformiert sein.
    Kaputt, zerstört, wie auch immer. Noitas Handy funktionierte nicht, das war die zweite schlechte Nachricht an diesem Ort. Die erste war – ganz offensichtlich – das hier jemand war, der einen Jungen so zurichten konnte, einen Menschen, der kaum älter war als sie beide. Sie senkte den Blick, übergab ihrer Cousine schweigend das Handy und streckte ihren freien Arm nach seinem Gesicht aus. Sie strich nur ganz kurz über seine Wange, schloss die Augen und spürte, wie ihre Finger begannen zu zittern. Sie zog sie weg, bevor Noita etwas bemerken konnte. Keine Anspannung zeigen, keine Angst zulassen, die Nerven nicht verlieren. Majo war eine Kämpferin, stark und mächtig, eine Hexe. Sie hatte Verstand und Kraft, hatte das Temperament und die Macht, doch nun musste sie Ruhe bewahren. Sie war selbst noch nie in einer solchen Situation gewesen und letztlich war sie nur ein Teenager, kaum jemandem würde es egal sein, wenn die eigene Cousine neben einem Jungen weint, der leblos auf dem Boden liegt. Und die Aussicht auf einen Toten – nein. Majo konnte es sich nicht vorstellen, sie fürchtete sich selbst genug, auch sie hatte Schwächen. Ihr Trick war nur, diese zu überspielen, nicht zuzulassen, niemals zu zeigen und letztlich loszuwerden. So machte sie es immer. Eine Schwäche nach der anderen überwinden, ohne sie preiszugeben. Sie war eine gute Hexe, eine starke Frau. Wie ein Mantra zählte sie sich ihre guten Eigenschaften auf. Nur nicht daran denken, was geschehen könnte, was geschehen würde, wenn sie nicht schnell genug Hilfe bekämen.
    Majo nahm das Handy von ihrem Schoß, während sie Noita zuhörte. „Hilfe wird kommen“, stimmte sie zu, wispernd. Ihre Stimme wäre rau, kratzig und sie hätte eventuell einen Kloß im Hals, würde sie nun in voller Lautstärke sprechen. Doch Majo weinte nicht. Nicht hier, nicht jetzt, nicht deswegen. Ihre Tränen waren kostbar und sparsam einzusetzen. Dieser Junge würde nicht sterben – sonst müsste sie vielleicht weinen.
    Die Nummer war gewählt und sie gab durch, wo sie sich befanden, wer hier war, was geschehen war, wie sie hierher gekommen waren. Alles Nötige wurde in knappen Sätzen beantwortet, manchmal lediglich Bruchstücke, kurz und dringlich. Dann verschwand das Handy wieder in ihrer Tasche, den Regenschirm hielt sie noch immer in ihrer Hand. Noita und sie pressten sich darunter, Majos Schulter bekam die letzten Tropfen des Regenfalls ab, doch die Wunde war geschützt vor weiterer Nässe. „Wir werden es herausfinden, das mit dem Absender. Hilfe wird kommen.“ Sie schluckte. „Hilfe wird kommen, Noita“, wiederholte sie, blickte allerdings nicht in das Gesicht des noch immer weinenden Geschöpfes neben sich. Noita war so zerbrechlich, zerbrechlicher als Majo selbst. Sie war kein guter Mensch, nicht einmal eine gutmütige Hexe. Aber sie wollte ihre Cousine beschützen und man konnte sich auch darauf verlassen. Es war kompliziert, Majo zu kennen, doch sie hatte Gründe für viele Dinge, die sie tat. Noita war ihre Familie. Und sie war schon immer ihr einzig wahres Familienmitglied gewesen.
    In der Ferne ertönten die Sirenen, auf die sie gewartet hatten. Gleich wären sie nicht mehr nur zu zweit, zwei Mädchen, die dort saßen, direkt an der Seite eines bewusstlosen Jungen, der mehr Blut verloren hatte als Majo sehen wollte. So viel auf einmal… Wie konnte ein Mensch so viel Blut verlieren? Doch er musste zu retten sein. Wie gerne würde sie Noita versprechen, dass er es schaffen würde. Dass er gesund werden würde. Sie konnte es nicht. Und das fraß sie auf, nagte an ihr. Majo war so furchtbar hilflos in diesem Moment, dass sie den Drang hatte, sich zu übergeben, zu weinen, zu schreien, um sich zu schlagen, zu fluchen. Aber letztlich streichelte sie einfach weiter über Noitas Arm.
    Die Notärzte kamen, erkannten die Lage, blickten nur kurz auf die Szene, die sich ihnen bot. Schon bald war er in den Notarztwagen verfrachtet und die beiden Mädchen stiegen mit ein. Ging das überhaupt? Konnten gleich zwei mit in diesem Wagen fahren? Majo war sich nicht sicher, vielleicht hatte sie sich auch verhört, doch sie ging mit, stieg ein und keiner sagte etwas dagegen. Majo hinterfragte auch nicht weiter. Die blonde Hexe wollte es hinter sich bringen, wollte das Krankenhaus erreichen und dabei sein. Sie wollten diesen Jungen kennenlernen, mit ihm reden und sich von ihm erzählen lassen. Sie wollte nicht gehen, sie wollte mehr erfahren, mehr hören, mehr sehen. Sie wollte, dass er überlebte. Nicht nur, weil Noita sonst zerbrechen könnte, sondern auch, weil er, der bis eben so leblos auf dem kühlen Boden gelegen hatte, verdient hatte, die beiden Mädchen zu sehen. Sie hatte ihn nur einmal berührt, heute zum ersten Mal gesehen und noch nie mit ihm gesprochen, doch er war nicht schlecht. Sonst würde Noita ihn nicht mögen.
    „Es wird gut. Hilfe ist da.“ Sie flüsterte nur, hatte den Regenschirm zurückgelassen und griff nach Noitas freier Hand. „Alles ist gut.“ Und während sie so dasaßen, fuhr der Wagen so schnell es ging in Richtung Krankenhaus, um Cedrics Leben zu retten.~


  • Je weiter er sich von seinem neuen 'Zuhause' entfernte, um so schneller wurden seine Schritte. Er wollte einfach so schnell wie möglich weg von diesem fremden Ort. So oder so war er sich nicht sicher, ob er sich hier jemals so wohl fühlen konnte wie damals. Bei Pierre. Erneut verließ ein trauriges Seufzen seine Lippen. Der Blonde wusste einfach nicht mehr wo hin mit sich selbst, seit dem Verschwinden seines Freundes war alles irgendwie so...sinnlos geworden. Alles, was er tat, hatte weder Hand noch Fuß. Es gab einfach nichts mehr, das ihn noch so richtig erfüllte, selbst seine kleine Prinzessin schaffte es nicht, das riesige Loch, welches in seine Brust gerissen war, zu füllen.
    Kraftlos schlurfte er die Straßen hinab bis hinunter zum Hafen, von dort aus hangelte er sich an der Promenade entlang, bis der Strand immer näher rückte. Und direkt kamen die Erinnerungen an den Tage hoch, an dem er und sein Liebster gemeinsam in der Strandhütte übernachtet hatte, nur weil er sich eine Sehne gezerrt hatte und partout nicht ins Krankenhaus wollte. Aneinander gekuschelt hatten sie dort gelegen, einfach aus dem Grunde, dass es nur ein Bett gab. Und selbst obwohl damals noch nichts zwischen ihnen war, wünschte er sich die Wärme zurück, die er in diesem Augenblick verspürt hatte. Wenigstens für einen klitzekleinen Augenblick.
    Matze schüttelte den Kopf. War er nicht hierher gekommen um sich von den Gedanken loszureißen? Aber wenn er ehrlich war glaubte er nicht, dass ihm dies irgendwo gelingen könnte. Einfach alles erinnerte ihn an ihn. Und sei es nur ein Restaurant, das er auf seinem Weg passierte. Wie schon vorhin umklammerte die Kälte seinen Körper, aber es war definitiv angenehmer als in der warmen Wohnung. Vielleicht schaffte sie es ja, seine Gedanken abzutöten. Dennoch schlang er die Arme um seinen Körper, als er den Strand endlich erreicht hatte. Schnurstracks steuerte auf die erste Bank zu, die ihm unter die Nase kam, und ließ sich erschöpft darauf nieder. Die Beine wurden angezogen und die Arme um sie gelegt, sodass er seinen Kopf auf seine Knie betten konnte. „Wo bist du nur...“, flüsterte er und sah hinaus aufs Meer, auf dem sich der Mond spiegelte. Wie gerne hätte er diesen Augenblick gemeinsam mit ihm genossen...


  • Bevor Yuri und ihre Bekanntschaft es geschafft hatten, allen Ernstes aus einem Krankenhaus geworfen zu werden, hatte die Lachshaarige es Gott sei Dank noch geschafft, die Krankenschwester dazu zu überreden, ihr ein paar Minuten zum umziehen zu geben, weshalb die Schneiderin sich schnell in ihr - natürlich selbstgenähtes! - Schokoladen-Outfit gezwängt hatte, wobei möglicherweise noch erwähnenswert gewesen wäre, dass sie die Schuhe und die Strumpfhose unterwegs hatte anziehen müssen, denn so gnädig war die alte Frau dann doch nicht gewesen. Hastig hatte sie sich auch die untere Hälfte ihrer Kleidung angeeignet, bevor sie Dirks Telefonnummer in ihre kleine Handtasche gelegt - und hoffentlich nicht verloren hatte. Falls doch, würde sie sich entweder durch eine Horde Fremder fragen oder rausfinden, ob Riverport eigentlich sowas wie ein Telefonbuch besaß - was sie ehrlich gesagt nicht wusste und sie überraschte, immerhin lebte sie nicht erst seit einer Woche hier!
    Nachdem sich die Wege der Abenteurer getrennt hatten, war Yuri kurz noch in einem kleinen Laden geschlichen, einer der wenigen, der zu dieser späten Stunde noch offen hatte. Wieso? Kran-ken-haus-essen! Und das arme, verloren gegangene Bonbon, welches sie als Ablenkungsmanöver aus dem Fenster hatte werfen müssen. Ohje, wie viele Opfer hatte sie bloß die letzten Wochen bringen müssen! So viele Süßigkeiten, die sie nie wieder sehen würde! Und ein knurrender Magen. Ja, das waren definitiv genug Gründe um, etwas schusselig, nach ihrem Portmoine zu greifen und die drei gigantischen Tüten zu bezahlen, voll mit Chips und Süßzeug, welche zusammengesetzt wahrscheinlich das doppelte an Volumen hatten, als das Mädchen selbst. Da war es ebenfalls nicht verwunderlich, dass dem Verkäufer die Augenbrauen in die Höhe des Haaransatzes geschossen waren, als die Dame ihren Hunderter loswurde.
    Summend war sie also den kompletten Weg zur Korallenbucht stolziert, - komischerweise machten ihr die vielen Tüten weniger aus, als erwartet - auch wenn es für die Herumstehenden mehr als unsinnig aussehen musste, die Auswahl ihrer Route. Eigentlich hatte sie vorgehabt nach Hause zu gehen, vielleicht einmal nach Sage und den anderen zu schauen! Aber nickend hatte sie sich zugeredet, dass ihre Mitbewohnerinnen sowieso gesagt hätten, sie solle öfters raus und nicht gleich wieder von ihrer Arbeit träumen, welche sie definitiv in der Nacht wieder aufgegriffen hätte - weshalb die Kleine ihre Bäckchen empört aufgebläht und sich zum Strand begeben hatte, wo sie einfach allein eine Packung Zuckerwatte verspeisen würde, bis ihr vielleicht durch die Atmosphäre dort eine neue Idee für eines ihrer Designe kommen würde. Ja, guter Plan, in der Tat.
    "Aaah..?", entkam es ihr deshalb verwirrt, als sie von Weitem auf einer Bank ein Häufchen von Blond entdeckte, welches verloren am Strand zu hängen schien. Wer..? Zu solch einer späten Stunde..? Fast hätte sie geglaubt, es wäre einer dieser unheimlicher, alten Männer, die sich Nachts in irgendwelche einsamen Eckchen verkrochen, um jungen Mädchen aufzulauern! - Doch halt, es war Yuri von der wir hier sprachen. So würde sie niemals von den Menschen denken, vorallem nicht von welchen, die ihr noch nichts getan hatten! Außerdem hatte sie ihre Nadeln dabei, für den Fall der Fälle, wusste sie sich zu wehren. Vorsichtig und leise näherte sie sich dem Haarschopf, bis sie nah genug war, um ihn ein paar Worte murmeln zu hören. Etwas harsch hob sie die Tüten und und schmiss sie links von dem Mann neben die Bank, was ihn womöglich ein wenig verschreckte. Was aber gut war, dachte sie zumindest - er wirkte nämlich nicht in Bestlaune und so würde sie ihn zumindest für einen Moment abgelenkt haben!
    "Ich bin hier. ~", teilte sie dann, ungefragt und mit einem breiten Lächeln mit, während sie sich ein Stück weit nach Vorne beugte, noch immer hinter der Bank stehend und dem Mann in die tiefblauen Augen schaute. Offensichtlich wusste sie, dass die Frage nicht an sie gerichtet war, doch das würde sie nicht davon abhalten, zu antworten. "Störe ich? Möchtest du.. gerne.. allein sein?", fügte sie dann, der Höflichkeit halber hinzu und da sie ihn nicht zu einer Unterhaltung zwingen wollte, sollte er gerade etwas Abstand von Menschen brauchen. Stumm zeigte sie auf ihr eigenes Gesicht, unte die Augen, womit sie hinterfragte, ob er geweint hatte. Vielleicht hätte sie das nicht machen sollen. Vorallem, da sie sich nicht sicher sein konnte, ob sie Recht hatte und selbst wenn - war das nicht mehr als aufdringlich gewesen? Was, wenn es ihm unangenehm war? Ohje, war sie zu direkt gewesen?


  • Regungslos starrte er aufs Meer hinaus, während er noch immer zusammengekauert auf der Bank hockte. Es hat einfach alles keinen Sinn mehr... So leer hatte er sich noch nie in seinem Leben gefühlt. Die Welt um ihn herum war innerhalb weniger Tage so trist geworden und mit jedem Tag, der verging, wurde alles grauer und grauer. All die verschiedenen Farben, die Pierre seinem Leben geschenkt hatte, waren verschwunden und einem trüben Nebel gewichen. Diese Melancholie, die in seinen Gefühlen mitschwang, setzten erneut die Tränen frei. So konnte das doch wirklich nicht weitergehen. Spätestens alle drei Tage Heulkrämpfe und nicht die leiseste Aussicht auf Besserung. Das schlimmste war einfach die Tatsache, dass er wirklich rein gar nichts von dem Franzosen wusste. Vielleicht war er in einen Unfall verwickelt worden und längst unter der Erde gelandet? Der Gedanke daran ließ den Blonden laut schluchzen. Es war einfach so unfassbar grausam. Seine Tränen vernebelten Matze den Blick, und so erschrak er umso mehr, als plötzlich einige Tüten neben ihm auf der Bank landeten. Auch das noch, jetzt kamen auch noch Fremde um ihm beim verzweifeln zuzusehen. Der junge Vater schluchzte noch einmal und schluckte, um wenigstens in einigermaßen akzeptabler Form mit der Fremden sprechen zu können. Verwirrt sah er auf, als sie auf seine Frage antwortete, die er eigentlich an Pierre gestellt hatte, wobei er nicht einmal bemerkt hatte, dass er diese laut ausgesprochen hatte. Seltsames Mädchen. Nicht nur die Tüten, welche voll Süßkram überliefen, einfach ihr ganzes Auftreten ließ ihn kurz an seinem Verstand zweifeln. Dennoch stellte sich die Situation nicht als Ergebnis seiner Einbildungskunst und des wenigen Glühweins und des Bieres heraus, sondern als real. Das wurde ihm spätestens in den Augenblick klar, als die junge Frau ihn fragte, ob sie störe. Schnell versuchte er sich die Tränen wegzuwischen, was dennoch nicht ihre Existenz verleugnete, immerhin war sein Gesicht rot und verschwollen. Noch einmal sah er kurz zu ihr, nur um daraufhin seinen Blick wieder zum Meer zu wenden. Vielleicht konnte ein wenig Smalltalk ihn auf andere Gedanken bringen. „Nein, ich...ist alles in Ordnung, mir geht’s gut. Setz dich ruhig.“ Zumindest ging er davon aus, dass sie sich setzen wollte, schließlich hatte sie bereits ihre seltsam gefüllten Tüten neben ihm abgestellt. Matze verließ seine zusammengerollte Position und ließ seine Füße in den Sand gleiten, sodass er seine Arme nur noch um seinen Oberkörper geschlungen hatte und nicht mehr ganz so affig wirkte.


  • Wieder einmal pustete die junge Dame ihre Bäckchen auf, bevor sie einige Schritte um die Bank herum machte und sich direkt vor dem Blonden nach Unten, zu seinem Gesicht hin beugte, - wobei sie auch so schon fast klein genug war, um in jenes zu blicken - welches sie einige Sekunden lang eindringlich begutachtete. Sie hob ihren Finger und wedelte ermahnend damit herum. "Du solltest dich nicht dazu zwingen, dich meinetwegen zusammenzureißen! Das ist nicht .. gut. Später wirst du dich dann nur umso schlechter fühlen..! Immerhin habe ich dich gestört .. nicht umgekehrt! Du darfst machen und sagen was du möchtest, da ich später hinzugekommen .. bin .. muss ich mich dir anpassen." Ihre merkwürdige Erklärung wurde unterbrochen, als die Lachshaarige sich wieder aufrichtete und es sich mit einer damenhaften Bewegung - wuhu, sie war ausnahmsweise nicht zu weit zur Seite gerutscht und auf den Boden gefallen!! - auf der rechten Seite der Bank bequem machte, nur einige Sekunden lang, denn dann stand sie wieder auf, murmelte ein leises: "Meine Süßigkeiten.." und wollte zurück zur Tüte laufen, doch ihre Pläne wurden erneut durchkreuzt - wer hätte das bloß kommen sehen. "Kya!", entkam es ihr, wie so oft, als sie mit ihrem Schnürsenkel hängen blieb und mit der Nase nach Vorne in den kalten Sand fiel. Viel zu lange blieb sie so dort liegen - vielleicht, weil es ihr zu peinlich war, nach der Aktion wieder aufzustehen, vielleicht aber auch, weil ihre Moral durch den Krankenhausaufenthalt und dem erneuten Unfall ein wenig im Boden versunken waren. Genauso wie sie im Sand. Sie hätte über das schlechte Wortspiel gelacht, hätte sie riskieren können, in jener Position den Mund aufzumachen. Nach einer Weile beschloß sie dann jedoch wieder aufzustehen, klopfte sich vorsichtig den Dreck vom dem Rock, dann vom Oberteil, machte ein paar große, langsame und vorsichtige Schritte zu ihren Tüten hin und krammte dann zwei Tafeln Schokolade heraus, wobei sie eine davon natürlich dem Bloden reichte. "Ah, die drei Uhr morgens Marry Poppins hört übrigens auf den Namen Yuri. Und sie ist froh, dass Sand weich ist, ansonsten wäre sie jetzt wahrscheinlich schon wieder im Krankenhaus gelandet. Oh! Und wenn du Schokolade nicht magst, sag es ruhig, ich habe noch ganz viele andere.. leckere Sachen dabei!"


  • Der Blonde rutschte schnell ein Stück zurück, als ihn das Gesicht der jungen Frau, welches im ungewöhnlich nahe gekommen war, aus seinen Gedanken riss. Mahnend erhob sie ihren Finger, nur um ihm mitzuteilen dass er sich ihretwegen nicht zusammen reißen brauchte. So ganz verstand der Blondschopf nicht, was sie da von sich gab, aber es war ihm auch völlig egal. Es interessierte ihn so oder so schon lange nicht mehr, was Fremde von ihm dachten. Der Grund dafür, dass er sich etwas zusammen riss, lag nicht bei ihrer Anwesenheit sondern alleine bei ihm selbst. Er war schließlich gerade auf dem besten Wege sich selbst zugrunde zu richten. Die Lachshaarige erhob sich und tapste hinüber zur anderen Seite der Bank, nur um sich darauf niederzulassen und direkt wieder aufzustehen. Scheinbar wollte sie zu ihren Tüten, allerdings stolperte sie und klappte vornüber direkt in den Sand. Matze hätte jetzt leise gelacht, aber aktuell war ihm einfach kein Stück nach lachen zumute. Regungslos verharrte sie dort einen Augenblick, vermutlich war durch den Fall in ihrem Kopf noch mehr durcheinander geraten als es sowieso den Anschein hatte. Einen Augenblick sah er noch auf das Mädchen hinab, wandte seinen Blick schließlich doch wieder hinaus aufs Meer. Zwar erkannte er aus den Augenwinkeln, wie sie sich wieder erhob, schenkte dem jedoch nicht viel Beachtung. Als sie jedoch an ihm vorbei schlich und den Sichtkontakt zum Meer unterbrach, riss sie ihn erneut aus den Gedanken, und als sie ihm eine Tafel Schokolade entgegen hielt blickte er nur unsicher zu ihr auf. Sie – also das Mädchen, nicht die Schokolade – stellte sich als Yuri vor und bot ihm auch andere Dinge aus ihrer Tüte an, sollte er keine Schokolade mögen. Der Blondschopf allerdings schüttelte nur den Kopf. Ihm war überhaupt nicht nach Essen zumute, auch nicht nach Schokolade, obwohl man dieser ja nachsagte sie würde in solchen Fällen wahre Wunder wirken. „Nein, danke.“, gab er zurück und blickte erneut in die Ferne. „Matze...“, stellte er sich leise vor. Ihre kleine Anekdote an das Krankenhaus überhörte er vollkommen, so sehr waren seine Gedanken benebelt. „Nimm's mir nicht übel, aber mir ist gerade nicht nach reden...“, murmelte er und warf dem Geschöpf neben ihm einen kurzen Blick zu. Hatte er nicht eigentlich Smalltalk halten wollen? Naja, manchmal war es einfacher nur über Dinge nachzudenken, als diese dann auch wirklich in die Tat umzusetzen.


  • Enttäuscht blickte die Hellhaarige erst zu dem Blonden, dann ebenfalls zum Meer, während sie sich ebenfalls zurück auf die Bank niederließ. "Ich dachte, es könnte vielleicht helfen..", murmelte sie kleinlaut in die übersichtliche Runde, als Kommentar auf ihre etwas unklaren Worte, die angebotene Schokolade und Matzes Ablehnung eines kurzes Gespräches hin. Man hörte heraus, dass sie keine Antwort verlangte und auch verstand, dass der Mann nicht reden wollte, doch mochte sie dennoch nicht drum herum kommen, ihr Verhalten zu erklären. Schließlich sollte er nicht denken, sie war eine verrückte, noch nicht ganz so alte Dame! Wobei..
    Ein lautloses Seufzen und auch sie hatte die Beine in die Höhe, auf die Bank gezogen. Sie ruschte ein Stück weit nach Hinten, um Platz für eben jene zu schaffen, bevor auch sie sie umschlang, so wie Matze vorhin. Einen Moment lang entschied sie sich wieder dafür, sie nach Unten zu senken, als ihr auffiel, dass der Schneider, sollte er ihr Aufmerksamkeit schenken, vielleicht denken könnte, sie äffte ihn nach - hielt dann jedoch in der Bewegung inne und beschloß doch sitzen zu bleiben, wie zuvor. Ihr Blick wanderte zum Mond und auch wenn er wunderschön war, stimmte er sogar sie gerade melancholisch. Als Kind hatte sie immer gerne auf der Terasse ihrer Hauses gesessen und mit ihrem Bruder den Mond beobachtet. Es war nicht ganz dasselbe, das er ein Teleskop bessesen hatte - doch hatte sie oft genug warten müssen, bis er sie endlich ebenfalls hindurch sehen ließ - weshalb ihr der Anblick der Ferne wohl doch etwas bekannter war, als die Nähe. Wie viele Jahre war es jetzt schon her..?
    Sie sollte unbedingt Allen darum bitten, mit ihr die Sterne beobachten zu gehen. Es war eine Beschäftigung, ruhig genug, um ihn nicht sofort zu vergraulen, ja, vielleicht würde sie ihm sogar gefallen! Erwähnen, dass sie allerdings gerade deshalb darauf Lust bekommen hatte, weil es sie an ihren verstorbenen großen Bruder erinnerte, würde sie allerdings nicht. Es wäre komisch, fand sie. Vorallem, da sie in den Friseuren sowieso einen Bruder sah! Aber kein Ersatz, nein, nein! Das durfte er nicht einmal eine Sekunde lang denken, denn so war es sicher nicht! Trotzdem war der Anblick vor ihr gerade bittersüß angehaucht.
    "Wieso haben schöne Dinge es eigentlich an sich, einen so furchtbar traurig zu machen..?", sprach sie leise, nicht sicher, ob es nun an sie selbst oder den Fremden gerichtet war. Er konnte natürlich jederzeit einfach aufstehen und gehen, vorallem, da Yuri sich mit diesen Worten nicht an die kleine Abmachung, nichts zu sagen, gehalten hatte. Es würde ihr definitiv nichts ausmachen - man sah sich immer zwei Mal im Leben.


  • Entweder überhörte er Yuris Rechtfertigung mit Absicht, oder seine Gedanken übertönten einfach fast alles um ihn herum. Vermutlich war es eine Mischung aus beidem, denn genau so wenig bemerkte er ihre sich ständig ändernde Sitzhaltung. Schade eigentlich, es gab nicht viele Menschen die sich darum bemühten Fremde aufzuheitern. Und dann nahm er es nicht einmal wahr. Aber er würde früher oder später noch genügend Zeit dafür finden, sich bei ihr für den lieb gemeinten Versuch zu bedanken.
    So sehr er es auch versuchte, allein schaffte er es nicht die Gedanken an all das, was ihn bedrückte zu verdrängen und leider half dabei weder das Gespräch mit einer Fremden, noch Schokolade. Vielleicht sollte er sich mal wieder bei seiner besten Freundin melden. Irgendwie schaffte die Asiatin es schließlich immer ihn von seinen Problemen abzulenken, selbst wenn dies durch neue Probleme geschah. Immerhin waren ihre Probleme auch seine und umgekehrt. Es war schön jemanden zu haben auf den man sich in wirklich jeder Situation, die einem das Leben stellte, verlassen konnte. Möglicherweise war auch jemand nicht damit einverstanden, dass er gleich drei von dieser Sorte hatte. Jean, die er auch schon seit einer Ewigkeit nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte (aber er wusste ja wie flatterhaft sie war), der, an dessen Namen er gerade am liebsten nicht dachte, da es nur alles wieder schlimmer machen würde, und Suiren. Immerhin einer von diesen war ihm noch geblieben.
    „Hmm?“ Der Blondschopf horchte kurz auf, als Yuri eine leise Frage stellte an dessen Klang sich nicht erkennen ließ, an wen sie gerichtet war, aber aktuell war es ihm egal ob sie ihm gestellt wurde der einfach nur laut ausgesprochene Gedanken waren. „Vielleicht weil sie einem zeigen, wie schlecht man es eigentlich hat.“ Das war die einzige plausible Erklärung für ihn. Matze warf einen kurzen Blick zur Seite. Hatte er die junge Frau, deren Namen er schon wieder vergessen hatte, mit seiner Trübsinnigkeit angesteckt? „Entschuldige, falls sich meine schlechte Laune auf dich übertragen hat.“ Das beste wäre wohl, wenn er nach Hause ging und seine beste Freundin anrief. Von der Uhrzeit ließ sie sich sicher nicht stören, wenn sie nicht sogar noch auf der Feier war. „Gute Nacht...“ Leise sprach er diese kurzen Worte zu der Schneiderin, ehe er sich langsam von der Bank erhob, noch einen kurzen, wehmütigen Blick aufs Meer richtete, und sich schließlich herum drehte um den Heimweg anzutreten.


  • "Oh..", entkam es ihr lediglich, als Matze nach einer Weile urplötzlich aufstand und sich von der Lachshaarigen verabschiedete, während sie selbst bloß den Kopf schief legte und ihm - auch wenn er sich schon längst umgedreht und in der Dunkelheit verschwunden war - noch zum Abschied winkte, bevor sie ihre Hand wieder auf ihre Knie legte und noch ein paar Minuten lang auf's Meer hinaus starrte.
    Wenn sie den Blonden irgendwann wiedersehen würde und er - oh bitte, bitte, sie wollte nicht, dass es Menschen, egal ob fremd oder lieb gewonnen eine längere Zeit über schlecht ging!! - hoffentlich besser gelaunt war, würde sie ihm wahrscheinlich in die Backe kneifen und ihm beleidigt und mit ebenfalls aufgeplusterten Wangen sagen, wie gemein es von ihm war, einfach anzunehmen, sie wäre seinetwegen ebenfalls nostalgisch geworden, auch wenn sie sich danach bloß entschuldigen und ihn wahrscheinlich grundlos umarmen würde!! Vielleicht sollte sie ihn aber auch mit Süßigkeiten bewerfen, oder .. oder.. ihn in ein merkwürdiges Cosplay stecken!!
    Okay, sie hatte ehrlich gesagt keine blasse Ahnung, was sie da eigentlich vor sich her dachte. Weshalb sie nach einer gewissen Zeitspanne wieder aufstand, sich zu ihren Tüten aufdrehte, diese einsammelte und sich noch einmal vergewisserte, auch ja nichts vergessen oder unterwegs verloren zu haben. Ihr würde noch etwas einfallen, was sie tun könnte, für den Fall der Fälle! Welcher wohl eher auftreten würde, als erwartet, schließlich teilten sich die Dummköpfe, ohne es zu ahnen, einen Arbeitsplatz. Ohje, das konnte vielleicht heiter werden! Möglicherweise sollte die Dame vorher ja noch ihre Shippingwall in eine dunkle, unbeachtete Ecke hängen, wo Niemand außer ihr je dessen Anblitz entdecken würde..?
    Mit dieser Überlegung im Kopf verschwand auch Yuri, schweren, mit Leckereien bepackten Schrittes im Schimmer der Nacht. ~


  • « Zoo.


    Nachdem die Brüder der fremden Insel unsanft aus dem mázasapa der Tiere rausgeschmissen worden waren und offenbar soetwas wie ein Verbot der Wiederkehr bekommen hatten - haha, als hätte sie das das erste mal schon gestört - waren die beiden getrennte Wege gegangen um jeweils den eigenen Gedanken nachzuhängen. So sehr er seinen Blutsbruder liebte, manchmal benötigte man etwas Zeit für sich und dem Stammesnachfolger ging es da nicht anders.
    Hahkota war nach wie vor erzürnt über die arrogante Haltung des Tierquälers. Warum man diese majestätischen Wesen überhaupt wegsperren musste, hatte er ihnen nicht beantworten können. Die Hochmut der Bleichgesichter widerte ihn an und da er es auf der Stelle nicht mehr aushielt, fing er an zu laufen, wohin auch immer ihn seine Füße auf dem unnatürlichen Boden tragen würden.
    Die Antwort lautete: zum Meer. Beim Anblick des mniwáŋča beruhigte sich sein Puls sofort und ein friedfertiger Ausdruck machte sich auf seinem dunklen Gesicht breit. Der blaue Ozean sah genauso aus wie in seiner Heimat, ein Bild das es hier nicht allzu häufig gab.Mit einem Lächeln verließ Hahkota den dunklen Weg aus dem fremdartigen Material und zu spüren war nun vertrauter Sand an seinen Füßen. Im nächsten Moment kitzelte ihn jedoch etwas kaltes an der Nase, weswegen der junge Mann irritiert zum wolkenbedeckten Himmel hinaufsah. Was war das? Welche merkwürdige Substanz fiel hier vom Himmel? Drohte dieser gar einzustürzen?! Doch der Himmel blieb ruhig, nichts war zu spüren außer eine kalte Brise vom Meer. Hahkota versuchte die weißen Kristalle zu fangen, die sich über die Landschaft ergossen, doch sie verschwanden kaum das er sie berührte. "šni wá?!", fluchte er laut und ging einige Schritte rückwärts, den Blick immer noch gen Himmel gerichtet.

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