[Cinnamon] & Kanno
[IMG:http://i46.tinypic.com/1zp2zyo.png]
Cinnamon hatte ihrem Großvater keine Gelegenheit gegeben zu widersprechen und fast erwartete sie, Kanno würde im Nachhinein Einwand erheben. Doch das tat er nicht. Stattdessen gab er ihr Recht. Cinnamon blinzelte verwirrt als sie aufsah. Hatte sie sich gerade verhört? Dennoch schmerzten seine Worte, als er ihr schlichtweg zustimmte, als wäre nichts dabei. Es klang so leicht dahingesagt, dass in dem Rotschopf erneut die Wut hochkroch. Zornig sprang sie auf und hätte dabei fast die Tasse mit dem restlichen Schlückchen kalten Tee umgeworfen. "Und du meinst das macht es jetzt besser? Hast du es überhaupt je versucht oder dich gleich mit dem Gedanken 'das ist nichts für mich, das kann ich nicht' aus der Verantwortung gezogen? Lehrst du deinen Schülern nicht an sich zu arbeiten, oder gilt das für dich einfach nicht?" Cinnamon hatte nicht erwartet, dass ihr Großvater in der Lage wäre sie noch mehr als üblich zur Weißglut zu treiben - doch siehe da, die bittere Wahrheit sah da anders aus. Ganz anders, als sie es erwartet hatte. Sie wusste um seine Fehler, trotzdem hatte sie mehr von ihm erwartet. Das war wohl nur natürlich, sahen doch so viele Leute zu dem weisen Magiermeister auf - nicht wahr? Aber er war auch nur ein Mann. Ein dummer, verschrobener, alter Mann. Nachdem er das auch so offen vor ihr kund gab, wurde ihr wieder bewusst, wie viel eigentlich zwischen ihnen stand. Erschöpft ließ sie sich wieder in den Sessel fallen, wobei sie eine Hand vor ihre Augen hielt. Sich dieses unsagbare Geschwätz, diese fadenscheinigen Erklärungen nun anzuhören, war einfach unerträglich. Begriff er überhaupt? "Ich habe dich nicht gehasst.", wiederholte sie und klang dabei unendlich müde. Dabei war es doch ihr Opa der sonst so klang. Aber es stimmte: Sie hatte all ihre negativen Gefühle auf die Magie gerichtet, dieser die Schuld gegeben, um ihren Großvater nicht zu hassen. Denn das hatte sie nie gewollt. "Und an dem Unglück trägst du keine Schuld.", fügte sie im selben Tonfall hinzu. Cinnamon hatte ihm eine Zeit lang die Schuld gegeben, ja, aber... das war nicht fair gewesen. Er hatte immer versucht das Beste zu tun und sie wollte sich nicht ausmalen, welche Vorwürfe er sich gemacht haben musste - oder vielleicht immer noch machte? - weil er ihre Eltern - seine Kinder - nicht hatte retten können. Was wollte sie sich also anmaßen? Den Punkt hatte sie bereits überwunden. Seine letzte Erklärung stimmte sie zwar nicht milder, stachelte aber auch die Wut nicht wieder an. Cinnamon ließ ihren Arm sinken und suchte den Blick ihres alten Herrn. "Wie hast du nur so blind sein können?" Die Frage war unbewusst laut über ihre Lippen gepurzelt, obwohl sie sie nur hatte denken wollen. In ihren Augen lag reines Unverständnis. War die Ignoranz also tatsächlich die größte Schwäche dieses Mannes? Konnte es auch die ihre sein? "Ich kann dir das nicht verzeihen.", fügte sie hinzu, fast in der Hoffnung, dass er dasselbe spürte, wie sie nach seinen Worten. War das grausam? Wie ungewohnt von ihr. Doch alles in ihr lechzte nach ausgeglichener Gerechtigkeit, so brutal sie sein mochte, doch noch viel mehr wollte sie etwas anderes: Friede. Kein Neustart, aber ein Weitergehen in gegenseitigem Verständnis. War das möglich? "Aber für das alles ist es wohl ein wenig zu spät.", murmelte sie und sackte dabei ein wenig in sich zusammen. Solch ernste Gespräche - das war einfach nichts für sie.