[Tori] & Gaius
'Ich sagte doch, du bist viel beeindruckender, als du vielleicht denkst.' Tori konnte nicht sagen, ob sich ihre Wangen aufgrund der Hitze des Feuers warm anfühlten - oder ob doch diese Worte der Grund dafür sein mochten. Sie, beeindruckend? Ein Mädchen, dass nur dank purem Glück noch am Leben war, statt durch Talent, Willensstärke oder Können? Die der Gesellschaft kaum etwas beitragen konnte, außer ein wenig in der Taverne sauber zu machen und Einkäufe zu erledigen? Die sich vor Letzterem auch lange genug geweigert hatte, weil die Angst das Haus zu verlassen, zu groß war? Die lieber kalte Kost aß, um so zu vermeiden, ein Feuer entzünden zu müssen? Ihr Herz war voller Angst und nichts, nichts davon war beeindruckend. Sie wünschte so sehr, Gaius' Gedankengänge verstehen zu können. An ihn gelehnt, neigte sie nur leicht den Kopf von links nach rechts, die Andeutung eines Kopfschüttelns, den Blick weiterhin auf die Flammen im Kocher gerichtet. Als dürfte man sie für keinen Moment aus den Augen lassen, damit sie nicht ihre Zerstörungskraft entfalteten. So jedoch.... so wirkten sie fast.... friedlich. Ein eigenartiger Gedanke. Sie nickte in einer ebenso leichten Bewegung als Zustimmung zu seinen darauffolgenden Worten. Es war warm. Angenehm. Wohltuend. So wie er selbst. Als schien auch vom Schmied selbst eine kraftvolle Eigenwärme auszugehen, die sie einlullte. Aber das machte doch keinen Sinn... tat es? Nur schwer konnte sich Tori vom Anblick der züngelnden Flammen lösen. Fast schon routiniert griff sie nach den notwendigen Utensilien, hing einen bereits rußgeschwärzten Kessel über die Feuerstelle, wusch und schälte Gemüse und gab ihrem Liebsten genug zum klein schneiden. Sobald es mal brannte, wusste die Maid ziemlich genau wie sie zu arbeiten hatte. Vermutlich ging sie deshalb so unbeirrt, fast schon ernsthaft vor, um die Angst vor den Flammen in Schach zu halten. Diese behielt sie stets im Blick, sie konnte gar nicht anders. Solange bis alles im Kessel vor sich hin köchelte. Eintopf. Sie liebte Eintopf einfach. "S-Setz dich doch schonmal.", meinte sie, während sie noch die letzten Sachen im Bottich abwusch. Dann holte sie zwei Tonschüsseln aus dem Schrank und füllte sie mit Essen. Die Flammen in der Feuerstelle waren bereits kleiner geworden, klammerten sich an die bereits kohlschwarzen Holzscheite. Sie hatten keine mehr nachgeworfen. Tori reichte Gaius eine Schüssel, ehe sie sich ihm gegenübersetzte und einen guten Appetit wünschte. Sie hoffte es schmeckte. Sie kochte so selten für andere - ja auch für sich selbst - dabei befriedigte sie die Tätigkeit sogar. Sehr. Paradox irgendwie, nicht? Aber den Grund hatten wir ja längst eruiert. Tori schob nachdenklich ihr Essen von A nach B auf den Teller - es war noch zu heiß zu kosten. "G-Gaius.", begann sie zögerlich, den Blick noch auf den Eintopf gerichtet, "Wo-Wovor h-hast du eigentlich... Angst?" Hatte sie ihn das schon einmal gefragt? Unsicher blickte sie auf. Es war eine ziemlich persönliche Frage und sie fände es mehr als verständlich, wenn diese daher unbeantwortet bleiben würde. Mehr und mehr hatte sie jedoch das Gefühl, mehr verstehen und mehr wissen zu wollen - über Menschen und Andersgleichen, nicht über Dinge - und mit dem Zwerg, nun, da rückte auch das Erreichen wollen plötzlich in eine seltsame Nähe. Nur... was genau war es, was sie erreichen wollte?