Die Taverne

  • [Tori] & Gaius



    'Ich sagte doch, du bist viel beeindruckender, als du vielleicht denkst.' Tori konnte nicht sagen, ob sich ihre Wangen aufgrund der Hitze des Feuers warm anfühlten - oder ob doch diese Worte der Grund dafür sein mochten. Sie, beeindruckend? Ein Mädchen, dass nur dank purem Glück noch am Leben war, statt durch Talent, Willensstärke oder Können? Die der Gesellschaft kaum etwas beitragen konnte, außer ein wenig in der Taverne sauber zu machen und Einkäufe zu erledigen? Die sich vor Letzterem auch lange genug geweigert hatte, weil die Angst das Haus zu verlassen, zu groß war? Die lieber kalte Kost aß, um so zu vermeiden, ein Feuer entzünden zu müssen? Ihr Herz war voller Angst und nichts, nichts davon war beeindruckend. Sie wünschte so sehr, Gaius' Gedankengänge verstehen zu können. An ihn gelehnt, neigte sie nur leicht den Kopf von links nach rechts, die Andeutung eines Kopfschüttelns, den Blick weiterhin auf die Flammen im Kocher gerichtet. Als dürfte man sie für keinen Moment aus den Augen lassen, damit sie nicht ihre Zerstörungskraft entfalteten. So jedoch.... so wirkten sie fast.... friedlich. Ein eigenartiger Gedanke. Sie nickte in einer ebenso leichten Bewegung als Zustimmung zu seinen darauffolgenden Worten. Es war warm. Angenehm. Wohltuend. So wie er selbst. Als schien auch vom Schmied selbst eine kraftvolle Eigenwärme auszugehen, die sie einlullte. Aber das machte doch keinen Sinn... tat es? Nur schwer konnte sich Tori vom Anblick der züngelnden Flammen lösen. Fast schon routiniert griff sie nach den notwendigen Utensilien, hing einen bereits rußgeschwärzten Kessel über die Feuerstelle, wusch und schälte Gemüse und gab ihrem Liebsten genug zum klein schneiden. Sobald es mal brannte, wusste die Maid ziemlich genau wie sie zu arbeiten hatte. Vermutlich ging sie deshalb so unbeirrt, fast schon ernsthaft vor, um die Angst vor den Flammen in Schach zu halten. Diese behielt sie stets im Blick, sie konnte gar nicht anders. Solange bis alles im Kessel vor sich hin köchelte. Eintopf. Sie liebte Eintopf einfach. "S-Setz dich doch schonmal.", meinte sie, während sie noch die letzten Sachen im Bottich abwusch. Dann holte sie zwei Tonschüsseln aus dem Schrank und füllte sie mit Essen. Die Flammen in der Feuerstelle waren bereits kleiner geworden, klammerten sich an die bereits kohlschwarzen Holzscheite. Sie hatten keine mehr nachgeworfen. Tori reichte Gaius eine Schüssel, ehe sie sich ihm gegenübersetzte und einen guten Appetit wünschte. Sie hoffte es schmeckte. Sie kochte so selten für andere - ja auch für sich selbst - dabei befriedigte sie die Tätigkeit sogar. Sehr. Paradox irgendwie, nicht? Aber den Grund hatten wir ja längst eruiert. Tori schob nachdenklich ihr Essen von A nach B auf den Teller - es war noch zu heiß zu kosten. "G-Gaius.", begann sie zögerlich, den Blick noch auf den Eintopf gerichtet, "Wo-Wovor h-hast du eigentlich... Angst?" Hatte sie ihn das schon einmal gefragt? Unsicher blickte sie auf. Es war eine ziemlich persönliche Frage und sie fände es mehr als verständlich, wenn diese daher unbeantwortet bleiben würde. Mehr und mehr hatte sie jedoch das Gefühl, mehr verstehen und mehr wissen zu wollen - über Menschen und Andersgleichen, nicht über Dinge - und mit dem Zwerg, nun, da rückte auch das Erreichen wollen plötzlich in eine seltsame Nähe. Nur... was genau war es, was sie erreichen wollte?

  • Gaius & Tori


    Die Flammen brannten langsam, leicht. Sanft lullten sie sich in die Wogen des kaum vorhandenen Luftzuges, der durch ein offenes Fenster in der großen Taverne entlang der Räume glitt, unbemerkt und dennoch mit Sicherheit vorhanden. Ein Hauch von Glück, Zufriedenheit oder war es Stolz? Gar eine Mischung aus allem? Gaius konnte es nicht recht beschreiben, doch das, was er fühlte, als es Tori gelang, ihre Angst zu überwinden - wenn auch nur ein kleines bisschen, ein kleines Stückchen am heutigen Tage - gab ihm ein positives, ein warmes Gefühl. Es war interessant, wie man sich anderer Lebewesen wegen freuen konnte, wie solch Dinge, die für einen Selbst doch eigentlich gar keine Bedeutung hatten mit einem Mal doch von Bedeutung werden konnten. Natürlich hatte Gaius dies schon früher hin und wieder erlebt, hatte er doch gerne mit friedlichen, wilden Monstern seine Zeit verbracht - doch für eine andere Person, einen Menschen? Er konnte nicht wirklich behaupten, dass dies mit Sicherheit schon jemals der Fall gewesen war. Das Essen wurde schnell zubereitet, es dauerte gar nicht allzu lang, da waren bereits alle Zutaten durch und der Eintopf wurde aufgetischt. Dass das Essen noch vollkommen heiß war und dem Genuss der Nahrung die Gefahr umgab, sich die Zunge zu verbrennen - das interessierte den Zwerg herzlich wenig. Es war kein Geheimnis, dass ihn die Hitze noch nie gestört hatte, dass er das Feuer der Schmiede liebte und auch die Hitze des frischen Eintopfes störte den Vielfrass mit Nichten. Er nahm einen ersten Bissen, sein Gesicht hellte sich beim Geschmack noch ein Stück weiter auf und er begann enthusiastisch weiterzulöffeln, ganz wie ein kleines Kind, welches schon Stunden auf das Abendmahl wartete. Anders als Tori, welche mit ihrem Essen fast schon ein wenig herumspielte, ehe sie seinen Namen sprach - dabei noch immer auf die volle Schüssel vor sich blickte. Der Zwerg hielt kurz inne, der Löffel hing noch in seinem Mund, sah hoch zu der Magd und lauschte ihren Worten. Erneut, wie so oft, überraschten ihn die Worte - so selten wusste er, was Tori denn als nächsten tun, als nächstes sagen würde. Ihm schien, als sei die junge Frau ein offenes Buch, welches trotz allem unlesbar war - eine merkwürdige Analogie, wenn man doch einmal bedachte, dass es dem Lesen an sich erst relativ mager mächtig war. Ob er eines Tages mehr verstehen würde, den Inhalt der unzähligen Seiten vielleicht sogar erahnen? Es war ein unglaublich gutes Buch, eines, welches er niemals aus der Hand legen mochte. Der Einäugige hielt in seiner Bewegung inne, dachte offensichtlich über das, was Tori ihn gerade gefragt hatte, nach. Ein paar Sekunden dauerte es, bevor er den Löffel aus seinen Mund nahm und mit diesem in der linken Hand ein wenig herumspielte, die Iride seines Augen war ein wenig in die obere Ecke gehuscht, während er überlegte. Eine interessante Frage - die Sinn machte, hatten sie kurz zuvor nicht auch über die Ängste der Bebrillten gesprochen? Gaius entkam ein kleines Glucksen, sein Auge widmete sich wieder seinem Gegenüber und ein Schmunzeln huschte über seine Lippen. "Ich hatte ein wenig Angst vor dir, bei unserem ersten Treffen.", erwiderte er dann belustigt, die Frage zunächst einmal nur oberflächlich angehend, auf die Reaktion seiner Freundin auf diese Offenbarung hin, gespannt.

  • [Tori] & Gaius



    Es war ein Jammer. Tori war so in ihre Gedanken versunken, bevor sie die Frage in den Raum gestellt hatte, dass sie die Begeisterung über das Essen in Gaius' Gesicht absolut verkannte. Sie blickte erst in seine Richtung, nachdem die Worte Klang bekommen hatten - und sah so nur sein Innehalten, das Erstaunen welches in seinem Auge aufblitzte, den Löffel noch im Mund. Sie wusste nicht, was er dachte - wusste es nie. Stattdessen nur der eigene Zweifel, nicht doch zu weit gegangen zu sein, zu forsch. Aber nein. Nicht bei Gaius. Er würde ihr einfach direkt sagen, wenn er über etwas nicht sprechen wollte. Dennoch...

    Sie bekam eine Antwort. Tori blinzelte.

    "W-Was?!", entfuhr es ihr schließlich und mit einem Mal saß die Maid vollkommen gerade auf ihrem Stuhl. "I-Ich... D-Du... A-A-Aber... W-Was?!" Tori erkannte den Schalk in seinen Augen, das Schmunzeln auf den Lippen und beruhigte sich wieder ein wenig. Er meinte es ernst. Trotz aller Schlagfertigkeit. Aber... warum?

    Zum aller ersten Mal waren sie sich begegnet, als sie an einem Baum gefesselt dem Minotaurus ausgeliefert gewesen war. Hilflos, ein Opfer grausamer Mächte. Wie könnte sie so irgendjemanden Angst einjagen? Er hatte ihr verdammtes, einfaches, wertloses Leben gerettet und sich dafür - für sie, eine Person die er nicht kannte - in Gefahr gebracht. Diese Tatsache war ihr immer noch unverständlich. Sie wünschte, einen solchen Mut zu besitzen. An seiner Stelle wäre sie wohl einfach in Ohnmacht gefallen vor Schreck. Brachte Gaius hier gerade die Angst ihr gegenüber und dem Minotaurus oder dem Retter-spielen durcheinander? Nein. Moment.

    Sie blinzelte, als die Erkenntnis sie ereilte. Das war überhaupt nicht die erste Begegnung gewesen. O-Oder? Tori versuchte sich angestrengt zu erinnern.

    Alvarna. Das Inn. Die Maid suchte den Blick ihres Freundes. Stimmt, dachte sie, Das Inn hatte Feuer gefangen. Ich habe Hilfe gesucht. Und sie in Gaius gefunden. "D-Du warst damals in der Schmiede.", erinnerte sie sich. "In Alvarna." Wie hatte sie das vergessen können? Ihr Herz wurde schwer dabei. Alvarna. Ihre Heimat. Dem Erdboden gleich gemacht, begraben unter Asche. Es tat weh sich daran zurück zu erinnern und an das, was nicht mehr war. An all die Angst, die sie seither aushalten musste. Ihre Furcht vor dem Feuer, die sich seither immer wieder aufs Neue bewahrheitet hatte. Kein Wunder hatte sie die Begegnung mit Gaius zusammen mit dem Schreck und den Verlust in sich vergraben.

    Sanft kullerten die Tränen ihre Wangen hinab. Tori bemerkte sie nicht. Sie sah noch immer zu dem Zwerg - in seine Richtung, aber nicht wirklich hin. Der Blick war fern, sah sie vor ihrem inneren Auge doch die Ereignisse der Vergangenheit sich wiederholen. "Aber warum?", hauchte sie, unbestimmt, worauf ihre Frage abzielte.

  • Gaius & Tori


    Das Schmunzeln auf den Lippen des Schmieds wurde ein klein wenig breiter, als Tori sich mit einem Mal aufrichtete und ihn vollkommen entgeistert anstarrte. Ihr plötzlicher Ausruf und die verwirrten Wortfetzen, die daraufhin folgten, galten für Gaius selbst als voller Erfolg - immerhin hatte er mit seiner kleinen Aussage genau das heraufbeschwören wollen. Natürlich war sie überrascht! Wie konnte es auch anders sein, nicht? Seine Worte waren vollkommen überraschend gewesen, richtig? Das war es zumindest, was er sich gedacht hatte, aber so ganz genau konnte man das vorher natürlich nie wissen. Tori war unglaublich schlau, unglaublich belehrt und schien auch eine sehr ausgereiftes, komplexes Innenleben zu haben - soviel war dem Mann durch ihre Gespräche schon bewusst geworden - und so war es einfach unmöglich für ihn, kein schelmisches, zufriedenes Grinsen auf dem Gesicht gemalt zu haben, als er es schaffte, sie vollkommen den Faden verlieren zu lassen. Die Magd brauchte nicht lange, um sich an die Begebenheiten ihres ersten Treffens zu erinnern und der Einäugige lauschte bloß ihrer vokalen Erkenntnis. Er wollte gerade zum Wort ansetzen, da kam Tori ihm unerwarteterweise zuvor - und nun war es an Gaius etwas irritiert zu blinzeln. Seine Augenbrauen zogen sich in seiner Konfusität zusammen und die Hand, die bis eben noch mit dem Besteck in der Luft gespielt hatte, kam abrupt zum Stehen. Es dauerte einen Augenblick, bis der Mann begriff, was genau passierte. Es war ihr auf einmal merkwürdig scheinender Blick, welchen er zuerst bemerkte, gefolgt von den Tränen, die ihre Wangen bedeckten und lautlos auf den Holztisch zwischen ihnen prallten. Die Augenbrauen, die zunächst einmal zusammengekommen waren, hoben sich nun in die Höhe, ein wenig erschrocken - sein Gesichtsausdruck veränderte sich, das Grinsen auf seinem Gesicht erlosch schlagartig. Ihr leises Hauchen war es, was er als letztes mitbekam und nun ließ der Schwarzhaarige seinen Löffel endgültig, gar etwas achtlos, mit einem Klirren auf den Tisch sinken, in seinem Auge herrschte der Ausdruck von Verwirrung, Hektik und Sorge. "Ich-... Du.. Wieso weinst du?", fragte er, die Schlagfertigkeit, für die er doch sonst so bekannt war, schien gerade wie ein bloßes Gerücht. Er verstand nicht, was in Toris Kopf vorging, konnte nicht sehen, was sich dort abspielte und so arbeitete er mit dem, was für ihn sichtbar war. Es war eindeutig, dass er einen Fehler gemacht hatte, nicht? Dass seine Worte der Auslöser für ihre Reaktion, ihre Tränen waren - und er sie unweigerlich damit verletzt hatte. Die Körperhaltung des Schmieds war unruhig, es war nicht schwer zu übersehen, dass er ein wenig zappelig dasaß, nicht sicher, ob er nun aufstehen sollte, zu Tori gehen, sitzen bleiben, sich entfernen - ah, es gab so viele Möglichkeiten und er wusste nicht einmal ansatzweise, welche davon nun die passende, die richtige Vorgehensweise war. Verflucht, war er wirklich so unfähig, dass er selbst bei seiner Freundin nicht wusste, wie er zu agieren hatte? Sich nicht dessen bewusst gewesen war, sie zu verletzten, noch während er es tat? "Weil.. also.. du, nein... nicht du, sondern.. Tori-", begann er erfolglos, einfach nicht die passenden Worte findend und seine Hände ein wenig über der Tischplatte hinweg, in Richtung Toris rückend, "Ich.. ich meinte ja überhaupt nicht dich! Also, nicht vor dir! Also, nicht spezifisch vor di..-" Nichts, was er zu sagen, zu erklären begann, schien ihm ausreichend genug, seine Worte überschlugen sich, je mehr er sprach und zum Ende hin gab er sich geschlagen, noch immer in seinem Kopf weiter nach Silben suchend, die er nun zu verwenden hatte.

  • [Tori] & Gaius



    Die Magd befand sich nicht hier - nicht wirklich jedenfalls. Sie hatte sich stattdessen in ihren Erinnerungen verflochten und erst Gaius' Worte ließen sie wieder klar sehen. "W-Was?", sagte sie in Unverständnis. Weinen? Sie? Sie... weinte? Zögerlich hob sie eine Hand an ihre Wange und spürte die Feuchtigkeit, die sich auf ihrer Haut verfangen hatte. Selbst in Erstaunen sah sie auf die Fingerspitzen, die ihre nassen Tränen abgewischt hatten. Tori war so nah am Wasser gebaut, dass sie es dieses Mal nicht einmal selbst gemerkt hatte. So sehr hatten die Bilder der Vergangenheit sie eingeholt. Erstaunlich, wirklich. Es war doch schon so lange her?

    Tori sah zu ihrem Freund, war völlig selbstvergessen. Sein Ausdruck jedoch - der sprach Bände. So hatte sie ihn nur selten gesehen. Was hatte sie nur schon wieder gemacht? "T-Tut mir l-leid...", stammelte sie, obwohl ihr noch gar nicht klar war, für was überhaupt. Seine Worte hatten sie nicht verletzt, nicht wirklich. Schalkhaft, humorvoll - nicht böse. So nahm sie sie auch nicht wahr. Doch es wirkte so, nicht? Vielleicht? Möglicherweise? Dabei waren es nur die Erinnerungen, die dadurch zufällig hochgekrochen waren. Woher hätte er es denn auch ahnen sollen? Sie hatte ja selbst bis eben nicht mehr daran gedacht - lange nicht mehr. Verdrängen konnte etwas Heilsames sein, doch der Schmerz darüber würde nie ganz vergehen.

    Gaius war unglaublich. Tori schämte sich für ihre heftige Reaktion und umso mehr schätzte sie seine Fürsorge. "Ich hab mich nur an etwas erinnert...", erklärte sie leise und ergriff seine Hand, die er ihr auf dem Tisch entgegenhielt. Sie fühlte sich warm an, gab ihr Halt. Es war nichts Schlimmes geschehen. Mit der freien Hand wischte sie die letzten Tränen schließlich weg. "T-Tut mir l-leid, d-dass i-ich so nah am W-Wasser ge-gebaut bin." Sie errötete dabei ein wenig, blickte jedoch zu ihm. Er hatte es wirklich nicht leicht mit ihr! Gab sie sich wirklich jede Mühe ihn gleich wieder zu verscheuchen? Konnte sie denn gar nichts zusammen halten? Das selbst dem Zwerg die Worte fehlten! Gaius, der doch sonst immer etwas Kluges zu sagen wusste! Oh. Beinahe hätte sich ein Lächeln auf ihre Lippen stibitzt, doch sie wagte es noch nicht, da sie seine Reaktion nicht einzuschätzen wusste. "Das du es einmal bist, der herum stammelt, statt ich, ist jedoch merkwürdig erfrischend..." Sie hatte es gesagt. Ohne Stottern. Ein Witz. Obwohl sie sich nicht ganz sicher war, ob er gut gewählt war. Daher wartete sie mit dem lächeln, bis Gaius sein schockiertes Gesicht ablegen konnte. Schon komisch. Meistens war sie es, die schockiert dreinblickte, während er locker sagte was er dachte. Aber sie konnte das. Sie konnte so viel mehr, wenn er da war.

  • Gaius & Tori


    Irritiert war er, der Mann. So ganz und gar irritiert davon, dass auch Tori mit einem mal verwirrt schien, sich mit einem Mal auch zu entschuldigen begann. Wofür entschuldigte sich die Magd gerade? Gaius verstand es nicht, doch kaum einen Sekundenbruchteil später griff sein Gegenüber nach der Hand, die er zuvor ausgestreckt hatte und der Zwerg nahm dies als gutes Zeichen. Sie fuhr fort, die Frau, erklärte, dass sie sich an etwas erinnert habe - also waren es gar nicht seine Worte an sich gewesen, die sie so sehr verstimmt hatten? Sie entschuldigte sich erneut, diesmal, mit Begründung und Gaius Gesichtszüge wurden ruhiger, seine Körperhaltung verlor an Zappeligkeit, dennoch schwing noch immer ein Hauch von Sorge mit. Erst, als Tori erneut zum Wort ansetze, er den Schatten eines Lächeln auf ihren Lippen aufblitzen bemerkte, ihre Worte einen Moment lang auf sich einwirken ließ - erst dann zuckten auch seine Mundwinkel nach oben um, in ein warmes, ruhiges Lächeln. "Ich liebe sie wirklich, deine Stimme..", war das erste, was seiner Kehle entkam, eine Aussage, die gar nicht mal an Tori gerichtet war. Es waren Gedanken gewesen, die entkommen waren, eine bloße Feststellung, die leise in den Raum trat. Wer Gaius auch nur wenige Minuten kannte, dem sollte wohl bewusst sein, dass er kein Geschöpf war, dem so etwas wie ein Konzept der Scham, der Peinlichkeit bekannt war - wie sollte es auch, bei der Persönlichkeit die er hatte? Würde er sich für irgendetwas schämen, was er tat, dachte oder sagte, so wäre es ja kaum möglich, immer das zu sprechen, was er dachte - immer so zu handeln, wie es sich in jenem Moment richtig anfühlte. Und dennoch fühlte er sich ein wenig ertappt, als er realisierte, was er da gerade gesagt hatte - und man merkte schnell, dass er ein wenig errötete, ein wenig verunsichert war, sich dies jedoch nicht allzu sehr anmerken lassen wollte. Mit Tori war es nun einmal etwas anderes - etwas Neues, etwas Besonderes - alles hiervon. Da machte es Sinn, nicht? Gaius wand den Blick seines Auges ein wenig ab, begutachtete den hölzernen Tisch vor ihnen, auch wenn es offensichtlich doch gar keinen Grund hierfür gab. "Du..", begann er dann, das gesunde Auge wieder zu seiner Freundin wendend, "Du musst dich nicht dafür entschuldigen, du selbst zu sein.. so zu reagieren, wie du es eben tust. Niemals. Was ist denn falsch daran, nah am Wasser gebaut zu sein?" Er war nicht sicher, ob er seine Botschaft richtig, passend ausgedrückt hatte - aber er hatte das Gefühl, dass Tori ihn so oft verstand, auch dann, wenn er Probleme damit hatte, sich zu erklären. War das nicht ein Teil der Magie zwischen ihnen? Er wartete einen Moment, entschloss sich dann jedoch noch einmal nachzuhaken: "Woran.. hast du dich denn erinnert?", fragte er vorsichtig, in seiner Frage schwing offen die Absicht mit, Tori zu keiner Antwort zwingen zu wollen, "Etwas, worüber du reden möchtest?"

  • [Tori] & Gaius



    Gaius' Erwiderung war eine ganz andere, als sie vermutet hätte.

    'Ich liebe sie wirklich, deine Stimme..' Der Widerhall seiner Worte klang in ihr wider. Es war der Maid unerklärlich, woher er sie stets nahm - diese willkürlichen Aussagen. Doch sie hatte sie längst schätzen gelernt.

    Sie wusste dennoch nicht immer damit umzugehen. Abgesehen von ihm hatte ihr nie jemand Komplimente gemacht. Tori lernte nur langsam, sie nicht ständig abzutun, sondern hin und wieder auch anzunehmen. Es war schon seltsam, dass sie so etwas lernen musste. War es denn überhaupt richtig? Nicht etwa egomanisch?

    Möglicherweise, doch dieses mal, da konnte sie nur Staunen. Ihre Augen wurden groß und ihr Mund hatte sich einen Spalt breit geöffnet, bereit etwas zu sagen, einen Schwall an Worten. Doch nichts. Sie blieb in Verwunderung zurück, wie jemand so etwas zu ihr sagen konnte, so von ihr denken, sie wertschätzen konnte. Ihr Herz pochte schneller, nicht jedoch vor Angst oder Nervosität, nein. Aufgrund von Wohlgefallen, von... Erregung?

    "...Danke.", hauchte sie schließlich, meinte es so aus tiefster Überzeugung. Danke. Für dich. Wie sehr sie diesen Mann liebte! Es war ihr unerklärlich und je mehr sie sich darauf einließ, desto stärker schienen diese Gefühle zu werden. Gaius drehte den Kopf weg, errötete sichtlich, etwas was ihr noch nie bei ihm aufgefallen war und sie tat es ihm instinktiv gleich, blickte kurz auf das Essen vor ihr, jedoch nicht für lange. Stattdessen drückte sie seine Hand einmal fest, um ihre Wertschätzung über sein Kompliment anzubringen. Unbeabsichtigt dargebracht fühlte es sich fast noch ein wenig wertvoller an.

    Als er seinen Zuspruch gab, nickte sie nur unmerklich. Ein Teil von ihr - ein sehr irrationaler, leidenschaftlicher Teil - wollte einfach aufstehen, zu ihm gehen und ihn küssen. Für eine ganze Weile ohne damit auch nur einmal aufzuhören. Wie konnte jemand immer die perfekten Worte finden? Wie konnte jemand so viel Wärme und Gutmütigkeit ausstrahlen? Wie konnte jemand so sein wie Gaius war - zu ihr?

    Es hätte unmöglich sein müssen. Und doch saß er hier bei ihr, bei frischem Eintopf, als wäre es das Normalste auf der Welt. Zugegeben: Es war schon eine sehr, sehr verrückte Welt.

    Als er sie schließlich fragte, ob sie darüber reden wolle, ging sie in sich. Tori löste die Hand schließlich aus seiner, um sich wieder dem Essen zu widmen. Richtig, diesmal. Im Gegensatz zu gerade eben, fühlte sie sich jedoch bestärkter und ihr kam es albern vor, dass ihr wirklich gerade noch einige Tränen entfleucht waren. Doch sie schämte sich nicht mehr dafür.

    "Es war einfach...", begann sie und nahm einen Löffel voll Eintopf, während sie überlegte. Weshalb konnte sie jetzt so viel ruhiger darüber nachdenken? "Unsere erste Begegnung war an dem Tag, als das Inn abgebrannt ist. Das habe ich absolut ver-verg-ge; verdrängt." Sie hielt kurz inne. "Ich habe da gewohnt, und-" An ihre Heimat zu denken, versetzte ihr noch immer einen Stich im Herzen. "Obwohl ich hier nun auch schon lange lebe, habe ich noch nicht das Gefühl Trampoli mein zu Hause nennen zu können.", schloss sie schließlich und fühlte sich... irgendwie leichter? Die Flucht aus Alvarna hatte sie dabei noch nicht einmal angesprochen, nur das Inn, aber ein Gedanke hatte zum nächsten geführt. Wenn sie so überlegte... wusste sie gar nicht, ob Gaius ebenfalls in Alvarna heimisch gewesen war oder ob er zuvor woanders gelebt hatte. Vielerlei Orte, womöglich? Doch gerade, da brachte die Magd es nicht über sich, zu fragen.

  • Gaius & Tori


    "Oh.", war das erste und zunächst einmal einzige, was Gaius über die Lippen kam, als er Toris Worten, ihrer Erklärung lauschte. Es war keine gute Antwort, keine gute Erwiderung, aber es war einfach das, was ihm als erstes in den Sinn kam. Es stimmte, jetzt, wo sie es so sagte. Bei ihrem ersten Treffen, damals, da hatte es gebrannt, das Inn, die gesamte Stadt, Gebäude, Menschen - es hatte viele Tote gegeben. Es war viel Blut vergossen worden. Es machte Sinn, dass sie den Tag in schlechter Erinnerung hatte, dass sie nicht gerne daran dachte - dass sie hierher geflüchtet war, sie alle eigentlich, selbst Leo und seine Schmiede hatten hier ein neues Zuhause gefunden. Es war dem Schmied entfallen, irgendwie. Auch wenn dies vielleicht keinen Sinn machte, denn wie konnte einem solch ein enormer Schicksalsschlag denn eigentlich überhaupt entfallen? Der Einäugige wand den Blick ein wenig ab, richtete ihn auf eine unbestimmte Stelle des Tisches, schien ein wenig selbst in Gedanken versunken, in dem Versuch, sich zu erinnern. "Du hast Recht.", fuhr er dann fort, eine bloße, nüchterne Aussage, in welcher dennoch ein Hauch von Überraschung steckte, "Ich hatte ganz vergessen." Ironisch, irgendwie. War es ihm doch genauso wie der Blonden entgangen - vergessen, verdrängt. Welche Wortwahl war hierbei wohl die passendere? "Es tut mir Leid.", fügte er hinzu, darauf bezogen, dass er dieses schwierige Thema doch ohne Absicht angesprochen, wieder an die Oberfläche befördert hatte. Tori hatte Angst vor dem Feuer, nicht? Oh, wie sinnig diese Erkenntnis doch war, wenn man einmal bedachte, was es ihr doch alles im Leben genommen hatte. Der Schwarzhaarige sah wieder auf, suchte wieder den Blick der Magd, setzte ein kleines, den Ansatz eines Lächelns auf. "Ehrlich gesagt habe ich wenig Erinnerung an diesen Tag.. ich weiß, dass ich dich getroffen hab', dass ich ein wenig eingeschüchtert von dir war, von allen Leuten, die mir über den Weg kamen, immerhin hatte ich nur selten die Schmiede verlassen und an jenem Tag war ich wohl.. dazu gezwungen. Und wie du weißt, bin ich wirklich schlecht mit Menschen." Er hielt inne, nicht sicher, worauf er mit dem Gesagten überhaupt hinaus wollte. Ein Zugeständnis, eine Erklärung - zum Teil, ja. Er wollte auch sicher gehen, dass Tori seine vorherigen Aussagen nun besser zuordnen konnte, vielleicht. Ah, wie hätte er sie, diese Frau auch vergessen können? Sie hatte sich bereits bei ihrer ersten Begegnung in seine Erinnerungen geprägt, hatte schon immer einen gewissen Hauch, eine gewisse Art, einen Schimmer gehabt, der ihn in den Bann gezogen hatte. Von dem er einfach, bis heute, wahrscheinlich für immer - nicht genug kriegen konnte. "Findest du es hier.. denn so schlimm?", fragte er also schließlich, nicht sicher, was die Antwort darauf sein würde. Wenn sie sich hier nicht heimisch fühlte und ihre eigentliche Heimat nicht mehr existierte - gab es dann überhaupt eine Möglichkeit, dies zu ändern? Es ihr hier angenehmer zu machen? Hatte Gaius diesbezüglich ähnliche Gefühle? Er hatte nie darüber nachgedacht, schien dies jedoch verneinen zu können. Sein Zuhause war immer dort gewesen, wo er schmieden konnte - es hatte ihn nicht wirklich geschert, wo und wie dies geschah. Sein richtiges Zuhause, das, aus welchem er stammte, dies hatte er schon lange nicht mehr gehabt. Nicht mehr seitdem Leo ihn damals, als er noch ein Kind war, letztendlich aufgenommen hatte. Vermisste er also den Ort, aus dem er stammte, so wie Tori es mit Alvarna tat? Eh..

  • [Tori] & Gaius



    Wenn die Maid mittlerweile auch wusste, dass es ihr unmöglich war vorherzusehen, was Gaius sagen, wie er handeln würde - so wurde sie dennoch immer wieder aufs Neue überrascht. Damit gerechnet, das der Zwerg sich bei ihr entschuldigen würde, hatte sie jedenfalls nicht. Ebenso wenig die anderen Worte, diese ehrlichen Erklärungen. Er war nachdenklich geworden und Tori wusste nicht ganz, wie sie ihn nun greifen konnte. Sie schüttelte lediglich sachte den Kopf, denn eine Entschuldigung war wahrlich nicht nötig, doch war sie nicht sicher, ob er ihre ruhige Bewegung bemerkte. Sie hatte ihm auch keinen Vorwurf machen wollen, war es etwa wie einer angekommen? Sie wiederholte seine Worte in ihrem Kopf, staunte ein wenig. Es hatte den Anschein, als wäre Gaius so lang und gerne in der Schmiede gewesen, wie sie in der Bibliothek. Schlecht mit Menschen? Ah, da waren sie zu zweit, nicht wahr? Sie wurde einfach zu schnell nervös und machte sich Sorgen über jede noch so unbedeutende Kleinigkeit. Und er? Anders, aber doch im Kern, gleich. Nur mit ihr, da war er nie schlecht gewesen, sondern hatte sie im Gegenteil immer vor Schlechtem bewahrt. Diese Gewissheit trug sie stets warm in ihrem Herzen. Ob ihm das überhaupt bewusst war?

    Als Gaius seine Frage über die Lippen brachte, verfiel Tori in ein langes Schweigen. Sie überlegte - wollte die Antwort nicht leichtfertig geben. In Alvarna war sie ein schüchternes, artiges Mädchen gewesen, welches seine Arbeiten mit Gewissenhaftigkeit erfüllt hatte und ansonsten jegliche freie Zeit bei Büchern verbracht hatte. Das hatte sich kaum geändert und doch war sie nicht mehr dieselbe Person. Die Sicherheit hatte man ihr unter den Füßen weggerissen, Wärme und Schutz wurden ihr genommen. Das Urvertrauen, dass der morgige Tag nicht anders sein würde, als der heutige, dass sie auch künftig einen festen Platz innehalten würde - verloren. Es gab keinen Platz für sie, nichts war sicher und niemand hätte ihr wirklich nachgeweint. Mit diesen Gedanken war sie in Trampoli eingetroffen und es hatte sich bewahrheitet. Eine Gemeinschaft, die ihr fremd war und schreckliche Ereignisse, die hier einander einfielen. Der Friede und die Unschuld ihrer frühen Tage wirkten nicht mehr als nur ein ferner Traum. Sie hatte sich so sehr an jene unbeschwerten Tage zurück gesehnt, hatte dadurch unbewusst dem neuen Ort, der sie immerhin aufgenommen hatte, keine richtige Chance gegeben. Sie hatte sich alleine gefühlt, keinen Zugang gefunden. Nach der Entführung durch Grarag hatte sie die Taverne nicht einmal mehr verlassen wollen - und das auch ziemlich lange so durchgezogen. Und doch, zögerte sie bei ihrer Antwort. All das, es lag immerhin zurück. Wie war es jetzt?

    "Nein.", erwiderte Tori schließlich langsam, "... nicht mehr." Sie drehte die Worte erneut und konnte keine Unwahrheit darin erkennen. Mit eigener Verwunderung suchte sie den Blick ihres Freundes. Nicht mehr. Gerade... gerade war die Maid so vollends zufrieden darin, hier zu sitzen, in der Taverne, einer Umgebung, die sie nun doch schon lange gewohnt war, mit einer Person, die sie liebte, die nie aufgegeben hatte, ihr ein wenig das Glück zu zeigen. Die Wege durch Trampoli war sie mittlerweile zahllose Male gegangen, sie kannte die genaue Anordnung noch jedes Buches im Runenarchiv und sie war Lehrling der Alchemie. Hatte sie also doch, allen Widrigkeiten zum Trotz, neue Wurzeln geschlagen? Seit wann... und wie...? Das bedeutete nicht, dass Erinnerungen an Damals und an all die widerfahrenen Unglücke keinen Schmerz hervorriefen. Aber vermutlich, und dem gab es kein Entrinnen, gehörten diese ganz einfach zum Leben dazu. Zu ihr.

    Man könnte fast glauben, ein kleines Strahlen läge in ihren Augen. Tori hatte den Blick nicht abgewandt. "Wo... wo fühlst du dich zu Hause, Gaius?", hauchte sie dann, zögerlich, als war sie nicht sicher, ob die Frage angebracht war. "V-Vermisst du Alvarna...? Bist... bist d-du überhaupt von dort...?" Die Worte waren ihr entflohen, noch bevor sie überhaupt überlegen konnte, sie zurück zu halten. Es verständlich, oder? In Anbetracht der Tatsache, wie wenig sie über Gaius wusste. Andererseits - musste sie das? Mehr wissen? Nein. Es war auch so in Ordnung, natürlich war es das. Aber nachdem sie gerade so sehr in sich gegangen war und quasi eine neue Wahrheit für sich herausgefunden - da wollte sie wissen, wie es ihm dabei ging. In der Hoffnung sie würde nicht versehentlich Wunden aufreißen, so wie Gaius es gerade unbeabsichtigt bei ihr vollbracht hatte. Es war schwierig, wenn man bedachte, in einer welch gefährlichen Welt sie lebten. Vielleicht sprachen die Menschen deshalb so selten über ihre Vergangenheit. Zu viele Wunden, zu viele dunkle Geheimnisse, zu viel geflossenes Blut. Nur wie bedachte Gaius das einst Gewesene? (weint er auch gleich?)

  • Gaius & Tori


    Toris Worte, auch wenn sie doch zögerlich und merklich gewählt aus ihrem Munde kamen, sorgten dafür, dass sich unwillkürlich, ja gar automatisch ein kleines Lächeln auf den Lippen des Einäugigen bildete. Er war froh, das zu hören - dass sie es hier nicht mehr so schrecklich fand, vielleicht auch gar überhaupt nicht mehr. Es war irgendwie komisch, dass jene Worte solch eine immense Bedeutung inne haben konnten - für ihn zumindest, also, dass ihre Antwort ihr überhaupt in irgendeiner Weise regte. Nicht, dass Gaius ansonsten gefühlstechnisch einem Stein glich oder etwas in der Art, nein, er hatte auch für andere Menschen, andere Lebewesen Mitgefühl, Bedauern oder ähnliche Emotionen verspürt. Doch bei Tori? Gerade? Da war es erneut etwas anderes, etwas Neues. Zu wissen, dass es ihr gut ging, dass sie glücklich war, dass sie sich wohl fühlte.. es war fast genauso wichtig, wie seine eigene Welt. Vielleicht, ja, sogar ein wenig wichtiger? Es war faszinierend, dieses Gefühl, diese Intimität, diese.. Liebe. Und doch entkam ihm dann ein kleines, überraschtes Glucksen, als seine Freundin die Gegenfrage stellte. Er wusste nicht, was der Magd durch den Kopf ging - aber schien es ihr doch sichtlich genauso zu gehen, wie ihm. Auch sie wollte wissen, wo und wann er sich heimisch fühlte, woher er kam - es lag selbige Intensität, Neugierde und Emotionalität darin, wie in seinen eigenen Fragen. Ihre erste Frage ließ der Schmied absichtlich unbeantwortet, eine Tatsache, die womöglich überhaupt nicht erst auffallen würde, hatte sein Gegenüber doch schnell zur nächsten angesetzt. So war das in Gesprächen oft der Fall, nicht? Man reagierte nicht auf alles Gesprochene, nicht auf jede einzelne Frage wurde stetig eingegangen. "Nicht.. wirklich.", erwiderte er also, auf ihre Frage hin, ob er Alvarna denn vermisste. Nicht wirklich - das war vielleicht sogar ein wenig untertrieben. Er machte eine kurze Pause, es war ihm anzusehen, dass er in seinem Kopf ein wenig rumwühlte, sich vielleicht an etwas zu erinnern versuchte, um ihr eine gänzliche Antwort geben zu können, an irgendeiner Oberfläche kratzte, welche es für Informationen zu bezwingen galt. "Tatsächlich komme ich aus einer Stadt namens.. Incrementos. Aber auch ihr hänge ich nicht wirklich nach. Ich denke.. Orte und Gegenstände haben keine wirkliche Bedeutung für mich? Solange es einen Ort gibt, an dem ich leben und arbeiten kann. Wobei es tatsächlich stimmen würde, wenn ich behaupte, Alvarna ist die Stadt, in der ich bisher die längste Zeit verbracht habe." Konnte dieser Ort, aus welchem auch Tori stammte, demnach als seine Heimat gelten? Er hatte ehrlich gesagt keine Ahnung. Was war es denn, was es ausmachte, eine Heimat? War es die Verbindung, dieses vertraute Bekannte, dass man einen Ort wirklich kannte, all seine Ecken und Kanten? Weder von Trampoli, noch von dem abgebrannten Ort konnte Gaius dies für sich behaupten. Wie sah es also mit Incrementos aus? Wahrscheinlich schon eher, war er doch dort geboren worden. Doch konnte man von solch einem Ort tatsächlich von Heimat sprechen..?

  • [Tori] & Gaius



    Als sich ein kleines Lächeln auf den Lippen des Schmiedes ausbreitete, spiegelte sich jenes unwillkürlich auch auf den ihren wieder. Ein Glück, sie hatte wohl keine unschönen Erinnerungen in ihrem Freund geweckt. Vielleicht verbarg Gaius dies nur, vielleicht aber hatte er auch einen Frieden mit seiner Vergangenheit geschlossen - was auch immer sich in dieser verbergen mochte. Sein Lächeln jedoch gab ihr keinen Anlass zur Sorge. Und so konnte Tori ganz und gar, mit voller Aufmerksamkeit, seinen Worten lauschen.

    Toris Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er den Namen seines Geburtsstadt erwähnte. Es dauerte nicht lange, da hatte sie diesen seiner Geschichte zugeordnet. Ein Ort des Fortschritts, der Kampfkunst und der Alchemie - welche eine gewisse Sehnsucht in ihr auslöste - die hoch in den Bergen angesiedelt gewesen war. "Oh.", sagte sie nur, "Ooh." Nach ihrer Ankunft in Trampoli hatte sie sich vor allem Bücher zu Städten gegriffen, die ebenso Schicksalsschläge verkraftet hatten - oder gar gänzlich ausgelöscht wurden. Gaius hatte es mal erwähnt, oder nicht? Ähnlich wie Alvarna. Nur zog sich der Schatten in der Geschichte von Incrementos weitaus tiefer. Der Ort hatte - im Gegensatz zu ihrer Heimat - auch eine größere Bedeutung innegehalten. Magier hatten die Stadt für sich vereinnahmt und dann... nichts. Unklarheiten. Fragen, die ungeklärt blieben. Wusste Gaius etwas darüber? Seine Kenntnisse wären für jeden Historiker bedeutungsvoll. 

    "W-Wann bist du weg gegangen...?", hauchte sie, auch wenn das Warum ebenso interessant war - für sie vor allem persönlicher Natur. War 'weg gegangen' überhaupt der richtige Ausdruck...? Was wusste sie schon? Ihr war nicht entgangen, dass der Zwerg ihre erste Frage übergangen hatte, aber sie drängte auch nicht weiter nach. Sie fand es bewundernswert, dass Gaius nicht so sehr an Orten oder materiellen Gütern einer Art hing, sich eben nicht verwurzelte. Ging damit nicht eine ungeahnte Freiheit einher? Sich nicht zu binden, gehen zu können, wohin man möchte, dem dahinter gebliebenen nicht nachzuhängen? Aber was ist dann mit mir?, flüsterte eine besorgte Stimme in ihrem Kopf. So sehr sie die vermeintliche Leichtigkeit ihres Freundes auch faszinierte, so milderte sie nicht die stete Unrast, dass er genau aufgrund dieser Eigenschaft eines Tages einfach... gehen würde.

  • Gaius & Tori


    Ah, natürlich. Tori schien mehr zu wissen, als die normale Durchschnittsperson wahrscheinlich würde. Gar konnte. Der Schmied wusste nicht, was es war, dass die junge Frau wusste - aber man konnte ihr aus dem Gesicht ablesen, dass ihr der Name, welchen er ihr genannt hatte, nicht unbekannt war. Es machte Sinn, ja - Tori konnte lesen, etwas, was ihr schon von Grund auf ein Vorteil war, aber genauso war sie auch belesen. Gaius musste zugeben, dass er nicht erwartet hatte, dass ihr die Stadt oder ihre Geschichte bekannt waren - doch er hatte er befürchtet. Sein Gesicht hatte sich wieder in eine gleichgültigere Richtung bewegt, womöglich vielleicht sogar ein wenig verfinstert, als er die Frage seines Gegenübers vernahm. Wann er weggegangen war..? Aus der verfluchten Stadt, deren Schicksal seit Jahren in Mysterien umhüllt war? Der Mann ertappte sich dabei, wie sein Blick ein wenig düsterer, ein wenig abweisender wurde und versuchte diesem Vorgang Einhalt zu gebieten, gar entgegen zu wirken. Die Blonde hatte eine einfache, eine selbstverständliche Frage gestellt - und es war nicht ihre Schuld, sie verdiente es mit Sicherheit nicht, dass er sie so anblickte, so agierte. Dass sie sich unwohl oder schlecht fühlen würde - das war mit Sicherheit das Letzte war er wollte. Dennoch.. "Wie viel.. weißt du darüber?" .. konnte er nicht anders, als diese Gegenfrage in den Raum zu werfen. Vorsichtig, doch mit einer Ernsthaftigkeit, welche Gaius nur dann an den Tag legte, wenn es wirklich um etwas Wichtiges ging. Ja, selbst dann schwang bei ihm doch zumeist ein Hauch der Leichtigkeit mit? Der Einäugige gedachte zunächst ihre Frage zu ignorieren, sein eines Auge verfolgte die Bewegungen, die Reaktion seiner Freundin mit solch einer Intensität, wie sie es sonst vielleicht nur im Kampfe mit dem Feinde machten - doch dann, stattdessen, entkam dem Mann, der sein Auge für einen Moment lang schloss, ein kleines Seufzen. "Entschuldige.", erneut, zum zweiten Mal in den letzten Minuten, wofür blieb unausgesprochen. Die Entscheidung von vorhin wurde geändert, der einzige Grund dafür die Tatsache, wer gerade vor ihm saß. Welch einen Wert diese Person für ihn inne hielt. "Ein paar Tage, in etwa, nachdem die Magier ausradiert wurden. Also kurz, nachdem die Situation komplett eskaliert ist." Er machte eine kleine Pause, setzte dann jedoch, wenn auch sichtlich beabsichtigt, ein kleines, bekanntes Grinsen auf, als er hinzufügte: "Wie ich letztendlich dann ausgerechnet Leo in die Hände gelaufen bin, ist mir jedoch bis heute noch ein Rätsel."

  • [Tori] & Gaius



    Tori zuckte innerlich zusammen. Das sie es nach außen hin nicht ebenso tat, war an sich tatsächlich verwunderlich, doch eine Unsicherheit hatte sich dennoch in ihre Mimik geschlichen. Jene, die ihr sowieso ein ständiger Begleiter war. Ah, was hatte sie auch nachfragen müssen? Warum war sie nur so unverhohlen, so unangebracht neugierig? Das Mädchen war seit jeher mit großem Wissensdurst erfüllt - nur suchte sie dieses meist in sicher in Form von Büchern. Menschen... waren kompliziert. Undurchschaubar. Man konnte vorher nie wissen, wie sie reagierten - oder was eine unbedarfte Frage auslösen konnte. Sie musste das doch wissen. Das tat sie auch nur... gebracht hatte es ihr trotzdem nichts. Meist unterdrückte sie ihre Neugierde, hielt sich zurück, das konnte sie, gut sogar. Aber diesmal, mit Gaius, dachte sie... dachte vielleicht... es könnte gehen. Denn gerade weil es nun um ihn drehte, weil er so wichtig war für sie, wollte sie alle Aspekte an ihm verstehen lernen. Und doch schämte sie sich nun für dieses Verlangen, schämte sich auch dafür, dass ihr der Namen seiner Herkunft etwas gesagt hatte, als hätte es das nicht gedurft. Als wäre das Wissen in ihrem Kopf etwas Unanständiges. Und war es das nicht, wenn sie dadurch einen Hauch über Jemanden wusste, obwohl es ihr vielleicht gar nicht zustand? Tori hatte nie so darüber nachgedacht.

    Die Maid schloss für einen Moment die Augenlider, als ob sie so die Gedanken in ihrem Geist zur Ruhe zwingen könnte. Womöglich aber auch, um den Schatten, den sie in Gaius' Gesicht zu erkennen glaubte, nicht zu sehen. Ein Blick, der einem Angst einjagen könnte. Das hatte sie sich sicher nur eingebildet. Seine Frage an sie klang beinahe so wie immer. Beinahe. Dennoch vernahm sie jene als Anklage. Tori wollte den Kopf schütteln, wie um alles abzustreiten, aber das wäre Unsinn. Nicht wahr? Sie wollte, sie durfte nichts verleugnen zwischen ihnen - um ihrer beider Willen. Also öffnete sie den Mund, zuerst jedoch um sich zu entschuldigen. Doch Gaius kam ihr mit genau diesem Wort zuvor. Irritiert öffnete sie die Augen wieder und suchte seinen Blick. Dann sprach er.

    Tori schwieg, hörte nur zu, wenngleich Gaius nicht viel sagte. Eben nur die simple Antwort auf ihre einfache Frage. Sie erblickte auch das bekannte Grinsen auf seinen Lippen, doch blieb ihr Gesichtsausdruck nachdenklich. Das Mädchen versuchte die Informationen noch richtig einzuordnen - rational wie emotional. Wenngleich der Schmied vorhin zum Ausdruck gebracht hatte, dass er seiner Geburtsstadt nicht nachhing und Orte keine Bedeutung für ihn hatten, hatte sich die Umgebung nach ihrer Frage hin mit Anspannung angereichert. Doch nun, da er ihr tatsächlich eine Antwort gegeben und heiter eine Anekdote hinzugefügt hatte, hatte sich jene scheinbar verflüchtigt.

    "Verzeih mir.", begann sie schließlich leise, "Für meine Neugierde." Sie verspürte eine Nervosität weiterhin, ein unangenehmes Kribbeln in ihrer Magengegend. Die Entschuldigung galt für die vergangene Frage, ebenso wie jene, die sie nun stellen würde. Immerhin war auch sie ihm noch eine Antwort schuldig, nicht wahr? "Das... das bedeutet, du weißt was dort geschehen ist?", fuhr sie mit zittriger Stimme fort und das Herz klopfte ihr in der Brust, weil sie nicht einschätzen könnte, ob es klug war oder einfach nur unfassbar dumm, weiter zu bohren. Ausnahmsweise hielt sie sich nicht zurück. Ausnahmsweise machte sie weiter. Weil sie sich immer so viel mehr traute, wenn Gaius bei ihr war. Selbst, wenn es sich um ihn handelte, selbst wenn es ihn... verletzte? Tori wusste nicht, was sie davon halten sollte. Die Scham von vorhin kehrte zu ihr zurück, doch die Worte befanden sich bereits im Raum. Also brachte sie sie zu Ende. "D-Das weiß ich nämlich nicht. Das weiß niemand. Bekannt ist nur ein Machtwechsel und später eine unbekannte Katastrophe, die... die...", sie schluckte, unfähig den Satz zu Ende zu bringen. Ihre Wangen brannten. Sie senkte den Blick, sah auf ihre Hände, die den Stoff ihres Kleides zusammengerafft hatten, als hätten sie sonst nichts zu fassen gefunden.

  • Gaius & Tori


    Eine womöglich gemeine Frage war sie gewesen, diese eine, die der Einäugige seiner Geliebten zuvor gestellt hatte. Wie viel sie darüber wusste, die Magd, über ein Event, ein Geschehnis, über welches die gesamte Welt zu schweigen schien, wenngleich sie zur selben Zeit noch immer darüber sprach? Wie viel konnte Tori wissen, über ein Event, über welches doch Niemand etwas zu wissen schien? Eine gemeine Frage, gewiss, doch wusste Gaius nicht, dass sie das war, dass tatsächlich kein Allgemeinwissen herrschte, verfügbar war, selbst in all jenen Büchern, die für all die verschiedenen Lebewesen seit Jahren zum Nachschlagen existierten. Woher auch? So konnte der Mann bis vor kurzem ja noch kein Wissen aus jenen ziehen, herzlich wenig mit ihnen anfangen - so war es doch eine legitime Frage gewesen, aus seiner, leicht auf Verteidigung geschalteten, Perspektive. Wenn ihr jener Name etwas sagte, wie viel wusste sie dann noch? Er hatte sich kurz nach seinem kurzen, unbedachten Ausbruch diese Frage, dieser Anschuldigung entschuldigt, hatte ein wenig abgelenkt, vom Thema, von sich Selbst, von den eben empor kriechenden Sorgen, hatte stattdessen sein altbekanntes Grinsen aufgesetzt, hatte dies sogar nicht in bloßer Halbherzigkeit getan - doch der Gedanke, der ließ ihn trotz allem nicht los, blieb in seinem Hinterkopf. Als auch Tori nun das Wort ergriff, sich ebenfalls bei ihm entschuldigte, für ihre Neugierde, da zogen sich seine Augenbrauen für einen Moment vor Konfusität zusammen - auch, wenn er nicht genau sagen konnte, wieso. War seine eigene Entschuldigung auf ebenso Verwirrtheit gestoßen? Hatte sich so aus dem Nichts kommend angefühlt? Oder hatte er Tori einen Grund gegeben, welcher sie dazu gebracht hatte, das Gefühl zu bekommen, eine Entschuldigung sei angebracht? Hatte sein Kommentar, trotz des Versuchs daraufhin abzuwinken, solch eine Reaktion in ihr ausgelöst? Es war schwierig, genau nachvollziehen zu können, weshalb Tori tat was sie tat und es ab Momente, in jenen es schwierig war, nachzufragen, um besser zu verstehen, auch wenn sich die Frage für ihn stellte. Doch die Bezopfte hielt nicht inne und Gaius formte mit seinen Lippen eine lautlose 'Oh'-Bewegung, als sie fortfuhr und nun auch seine vorherige Erkundigung auflöste, ihm erklärte, dass es tatsächlich Niemanden gab, der diese Informationen hätte weitergeben können und nun das Zepter in seine Hand drücken zu versuchte, in jene, welche ihr vielleicht mehr Auskunft geben konnten, von welchen sie annahm, neues Wissen erlangen zu können. Mit einem Mal schien der Schmied ihre vorherige Entschuldigung besser deuten zu können, jene, welche an ihre Neugierde gebunden war, jene, die nach Antworten suchte. Ihm kam ein kleines Schmunzeln über den Mund, gepaart mit einem leisen, belustigten, aber etwas abweisend klingendem Geräusch - eine bloße Reaktion auf die Tatsachen, die sich gerade vor ihm abspielten. Ironisch - das war es, nicht? Dieser Wissensdurst, diese ungezügelte Energie, dieser Wille und die Lust dahinter, die Welt und alles in ihr besser verstehen zu lernen, sehen zu wollen - es war eine Eigenschaft Toris gewesen, welche ihn von Anfang an fasziniert, beeindruckt hatte. Also wie könnte er es ihr übel nehmen, dass sie diese nun gegen ihn richtete? Es war unmöglich, stand völlig außer Frage und dennoch galt dieser Wendung ein Hauch von Anerkennung, die der Schwarzhaarige ihr mit jener Gestik auch entgegenbrachte. Der Schmied wusste nicht, welche Mimik angebracht war, wusste nicht, welche es war, welche seine Gefühle und Gedanken widerspiegeln würde und gleichzeitig wusste er genauso wenig, welche er Tori entgegenbringen wollte und von welcher er es eben nicht wollte, weshalb sein Blick und Ausdruck neutral blieb, während er die Frau beim Beenden ihrer Worte und beim Wegsehen beobachtete. "Ich..", begann er, nur wenige Augenblicke, nachdem Tori beendet hatte, machte jedoch eine kurze Pause, in welcher sich der uneindeutige Ton seiner Stimme nicht veränderte, ".. Möglicherweise bin ich die einzige Person, die das mit Sicherheit weiß.", erklärte er, sein Blick, der zuvor noch seine Freundin gemustert hatte, wand sich zur Seite, beobachtete die Utensilien, welche an der Wand hingen. Eine Gestik, die ihn selbst verwirrte, doch er vermutete, dass Tori nach dieser Aussage womöglich aufblicken könnte und er hatte es instinktiv vermeiden wollen ihren Blick zu treffen. Es war merkwürdig, wie er agierte, merkwürdig, dass der sonst so ausdrucksvolle Mann eine so ausdruckslose Miene aufsetzte und Gaius fühlte sich nicht ganz so, als wäre er in jener Situation wirklich präsent. Es wirke wie ein Traum, eine surreale Vorstellung, als sei er weit entfernt, als würde er die Situation aus der Erzählung eines Dritten nacherzählt bekommen. Es war ein komisches Gefühl, nicht einsortierbar, erst Recht deshalb nicht, da es sich auch nicht verbunden mit seinen Gefühlen, gar gänzlich getrennt von jenen fühlte. Der Schmied schwieg einen Moment lang, die hölzernen Löffel, welche an der Wand hingen, hatten sich in jener Zeit selbstverständlich überhaupt nicht vom Fleck gerührt, was jener Interpretation, einen bloßen Film vor seinen Augen zu sehen, nichts von seiner Essenz nahm. "Die Magier, die jene Stadt zunächst einmal übernommen haben, also ihre Anführer.. waren meine Eltern. Sie haben die Stadt bis zu ihrem Ende hin regiert.", erläuterte er, wobei seine Erzählung offen ließ, wessen Ende genau er meinte. Jenes der Stadt? Jenes der Eltern? Eine Antwort, die wahrscheinlich mehr Fragen aufwarf, als sie tatsächlich beantwortete, doch gab es in jenem Fall tatsächlich eine vollendete, eine aufschlussreiche Erwiderung? Eine, die nicht beinhaltete, die gesamte Geschichte nachzuerzählen? Beim Gedanken daran verzog sich das Gesicht des Zwergs, die erste Bewegung, die erste Reaktion, die sich wieder ein wenig realer, ein wenig näher für ihn anfühlte, auch, wenn er inzwischen sein Gesicht noch weiter abgewandt hatte. Er stockte in seiner Bewegung, die Hand, die sich noch immer auf dem Tisch befand, hatte es sich weiter darauf bequem gemacht, beherbergte nun seinen gesamten Armen, welcher sich zugleich aufrichtete und nun seinem Kopf Halt gab, welchen er in jenem Moment, mit dem Gesicht nach Vorne, darauf abgestützt hatte. Die Handfläche bedeckte sein gesundes Auge, welches er in der Zwischenzeit geschlossen hatte und seine Finger vergruben sich ein wenig in den fallenden, langen Haaren. Ihm war schwindelig, er fühlte sich schlecht, fühlte sich absolut Fehl am Platz, Fehl in jener Unterhaltung, jenem Augenblick. "Ich... ich will wirklich nicht darüber.. sprechen.", hauchte er dann, etwas zögerlich, etwas wacklig, selbst jene Worte, sie fühlten sich falsch an. Nichts an dem Ganzen hier fühlte sich mit einem Mal richtig an. Wo genau war er gerade eigentlich? Und mit wem sprach er? War es noch immer Tori, die dort vor ihm saß? Er war sich nicht sicher, hatte jene Aussage gar ihm Selbst gegolten? War er noch immer in Incrementos? Alvarna? Nein, nichts von Beidem? Sein Kopf schmerzte und die Informationen, all jene, die tatsächlich existierten und all jene, welche es nicht taten, schwirrten vor ihm umher, umhüllten ihn, machten keinen Sinn und schienen absolut befremdlich.

  • [Tori] & Gaius



    Ein Fehler. Sie wusste es bereits in jenem Moment, als sie weiter gefragt hatte. Still hatte sich die Hoffnung gehalten, dass sich eine Konfrontation von Tatsachen trotz emotionaler Involviertheit dennoch verhältnismäßig nüchtern darstellen mochte. Ihre Annahme beruhte auf seinen vergangenen Aussagen, jener Leichtigkeit und der Stärke, jene bodensichere Ausstrahlung, die er ihr gegenüber stets gezeigt hatte.

    Selten hatte sie so sehr falsch gelegen.

    Und sie hätte es besser wissen können. Müssen. Nicht nur aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen, sondern auch als seine Freundin. Nicht nur auf die Worte hören, sondern auch mit dem Herzen auf die Gefühle, die ungesprochen dalagen. Ihr Wissensdrang hatte die Oberhand gewonnen, im schlechtmöglichsten Zeitpunkt und dafür schämte sich Tori zutiefst. Eine Scham, die sich als hässliches, beißendes Schuldgefühl in ihrer Körpermitte ausbreitete. Noch immer hielt sie den Blick gesenkt, doch nachdem Gaius nichts sagte, musste sie wieder aufsehen, musste sehen, was sie angerichtet hatte. Ihr Freund hielt den Blick abgewandt, völlig fern. Das vertraute Schmunzeln auf seinen Lippen, jener Ausdruck der ihr stets sagte, dass alles gut war, jenen suchte sie nun vergeblich. Langsam drehte sie den Kopf von links nach rechts und wieder, wie um ihre Worte so zurück zu nehmen, ihre Neugierde zu negieren.

    Als er zu einer Antwort ansetzte, sorgsam, bedacht, verblieb Tori unfähig ein Wort zu erwidern. Ihr Herz klopfte noch kräftig, schnell, nervös in ihrer Brust. Vor Aufregung, weil er tatsächlich wusste, was sich nicht durch Bücher in Erfahrung bringen ließ, doch noch viel mehr vor Schreck, welche Regung sich in dem Schmied zeigte. Oder besser gesagt: welche nicht. Es wirkte, als hätte Gaius seine Gefühle, die er sonst so offen zeigte, eingesammelt und zu sich genommen, damit sie allein bei ihm blieben. In sich gekehrt. Seine Mimik verriet keine seiner Gedanken, blieb stumm, abweisend gar.

    Du dummes, dummes Mädchen, schalt Tori sich. Seine Reaktion, seine seltsame, ungewohnte Passivität, versetzten sie in Angst. Welch schlummernde Erinnerungen mochte sie nach etlichen Jahren nun aufgeweckt haben? Erinnerungen, nach denen Gaius nie gebeten hatte? Was hatte sie nur angerichtet? Sie wollte ihn nicht verlieren, nie, doch noch viel weniger wollte sie ihm Schaden zufügen. Nach allem was er für sie getan hatte, dankte sie ihm dies nun mit einer plumpen Unbedarftheit, die an Grausamkeit grenzte? Die junge Frau öffnete ihren Mund, wollte sie zurück nehmen, ihre Fragen, hoffte fasst, dass Gaius ihr schlicht sagte, er wolle nicht darüber reden. Das wäre in Ordnung, natürlich wäre es das. Wie auch nicht? Sie schuldeten einander nichts aus der Vergangenheit. Nicht, solange es einer gemeinsamen Zukunft nicht im Weg stand. So war es doch, oder? Drohte sie nun genau diese zu riskieren?

    Noch bevor sie die richtigen Worte in ihrer Unsicherheit gefunden hatte, fuhr Gaius fort. Er ging tatsächlich auf sie ein. Trotz allem. Für sie? Das war sie wahrlich, wahrlich nicht wert. Nicht seinen Schmerz. Doch was er ihr sagte, riss ihr kurz den Boden unter den Füßen weg.

    Für einen Moment schien die Umgebung zu schwanken. Zum ersten Mal fragte sie sich, fragte sich wirklich, wer dieser Mann war, in den sie sich so unweigerlich verliebt hatte. Nein. Sie schob die Information beiseite, wollte sie später einordnen. Ja, es spielte eine Rolle, woher eine Person kam, denn es formte sie, aber doch war jene Rolle der Vergangenheit untergeordnet dessen, was eine Person in der Gegenwart ausmachte, wie sie sich gab, wie sie handelte, wer sie war. Was einst war, gestaltete, beeinflusste und doch musste sie es nicht zwingend kennen, um zu verstehen, zu sehen und wahrzunehmen, was Jetzt war. Ihren einfachen Wunsch über sein Wohlergehen zu stellen, war blanker Egoismus.

    Gaius stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab, die Augen geschlossen. Er wirkte noch immer fern, so fern. So überhaupt nicht hier, bei ihr. Sie rief seinen Namen, erschrocken von der heftigen Reaktion, die noch immer so wenig verriet, was vor sich ging, doch war sie sich nicht sicher, ob er sie überhaupt hören konnte. Nahm er sie überhaupt noch war?

    Schließlich zog er eine Grenze. Zu spät, so spät. Doch hatte er überhaupt anders gekonnt? Was war es, was ihn so mitnahm? Wo der Ort, an dem er sich nun befand? Tori war aufgestanden, ohne nachzudenken. Ein Fehler. Manche ließen sich nicht wieder gut machen. Sie war zu ihm gegangen, hatte sich einen näheren Stuhl herangezogen, die Arme dann um ihn geschlungen. Sein Körper, der eine stete Wärme auszustrahlen schien. Es zerriss ihr das Herz ihn so zu sehen. Umso mehr wissend, dass sie selbst die Ursache für seinen Schmerz war. Nichts, dass sie je entschuldigen konnte. Sie blieb stumm, keine Worte des Trostes, die ihr einfallen mochten. Womöglich gab es keine. Manchmal blieb nichts anderes übrig, als da zu sein und teilzuhaben, an dem, was passierte. Was auch immer es war. Sie hatte den Kopf an seiner Schulter vergraben, hielt sich fest. Eine Hand fand sich in seinen schwarz braun grau bunt gepunkteten Haaren wieder. Obwohl ihr die ganze Zeit zum Weinen zu Mute gewesen war, hatte sie sich zusammen gerissen. Das Entsetzen in ihr hatte dabei geholfen. Ein leichtes Wiegen, ein stummes Beisammensein. Egal wo er war, er war nicht alleine. Egal, wie sehr er sie aus seinen Gefühlen ausschloss, sie würde es akzeptieren. Es mochte zu Schwierigkeiten kommen, aber sie konnten das schaffen. Alles. Sie mussten. Denn allein der Gedanke ohne ihn zu sein war unerträglich. Tori drehte den Kopf leicht, blickte so ein wenig an ihm vorbei und begann zu summen. Eine leise Melodie, ein Lied des Trostes, welches die Monster vertreiben sollte. Ein Lied aus ihrer Kindheit, fast vergessen. Etwas, an dass sich klammern ließe.

  • Gaius & Tori


    Ein Fehler, huh..? War es das gewesen? Wer hatte diesen gerade begangen? Tori? Mit ihrer Frage, mit ihrer unendlichen, unstillbaren Neugier? Er Selbst? Indem er gesprochen, der Bitte seiner Liebsten nachgegeben hatte? Fehler waren es, die Gaius stets begann, die ihn überallhin verfolgten. Es war einfach, keine Fehler zu machen, wenn man allein war. Wenn man sich selbst in die Schmiede einsperrte, tagein, tagaus. Menschlichen und nicht menschlichen Kontakt vermied. Aber auch dann schien der Grauhaarige diese einfach nicht umgehen zu können. Wie sonst war sein Verhältnis zu den anderen Bewohnern der Schmiede zu erklären? So etwas wie Freundschaft, das Gefühl einer Familie - es existierte nicht. Wie sonst war es zu erklären, dass er nichts über sie alle wusste? Nichts als Namen, deren Bedeutung nichtig war. Wie sonst machte es Sinn, dass Leo, welcher ihn damals mit offenen Armen aufgenommen hatte, sich keinen Pfennig um sie kümmerte? Ein Mann, der schon immer grob, abweisend war - doch stets eine familiäre Ader gehabt und die verlorenen Lämmer akzeptiert hatte. Es machte keinen Sinn, nicht? Dass dieser Mann sie inzwischen zu hassen schien, nie zufrieden war, mit dem was sie taten, ihnen dieselbe, wenn nicht gar schlimmere Kälte entgegenbrachte, wie allen anderen? Er wunderte sich, ob auch dies seine Schuld war. Ein Fehler, der begangen worden war, etwas so enormes, so gewaltiges, dass es selbst Leos Beziehung zu den anderen prägte. Hatte es an ihm gelegen, dass alles ruiniert worden war? Nicht nur sein eigenes Schicksal besiegelt, sondern auch das von Unschuldigen? Was sonst würde denn Sinn machen? Aber das lag schließlich offensichtlich in seinem Blut, nicht? Zerstörung? Unschuldige Leiden zu lassen, ohne sich um die Konsequenzen zu kümmern? Es war einfältig gewesen sich auf Tori einzulassen. Mit ihr zu sprechen, immer wieder, Zeit mit ihr zu verbringen, immer wieder - doch er hatte es einfach nicht lassen können. Gaius liebte das Feuer, hatte es schon immer getan - wie konnte ein Schmied es also lassen mit eben jenem zu Spielen? Und die Flamme, die Tori an jenem Tag entfacht hatte, jene, welche ihn in seinen Bann gezogen und vollkommen eingenommen hatte, diese Flamme, die Toris Seele war, ah, sie war die schönste gewesen, die er je gesehen hatte. Es war ironisch, wenn man bedachte, dass es gerade Flammen waren, vor denen Tori sich fürchtete. Sie hatte Recht, waren diese doch gefährlich, waren diese doch zu fürchten. Doch gleichzeitig, da gab es ohne sie kein Leben, kein Licht. Wer könnte ihm also übel nehmen, sich nach eben jenen Dingen gestreckt zu haben? Es war ein Fehler begangen worden und Gaius besaß nicht den nötigen Verstand, nicht die nötige Klarheit um herauszufiltern, worin genau dieser lag. Hätte er diese gesamte Situation vermeiden müssen? Tori vermeiden? Lag der Fehler bloß in jenen, gerade ausgesprochenen Worten? Die seinen? Warum hatte er gesagt, was er gesagt hatte? Hätte er lügen müssen? Doch er war kein Lügner, nein, nicht dieser Mann - oder etwa doch? Aber es machte keinen Sinn, absolut keinen. Wieso mit dem Feuer spielen, nur, um sich dann letztendlich auf solch groteske Art und Weise zu verbrennen? Eine Warnung? Ein Ausweg? Hatte er die Blonde nicht bereits zuvor gewarnt, dass es Gründe gab, weshalb sie sich von ihm besser fernhalten solle? Dass er nicht der war, der er zu sein schien? Nein, letzteres war neu. Schon immer da gewesen, aber vielleicht nicht in der richtigen Kombination ausgesprochen. Jetzt, wo Tori eine Ahnung, einen Hauch dessen erfahren hatte, wovon der junge Mann schon die ganze Zeit gesprochen hatte - würde sich Entsetzen in ihr ausbreiten? Würde sie ihn von sich stoßen, ihn verstoßen? Konnte sie jetzt das sehen, was wirklich da war? So, wie es anscheinend auch Leo irgendwann getan hatte? War dieser Fehler also eigentlich gar keiner sondern etwas Gutes? Hatte Tori es nicht verdient zu fliehen, diesem ungewählten Schicksal zu entkommen? Er fragte sich, was sie tun würde, welche Worte sie an ihn richten würde - wollte es gleichzeitig aber eigentlich gar nicht wissen. Sein Herz würde schmerzen, nein, viel mehr seine Seele. Zu sehr darauf eingelassen, das hatte er sich, auf Dinge, die nie für ihn gedacht waren, Dinge, die er nie hätte erblicken dürfen. Er spürte sie mit einem Mal, diese Wärme, eine unvergleichbare, eine, die doch eigentlich jeder Person innewohnte, aber bei eben jener Frau so viel stärker zu sein schien, so besonders. Eine Wärme, die sich um seinen Körper legte, eine zarte Hand, die sich in sein Haar legte, ein feines Gesicht, was sich in seiner Schulter vergrub. Eine Chance, zu fliehen, welche nicht genutzt wurde - viel mehr von sich gestoßen, einfach so abgelehnt. Eine Melodie, eine leise, die gesummt wurde, welche der Einäugige jedoch nicht zuordnen konnte, doch nichts konnte ihr an Klarheit und Wunder nehmen. Der Mann zögerte, ungewollt, einige Sekunden lang wusste und konnte er gar nicht darauf reagieren, dann jedoch schien er irritiert, hob seinen Kopf, sein Gesicht ein wenig von seiner Hand weg an, öffnete das bis vorhin noch geschlossene blaue Auge. "Was machst du da..?", sprach er leise, nicht anklagend, nicht harsch, bloß verwirrt und mit einem kleinen, nur für aufmerksame Hörer vernehmbaren Lachen im Unterton, doch einem kleinen Schmunzeln auf den Lippen. Er konnte sie nicht einordnen, diese Aktion, Verwirrung, ja, sie war gerade ein ständiger Begleiter. Toris Verhalten widersprach der Abweisung die er kannte, die er erwartete und er konnte nicht einsortieren, ob er darüber Entsetzt, wütend, traurig oder gar glücklich und erleichtert sein sollte. Seine Mimik, das angedeutete, sanfte Lächeln sprach Bände, so konnte er seinen Körper nicht verstellen, nicht darüber täuschen, dass ihn ihre bloße Nähe erfreute, dass sein Herz automatisch einen Takt schneller schlug - aber war dies angebracht? Seine instabile Belustigung, dieser fast schon positive emotionale Zustand? War es Akzeptanz, war es Mitgefühl, was Tori ihm gerade entgegen brachte? Er benötigte eine Erklärung, benötigte mehr, um zu verstehen und gleichzeitig, gleichzeitig wollte er auch hier eigentlich keine tatsächliche Antwort haben. Denn was würde es bedeuten, sollte er diese erhalten? Was sagte es aus, wenn Tori eben jenes tat? Das auf sie geschmissene, all jene Informationen einfach.. annahm? War das in Ordnung? Durfte das sein? Hatte er sie getäuscht, so sehr, dass es sie tatsächlich womöglich.. überhaupt nicht kümmerte? Ihre Emotionen, ihre Anhänglichkeit ihm gegenüber.. stärker als ihr rationaler Verstand? Und war nicht eben jene Tatsache, dass er mit einem Hauch von unbewusster Freude reagierte, gerade das, was dies alles noch viel schlimmer machte? Sagte das nicht alles über ihn aus? Was für ein entsetzlicher Betrüger er eigentlich war, Tori einfach so in die brennenden Flammen laufen zu lassen?

  • Eunice kommt an


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    Eunice hatte ein wenig getrödelt auf den Weg nach Hause. Sie wusste nicht warum genau, aber irgendwie hatte sie keine Lust auf die Taverne. Dort wartete eigentlich niemand auf sie und sie musste sich wieder alleine beschäftigen. Natürlich hatte sie dort ihre Eltern, aber die waren meistens zu beschäftigt mit sich selbst, als dass sie großartig etwas mit ihr unternahmen. Außerdem hatten sie ja den Betrieb zu führen, weswegen die eigene Tochter ab und zu zu kurz kam. Eigentlich konnte das rundliche Mädchen das normalerweise ganz gut verstehen. Irgendwoher musste ja das Geld kommen und meist kam es nicht von allein auf jemandem zu. Aber sie wünschte sich trotzdem, dass Rita und Turner manchmal auch noch Zeit für andere Sachen hatten. So war sie sich sicher, dass der Markt, wo sie gerade gewesen war, sicher den Geschmack ihrer Familie getroffen hätte. Aber man konnte wohl auch niemandem zu seinem Glück zwingen. Mit einem Seufzen öffnete sie also die Tür und sah sich um. Es war schon spät, aber noch waren nicht die üblichen Verdächtigen in der Taverne zu finden. Wahrscheinlich waren die meisten wie sie auf dem Jahrmarkt gewesen. Eunice entschied sich schnell noch in die Küche zu gehen und etwas für sich zu kochen bevor sie auf ihr Zimmer verschwand.

  • [Tori] & Gaius



    Hilflosigkeit. Ein kaltes Gefühl, eines von der Sorte, die sich anfühlte, als würde man in ewiger Schwärze ertrinken. Tori kannte dieses Gefühl, kannte es so, so gut. Wie oft hatte sie sich schon hilflos gefühlt, machtlos, wehrlos, angesichts der Kräfte und Geschehnisse, die um sie herum passierten? Angesichts des Feuers, angesichts der Monster, die sie zu holen drohten? Hilflos. Klein. Schwach. Das war es, was sie in Wirklichkeit war - ganz gleich wie sehr Gaius sich darum bemühte, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Doch die Hilflosigkeit die sie gerade in diesem Augenblick verspürte, hatte nichts mit ihr zu tun. Sie fühlte sich nicht so um sich ihrer selbst Willen, sondern für jemand anderen. Das war neu. Anders. Nicht sie war es, die gerade ertrank, sondern er. Sie verstand mit einem Mal, dass sie sich hätte entscheiden können. Es noch konnte. Gehen. Sich Selbst bewahren. Es diente nur dem eigenen Schutz, das war keine Boshaftigkeit. Nichts Schlechtes. Und doch saß sie nun neben ihm, die Arme um ihn gelegt, diese, jene Hilflosigkeit annehmend, teilend. Sie wusste nicht, was sie tun konnte. Sie besaß nicht seine Stärke, seine Wärme, mit der er sie stets an die Oberfläche zog. Würden sie so also gemeinsam untergehen?

    Es ist meine Schuld. Ich habe das angerichtet. All ihrer Klugheit zum Trotze, hatte sie nicht vor Fehlern bewahrt. Aus Büchern lernte man nur Fakten. Nüchtern. Distanziert. Sie brachten einem nicht bei, wie man sich angemessen verhielt, wie man einander half, nur dass man sich an die Tugenden der Moral richten sollte. Was brachte ihr Wissen, wenn es sich nicht anwenden ließe? Erneut wurde ihr bewusst, wie wenig sie in Wahrheit verstand.

    Schließlich spürte sie, wie sein Kopf sich leicht drehte. Tori verstummte, bewegten sich ein Stück zurück, um ihn anblicken zu können. Sie suchte seinen Blick, doch da gab es nichts, was sie lesen konnte. Was ging in ihm vor? Was war es, was ihn so mitnahm? Konnte er ihr verzeihen? Sie hörte seine Frage, schüttelte leicht, fast unmerklich dem Kopf. Sei es, weil sie sie nicht verstanden hatte oder weil sie keine Antwort darauf wusste, war ihr selbst nicht klar. Leise hörte sie einen Hauch von Leichtigkeit in seinem Unterton heraus - so wie sie es von ihm kannte. Doch warum? Warum jetzt? Es machte keinen Sinn.... oder?

    "Uns beruhigen.", erwiderte sie schließlich leise auf seine Frage hin. Uns. Nicht Mich. Nicht Dich. Uns. Als wüsste sie nicht, wem die Geste wirklich gegolten hatte oder aber, als gäbe es längst keine Trennung mehr zwischen ihnen. Wie könnte es ihr auch gut gehen, wenn sie ihn leiden sah? Wie auch könnte sie weg sehen, wo er bei ihr nie weg gesehen hatte? Es machte keinen Sinn. Die Frage war überhaupt nicht im Raum gestanden.

    Ihr Herz klopfte vor Aufregung, vor Nervosität, vor Anspannung. Die Ungewissheit was war und was nicht war, nagte an ihr. Sie wagte es nicht erleichtert aufzuatmen, auch nicht, als seine Körperhaltung ihr ein positives Gefühl vermittelte. Sie konnte es nicht recht einordnen, klar war nur: Keine Ablehnung, keine Zurückweisung. Tori hatte keine Ahnung, wie sie darauf nun reagiert hätte. Sie hätte es verdient, womöglich und tatsächlich gab es nichts, wovor sie sich mehr fürchtete. Selbst nicht vor dem Feuer. Nicht nach allem, was gewesen war. Ihr Magen schien sich allein bei der bloßen Vorstellung daran zu verdrehen, doch sie versuchte es hinunter zu schlucken. Weg zu schieben. Es war nicht eingetreten. Gaius reagierte im Ansatz fast wie immer und doch... doch wirkte die Situation merkwürdig zerbrechlich auf sie. Nichts war je so einfach.

    Sie schluckte. "E-Es tut m-mir l-leid, h-hörst du?", wisperte sie, kaum hörbar. Doch im Raum war es still. Die Worte wurden nur von dem Klopfen ihrer Herzen begleitet. Tori hob eine Hand, führte sie an sein Gesicht, die Fingerkuppen kaum merklich an seiner Wange, eine Berührung leichter als die einer Feder. Mit der anderen griff sie nach seiner Hand, jene, mit der er sich nicht abgestützt hatte. Sie wollte, dass seine Aufmerksamkeit auf ihr lag, nicht an den Erinnerungen hing, die ihn zu verschlingen drohten. "E-Es tut m-mir leid.", wiederholte sie, "V-Vergiss, dass i-ich ge-gefragt habe." Ihre Augen waren groß, in ihnen lag die Bitte um Vergebung, ein Flehen gar. Sie waren feucht, doch sie weinte nicht. Später, vielleicht. Später, wenn sie auch darüber nachdenken konnte, was all seine Worte im Detail bedeuten mochten. Es war zu viel für einen Augenblick, zu verworren um sofort zu verstehen. Jetzt gab es wichtigeres als Fragen. "L-Lass es uns ver-vergessen, ja?", hauchte sie in dem verzweifelten Versuch rückgängig machen zu können, was sie ins Rollen gebracht hatte. Doch tief in sich wusste sie bereits, dass das so einfach nicht möglich war. Nichts ließ sich je wirklich ungeschehen machen. Die Vergangenheit ließ sich nicht zurückdrehen. Auch nicht um nur wenige Minuten. Sie wusste das und doch hatte Schuld und Scham aus ihr jenen aussichtslosen Wunsch gesprochen. Auch diese Worte würde sie letzten Endes nicht zurücknehmen können.

  • Kiel, Brodik und Barrett kommen an


    Während der Situation im Uhrenturm hatte sich Barrett am Ende einfach nur noch rausgehalten. Mal davon abgesehen, dass er im Grunde nicht wirklich eine Ahnung hatte wofür sie die Spinnweben hatten besorgen müssen, war das Mädchen welches sie empfangen hatte einfach nur schräg drauf und er besann sich darauf schweigender Teilhaber zu sein. War vermutlich auch die bessere Entscheidung bei seinem Talent dem weiblichen Geschlecht eher auf den Zeiger zu gehen.

    Während Brodik und Kiel also die Sache regelten ließ er seinen Blick teilnahmslos herumgleiten und langweilte sich zu Tode. Als sie den Turm endlich verließen atmete er fast schon erleichtert die frische Luft ein. Begegnungen mit den Meistern, tendenziell egal welches Gebiets, waren normalerweise immer eine eher angespannte Angelegenheit. Gruselige Mädchen machten sowas nicht besser.

    Doch recht erschöpft erreichten die drei Männer schließlich die Taverne. Es war später Nachmittag, die Sonne verkroch sich langsam hinter dem Horizont und malte bunte Flecken durch die Fenster an der Vorderfront. Barrett bestellte ihnen am Tresen allen eine Runde Bier während die anderen beiden ihnen einen Platz suchten. Mit den Bierkrügen in der Hand schloss er sich ihnen an, stellte jedem von ihnen ein Getränk vor die Nase. "Ich hoffe ihr wolltet alle eins?" sagte er dabei, ließ sich auf einen Stuhl fallen und streckte die Beine zur Seite aus. Ein Ächzen befreite sich aus seiner Kehle. Er hob sein Bier an und prostete seiner Begleitung zu. "Auf Spinnenweben!" rief er halblaut bevor er es ansetzte um einen großen Schluck zu trinken. "Was zum Teufel hat es eigentlich mit dieser Elefantendame auf sich?" stieß er dann hervor und schaute fragend zwischen den beiden Männern hin und her.

    "Come on, little lady, give us a smile"
    No, I ain't got nothin' to smile about
    I got no one to smile for, I waited a while for
    A moment to say I don't owe you a goddamn thing

    Nightmare - Halsey

  • Kiel, Barrett und Brodik an einem der Tische


    Brodik war heilfroh dieses puppenähnliche Wesen hinter sich lassen zu können. Manchmal fragte er sich, ob der Meister der Alchemie nicht doch auf die Idee gekommen war sich seine Helferlein irgendwie zu erschaffen. Das Mädchen wirkte auf jeden Fall ein wenig geisterhaft und es hätte den lausigen Wächter nicht gewundert, wenn sie ein Experiment des Alchemisten wäre. Kiel schrieb die Nachricht an Arthur, während Brodik nochmal alle Fläschchen überprüfte und gut verschloss. Dann ließen sie alles bei der Fremden und zogen weiter. Endlich.

    In der Taverne angekommen, suchten Kiel und Brodik einen guten Tisch, während Barrett das Bier besorgte. "Hätte die erste Runde nicht auf mich gehen müssen?", fragte er überrascht, aber gleichzeitig auch erschöpft. Er war einfach nur froh endlich sitzen und die Seele baumeln lassen zu können. Darum sagte er auch nicht nein, als das Bier vor seiner Nase abgesetzt wurde und er nichts weiter tun musste, als mit den anderen anzustoßen. "Auf die Spinnenweben.", pflichtete er Barrett bei und ließ sein Glas an die anderen klirren. Er trank einen großen Schluck, atmete erleichtert auf und sah dann wieder zu dem Brünetten, der sich soeben nach der Elefantendame erkundigte. "Naja... du erinnerst dich doch, dass das Dorf mal von Monstern angegriffen wurde? Als die Toten widerauferstanden sind und so, meine ich. Da ist die Elefantendame Amok gelaufen. Aber anstatt sie unschädlich zu machen, hat Forte darauf bestanden sie nur zu fangen, zu beruhigen und seitdem lebt sie am Wachposten." Brodik tauschte einen vielsagenden Blick mit Kiel. "Und da die Wächterin seit Monaten unterwegs ist, kümmern wir uns seitdem um sie. Aber sie ist viel zu groß und reist ihren Unterschlupf regelmäßig ein. Daher wollte ich sie mit einem Zauber verkleinern lassen. Ich hab mal von einem Reisenden gehört, dass das funktionieren soll. Daher der ganze Aufruhr." Sonst war der Wächter ja nicht so gesprächig, aber es gab Bier und Barrett und Kiel waren ja auch treue Freunde. Da kam auch so ein Brocken wie er mal ein bisschen ins Plaudern.

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