Gaius & Tori
Es war wirklich merkwürdig. Merkwürdig, was für eine Tiefe, was für eine Bedeutung in solch einfachen Worten doch manchmal stecken konnte. Gaius hatte seine Frage gestellt, hatte ein Grinsen auf den Lippen gehabt, während dies geschehen war - und wartete. Wartete auf eine Antwort der Blonden und irgendwie, ja irgendwie war es doch noch viel merkwürdiger, dass er diese Frage mit solch einem Ausdruck im Gesicht hatte stellen können. 'Nein', sprach sie und dieses einfache Wort - ah, es sagte so viel mehr aus als man zunächst meinen könnte. Natürlich hatte sie nein gesagt. Selbstverständlich. Aber was, hätte sie ja gesagt? Eine komische Vorstellung. Eine Vorstellung, die er bei seiner unbedachten Frage gar nicht erst in Betracht gezogen hatte. Aus Unwissenheit? Oder aber war der Zwerg so sehr von der Gewissheit überzeugt gewesen, sie würde zustimmen, dass er solch ein unverschämtes Lächeln hatte vorzeigen können? Aber es war egal, nicht? Was kümmerten einen was wäre wenn Situationen, wenn diese nicht in Kraft getreten waren? Was nütze es, sich diesen hinzugeben? Auch, wenn man zugeben musste - es war ein erschreckendes und gleichzeitig erleichterndes Gefühl, wenn man sich erst einmal darüber klar wurde, was für andere Optionen es gegeben haben konnte. Dem Schmied blieb wenig Zeit auf ihre Antwort zu reagieren - doch sprach das unwillkürliche Funkeln in seinem Auge, der Ausdruck in seinem Gesicht nicht sowieso schon Bände? Gaius blieb nicht wirklich Zeit Toris Gefühlschaos zu bemerken. Ah, wie auch? Manchmal war es wirklich schwer. Wirklich, wirklich schwer alle Emotionen, alle Blicke im Raum einzufangen. Aufmerksam genug zu sein, um nichts zu verpassen. Und diese kleinen Dinge dann auch noch richtig zu interpretieren.. Menschen verlangten teilweise wirklich das Unmögliche von ihren Gegenübern, huh? Der Einäugige war ein wenig überrascht davon, dass die Bezopfte ihr Gesicht in seiner Brust vergrub. Ahaha, musste das wirklich auch noch betont werden? Wie sollte man von solchen Dingen denn auch nicht überrascht sein? Passierten einem ja nicht jeden Tag - solche Sachen. Gott, wenn die junge Frau nicht spätestens jetzt sein Herz bis zum Himmel schlagen hören konnte, dann wusste er auch nicht. Und der Mann musste zugeben, dass ihn die Vorstellung ein wenig rot werden ließ. So sehr, dass er instinktiv seinen Blick zur Seite wenden musste und sein Herz vor Nervosität wahrscheinlich noch schneller pumpte. Ah. Er fühlte sich irgendwie.. entblößt? Was musste Tori gerade bloß nur durch den Kopf gehen? Was schlussfolgerte sie aus diesem Verhalten? Was schlussfolgerte er eigentlich aus eben jenem?! Und dann passierte es, diese kleinen Worte. Hatte sein Herz gerade einen Schlag ausgesetzt? Oder fühlte es sich bloß so an? Warum genau es das getan haben sollte war wirklich schwer zu erklären. Doch rasch widmete sein Auge sich wieder dem hübschen Kopf unter seinem. Was hatte der Kerl bloß angestellt. Das würde nicht gut enden, nein. Er würde das bereuen. Aber so, wie mit so ziemlich allen Sachen, die man irgendwann bereuen würde - im Moment war von Reue keine Spur. Im Moment, da war es ihm egal. Niemand denkt an den Sensenmann, wenn es an der Tür klopft. Nein, jeder wartet darauf, bis dieser einen gewaltsam mit sich in den Tod reißt. Gaius entkam ein leises, kaum hörbares Lachen. Doch natürlich hörte Tori es - so nah wie sie doch war. Selbst wenn sie es nicht hätte hören wollen - durch ihre Position blieb ihr sowieso nichts anderes übrig als die leichten Vibrationen des Geräusches zu spüren. "Du verlangst wirklich schwierige Dinge von mir, weißt du das eigentlich, Tori..?", fragte er leise. Wer auf der Welt konnte einem anderen schon jemals versprechen nicht zu verschwinden? Versprechen, einen niemals zu verlassen? Das Leben war nicht so freundlich diese Option den Lebewesen auf der Welt offen zu lassen. Ihnen was das anging eine Wahl zu lassen. Auf verschiedenste Art und Weisen. Und dennoch.. "Aber.. warum sollte ich so etwas unglaublich Dummes denn überhaupt vorhaben..?" Sie zu verlassen? Eher würde er die Welt vor seinen Augen untergehen sehen. Aber so war das nun einmal mit schlechten, schlechten Entscheidungen.. Doch wen hier interessierte solch eine schlechte Entscheidung unter diesen Umständen schon?