Ihr Gegenüber war nicht nur ein guter Tänzer, sondern auch bescheiden, denn er winkte das Kompliment der Graugrünhaarigen einfach ab. Julia fragte sich, ob er das wirklich im Nu gelernt hatte. Sie selbst hatte nämlich schon etwas Übung und Durchhaltevermögen benötigt, um die Schritte im Kopf zu behalten und beim Tanzen nicht auszusehen, als hätte sie sich ein Bein gebrochen. Das Kompliment, das er ihr daraufhin erwiderte, kommentierte sie allerdings nur mit einem leichten Lächeln.
Die Ansprache des Gastgebers folgte und alle lauschten. Erst danach konnte Julia das Gespräch zu dem hübschen jungen Mann wieder aufnehmen. Kurz schien er etwas abwesend, aber schließlich stimmte er einem weiteren Tanz zu, was die Dame mit den Locken zu einem verlegenen, aber glücklichen Lächeln bewegte. Schnell hatte ihr Tanzpartner wieder eine Hand an ihre Hüfte gelegt und hielt mit der anderen ihre fest. Es war irgendwie komisch jemandem so nah zu sein, den man unter Umständen gar nicht kannte. Doch dank der flüssigen Schritte, die sie über den Ballboden schweben ließen, war es alles andere als unangenehm. Allerdings kam es beim Tanzen dann doch zu einer Bewegung, bei der ihr Gegenüber ohne es zu merken auf ihre Brandwunde drückte und das war für die Badehausangestellte dann doch ein wenig ungünstig. Der kurze Schmerz zuckte durch ihren Körper und für einen Moment verzogen sich ihre Mundwinkel. Allerdings hatte Julia das brennende Gefühl schnell verbannt und entspannte somit auch ihre Gesichtszüge wieder. Hoffentlich hatte ihr Tanzpartner nichts bemerkt. Als er das Wort ergriff horchte die Graugrünhaarige auf. Oh… womöglich war er doch auf der Suche nach einer etwas wohlhabenderen Begleitung für diesen Abend? Der Gedanke enttäuschte sie ein wenig, aber dennoch zwang sie sich zu einem Lächeln. “Nein, ich gehöre in der Tat nicht zum Adel.“, gestand die einfache Bürgerin schließlich. “Um genau zu sein leite ich zusammen mit einer Freundin das Badehaus hier in Trampoli.“ Kurz machte sie eine Pause, um die Reaktion ihres Gegenübers zu beobachten. Sie fixierte die grau-blauen Augen ihres Gegenübers, die sie an dunkle, aber wunderschöne Gewitterwolken erinnerten und sie brauchte einen Moment um sich wieder davon losreißen zu können. Hatte er schon immer einen so festen Blick gehabt? Das Lied neigte sich bereits dem Ende zu und als die Töne schließlich verstummten löste sich die einfache Frau von ihrem Tanzpartner und machte einen höflichen Knicks. “Solltet Ihr also auf der Suche nach einer wohlhabenden Frau sein, dann solltet Ihr Euch besser eine andere Tanzpartnerin suchen. Ansonsten freue ich mich sehr über Eure Gesellschaft.“ Sie lächelte etwas schüchtern. Sonst war sie im Umgang mit Komplimenten und dem männlichen Geschlecht allgemein eher… unbeholfen. Meist reagierte sie laut und etwas zickig auf derartige Konversationen, weil sie sich immer etwas veräppelt vor kam. Aber mit Masken war das Ganze irgendwie viel einfacher.
odette ...
Der fraulich aussehende Kerl kam gar nicht zu einer Antwort, denn seine hübsche Begleitung hatte bereits entschieden, dass sie den Tausch eingehen wollte. Odettes Augen leuchteten freudig, als sie den Teller zugeschoben bekam. Außerdem wurde sie darüber aufgeklärt, dass es sich bei dem Maskierten Blondchen nicht um irgendjemanden, sondern um den Herr des Hauses handelte. Schnell schluckte die Lilahaarige den Happen hinunter, den sie sich gerade aufgetan hatte und starrte auf die Person neben sich, die ein wenig außer sich zu sein schien. Das lag wohl daran, dass es Menschen in seinem Status nicht gewohnt waren, dass man sein Essen einfach tauschte, oder? "Vielen vielen Dank Collette! Du rettest mir den Abend! Nein... du rettest mir mein Leben!", dramatisierte die junge Frau und lächelte das hübsche Mädchen breit an. Auf ihr Kompliment hin wurde sie ganz verlegen. "Ich bin übrigens Odette. Und Danke. Dein Kleid ist aber viel schöner als meines! Es ist wirklich atemberaubend." Das meinte die mittlere der drei Schwestern wirklich ernst und tatsächlich überfiel sie ein wenig Neid. Dann allerdings fiel ihr Blick wieder auf Max, den Herr des Hauses. "Bitte entschuldigt mein unhöfliches Verhalten.", fing die Köchin an und versuchte sich an die ordentliche Sprechweise von Vishnal und Chlorica zu erinnern. "Aber ich muss wirklich nur ein bisschen was von allem probieren, dann gehe ich wieder.", versprach sie. Natürlich war das der Herr des Hauses, aber hier ging es schließlich um eine der edelsten Küchen überhaupt!! Sie konnte sich da nichts entgehen lassen. Also wandte sie sich wieder an Collette und ihren Teller und tauschte. Nachdem sie alles vom jeweils anderen probiert hatten, lächelte die Lilahaarige zufrieden. "Wow... das Fleisch ist wirklich punktgenau! Aber ich glaube der Kohl hätte etwas bissfester sein können... und an der Pastete fehlt ganz eindeutig etwas Salz." Mit ganz eindeutig meinte Odette selbstverständlich maximal 3 Salzkörner pro Teller. Aber das summierte sich schließlich schnell! "Wenn Ihr hier der Herr des Hauses seid, dann könnt ihr mich doch sicher zur Küche geleiten, oder nicht? Ich muss nur... nur schnell meine Kritik weitergeben." Sie räusperte sich. Natürlich... mehr musste sie nicht tun, oder? Aber... wenn sie schon mal in der Küche wäre, dann könnte sie ja vielleicht auch etwas zur Hand gehen und nebenbei ein wenig auf die Finger der begnadeten Köche sehen, um etwas zu lernen, oder?
Brodik kommt an
Der lausige Wächter hatte sich nicht besonders viel Mühe mit seinem Outfit gegeben. Um genau zu sein überhaupt keine Mühe, denn er trug eigentlich das gleiche das er immer trug. Ein enges Oberteil und eine einfache Hose. Warum sollte er sich auch besonders schick machen? Schließlich war er hier um zu arbeiten und nicht um sich zu vergnügen. Einige Gäste, die sich noch vor der Villa aufhielten warfen ihm skeptische, fragende und auch beschämte Blicke zu. Der Wächter ignorierte aber alle Augen die auf ihm ruhten. Er war mit seiner gigantischen Kriegsaxt schließlich nicht umsonst der Blickfang aller Anwesenden. Kaum hatte Brodik die Stufen bis zur Eingangstür erklommen, kamen auch schon einige Bedienstete auf ihn zu. Allerdings schien keine von ihnen erfreut über seine Ankunft. "Ich wurde vom Wachposten geschickt um aufzupassen. Wo soll ich hin?", fragte der Grauhaarige schließlich gähnend, wobei er sich keine Hand vor den Mund hielt. "Sie glauben doch nicht wirklich, dass wir sie SO auf den Ball gehen lassen?!", Fragend blickte der lausige Wächter an sich herunter und blinzelte ein paar mal. Was stimmte denn nicht mit seinem Outfit? Es war praktisch und man konnte sich gut darin bewegen. Also die perfekten Voraussetzungen für eine Arbeitsuniform. Ehe Brodik allerdings dazu kam sich zu beschweren wurde er von den Bediensteten in die Villa gezerrt. Seine Kriegsaxt wurde ihm von drei jungen Damen abgenommen, die sie mühsam beiseite hievten, während er in ein Nebenzimmer gesperrt und neu eingekleidet wurde. Kurze Zeit später fand sich der junge Mann ohne Waffe, aber mit einem Anzug wieder am Rande des Ballsaals. Wie zur Hölle die Angestellten etwas finden konnten, das ihm auch nur annähernd passte, war ihm fraglich. Obwohl der Anzug an den Schultern etwas eng war. Dafür waren die Ärmel umso großzügiger ausgeschnitten. Er wollte sie abreißen, aber er spürte den wachsamen und strengen Blick seiner Peinigerin, weshalb er es doch besser sein ließ und sich brav hinstellte. Wie zur Hölle sollte er die Villa denn SO verteidigen? Die Angestellten hatten ihm gegen Ende einfach auf die Schulter geklopft und viel Spaß gewünscht. Glücklicherweise hatte keiner von ihnen die große Raptorenwunde an seiner Seite bemerkt, die noch immer nicht verheilt war... sonst hätte er sich den Lohn für diesen Abend wohl wirklich in die Haare schmieren können.