[An den Essständen] Kyle & Bianca
Das Grinsen auf den Lippen ihres Gegenübers wurde immer breiter als die Adelstochter sich schließlich eingestand, dass sie nicht wusste was sie da gerade bestellt und doch recht zügig konsumiert hatte. Natürlich gefiel ihm das. Bianca biss sich auf die Unterlippe und ein beschämtes Murren drang aus ihrer Kehle während sie eine Hitze in ihren Wangen spürte. Sie war sich jedoch nicht sicher ob sie diesen Nebeneffekt ebenfalls dem Alkohol zusprechen durfte oder ob sie einfach beschämt war einen derartigen Fehler gemacht zu haben. Tatsächlich waren ihr die zahlreichen Namen auf der Karte wirklich nicht bekannt vorgekommen. Kyle um Hilfe zu bitten war dem Mädchen aber auch nicht in den Sinn gekommen. Vielleicht der Wunsch einmal nicht als verwöhnte Göre abgestempelt zu werden, die sie doch eindeutig war. Vielleicht doch der Stolz von dem sie eigentlich in Mengen besaß. "Erwischt..." kam es doch recht milde über die Lippen der Adelstochter und sie zuckte mit den Schultern und sie hielt sich die Hand vor den Mund als hätte man sie gerade bei irgendeiner Schandtat ertappt. Vielleicht war es nur der Alkohol aber irgendwie schien die angespannte Stimmung zwischen ihnen zu weichen - die anfänglichen Stolpersteine wenn man sie als solche bezeichnen wollte. Kyle schien sich nicht mehr jedes Wort passend zurechtzulegen nur um sie nicht zu verärgern. Er war wieder mehr wie der Kyle den sie damals kennengelernt hatte - der Kyle mit dem sie ständig aneinander geraten war weil er nicht auf den Mund gefallen war - der Kyle in den sie sich vielleicht ein kleines bisschen unter Umständen verliebt hatte. Aber shhhht. Bianca lauschte seinen tadelnden Worten und zog eine Augenbraue nach oben, drehte das beinahe leere Glas zwischen ihren Fingern hin und her. "Doch natürlich aber Vater ist das Bild nach außen wichtiger..." Bianca rollte theatralisch mit den Augen und erwähnte das ihr vielleicht schon einmal ein Fauxpas passiert war und sie deshalb eher auf Alkohol verzichtete. Das war meist besser für alle Beteiligten wobei die Adelstochter es genoss, dass es ihr auf diese Weise leichter fiel gewisse Dinge anzusprechen oder auszusprechen. Alles wirkte weniger schlimm oder dramatisch auch wenn sie hin und wieder einen Faible für Dramatik hatte. Immer wieder führte Kyle den Krug an seine Lippen und nahm einen kräftigen Schluck und so leerte sich nach und nach auch sein Getränk langsam aber sicher. Er verstand ihre Andeutung nicht. Unweigerlich kräuselten sich ihre Lippen und sie zwirbelte eine einzelne Locke um ihren Zeigefinger als sie sich in ihrem Stuhl zurückfallen lies ohne ihren Blick von ihm abzuwenden. Sie hörte ihn an und lies seine Worte auf sie wirken aber letztendlich war es nur ein Begriff der dauernd fiel. Adelige. Edeldame. Alles das Gleiche. Bianca sah ihn wortlos an. Für einen Moment. Für zwei Momente. "Siehst du nur das in mir?" Ihre Stimme war leise aber sie war sich sicher, dass er sie dennoch hören konnte immerhin saßen sie doch recht nah beieinander. "Bin ich nur das verwöhnte Mädchen...?" Ihre blauen Augen nahmen ihm gefangen. Vielleicht war es nicht gut die lockere Stimmung zwischen ihnen zu zerstören - erneut einen Reibungspunkt zu konstruieren. Aber der Alkohol lockerte ihre Zunge. Er lies sie Dinge aussprechen, die ihr gerade durch den Kopf gingen auch wenn diese Dinge sie vielleicht verletzlich zeigten. Was erwartete sie schon für eine Antwort? Sie selbst hatte sich doch dafür entschieden diese Rolle zu spielen - sie selbst erfüllte das Klischee.
[Auf dem Dach eines Schaustellerwagens] Dorothy & Eric
"Vor der Zukunft oder vor der Wahrheit?" harkte der junge Jäger schließlich nach und studierte das Gesicht des Mädchens. Manchmal konnte die Zukunft auch so furchteinflößend sein, dass man davor die Augen verschloss auch wenn es nichts half. Sie würde ja so oder so zur Gegenwart werden. Irgendwann. Was blieb einem auch schon großartig anderes übrig als sich der Zukunft zu stellen - wegrennen konnte man letztendlich ja doch nicht davor. "Mit der Wahrheit ist nicht immer leicht umzugehen. Sie kann verletzen..." fügte Eric schließlich hinzu ohne die Antwort seiner Begleitung abzuwarten. "Ich verstehe also wenn man lieber mit einer Lüge lebt auch wenn es sicher nicht der richtige Weg ist..." Seine Mundwinkel hoben sich kurz an. War sein Leben nicht im Grunde auch eine Lüge? Wenn man einfach so wieder bei null anfing? Das war doch auch nicht in Ordnung aber welche andere Möglichkeit hatte der junge Mann? Sein Blick wanderte wieder in Richtung Menschenmenge und tatsächlich fand er dort wieder das bekannte Gesicht vor dem er sich zugleich versteckte und zugleich hoffte sie würde ihn entdecken und ihn mit der Vergangenheit konfrontieren weil er es selbst nicht im entsprechenden Ausmaß konnte. Schlussendlich schüttelte Eric den Kopf. "Nein. Ich würde sie nicht wissen wollen..." Er schielte wieder in die Richtung seiner hübschen Begleitung. "Wo bleibt da die Überraschung?" gab der Mann zu bedenken und ein Lächeln umspielte seine Lippen. Das Unbekannte war zwar manchmal unheimlich und jagte vielen Angst ein und wahrscheinlich mochte man meinen das man bei einer Vergangenheit, die verschleiert war wenigstens mehr über die Zukunft wissen wollte aber es waren dennoch zwei paar Schuhe. "Wenn man weiß das etwas Schlimmes passieren wird - lebt man dann nicht viel vorsichtiger und riskiert nichts mehr oder versucht möglichst das Unvermeidbare zu umgehen?" gab Eric schließlich zu bedenken und sah in die einzigartigen roten Augen der Anderen. "Was ist mit dir? Würdest du wissen wollen wie deine Zukunft aussieht?" Er wusste nicht so recht ob es gut war ihr ein wenig Nähe zu geben aber irgendwie hatte das Mädchen so gewirkt als bräuchte sie genau das in diesem Moment. Vielleicht war er nicht der Mensch von dem sie sich diese Nähe gewünscht hatte - wer wusste das schon so genau aber er hatte ganz automatisch den Arm um sie gelegt. Er hatte es wortlos getan und sie hatte ihn nicht weggestoßen. Vielleicht weil es wirklich in Ordnung für sie war aber vielleicht auch weil sie ihn nicht vor den Kopf stoßen wollte. Diese flüchtige Nähe tat gut. Letztendlich wahrscheinlich nicht nur dem zierlichen Mädchen sondern auch ihm selbst. "Ja das ist nicht leicht aber man hat sein ganzes Leben Zeit diesen Weg zu finden - unterschiedliche Wege auszuprobieren..." Bis man den passenden gefunden hatte, richtig? Hatte er den seinen schon gefunden? Wahrscheinlich nicht im Anbetracht der tatsache, dass er nach wie vor von Albträumen heimgesucht wurde aber es würde sich schon ergeben - irgendwann. Vielleicht würde er ihn alleine finden oder mit der Hilfe einer weiteren Person -all das würde erst die Zukunft zeigen. Das leise Kichern seiner Begleitung lies Eric hellhörig werden. Hinter vorgehaltener Hand lachte Dorothy. Ein lieblicher Klang. Wunderschön Einzigartig. Man konnte es fast überhören im Anbetracht des Trubels dort unten am Festplatz. Ihre Blicke trafen sich und auch Eric musste etwas auflachen. Er kratzte sich am Hinterkopf. " Oh Gott... so wie du das sagst klingt das ganz ganz furchtbar..." Sein Lachen wurde ehrlicher - offener. Er hob seine Hände als würde er sich geschlagen geben oder seiner Begleiterin zeigen wollen, dass er unbewaffnet war. "Ich schwöre... ich bin kein verrückter Stalker..." Seine Lippen formten ein Lächeln. "Hast du auch so eine bedenkliche Beschäftigung damit der Tag vorüber geht? Bitte sag ja...." Das Lächeln auf seinen Lippen wurde breiter und er lies den Blick seiner dunkelbraunen Augen über ihr Gesicht wandern. Es war immerhin selten genug das sie es zeigte - meist versteckte sie es durch einen gesenkten Blick, durch die Kapuze oder durch ihre Haare.